Entwicklung dieses riesigen innerstädtischen Bereiches

Meines Erachtens muss man auch noch einmal genau prüfen, wo die Schnittstellen zu den Stadtteilen sind, weil man soziale Segregation in der Stadt auf zwei Arten und Weisen befördern kann: einerseits, indem man in bestimmten Stadtteilen öffentliche Investitionen nicht mehr tätigt, dann ballt sich dort Armut, und andererseits, indem es Stadtteile gibt, in denen sich Menschen mit eher viel Geld ballen, dass ist die zweite Flanke dieser Segregationsmechanismen. Ich meine, es ist richtig notwendig, dass wir ob aller vorhandenen wirtschaftlichen Erfolge, die so ein Projekt hat, auch diese sozialen Folgen innerhalb der Stadt bedenken. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der Linken) Vizepräsidentin Dr. Mathes: Das Wort hat der Abgeordnete Richter.

Abg. Richter (FDP)) Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe jetzige Regierungskoalition, liebe ehemalige Partei, die in der Regierung war, liebe ehemalige CDU-Senatoren, die Verantwortung getragen haben! Ich hoffe, ich habe keine Mütter und Väter vergessen. Der dritte Entwicklungsbericht der BIG mit dem Stand vom 31. Dezember 2007 verdeutlicht, dass die Entwicklung der Überseestadt auf einem sehr guten Wege ist.

Zu Herrn Rupp gesprochen: Natürlich ist es so, wenn man etwas erreichen will, muss man erst einmal Geld in die Hand nehmen und dieses investieren, auch in öffentliche Erschließungsmaßnahmen, in die Vorbereitungskosten, um dann vielleicht zum Ende bei einem solch riesigen Projekt zu einem ausgeglichenen Ergebnis zu kommen. Ich glaube, das werden wir auch schaffen.

(Beifall bei der FDP)

Über die positive Entwicklung dieses riesigen innerstädtischen Bereiches haben wir bereits am 8. April während der Diskussion über die Benennung der Überseestadt zu einem Ortsteil des Stadtteils Walle gesprochen; deswegen will ich heute nicht wieder langatmig Themen, die wir dort schon behandelt haben, wiederholen.

Es ist gelungen, die Überseestadt in relativ kurzer Zeit zu einer nachgefragten Adresse zu entwickeln, und ich hoffe, auch nachhaltig zu entwickeln, damit die Nachfrage in den nächsten Jahren auch entsprechend stark ist wie jetzt. Die Visionen des Masterplans haben neues reales Leben in die Überseestadt gebracht: unterschiedlichste Dienstleister, Ateliers, kulturelle Einrichtungen, Gastronomie, demnächst die notwendige Infrastruktur für die Nahversorgung, um für die zukünftig erlaubten Bewohner Sorge für mehr Aufenthaltsqualität und Lebendigkeit in diesem neuen Ortsteil zu tragen.

Die Vermarktungserfolge der BIG, die bereits realisierten beziehungsweise in der Planung befindlichen Vorhaben und die zusätzlichen bisher schon rund 740 Arbeitsplätze sind beeindruckend. Zunehmend scheint auch die Skepsis der alteingesessenen Unternehmen, die durch den Nutzungsmix ihre eigenen Entwicklungsmöglichkeiten gefährdet sahen, etwas zu schwinden, wie dieser Bericht auch zeigt.

Die jetzt in Angriff genommene Verlängerung der Schlachte, die Realisierung der Grünflächenplanung Hafenvorstadt noch in diesem Jahr einschließlich der notwendigen Verbesserung der Hochwasserschutzanlagen, all das wird dazu beitragen, weiteres Interesse bei Investoren zu wecken. Der verabschiedete Bebauungsplan 2335 sichert erstmals in der Überseestadt planungsrechtlich das Wohnen ab und gibt Rechtssicherheit für die Projekte der Investorengemeinschaft Hafenkante. Ich denke, da bin ich positiver eingestellt als Herr Focke: Der vierte Entwicklungsbericht, der uns in zwei Jahren vorliegen wird, wird wieder genauso positive Resultate bringen, wie der dritte. - Danke!

(Beifall bei der FDP - Abg. Focke [CDU]:

Ich hoffe das auch!) Vizepräsidentin Dr. Mathes: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Sieling.

Abg. Dr. Sieling (SPD): Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Focke zum Zusammenhang von Unternehmertum und Wettbewerb haben mich doch noch einmal angeregt, mich hier zu melden. Darf ich einmal fragen, ob das die neue Wirtschaftsphilosophie der CDU ist, dass Sie jetzt sagen, Sie machen keinen Wettbewerb mehr, weil sich nur so dynamisches Unternehmertum entwickeln könne?

Ich finde, gerade die Überseestadt zeigt das Gegenteil, Frau Kollegin Krusche hat darauf hingewiesen. Natürlich müssen wir, nachdem der Start dort erfolgt ist, Ausschreibungen und Wettbewerb ermöglichen, und ich dachte, den Weg haben wir gemeinsam gemacht. Ich habe diese Ausführungen an dieser Stelle nicht verstanden; ich habe Stadtbürgerschaft 450 12. Sitzung/6.5. sie auch deshalb nicht verstanden, weil man mit dem Anhandgabevertrag für die Hafenkante in den schwierigen, weiter entfernten Bereichen noch auf die Ausschreibung verzichtet hat, um etwas voranzubringen.

Ich glaube, es wäre klug, wenn wir diesen Mix dort realisieren: dort, wo es schwieriger ist, auch einmal gezielt und per Anhandgabevertrag zu vergeben, aber ansonsten doch bitte wirtschaftliche Dynamik dadurch entfalten zu lassen, dass man auch Wettbewerb bei den Flächenvergaben ermöglicht. Das spült am Ende des Tages, glaube ich, mehr Geld in die Kassen unseres klammen Stadtstaates, und das haben wir dringend nötig.

Die Grünen)

Ich will als zweiten Punkt, der hier genannt worden ist, weil es ein alter Mythos ist, Folgendes ansprechen: Das ist das Entgegenstellen von Wohnen in der Überseestadt gegenüber dem Bestandsschutz für die Unternehmen, die dort ansässig sind. Wir haben in der jetzigen Entwicklung

- das ist alles durch Bebauungspläne, die in diesem Hause beschlossen worden sind, abgesichert

- mehr Wohnen möglich gemacht, als ursprünglich denkbar war. Trotzdem ist der Bestandsschutz für die angesiedelten Unternehmen geblieben.

Ich sage hier auch deutlich, ich habe ein Interesse daran, und meine Fraktion und diese Koalition haben ein Interesse daran, dass Kellogs Entwicklungsmöglichkeiten behält und bleibt, dass die Hafenwirtschaft am Holz- und Fabrikhafen ihre Bestandsgarantie und -sicherheit erhält, und ich sage, es ist viel mehr möglich, als hier vor fünf und zehn Jahren noch diskutiert worden ist. Wir können, glaube ich, froh sein, dass das geschaffen und geschafft worden ist.

Ein letzter Aspekt, den ich ansprechen will: Hier sind viele Entwicklungen dargestellt worden, die in letzter Zeit raumgreifend waren und die sehr positiv sind. Ich denke, dass wir vor einer Situation stehen, in der - ich darf es einmal so sagen - die Wirklichkeit dem Plan etwas wegläuft. Der Plan für die Überseestadt und die Grundlagen, die dort gelegt sind, sind festgeschrieben im Masterplan.

So gesehen muss der Weg - Herr Richter sprach es hier an - bis zum vierten Entwicklungsbericht der sein, dass man meines Erachtens die Diskussion noch einmal wird führen müssen, ob wir nicht den Masterplan an unterschiedlichen Stellen schärfen und in ihm neue Möglichkeiten eröffnen müssen.

Es gibt auch noch gewisse Schwächen, die ich hier ansprechen will, und denen wir uns zukünftig widmen müssen. Übrigens, wo die Wirklichkeit richtig dem Plan, vor allen Dingen der Entwicklungsgeschwindigkeit wegläuft, ist die neue Entwicklung zwischen Speicher I und der Hafenkante, die erst die Diskussion über neue Infrastrukturen, beispielsweise für den ÖPNV - Straßenbahn als Stichwort -, hier schafft und ermöglicht. Das muss ja abgebildet werden in dem, was wir an Planung haben.

Aufgabenstellungen will ich nur einmal zwei nennen: Wir dürfen vor lauter Euphorie und guter Entwicklung nicht vergessen, die zweite Reihe in der Bebauung, die nicht so hoch attraktiven Lagen in dem Gebiet, mit ins Auge zu fassen!

(Beifall bei der SPD)

Ein zweites Thema: In der letzten Bürgerschaftssitzung haben wir die Überseestadt zu einem Teil des Ortsteils Walle gemacht. Die Verknüpfung zwischen Überseestadt und den anliegenden Stadtquartieren kann noch verbessert werden. Ich glaube, da wird man viel Nachdenken hineinlegen müssen, um dies zu schaffen. Auch das zeigt, dass der Plan vielleicht der Wirklichkeit neu angepasst werden muss. Darauf wird zu achten sein.

Ich will den Hinweis vom Kollegen Rupp gern aufnehmen. Ich muss gestehen, als ich das wunderschöne Bild im Weser-Kurier vor einer Woche über die Entwicklung der Überseestadt sah - Kollege Rupp spricht von Glitzerfassaden -, war bei mir so eine gewisse Anmutung vom Potsdamer Platz. Das ist etwas Gutes und etwas Starkes! Ich finde, Bremen muss sich das erlauben als zehntgrößte Großstadt in Deutschland, dass wir auch solche Gebiete entwickeln. Ich sage aber auch, dass wir sehr darauf werden achten müssen, dass die soziale Mischung in dieser neuen Überseestadt dem entspricht, was Bremen ist. Dieses Quartier muss bremisch sein, dafür sollten wir uns sehr stark einsetzen! - Danke sehr, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken) Vizepräsidentin Dr. Mathes: Das Wort hat der Abgeordnete Rupp.

Abg. Rupp (Die Linke)) Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nur zwei, drei kurze Anmerkungen zu dem Kollegen Herrn Richter.

)

Stadtbürgerschaft 451 12. Sitzung/6.5.

Zu keinem Zeitpunkt - auch lange, bevor ich in der Bürgerschaft war - haben wir gesagt, öffentliche Investitionen auch in wirtschaftliche Entwicklungen sind schlecht. Es ist Unsinn, so etwas zu unterstellen, das ist ein falsches Bild von uns.

(Beifall bei der Linken)

Wir haben immer gesagt, man muss auf zwei Dinge richtig achten: Erstens, es gibt keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen öffentlichen Investitionen und Steuermehreinnahmen. Da ist Bremen ein richtig leidiges Beispiel. Dies war eine unserer Kritiken an dem Sanierungsprogramm, nicht allein die Tatsache, dass man überhaupt in diese Sachen investiert.

Zweitens: Wir sind verpflichtet, deutlich zu machen, wenn wir diese Form von Investitionen machen, dass wir auch genau schauen, ob sich das auf lange Sicht rentiert. Die Menschen in dieser Stadt müssen wissen, wofür das Geld ausgegeben wird und ob es ihnen irgendwie nützt. Das ist unsere Pflicht, finde ich.

Darüber hinaus habe ich dafür geworben, dass wir auch in diesem Haus den Investitionsbegriff definieren, denn diese Investitionen werden kreditfinanziert, da gibt es überhaupt keine Fragen.

Ich habe in diesem Haus dafür geworben, eben den Investitionsbegriff während der Haushaltsdebatte ein Stück weit aufzumachen, weil wir heute auch wieder ein paar Beispiele gehabt haben, bei denen wir über Investitionen im sozialen Bereich hätten reden können. Deswegen haben wir da einen erweiterten Investitionsbegriff.

Ich denke, wenn es schon so ist, dass wir öffentliches Geld in die Hand nehmen - da bin ich im richtigen Gegensatz zu Ihrer Partei - und hier Infrastruktur schaffen, und es werden die Möglichkeiten gegeben, dass kleine, mittelständische und große Unternehmen hier Gewinne machen, finde ich, haben sie einen gerechten Anteil dieser Gewinne wieder zurückzuführen in diesen Staatsund Landeshaushalt, damit wir morgen investieren können in Wirtschaft und in soziale Projekte! Danke!

(Beifall bei der Linken) Vizepräsidentin Dr. Mathes: Das Wort hat der Abgeordnete Focke.

Abg. Focke (CDU): Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Rupp, wenn sich hier Unternehmen ansiedeln, die auch Steuern bezahlen, dann fließt auch wieder etwas zurück in die Kasse! Ich meine, dass sie dann noch zusätzlich etwas bezahlen müssen, das, finde ich, ist nun nicht unbedingt Sinn der Sache!

(Zuruf der Abg. Frau Möbius [SPD])

Ich wollte eben nur zu ein paar Dingen noch einmal etwas sagen, weil Herr Dr. Sieling die Ausschreibungen und die Wettbewerbe angesprochen hat.

(Abg. Dr. Sieling [SPD]: Das war bisher verwirrend, was wir hier gehört haben!) Ja, verwirrend ist auch das, was Sie hier gesagt haben! Sie müssten sich vielleicht einmal mit ein paar Unternehmen unterhalten, die sich dort angesiedelt haben oder ansiedeln wollen, dann wissen Sie, wo die Probleme sind. Die Probleme sind nämlich dort, wo es auch schon gewisse Vorarbeiten gegeben hat und wo Unternehmen entschieden haben, sich anzusiedeln, sich auch schon entsprechend mit Architekten besprochen haben und jetzt plötzlich gesagt bekommen, so ginge das nicht, jetzt müssten sie einen Wettbewerb machen.

Ich finde, man muss schon verlässlich sein. Man kann an gewissen Punkten ja Wettbewerbe machen, ich sage aber auch, das, was da entstanden ist, zum Beispiel am Speicher I, das ist in unseren Masterplänen nicht so ausgedrückt gewesen.

Wenn das da so ausgesehen hätte, wäre es richtig langweilig gewesen. Jedes einzelne Haus ist mit einem anderen Architekten gebaut worden.

Ich finde, das ist schon eine sehr große Vielfalt.

Man muss nicht generell sagen, du musst das und das machen, man muss auch Freiräume lassen!

(Beifall bei der CDU)

Das ist das Wichtige an der Sache!

Wenn Sie sich einmal mit den Leuten unterhalten, wüssten Sie auch, dass in der zweiten Reihe längst große Planungen sind und auch Vergaben an Grundstücken vorbereitet werden. Das ist so!

Zu sagen, die zweite Reihe ist zu kurz gekommen, wir sind in einer langfristigen Entwicklung, das sind 300 Hektar, die zu beplanen sind, die können nicht in fünf Jahren voll sein, das geht einfach nicht!

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Das ist vollkommen unmöglich! Dann kommt schon wieder der soziale Touch dahinein!

(Zurufe von der SPD)