Migration

Interkulturelle Öffnung in der Schule

Laut Statistischem Bundesamt lebten im Jahr 2010 rund 31 Prozent der minderjährigen Kinder in Deutschland in einer Familie mit Migrationshintergrund.

In Großstädten stammt fast jedes zweite Kind aus einer Familie, in der mindestens ein Elternteil eine ausländische Staatsangehörigkeit hat oder die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben hat. Auch der Hamburger Bildungsbericht weist darauf hin, dass sich der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den kommenden Jahren der 50-Prozent-Marke nähern wird. Weiterhin sind im Bildungsbericht Hinweise auf eine systematische Bildungsbenachteiligung von Kindern mit Migrationshintergrund enthalten.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Im „Hamburger Handlungskonzept zur Integration von Zuwanderern" wird als Handlungsansatz unter anderem „die Einführung von Sprachlernkoordinatoren in jeder Schule, die für die Erstellung, Implementierung und Auswertung der schulischen Förderkonzeption verantwortlich zeichnen" genannt. Sind diese eingeführt worden, und wenn ja, inwiefern?

Alle allgemeinbildenden Schulen verfügen über eine ausgebildete Sprachlernkoordinatorin beziehungsweise einen ausgebildeten Sprachlernkoordinator (SLK), die beziehungsweise der für die Erstellung, Umsetzung und Auswertung des schulspezifischen Sprachförderkonzepts verantwortlich ist. Seit dem Schuljahr 2005/2006 werden in Hamburg SLK für allgemeinbildende Schulen ausgebildet. Die zweijährige Ausbildung umfasst 80 Stunden. Die SLK treffen sich viermal im Jahr in Praxisbegleitgruppen (PBG) mit einer Moderatorin/einem Moderator aus dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI). Die PBG beraten und unterstützen die SLK bei der Implementierung und Auswertung der schulischen Sprachförderkonzepte und geben Impulse für deren Weiterentwicklung. Bisher haben insgesamt fast 400 Lehrkräfte die Ausbildung mit einem Qualifizierungsnachweis abgeschlossen.

2. Weiterhin heißt es im Handlungskonzept, es werde geprüft,

a. inwiefern das Thema „Umgang mit kultureller Heterogenität" weiter in der zweiten Phase der Lehrerausbildung verankert werden kann;

b. ob und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um mehr Lehrkräfte mit Migrationshintergrund einzustellen;

c. ob die Datenerhebung zur Bestimmung des Migrationshintergrundes unter gleichzeitiger Einbeziehung der in der Familie gesprochenen Sprachen ­ als weiteres Merkmal ­ eingeführt werden kann.

Haben diese Prüfungen stattgefunden?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Wenn nein, warum nicht?

Ja, die Ergebnisse wurden entsprechend bei der Weiterentwicklung des Konzepts berücksichtigt.

Der Umgang mit sozialer und kultureller Heterogenität ist eines von drei prioritären Themen der Lehrerausbildung in Hamburg und Gegenstand in Haupt- und Fachseminaren. Seit fünf Jahren wird darüber hinaus jeweils ein Wahlmodul zum Thema „Grundlagen der Interkulturellen Erziehung" angeboten. Ab Dezember 2011 soll das Themenfeld „Umgang mit sozialer und kultureller Heterogenität" um ein weiteres Wahlmodul zum Thema „Unterricht aus interkultureller und jungenpädagogischer Sicht" erweitert werden. Darüber hinaus steht in der zweiten Phase der Lehrerausbildung ein Ausbilder für individuelle Beratungen zu dem Themenfeld „Umgang mit sozialer und kultureller Heterogenität" zur Verfügung.

Zu Beginn des Schuljahrs 2010/2011 wurde am LI eine Landeskoordination für ein „Netzwerk für Lehrkräfte mit Migrationshintergrund" mit dem Ziel eingerichtet, mehr Lehrkräfte mit Migrationshintergrund zu gewinnen und die interkulturelle Öffnung von Schulen zu fördern. Das Netzwerk informiert Schülerinnen und Schüler sowie Eltern mit Migrationshintergrund über den Lehrerberuf; außerdem werden durch das Netzwerk Qualifizierungsprozesse von Studierenden sowie von Referendarinnen und Referendaren mit Migrationshintergrund begleitet und unterstützt. Die wachsende Anzahl von Referendarinnen und Referendaren mit Migrationshintergrund (siehe Antwort zu

6.) bildet eine Voraussetzung für eine Erhöhung der Anzahl von Lehrkräften mit Migrationshintergrund.

Seit dem Schuljahr 2008/2009 werden im Rahmen der Erhebungen zur Herbststatistik an den Schulen auch Angaben zu den Merkmalen „überwiegend in der Familie gesprochene Sprache" und „weitere in der Familie gesprochene Sprachen" des Schülers/der Schülerin erfasst.

3. Welche fremdsprachigen Informationen für Eltern über das deutsche Schulsystem liegen in welchen Sprachen vor?

Broschüre „Schule in Hamburg verstehen":

Die Broschüre liegt in den vier Sprachkombinationen Englisch-Deutsch, TürkischDeutsch, Russisch-Deutsch und Farsi-Deutsch vor und bietet zugewanderten Eltern erste Informationen über die Rechte und Pflichten sowie über Unterstützungsangebote und Beteiligungsmöglichkeiten im Hamburger Schulwesen. Zusätzlich bietet das Schulinformationszentrum für Eltern persönliche Beratung und Information rund um das Thema „Schule in Hamburg" in den Sprachen Deutsch, Englisch, Türkisch und Farsi an. „Elternratgeber ­ Vielfalt in der Schule":

Diese Publikation der Beratungsstelle Interkulturelle Erziehung am LI behandelt folgende Themen: religiöse Fragen in der Schule, Teilnahme an Sportunterricht, Sexualerziehung und Schulfahrten; zudem sind rechtliche Informationen und Hinweise zu diesen Themen enthalten. Die Publikation liegt in sieben Sprachen (Arabisch, Deutsch, Englisch, Farsi, Französisch, Russisch, Türkisch) als Broschüre sowie als Download auf der Website des LI vor (www.li.hamburg.de/bie/material). „Handbuch für die interkulturelle Elternarbeit":

Das Projekt BQM - Beratung Qualifizierung Migration - entwickelte im Auftrag der zuständigen Behörde 2007 den mehrsprachigen Ordner mit Schwerpunkt Übergang Schule - Beruf. 2009 folgte eine zweite aktualisierte Auflage in deutscher Sprache. Die meisten Materialien dieses Handbuches sind als pdf-Dateien in den Sprachen Farsi, Polnisch, Russisch, Türkisch erhältlich. „Zukunft durch Ausbildung": 2007/2008 wurde von dem Projekt BQM eine mehrsprachige DVD „Zukunft durch Ausbildung" (Laufzeit: 15 Minuten) entwickelt, die den Übergang von der Schule in die vor allem duale Berufsausbildung an drei authentischen Beispielen illustriert. Die verfügbaren Sprachfassungen sind Deutsch, Englisch, Farsi, Polnisch, Russisch, Türkisch. „Eltern in die Schule. Engagierte Väter und Mütter mit Zuwanderungsgeschichte berichten": 2010 entstand in Kooperation zwischen dem Projekt BQM und der „Arbeitsgemeinschaft selbstständiger Migranten e.V." (ASM) unter finanzieller Beteiligung der Robert Bosch Stiftung und der Freien und Hansestadt Hamburg diese mehrsprachige illustrierte Broschüre. Hier berichten 17 Hamburger Familien über ihre Erfahrungen mit der Institution Schule und zeigen Möglichkeiten zu informeller Beteiligung am schulischen Geschehen auf. Die Beiträge sind zweisprachig verfasst, auf Deutsch und in der jeweiligen Herkunftssprache: Albanisch, Spanisch, Serbisch, Farsi, Portugiesisch, Französisch, Chinesisch, Italienisch, Ukrainisch, Arabisch, Dari, Vietnamesisch, Polnisch, Englisch, Türkisch, Hindi, Russisch.

4. Welche bilingualen Schulen beziehungsweise bilingualen Klassen gibt es in Hamburg?

Bilinguale Klassen unter Einbeziehung einer Herkunftssprache gibt es in Hamburg für folgende Sprachenpaare:

· Deutsch-Italienisch: Schule Döhrnstraße (Jahrgangsstufen 1 bis 4)

· Deutsch-Spanisch: Schule Wielandstraße und Schule Lutterothstraße (Jahrgangsstufen 1 bis 4), Gymnasium Lerchenfeld (Jahrgangsstufen 5 bis 9), Stadtteilschule Stellingen (Jahrgangsstufen 5 bis 10), Stadtteilschule Winterhude (Jahrgangsstufen 5 bis 11)

· Deutsch-Portugiesisch: Rudolf-Roß-Grundschule (Jahrgangsstufen 1 bis 4); Stadtteilschule am Hafen (Jahrgangsstufen 5 bis 11)

· Deutsch-Türkisch: Heinrich-Wolgast-Schule (Jahrgangsstufen 1 bis 4), Schule Lämmersieth (Jahrgangsstufen 1 bis 4), Stadtteilschule am Hafen (Jahrgangsstufen 5 bis 9).

5. Wie viele Kulturmittlerinnen und -mittler gibt es mit welchen Stundenzuweisungen und welchen Aufgabenbereichen an welchen Hamburger Schulen?

Bei Lehrkräften, die herkunftssprachlichen Unterricht erteilen, werden 25 Prozent dieser Unterrichtszeit für Tätigkeiten als Sprach- und Kulturmittler angesetzt. Die Aufgaben als Sprach- und Kulturmittler beziehungsweise -mittlerin umfassen die Beratung von Eltern, die Erstellung und Übersetzung schulbezogenen Informationsmaterials, die Organisation interkultureller Arbeitsgemeinschaften und Projekte, bei Bedarf die Teilnahme an Lernentwicklungs- und Zielklärungsgesprächen, die Mitarbeit in Steuergruppen zu einer interkulturellen Schulentwicklung und die Vernetzung in der Region.

Zur Auflistung der Schulen und Stundenzuweisungen siehe Anlage.

6. Wie viele Bewerberinnen und Bewerber befinden sich zurzeit im Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Hamburger Schulen und wie viele davon haben einen Migrationshintergrund beziehungsweise eine andere Herkunftssprache als Deutsch?

Seit dem 1. November 2011 werden insgesamt 1.043 Referendarinnen und Referendare in Hamburg ausgebildet, davon haben 221 einen nachgewiesenen Migrationshintergrund (21,2 Prozent). Die Herkunftssprache wird nicht erhoben.

7. Wie viele Lehrkräfte wurden zum Schuljahr 2011/2012 neu eingestellt?

Wie viele davon waren in Hamburg ausgebildet?

Wie viele waren weiblichen Geschlechts?