Einführung der Altersteilzeit für hamburgische Beamtinnen und Beamte

Die Altersteilzeit soll auch im hamburgischen Beamtenrecht eingeführt werden. Damit wird älteren Beamtinnen und Beamten ein gleitender Übergang in den Ruhestand ermöglicht, wodurch Raum für Neueinstellungen geschaffen und der Arbeitsmarkt entlastet werden soll.

Den Ländern ist freigestellt, ob sie die Altersteilzeit überhaupt in ihr Beamtenrecht einfügen. Deshalb haben sie, wenn sie sich dafür entscheiden, einen großen Spielraum bei der konkreten Ausgestaltung der Regelungen. Diesen Spielraum haben die Bundesländer in unterschiedlichem Ausmaß genutzt: Nur der Bund und die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen und Sachsen-Anhalt haben die tariflichen Vereinbarungen vollständig auf die Beamtinnen und Beamten übertragen. Die Mehrheit der Länder verzichtet darauf, ab Sechzigjährigen einen Anspruch auf die Bewilligung der Altersteilzeit einzuräumen.

Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein haben die Bewilligung der Altersteilzeit zudem unter Haushalts- oder weitere Regelungsvorbehalte gestellt. In Bayern und Niedersachsen wird die Altersteilzeit nach Geburtsjahrgängen gestaffelt eingeführt. Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland haben bisher offenbar ganz von der Einführung der Altersteilzeit abgesehen.

Für Hamburg sind folgende Eckpunkte arbeitsmarktpolitisch sinnvoll und zugleich finanziell verantwortbar:

­ Altersteilzeit wird für die hamburgischen Beamtinnen und Beamten eingeführt, nicht aber für verbeamtete Hochschullehrerinnen und -lehrer sowie Richterinnen und Richter.

­ Sie beinhaltet einen Arbeitsumfang von 60 Prozent der regelmäßigen Wochenarbeitszeit.

­ Altersteilzeit kann in Anspruch nehmen, wer das 58. Lebensjahr vollendet hat; für Schwerbehinderte, Vollzugsbedienstete sowie Beamtinnen und Beamte der Feuerwehr gilt das 55. Lebensjahr als Altersgrenze.

­ Es besteht kein Anspruch auf Altersteilzeit, auch nicht für Beamtinnen und Beamte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben.

­ Den besonderen Bedürfnissen der Schulen und der Vollzugsdienste wird durch Sonderregelungen Rechnung getragen.

I. Die Bürgerschaft möge das folgende Gesetz beschließen: „Gesetz zur Einführung der Altersteilzeit für hamburgische Beamte

Vom...

§ 1:

Zwanzigstes Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Beamtengesetzes

Das Hamburgische Beamtengesetz in der Fassung vom 29. November 1977 (Hamburgisches Gesetzund Verordnungsblatt Seite 367), zuletzt geändert am 25. Mai 1999 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 95), wird wie folgt geändert:

1. Hinter §76b wird folgender § 76c eingefügt: § 76c:

(1) Beamten mit Dienstbezügen kann auf Antrag, der sich auf die Zeit bis zum Beginn des Ruhestands erstrecken muß, Teilzeitbeschäftigung mit 60 vom Hundert der regelmäßigen Arbeitszeit bewilligt werden, wenn

1. der Beamte das achtundfünfzigste Lebensjahr vollendet hat,

2. er in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Teilzeitbeschäftigung insgesamt mindestens drei Jahre vollzeitbeschäftigt war,

3. die Teilzeitbeschäftigung spätestens am 1. August 2004 beginnt und

4. dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen (Altersteilzeit). Bei Satz 1 Nummer 2 bleiben Teilzeitbeschäftigungen mit geringfügig veränderter Arbeitszeit außer Betracht.

(2) Die Altersteilzeit nach Absatz 1 kann in der Weise bewilligt werden, daß

1. der Beamte durchgehend Teilzeitarbeit im nach Absatz 1 Satz 1 festgesetzten Umfang leistet (Teilzeitmodell) oder

2. der Beamte die bis zum Beginn des Ruhestandes zu erbringende Dienstleistung vollständig vorab leistet und anschließend voll vom Dienst freigestellt wird (Blockmodell).

(3) Beamten der Vollzugsdienste (§§116, 125) und Feuerwehrbeamten (§124) darf Altersteilzeit nur im Blockmodell bewilligt werden. Lehrern an staatlichen Schulen sowie Seminarleitern am Staatlichen Studienseminar und pädagogischen Fachkräften am Institut für Lehrerfortbildung darf Altersteilzeit nur im Teilzeitmodell bewilligt werden. Satz 2 gilt nicht für Schulleitungen und Funktionsträger im Sinne von § 96 Absatz 1 Hamburgisches Schulgesetz vom 16. April 1997 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 97) in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Für Schwerbehinderte im Sinne des §1 des Schwerbehindertengesetzes in der jeweils geltenden Fassung und für Beamte, auf die § 121 Anwendung findet, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß der Beamte das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet haben muß. Für Leiter und Lehrer an staatlichen Schulen, am Studienseminar und am Institut für Lehrerfortbildung beginnt die Altersteilzeit jeweils mit Beginn eines Schulhalbjahres.

(5) §76a Absatz 2 gilt entsprechend.

2. In § 126 wird folgender Satz 2 angefügt: § 76c findet keine Anwendung. §2

Schlußvorschrift:

(1) Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2000 in Kraft.

(2) Beamten, die unter den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen und die nach dem 1. Januar 2000 eine Teilzeitbeschäftigung nach §76a oder § 89 Absatz 1 bewilligt bekommen oder angetreten haben, ist auf Antrag ersatzweise Teilzeitbeschäftigung nach §76c zu genehmigen. Beamte, die unter den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen und die nach dem 1. Januar 2000 eine Teilzeitbeschäftigung nach § 76a oder § 89 Absatz 1 beantragt haben, können ersatzweise Teilzeitbeschäftigung nach § 76c beantragen."

II. Die Bürgerschaft möge folgendes Ersuchen an den Senat beschließen: „Der Senat wird ersucht,

1. zu prüfen, ob bei denjenigen Beamtinnen und Beamten, die von der Altersteilzeit gemäß § 76c Hamburgisches Beamtengesetz Gebrauch machen, von der Freistellung vom Dienst gemäß § 3 Absatz 1 Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten abgesehen werden soll,

2. diejenigen Vergünstigungen, die hamburgische Regelungen Beamtinnen und Beamten aufgrund ihres Lebensalters und im Hinblick auf den Umfang ihrer Arbeitszeit gewähren, daraufhin zu überprüfen, ob eine Gewährung auch dann sachgerecht ist, wenn Beamtinnen und Beamte Altersteilzeit in Anspruch nehmen, und ggf. für diese Gruppe von den Vergünstigungen abzusehen,

3. der Bürgerschaft bis zum 1. Mai 2001 zu berichten über

a) die Umsetzung des Ersuchens zu II.1. und II.2.,

b) den Umfang der Inanspruchnahme der Altersteilzeit durch Beamtinnen und Beamte und Tarifbeschäftigte in den Dienststellen des hamburgischen öffentlichen Dienstes,

c) die hierdurch erzielten arbeitsmarktpolitischen Effekte und

d) die mit der Inanspruchnahme der Altersteilzeit verbundenen finanziellen Belastungen."

Begründung zum Gesetzentwurf

Die bereits für den Tarifbereich geltende Altersteilzeit im öffentlichen Dienst soll nach Maßgabe der bundeseinheitlich geltenden besoldungs- und versorgungsrechtlichen Regelungen auch für Beamtinnen und Beamte eingeführt werden.

Aufgrund der möglichen finanziellen Auswirkungen erscheint es allerdings nicht verantwortbar, die für die Bundesbeamten geltende Regelung ­ und damit den Tarifvertrag ­ detailgenau zu übernehmen.

Zu Nummer 1:

Zu §76c Absatz 1 Satz 1 Altersteilzeit soll nicht wie bei den Tarifbeschäftigten mit 50 Prozent, sondern mit 60 Prozent der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit geleistet werden.

In Altersteilzeit Beschäftigte erhalten 83 Prozent ihrer sogenannten Vollzeit-Nettobezüge. Im Tarifbereich wird die Differenz zwischen dem Arbeitsentgelt, das proportional der Teilzeitbeschäftigung entspricht, und 70 Prozent der fiktiven Vollzeit-Nettobezüge durch die Bundesanstalt für Arbeit aufgefangen. Denn nach dem Altersteilzeitgesetz erhält der Arbeitgeber unter bestimmten Bedingungen einen Zuschuß, mit dem der Zuschlag zum Arbeitsentgelt erstattet wird.

Im Beamtenrecht richtet sich die Zahlung des Zuschusses zur Besoldung nach der Altersteilzeitzuschlagsverordnung. Hier gewährt das Arbeitsamt keinen Aufstockungsbetrag für Beamtinnen und Beamte in Altersteilzeit. Die Altersteilzeit für Beamte ist also eine erheblich größere finanzielle Belastung für die Länder (und Kommunen) als die entsprechende Regelung für Tarifbeschäftigte.

Die tatsächlich durch die Einführung der Altersteilzeit entstehenden Mehrkosten sind zwar derzeit nicht ermittelbar, da sie im wesentlichen davon abhängen, in welchem Umfang die berechtigten Beamtinnen und Beamten von ihr Gebrauch machen.

Der Zielkonflikt, dieses finanzielle Risiko abmildern zu müssen, ohne zugleich auf die von der Altersteilzeit erhofften arbeitsmarktpolitischen Effekte zu verzichten, soll dadurch gelöst werden, dass die Altersteilzeit in Hamburg mit einer Teilzeitbeschäftigung von 60 Prozent der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit geleistet werden soll.

Angesichts einer Besoldung von 83 Prozent und der Ruhegehaltfähigkeit in Höhe von 90 Prozent bildet auch eine Altersteilzeit mit einem Arbeitszeitumfang von 60 statt 50 Prozent eine attraktive Alternative zur herkömmlichen Teilzeitbeschäftigung und damit einen erheblichen Anreiz für ältere Beamtinnen und Beamte, frühzeitiger als vorgesehen bzw. gleitend in den Ruhestand zu treten.

Eine Altersteilzeit mit einem Arbeitszeitumfang in Höhe von 60 Prozent verursacht gegenüber einer Altersteilzeit mit 50 Prozent um etwa 50 Prozent geringere Kosten, da der vom Dienstherrn auf die erleisteten Teilzeit-Bezüge zu zahlende Zuschlag zur Aufstockung der Besoldung auf 83 Prozent des Vollzeit-Netto deutlich kleiner ist und geringere Nachbesetzungskosten anfallen.

Das Land Hamburg ist auch rechtlich nicht gehindert, eine gegenüber den Regelungen des Bundes und anderer Länder abweichende Arbeitszeit vorzusehen.

­ Das Rahmenrecht enthält bereits seit der Dienstrechtsreform von 1997 keine Vorschriften mehr, die die Gesetzgebungskompetenz der Länder hinsichtlich der Teilzeitbeschäftigung von Beamtinnen und Beamten grundsätzlich einschränken könnten (§ 44a BRRG).

­ Das Bundesbesoldungsgesetz verzichtet ebenfalls darauf, den Ländern Vorgaben über die Ausgestaltung von Altersteilzeitvorschriften zu machen. Auch soweit in § 6 Absatz 2 Satz 1 BBesG von „Altersteilzeit nach § 72b des Bundesbeamtengesetzes oder entsprechendem Landesrecht sowie..." die Rede ist, ist nicht davon auszugehen, dass hieraus eine Bindung der Landesgesetzgeber resultiert. Denn zum einen beschränkt sich der Regelungsgehalt dieser Norm auf eine Verordnungsermächtigung, zum anderen wird der Begriff des „entsprechenden Rechts" mit höchst unterschiedlichen Bedeutungen verwandt: Der Interpretationsspielraum reicht von „in Übereinstimmung mit" bis „ähnlich". Schließlich wäre eine Bindung der Länder aus dem BBesG auch systemfremd ­ der richtige Regelungsstandort für entsprechende Vorgaben wäre das Beamtenrechtsrahmengesetz.

­ Schließlich enthält auch die Altersteilzeitzuschlagsverordnung (ATZV) der Bundesregierung, welcher der Bundesrat am 16. Oktober 1998 zugestimmt hat, keine Vorschrift, die den Spielraum der Länder in bezug auf den Umfang der Arbeitszeit oder den Kreis der Berechtigten einengen würde.

Der Text der Begründung der ATZV stellt selbst fest, die Länder hätten einen weiten Spielraum für die statusrechtliche Ausgestaltung von Altersteilzeitregelungen, um ihre jeweilige Personalstruktur und Haushaltslage berücksichtigen zu können. Daß die Begründung der Verordnung von einem Wert in Höhe von 50 Prozent der Arbeitszeit ausgeht, ist demgegenüber für die Landesbeamtengesetze ohne Belang.

­ Im übrigen werden die hamburgischen Beamtinnen und Beamten durch die vorgesehene Arbeitszeit von 60 Prozent in Altersteilzeit auch nicht ungerechtfertigt schlechter behandelt als die Beamten anderer Gebietskörperschaften oder die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im hamburgischen öffentlichen Dienst. Dem Landesgesetzgeber ist freigestellt, ob er die Altersteilzeit überhaupt in das Beamtenrecht einfügt. Dementsprechend haben die Länder auch die Möglichkeit, (in den Grenzen des Besoldungsrechts) für ihre Beamten Regelungen zu treffen, die von denen anderer Körperschaften abweichen. Das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes hat auch nicht zur Folge, dass die Vereinbarungen des für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifvertrags unverändert auf die Beamten übertragen werden müßten. Abgesehen davon, dass hierdurch die Gesetzgebungskompetenzen der Länder leerlaufen würden, würden auch die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses, das sich durch die soziale Sicherheit des Beamten und die Alimentationspflicht des Dienstherrn auszeichnet, unberücksichtigt bleiben. Schließlich muss es dem Landesgesetzgeber möglich sein, die gegenüber dem Tarifbereich fehlende Erstattung des Zuschlags durch die Bundesanstalt für Arbeit zumindest teilweise aufzufangen.