Naherholungs- und Kleingartengebiets am Waller Fleet

Aufwertung des Naherholungs- und Kleingartengebiets am Waller Fleet Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 10. April 2008 (Drucksache 17/161 S)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Loske.

Die Beratung ist eröffnet.

Stadtbürgerschaft 438 12. Sitzung/6.5.

Als Erster erteile ich Frau Kollegin Dr. Mathes das Wort.

Abg. Frau Dr. Mathes (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit über sechs Jahren wird die sogenannte bauordnungsrechtliche Bereinigung des Kleingartengebiets am Waller Fleet betrieben. Über 200 Häuser wurden von den Bewohnern und Bewohnerinnen von Kaiserhäusern geräumt und zum Teil abgerissen.

(Zurufe: Kaisenhäuser!) Kaisenhäuser! Dagegen wurde die ebenfalls mit Beschluss des rot-schwarzen Senats vom April 2002, liebe Kollegen von der CDU, beschlossene Aufwertung des Waller Fleets als Naherholungsgebiet für den Bremer Westen nicht begonnen.

Ergebnis dieser einseitigen Umsetzung der Rahmenvereinbarung und des Senatsbeschlusses von 2002 ist: Die Anzahl leerstehender Parzellen wurde weiter erhöht, illegale Müllhalden sind entstanden, und überwucherte Hausruinen sind keine Seltenheit mehr. Die zugesagte parkartige Aufwertung des Gebiets mit öffentlichem Grün wurde hingegen nicht realisiert. Was heißt das? Tatsächlich ist das Gegenteil passiert. Wir, die Grünen, werden zusammen mit unseren Kollegen von der SPD jetzt endlich handeln und das Versprochene einlösen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD - Abg. Pohlmann [SPD]: Bravo! Abg. Focke [CDU]: Ist ja ganz großartig!)

Meine Damen und Herren, die Aufwertung von Teilflächen zum Naherholungsgebiet ist nämlich ein Ziel der Stadtentwicklung von Rot-Grün. Dabei ist selbstverständlich, dass die Kleingartenvereine selbst einen Großteil der 1200 Parzellen in diesem Gebiet unter ihrer Obhut behalten. Das, was wir hier veranlassen und bearbeiten werden, bezieht sich nur auf diejenigen Kleingärten, die durch die Räumung der Kaisenhäuser brach gefallen sind und jetzt letztendlich einer entsprechenden Aufwertung zugeführt werden sollen. Bei dieser Aufwertung sollen Streuobstwiesen, Wäldchen, Kleingewässer, naturnahe Umgestaltung von Gräben, neue Wegeverbindungen, Schulgärten oder auch Naturspielplätze realisiert werden.

Klar ist aber dabei, dass dieses Begrünungsvorhaben nur ein Prozess sein kann, der Schritt für Schritt realisiert wird und in der Tat schätzungsweise zehn Jahre in Anspruch nehmen wird.

Diese Realisierung kann zum überwiegenden Teil aus den Mitteln für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen dargestellt werden. Die ökologische Aufwertung kann nämlich als naturschutzrechtliche Kompensationen für Eingriffe in Natur und Landschaft umgesetzt werden. Hier möchte ich darauf hinweisen, dass zum Beispiel eines dieser Ausgleichs- und Ersatzvorhaben, die schon längst hätten realisiert sein sollen, der Ausgleich für das zerstörte Wäldchen für den neuen Campingplatz sein könnte und sollte. Das ist das, was auf dieses Gebiet zu lenken ist, und ich erwarte auch von der BIG, dass sie diesen Ausgleich jetzt endlich einmal realisiert.

Zudem könnten weitere Maßnahmen aus der Wasserentnahmegebühr bezahlt werden, hier natürlich nur zweckgebunden, was Fragen der Schonung der Umweltressourcen und Fragen des Gewässerschutzes betrifft. Last, but not least wollen die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD, dass eine Beteiligung der Interessenvertretungen vor Ort stattfindet. Die Maßnahmen zur Erhöhung der Freizeitfunktion und der ökologischen Wertigkeit sollen mit dem Beirat Walle und den Kleingartenvereinen beraten und abgestimmt werden.

Weiterhin soll ein Arbeitskreis gebildet werden, der den Arbeitstitel Zukunftsperspektive des Naherholungs- und Kleingartengebietes Waller Fleet trägt. In diesem Arbeitskreis sollen Vertreter des Beirats Walle, der Kleingartenvereine, der Kaisenhausbewohner, des Landesverbands der Gartenfreunde und des Senats repräsentiert sein.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum Schluss und fasse das einmal so zusammen: Nach Jahren der Lethargie ist es gelungen, dass wir jetzt hier mit diesem Antrag eine positive Entwicklung auf den Weg bringen. Herr Imhoff, das ist kein Grund zu gähnen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD - Zuruf des Abg. Imhoff [CDU])

Das ist an der Stelle, wo ich es auch in der Tat nicht mehr spaßig und witzig finde, dass der Senat einen Beschluss gefasst hat im Jahr 2002 auf der Grundlage einer Vereinbarung an einem runden Tisch, der von einem Ihrer Repräsentanten, Herrn Kudella, geleitet wurde, der gesagt hat, das wird so gemacht, die Rahmenvereinbarung besteht nämlich aus zwei Bausteinen: Einerseits verlasst ihr Kaisenhausbewohner das Gebiet, ihr räumt eure Häuser, und andererseits machen wir hier für den Bremer Westen, der das sozial dringend benötigt, ein Naherholungsgebiet! Es ist nichts passiert, gar nichts! Das ist doch die Katastrophe an dieser Stelle.

Das wird sich ändern, und es ist auch hier wieder

- ich sage einmal, wenn man das etwas abstrakter ausdrückt - das, was diese Politik der neuen Koalition ausmacht. Sie ist sozialökologisch! - Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD) Vizepräsident Ravens: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pohlmann.

Abg. Pohlmann (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte das, was meine Kollegin Frau Dr. Mathes soeben gesagt hat, noch einmal ausdrücklich unterstützen. Es ist auch ein Stück der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, worum es hier geht, ganz konkrete Probleme, die sich angesammelt haben, zu lösen. Wenn wir diese Frage diskutieren, so lohnt es sich, auch einen Blick zurückzuwenden, aber insbesondere auch, auf die Landkarte zu schauen. Wenn man sich den Bremer Westen ansieht, dann kann man erkennen, dass erstens der Stadtteil Walle einer der Stadtteile mit dem geringsten Anteil von Grünflächen ist, und dass zweitens die größte Grünfläche in Walle und in Gröpelingen der Waller Friedhof ist. Auch von dieser Betrachtungsweise aus bekommt die Waller Feldmark als wohnungsnahes Erholungsgebiet für den gesamten Bremer Westen eine ganz besondere Bedeutung.

Wenn wir über die Entwicklung und Perspektive des Kleingarten- und Erholungsgebietes diskutieren, so lohnt es sich - ich möchte noch einmal an meine Kollegin Frau Dr. Mathes anknüpfen, denn sie hat vollkommen richtig die Strategie dargelegt, wohin wir mit diesem Antrag wollen - in der Politik auch immer, ein Stück zurückzuschauen. Ein Stück zurückzuschauen heißt auch: Nach der Befreiung vom Faschismus, nach diesem verheerenden Zweiten Weltkrieg war dies auch eine Ursache dafür, dass bis zu 10 000 Menschen in diesem Gebiet gelebt haben, weil der Bremer Westen zerbombt war, weil die Menschen dort kein Zuhause mehr hatten. Es war Bürgermeister Wilhelm Kaisen, darum auch der Begriff Kaisenhäuser, der im Namen des Bremer Senats den Menschen aus der Not des Wohnungsmangels erlaubt hat, hier entgegen allen Baugenehmigungen und Bauvorschriften zu wohnen.

Drittens: Ein Stück Geschichte ist auch, Anfang der Siebzigerjahre hatten wir große Debatten vielleicht kann sich der eine oder andere daran erinnern -, es ging um das Industriegebiet Bayernstraße. Es war ein Eingriff, hier vorhandene Parzellenbereiche aufzugeben und dort Gewerbe anzusiedeln. Es wurde eine intensive Diskussion geführt, und das Ergebnis dieser gesamten Debatte war der Bebauungsplan 1800. Dieser Bebauungsplan besagte, dass der Rest in diesem Bereich als Dauerkleingarten- und Naherholungsgebiet festgelegt ist. Das war ein Ergebnis dieser Debatten. Es hat in diesem Hause, und wer sich die Mühe macht, hier auch einmal hineinzuschauen oder auch mit Kolleginnen und Kollegen zu reden, die diese Zeit miterlebt haben, wird das erfahren, große Debatten gegeben. Es hat vor Ort Massenversammlungen gegeben, intensive Auseinandersetzungen über diese Frage, wie es weitergeht.

Sie haben recht, Frau Kollegin Dr. Mathes, der Senat hat im Oktober 2000 die bauliche Veränderung, die Bereinigung des Kleingartengebietes am Waller Fleet, auf den Weg gebracht. Grundlage dafür war aber nicht irgendeine Entscheidung dieses Senats, sondern die Grundlage waren Urteile, die den Senat damals beauftragt haben, hier zu handeln, um die Gesetzmäßigkeit und Gleichwertigkeit auch aller Kleingartenbesitzerinnen und besitzer und -pächterinnen und -pächter darzustellen. Das war die Grundlage, und da war der Senat gezwungen, in eine Praxis der Verlängerung, einer weiteren Duldung, die es schon seit dem Jahr 1956 immer wieder gegeben hat, einzugreifen und auch Politik zu entwickeln.

Es ist richtig dargelegt worden, Eckpunkt war der Abschluss einer Rahmenvereinbarung vom April 2002 mit den Kernpunkten einer notwendigen Sanierung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Punkte machen deutlich, in der Entwicklung dieses Naherholungs- und Dauerkleingartengebietes hat es auch hier in diesem Haus intensivste Debatten und Auseinandersetzungen gegeben.

In einem ganz wichtigen Punkt, und meine Vorrednerin hat es dargelegt, das unterstreiche ich ganz ausdrücklich, ging es um die Frage, was wir in dem Bereich machen, der bereinigt worden ist.