Krankenpflege

Medizinische Versorgung im Untersuchungsgefängnis

In dem seit drei Jahren bestehenden Zentralkrankenhaus (ZKH) betreuen nach dem Stellenplan fünf Ärzte sowie 51 Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger die in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg (UHA) befindlichen Untersuchungshäftlinge bei einer Bettenkapazität von 63 Patienten.Vor kurzem hat ein Untersuchungshäftling in der UHA Hamburg trotz wiederholter akuter Schmerzen wegen eines sogenannten Hexenschusses erst nach sechs Tagen ärztliche Versorgung erhalten, da seinen Angaben zufolge zeitweise überhaupt kein Arzt zur Verfügung gestanden habe.

In diesem Zusammenhang frage ich den Senat.

Das Zentralkrankenhaus (ZKH) in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg (UHA) besteht nicht erst seit drei Jahren. Richtig ist, dass seit drei Jahren das neuerrichtete sogenannte Bettenhaus des ZKH belegt ist. Die in der UHA untergebrachten Gefangenen werden grundsätzlich nicht von dem im ZKH tätigen ärztlichen und pflegerischen Personal, sondern in der sogenannten Ambulanz der UHA betreut. Dort sind drei Ärztinnen und gegenwärtig 13 Krankenpfleger tätig. Es trifft nicht zu, dass zeitweilig keine Ärztin bzw. kein Arzt in der Anstalt zur Verfügung steht. Aufgrund der Dienstplangestaltung für das ärztliche Personal ist die ständige Präsenz mehrerer Ärztinnen und Ärzte im ZKH, mindestens einer Ärztin in der Ambulanz und außerhalb der üblichen Dienstzeiten und nachts mindestens einer Ärztin oder eines Arztes in der Anstalt gewährleistet.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Handelt es sich in dem o.g. Fall um einen Einzelfall?

2. Wurde in dem o.g. Fall durch den Untersuchungshäftling Strafanzeige gestellt?

Weder in der UHA noch im Strafvollzugsamt der Justizbehörde ist ein so beschriebener Einzelfall bekannt. Im übrigen siehe Vorbemerkung.

3. Gibt es Zivilverfahren, mit denen Gefangene Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Behandlung geltend machen?

Gegenwärtig macht ein anwaltlich vertretener Gefangener Schadensersatzansprüche wegen einer nach seiner Auffassung gebotenen, aber unterbliebenen physiotherapeutischen Behandlung geltend.

Zivilverfahren vor Gericht sind nicht anhängig.

4. Wie gestaltet sich der organisatorische Ablauf innerhalb der UHA, wenn ein Insasse den Wunsch hat, einen Arzt zu sprechen?

In der Ambulanz der UHA finden montags und donnerstags allgemeine Sprechstunden für die in der UHA untergebrachten Gefangenen statt. Dienstags wird eine weitere Sprechstunde für die am Substitutionsprogramm teilnehmenden Gefangenen durchgeführt.Darüber hinaus finden im ZKH nahezu täglich Sprechstunden durch insgesamt 13 Fachärztinnen und -ärzte sowie mittwochs eine gesonderte Sprechstunde für weibliche Gefangene statt.

Möchte eine Gefangene oder ein Gefangener eine Ärztin oder einen Arzt sprechen, merkt der zuständige Stationsbeamte den jeweiligen Namen in sogenannten Arztbüchern vor. Diese Bücher werden an den Tagen, an denen Sprechstunden stattfinden, morgens der Ambulanz zugeleitet. Die Gefangenen werden dann ab 8 Uhr von einem hierfür eingeteilten Zuführbeamten in die Sprechstunde geführt.

Die allgemeinen Sprechstunden werden regelmäßig von durchschnittlich 100, die Sprechstunden für die substituierten und für die weiblichen Gefangenen von durchschnittlich 60 bzw. 40 und die Facharztsprechstunden von durchschnittlich zwölf Gefangenen besucht.

5. Wie wird sichergestellt, dass ein Insasse, der über akute Schmerzen klagt, zeitnah einer medizinischen Untersuchung zugeführt ist?

Jeder Gefangene, der über akute Schmerzen klagt, wird der Ambulanz telefonisch vorab als Notfall gemeldet und von dem zuständigen Stationsbeamten alsbald in die Ambulanz gebracht.

6. Kommt es vor, dass keine Sprechstunde in der Ambulanz durchgeführt wird, da angeblich kein Arzt zurVerfügung steht, und Insassen erst an späterenTagen betreut werden? Wenn ja: Warum?

Es kommt vor, dass Sprechstunden verschoben werden oder ausfallen, weil lediglich eine Ärztin im Dienst ist, welche die Prioritäten ihrer Arbeit an den aktuellen Erfordernissen orientiert. Gleichwohl ist auch in solchen Situationen die Behandlung akuter Fälle gewährleistet. In jedem Fall ist sichergestellt, daß mindestens eine allgemeine Sprechstunde in der Woche stattfindet.

7. Bestehen Kapazitätsprobleme bei der ZKH? Welche sonstigen Gründe führen dazu, daß eine medizinische Behandlung nicht umgehend erfolgen kann?

8. Bestehen Kapazitätsprobleme bei den Strafvollzugsbediensteten der UHA, die Untersuchungshäftlinge von der Untersuchungshaftanstalt zum Zentralkrankenhaus zu führen?

Nein.

9. Wie viele Bedienstete der Untersuchungshaftanstalt stehen speziell für die Zuführung zum Zentralkrankenhaus zur Verfügung?

10. Wie viele Zuführungen werden im Durchschnitt täglich vorgenommen? Wieviel Zeit eines UHA-Bediensteten nimmt die Zuführung eines Untersuchungshäftlings durchschnittlich in Anspruch? Kann ein Bediensteter mehrere Untersuchungshäftlinge gleichzeitig zum ZKH bringen?

Siehe Antwort zu 4.

11. Sind auch die Krankenpfleger der ZKH berechtigt, die Häftlinge von der Haftzelle in die Medizinische Abteilung zu führen? Wurde davon bereits Gebrauch gemacht? Wenn ja: Kann ein Verhältnis geschätzt werden, in wie vielen Fällen die Zuführungen durch Krankenpfleger bzw. durch Bedienstete der UHA erfolgen?

Ja.Davon wurde auch bereits Gebrauch gemacht.Es kann nicht geschätzt werden, in wie vielen Fällen.

12. Gesetzt den Fall, dass Kapazitätsprobleme bei der UHA vorliegen, ist es vorstellbar, daß verstärkt Krankenpfleger die Zuführung von der Haftanstalt in das ZKH übernehmen?

Ein entsprechender Bedarf besteht gegenwärtig nicht.

13. Ist die Neuorganisation der Medizinischen Abteilung in der Untersuchungshaftanstalt abgeschlossen? Wenn ja: Zu welchem Ergebnis hat sie geführt? Wenn nein: Wann wird dies der Fall sein?

Wie bereits in der Drucksache 16/1705 ausgeführt, strebt die Justizbehörde die Einrichtung eines Qualitätsmanagements an, nachdem die mit dem Neubau des ZKH verbundene Neuorganisation der Medizinischen Abteilung in der Untersuchungshaftanstalt abgeschlossen und die erforderlich gewordene Neubesetzung der Stelle des Leitenden Krankenhausarztes vollzogen sein werden. Dies ist gegenwärtig noch nicht der Fall. Der Leitende Krankenhausarzt wird voraussichtlich zum 1. Januar 2000 zur Verfügung stehen können. Unter seiner Leitung werden sowohl die vorbereitete Neuorganisation der Medizinischen Abteilung abgeschlossen als auch der für die angestrebte Implementierung eines Qualitätsmanagements unverzichtbare Meinungsaustausch mit öffentlichen Krankenhäusern aufgenommen.

14. Sind alle im Stellenplan ausgewiesenen Stellen des ZKH besetzt? Wenn nein:Welche Stellen sind unbesetzt und seit wann?

Die Stellen des Pflegepersonals sind besetzt. Die Stellen des ärztlichen Personals sind bis auf die Stelle des Leitenden Krankenhausarztes besetzt.

15. Bestehen mittlerweile bei der Justizbehörde Überlegungen zur Implementierung eines Qualitätsmanagements beim Zentralkrankenhaus, wie es die Justizbehörde laut der Senatsantwort (Drucksache 16/1705) vorsah? Wenn nein:Wann soll damit begonnen werden?

16. Gibt es Kooperationen oder zumindest einen Erfahrungsaustausch mit den Hamburger Krankenhäusern, die im Gegensatz zum ZKH dem Hamburger Krankenhausgesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz unterworfen sind bezüglich eines Qualitätsmanagements und einer Zertifizierung des Leistungsniveaus?

Siehe Antwort zu 13.