Ausbildung

Professionelle Polizeiarbeit

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuß „Hamburger Polizei" hat eine Reihe von Verstößen gegen die Regeln professioneller Polizeiarbeit aufgedeckt und analysiert sowie Verbesserungsvorschläge gemacht (Drucksache 15/6200). Der Senat hat in seinem „Bericht über Absichten und Umsetzungen der Empfehlungsgruppen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses" (Drucksache 15/7564) erste Schritte zur Beseitigung der aufgezeigten Mängel zugesagt, insbesondere durch Schulung, Ausbildung, Fortbildung von Polizeibeamtinnen und -beamten. Gleichwohl ist in der Zeit seit dem Abschluß der Arbeiten des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses wiederholt über unprofessionelles Handeln von Polizeibeamten berichtet worden.

Die Qualität der Polizeiarbeit auf hohem Niveau zu halten und sie darüber hinaus stetig zu verbessern, ist eine Daueraufgabe für alle Führungskräfte in der Polizei. Hierzu gehören unter anderem vielfältige Maßnahmen in der Aus- und Fortbildung, im Dienstunterricht, aber auch die Vorbildfunktion der Vorgesetzten.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

I. Toleranter Umgang mit Ausländern, Umgang mit Minderheiten

1. Welche Institutionen sind in den Jahren 1997 bis 1999 zur Ausarbeitung von Schulungsmaterialien und zum Unterricht von Polizeibeamten in diesem Problembereich herangezogen worden?

Der Umgang mit Ausländern und Minderheiten im täglichen Dienst der Polizei wird in unterschiedlichen Zusammenhängen in der Aus- und Fortbildung thematisiert.

Die Erarbeitung begleitender Materialien liegt in der Kompetenz des eingesetzten Lehrpersonals. Im erfragten Zeitraum fanden im Rahmen der speziellen Fortbildung Kooperationen mit folgenden externen Institutionen, die auch Schulungsmaterial bereitstellen, zu nachstehenden Themenkomplexen statt:

­ Museum für Völkerkunde („Interkulturelle Kommunikation")

­ Universität Hamburg, Fachbereich Orientalistik („Interkulturelle Kommunikation")

­ Institut für angewandte Kommunikation Hamburg („Erhöhung der sozialen Kompetenz auf dem Gebiet der Kommunikation und Streßbewältigung")

­ Ausländerbeauftragte des Senats („Situation der ausländischen Einwohner in Hamburg")

­ Freiberufliche Diplompsychologin (Einsatzbegleitende Supervision für an besonderen Dienststellen eingesetzte Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte)

­ Private Organisationsberatung (Einsatzbegleitende Supervision für im täglichen Dienst des Polizeireviers 16 eingesetzte Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Jahr 1997).

I. 2. Wie viele Veranstaltungen wurden durchgeführt?

3. Wie vielen Beamten sind diese Schulungsmaßnahmen angeboten worden?

4. Wie viele Beamtinnen und Beamte haben an Schulungsmaßnahmen teilgenommen?

Die unter I.1. vier erstgenannten Fortbildungsmaßnahmen wurden bis einschließlich 1997 den an den folgenden Dienststellen im täglichen Dienst eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten angeboten:

­ Polizeirevier (heute Polizeikommissariat) 11 (St.Georg)

­ Polizeirevier 15 (St. Pauli)

­ Polizeirevier 16 (St. Pauli)

­ Polizeirevier (heute Polizeikommissariat) 21 (Altona)

­ Polizeirevier 37 (Wandsbek)

­ Polizeirevier (heute Polizeikommissariat) 38 (Rahlstedt)

­ Polizeirevier (heute Polizeikommissariat) 42 (Billstedt)

­ Polizeirevier 44 (Wilhelmsburg)

­ Landesbereitschaftspolizei.

Ab 1998 wurde dieses Angebot auch allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im täglichen Dienst der Polizei eröffnet. Die Erhebung der genauen Zahl dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfordert die Durchsicht einer Vielzahl von Personalakten. Dies ist in der für die Beantwortung Schriftlicher Kleiner Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

An den in der Antwort zu I.1. vier erstgenannten Fortbildungsmaßnahmen, die von 1997 bis 1999 durchgeführt wurden, haben 1328 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilgenommen.

Einsatzbegleitende Supervision wurde im Jahr 1997 speziell den im täglichen Dienst des Polizeireviers 16 eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten angeboten (vgl. Antwort zu I.1.).

Darüber hinaus wurde imJahr 1997 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an folgenden Dienststellen einsatzbegleitende Supervision angeboten:

­ Polizeirevier (heute Polizeikommissariat) 11 (St.Georg)

­ Polizeirevier 15 (St. Pauli)

­ Polizeirevier 17 (unter anderem Sternschanzenpark)

­ Einsatzzüge der Polizeidirektion Mitte

­ Bereitschaftspolizei

­ Landeskriminalamt ­ Fachkommissariat Sexualdelikte ­

­ Ermittlungsgruppe des Landeskriminalamtes zur Bekämpfung des Straßenhandels mit Betäubungsmitteln.

Im Jahr 1998 wurde dieses Angebot für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter folgender Dienststellen erweitert:

­ Mobiles Einsatzkommando

­ Dezernat Interne Ermittlungen.

Einsatzbegleitende Supervision wurde in den Jahren 1997 und 1998 insgesamt 187 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zuteil. Für 1999 wurde ein geändertes Supervisionskonzept angeboten (siehe hierzu unter II.).

II. Sozial-psychologische Betreuung von Polizeibeamten in konfliktgeneigten Aufgabenfeldern

1. Welcher Art sind die angebotenen Maßnahmen: Schulung, Betreuung, praktisches Training, Supervision usw.?

2. Wie viele Maßnahmen der in 1. genannten Art sind im Zeitraum nach I.1. angeboten worden?

3. Wie viele Beamte sind mit konfliktträchtigen Aufgaben betraut und/oder an besonders konfliktgeneigten Arbeitsorten eingesetzt (Hauptbahnhof, St.Georg, Schanzenviertel, St.Pauli usw.)?

4. Wie vielen Beamten sind Hilfsmaßnahmen der unter 1. genannten Art zugute gekommen?

Polizeiliches Einschreiten ist angesichts der Tatsache, dass sich darin das staatliche Gewaltmonopol für jedermann sichtbar zeigt, grundsätzlich konfliktträchtig. Gleichwohl unterscheidet sich die Konfliktgeneigtheit polizeilicher Aufgaben nach Ziel und Situation der Aufgabenwahrnehmung. Diese ist von der jeweiligen polizeilichen Lage und den Umständen des Einzelfalls abhängig. Abhängig von der Aufgabe werden die örtlichen Kräfte auch durch Zusatzkräfte, unter anderem der Bereitschaftspolizei ­ beispielsweise im Rahmen des Handlungskonzeptes St.Georg zur Verhinderung der Verfestigung einer offenen Drogenszene ­, unterstützt. Insofern lässt sich in diesem Zusammenhang keine Angabe über die Zahl der in entsprechenden Arbeitsorten eingesetzten oder mit entsprechenden Aufgaben betrauten Beamtinnen und Beamten machen, dies würde die Durchsicht aller täglich erstellten Dienstpläne erfordern und ist mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu leisten.

Folgende Angebote zur sozial-psychologischen Betreuung stehen zur Verfügung:

­ Supervision

­ Einsatzbezogenes Training (ETR)

­ Beratungsangebot des polizeipsychologischen Dienstes

­ Betreuung sowie praktisches Training der verdeckt arbeitenden Polizeibeamtinnen/-beamten durch den polizeipsychologischen Dienst

­ Beratungsteam (sogenanntes Kriseninterventionsteam) im Rahmen einer Rufbereitschaft nach extrem belastenden Einsatzerlebnissen.

Für den Bereich der einsatzbegleitenden Supervision standen in den Jahren 1997 und 1998 168 Lehrgangsplätze zur Verfügung. Darüber hinaus wurde ein 1996 erhobener Bedarf am Polizeirevier 16 mit 24 Angebotsplätzen in 1997 abgedeckt. Im Rahmen des in 1999 geänderten umfassenderen Supervisionskonzeptes ­ das Angebot wurde auf alle im täglichen Dienst der Polizei eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte erweitert ­ standen 1999 205 Teilnehmerplätze zur Verfügung. In 1997 haben 91 Beamtinnen und Beamte und in 1998 96 Beamtinnen und Beamte von dem Angebot Gebrauch gemacht. 1999 haben 41 Beamtinnen und Beamte Supervisionsmaßnahmen in Anspruch genommen.

Für das Einsatzbezogene Training (ETR) wurden in dem erfragten Zeitraum in neun angebotenen ETRMultiplikatorenausbildungs- und -Fortbildungslehrgängen insgesamt 125 ETR-Multiplikatoren sowie in 398 angebotenen ETR-Lehrgängen insgesamt 2481 Beamtinnen und Beamte fortgebildet.

III. Wiederholte Konfliktbewältigungsangebote

1. An welchen Ausbildungsorten findet Fortbildung der genannten Art statt? Zentral?

Dezentral in Revierwachen? An anderen dezentralen Dienststellen?

Die Maßnahmen zur Konfliktbewältigung werden im Rahmen eines aufeinander aufbauenden Bausteinsystems ebenso zentral an der Landespolizeischule angeboten wie die Seminare des Instituts für angewandte Kommunikation. Dezentrale Fortbildung an den Polizeirevieren, Polizeikommissariaten bzw. in den Polizeidirektionen findet im Rahmen der unter Ziffer II erwähnten ETR-Fortbildung sowie im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahmen vor prüfungsfreier Überleitung in den gehobenen Dienst statt.

2. Welcher Art sind die Fortbildungsmaßnahmen?

Es handelt sich um die bewährten Konfliktbewältigungslehrgänge mit den Bausteinen A (Umgang mit Konflikten), B (Umgang mit Streß in Konfliktsituationen), C (Kommunikation in Konfliktsituationen), D (Seniorenberatung/Rhetorik; nur für Beamte des Besonderen Fußstreifendienstes) und seit 1999 Baustein E als Freizeitangebot (Dynamische Entspannung) sowie um Seminare des Instituts für angewandte Kommunikation Hamburg zum Thema „Erhöhung der sozialen Kompetenz auf dem Gebiete der Kommunikation und Streßbewältigung", in denen sowohl Inhalte zum Umgang mit Fremden und Minderheiten als auch zur Konfliktbewältigung enthalten sind. Im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahmen vor prüfungsfreier Überleitung in den gehobenen Dienst werden Seminare zum Thema „Bürgernahe Konfliktbewältigung" dezentral durchgeführt.

3. In welchen zeitlichen Abständen haben Polizeibeamte die Gelegenheit, an solchen Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen?

Die Polizei verfolgt das Ziel, zunächst allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des täglichen Dienstes der Polizei die Gelegenheit zur Teilnahme am Baustein A der Konfliktbewältigungslehrgänge zu geben, ehe ein Wiederholungsangebot gemacht wird. Da noch nicht alle in Frage kommenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine solche Teilnahmegelegenheit hatten, werden derzeit noch keine Wiederholungsseminare angeboten.

Die Seminare im Zusammenhang mit den Qualifizierungsmaßnahmen vor prüfungsfreier Überleitung in den gehobenen Dienst werden jeweils einmalig angeboten.

4. Für wie viele Beamte erweist sich eine solche Fortbildung als notwendig? Wie viele Beamte machen von den Angeboten tatsächlich Gebrauch?

Grundsätzlich liegt es in der Selbstverantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, über die Inanspruchnahme eines Fortbildungsangebotes zu entscheiden. Darüber hinaus gehört es zur Führungsverantwortung der jeweiligen Vorgesetzten, Fortbildungsbedarfe ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Im erfragten Zeitraum haben an den Konfliktbewältigungsseminaren 1203 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilgenommen, die sich wie folgt auf die einzelnen Seminarbausteine verteilen (vgl. Antwort zu III.2.): Baustein A: 399 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Baustein B: 353 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Baustein C: 302 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Baustein D: 131 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Baustein E: 018 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Von dem Seminarangebot zu dem Thema „Erhöhung der sozialen Kompetenz auf dem Gebiet der Kommunikation und Streßbewältigung" haben 523 Teilnehmerinnen und Teilnehmer tatsächlich Gebrauch gemacht. An den Seminaren „Bürgernahe Konfliktbewältigung" nahmen in den Jahren 1997 bis 1999 insgesamt 449 Beamtinnen und Beamte teil.

IV. Freiwillige und pflichtige Teilnahme an Schulungsveranstaltungen

1. Reichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen mit dem Ziel der Professionalisierung, Toleranzerhöhung, Konfliktvermeidungsfähigkeit, Verständnis für Minderheiten nach Auffassung des Senates aus, umKonflikte wirksam zu vermeiden?

Die Polizei Hamburg verfolgt mit vielschichtigen Maßnahmen das Ziel, einerseits das Entstehen von Konflikten zu minimieren und andererseits entstandene Konflikte sicher handhaben zu können. Dabei reichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen allein nicht aus, um die beschriebenen Ziele zu erreichen.

Im übrigen siehe Vorbemerkung.

IV. 2. Wie viele der in I. bis II. genannten Maßnahmen werden auf freiwilliger, wie viele auf pflichtiger Basis wahrgenommen?

3. Begründet der Senat eine durchweg pflichtige Teilnahme von Polizeibeamtinnen und -beamten an diesen Schulungsmaßnahmen? Wenn ja: Welche Dienste von Polizeibeamten wären einschränkbar und könnten eingeschränkt werden, um zeitlich Raum für die notwendigen Schulungsmaßnahmen zu finden?

Eine Teilnahme aller Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten an den beschriebenen Fortbildungsveranstaltungen ist wünschenswert. Die vorstehend beschriebenen Fortbildungsangebote bauen entsprechend den allgemeinen Prinzipien der Erwachsenenpädagogik auf einer grundsätzlich freiwilligen Teilnahme auf. Ziel ist es, nicht nur eine formale Teilnahme, sondern eine aktive Beteiligung mit möglichst hohem Internalisierungsgrad der Fortbildungsinhalte zu erreichen. Gleichwohl wird bei fehlender Akzeptanz auch durch die Vorgesetzten im Rahmen ihrer Führungsverantwortung auf eine Teilnahme hingewirkt, um den Erfolg zu sichern.