Diese Verklammerung wird für die Festsetzungsstellen verbindlich gemacht § 9 Absatz 8 BhV

1. Die vom Senat vermisste Anpassung der Vorschriften (des Bundes) für die Gewährung von Beihilfen bei dauernder Pflegebedürftigkeit an die Bestimmungen des SGB XI ist weitgehend erfolgt. Die Definition des Begriffs der Pflegebedürftigkeit in § 14 SGB XI und ihre Klassifizierung in drei Stufen von I ­ III (§ 15 SGB XI) wurden in die Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) ­ und auch in die entsprechenden Vorschriften der Länder ­ z. B. § 9 Absatz 2 HmbBeihVO ­ übernommen.

Diese Verklammerung wird für die Festsetzungsstellen verbindlich gemacht (§ 9 Absatz 8 BhV bzw. § 9 Absatz 9 HmbBeihVO), indem diese aufgrund des für die Versicherung erstellten ärztlichen Gutachtens zu entscheiden haben. Die unterbliebene Anpassung der Beihilfevorschriften hinsichtlich der in § 36 Absatz 3 SGB XI geregelten Höchstbeträge der Aufwendungen für ambulante Pflege sowie der im SGB XI nicht vorgesehenen Erstattung der Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei stationärer Pflege stellen die Vergleichbarkeit der Leistungen nicht in Frage.

Dass bei der Übernahme der Kosten für Pflegefachkräfte in § 9 BhV abweichend von § 36 Absatz 3 SGB XI keine Höchstbeträge genannt werden, sondern für jede Pflegestufe die Zahl der berücksichtigungsfähigen Pflegeeinsätze aufgeführt ist, ist zwangsläufige Folge der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers ­ bzw. der am Pflegekompromiss beteiligten Parteien ­, es für Beamte, Richter und Hochschullehrer beim Prinzip der privaten Versicherung und der Beihilferegelungen zu belassen.

Der Beamte als Einzelnachfragender ist nicht in der Lage, irgendwelche Sachleistungen, die die Pflichtversicherung mit den Anbietern ­ auch was die Kostensätze angeht ­ pauschal vereinbart hat, abzurufen; vielmehr muss er als Einzelkunde auftreten. Er muss zunächst die Kosten dafür tragen und kann erst anschließend mit seinem Dienstherrn abrechnen. Dies war in einer Arbeitsgemeinschaft von Bund und Ländern auf der Basis der Innenminister unstreitig. Vergleichbarkeit der Leistungen der Beihilfe einerseits und der sozialen Pflegeversicherung andererseits kann angesichts der Systemunterschiede nur eine inhaltliche Vergleichbarkeit sein, keine wörtliche Übereinstimmung der Regelungen „auf Punkt und Komma". Wäre eine solche weitestgehende Übereinstimmung vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen, so hätte er im Pflegeversicherungsgesetz entsprechende Vorgaben zur Anpassung des Beihilferechts machen können, für die der Bund die Rahmenkompetenz haben dürfte. Dafür gab es jedoch keine Mehrheiten. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass die Neufassung der BhV vom Bundesinnenminister mit den 16 Innenministern bzw. Senatoren der Länder abgestimmt wurde, von denen lediglich die Innenminister von Hessen und Niedersachsen ihre Zustimmung versagten.

Im Übrigen bleibt das durch den Hinweis auf diese Divergenz zwischen Beihilferegelungen und SGB XI erzeugte Bild unvollständig, solange nicht hingewiesen wird auf die Übereinstimmung der Regelungen über das Pflegegeld für selbstbeschaffte Pflegehilfen in Höhe von 400,­ DM bei Pflegestufe I, 800,­ DM bei Pflegestufe II und 1300,­ DM bei Pflegestufe III: § 37 Absatz 1 Satz 3 Ziff. 1­3 bzw. § 9 Absatz 4 Satz 3 BhV bzw. § 9 Absatz 3 Satz 4 HmbBeihVO ­ eine Leistung, die dem Vernehmen nach häufiger in Anspruch genommen wird als die Pflege durch Pflegefachkräfte.

Die Bestimmungen über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung bei stationärer Pflege (§ 9 Absatz 7 Satz 3 BhV bzw. § 9 Absatz 7 HmbBeihVO) haben in der Tat keine Entsprechung in den Bestimmungen des SGB XI, das nur die Übernahme pflegebedingter Aufwendungen vorsieht.

Auch dies hat jedoch seinen Grund in den Strukturprinzipien des Lebenszeitbeamtenrechts mit der Verpflichtung zur lebenslangen Alimentation und Fürsorge. Zur Vervollständigung des Bildes ist allerdings darauf hinzuweisen, dass diese Aufwendungen nur beihilfefähig sind, soweit sie einen aus dem Einkommen zu tragenden Eigenanteil übersteigen. Insbesondere die insoweit weniger großzügige Regelung des Bundes wird dazu führen, dass nur die Bezieher niedriger Einkommen in den Genuss dieser Leistung der Beihilfe kommen werden, die ansonsten durch die Notwendigkeit stationärer Pflege sozialhilfebedürftig werden könnten ­ was kaum mit der Alimentationspflicht vereinbar wäre. Auch in diesem Zusammenhang sei im Übrigen auf die Übereinstimmung zwischen Bund und Ländern auf der Ebene der Innenminister hingewiesen.

Vergleicht man Begünstigungen und Belastung der Beamten, Richter und Hochschullehrer durch die Bestimmungen des SGB XI und die Änderungen der Bestimmungen über Beihilfen in Pflegefällen mit Begünstigung und Belastung der Versicherten in der sozialen Pflegeversicherung, so darf schließlich nicht unerwähnt bleiben, dass Beihilfeberechtigte im Unterschied zu den Versicherten der sozialen Pflegeversicherung für nicht erwerbstätige Ehegatten zusätzliche Beiträge an den privaten Versicherer entrichten müssen, denn die private Versicherung kennt keine beitragsfreie Familienversicherung. Dies kann bei dem einzelnen Beihilfeberechtigten im Vergleich zu einem finanziell gleichgestellten Arbeitnehmer durchaus zu einer deutlich höheren Beitragsbelastung führen.

2. Voraussetzung des Pflegeversicherungsrechts ist die Einheitlichkeit der Beihilfesätze. Die Pflicht der Privatversicherer, für Beihilfeberechtigte gleiche beihilfekonforme Leistungen zu erbringen und einheitliche Nettobeträge zu kalkulieren (vgl. §§ 23 Absatz 3, 110 SGB XI) ist nur realisierbar, wenn sie an ein bundeseinheitliches Niveau der Beihilfe anknüpfen kann.

Deshalb gibt das SGB XI in § 23 Absatz 3 Satz 2 den Trägern der privaten Pflegeversicherung als Maßstab für die beihilfekonforme Ausgestaltung der Pflegeversicherung die in den Beihilfevorschriften des Bundes festgelegten Bemessungssätze vor. Diese Geschäftsgrundlage würde durch eine völlige Abkoppelung der HmbBeihVO von den BhV verlassen. Erbringt der Privatversicherer seine Leistungen nach dem bundeseinheitlichen an den BhV orientierten Standard, so bleibt eine Versorgungslücke, die durch die Verpflichtung zu einer beihilfekonformen Versicherung gerade vermieden werden soll. Eine auf die Beihilfeberechtigten Hamburgs begrenzte Anhebung der Beiträge verstieße gegen das Gesetz, denn dieses lässt kein Sonderrecht für ein einzelnes Bundesland zu. Dem Beihilfeberechtigten bliebe zur Vermeidung der Versorgungslücke nur die Möglichkeit einer Zusatzversicherung. Diese würde diejenigen Beihilfeberechtigten besonders hart treffen, die zusätzlich zu den Beiträgen für die eigene Versicherung auch noch Beiträge für den nicht erwerbstätigen Ehegatten aufbringen müssten."

Der Senat nimmt hierzu wie folgt Stellung:

Der Pflegekompromiss verlangt nicht etwa gleichlautende Regelungen, sondern vergleichbare Belastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Beamtinnen und Beamte. Diesem Anspruch können die hamburgischen Beihilferegelungen jedoch derzeit nicht genügen. Eine entsprechende Angleichung der Belastungen ist aufgrund des geltenden § 85 HmbBG nicht möglich. In der jetzt geltenden HmbBeihVO wird zwar an die Voraussetzungen des SGB XI angeknüpft, um die Pflegebedürftigkeit und deren Umfang festzustellen, die daraus folgenden Zahlungsansprüche unterscheiden sich jedoch wesentlich. Dies gilt sowohl für den Bereich der ambulanten Pflege durch Pflegefachkräfte ­ in der Praxis sind dies z. B. tägliche Hilfen durch die sozialen Pflegedienste wie z. B. Sozialstationen ­ als auch für die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei stationärer Pflege aufgrund dauernder Pflegebedürftigkeit: Für die ambulante Pflege können bei der Beihilfe höhere Aufwendungen geltend gemacht werden als bei der sozialen Pflegeversicherung. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung werden von der Pflegeversicherung überhaupt nicht übernommen; sind aber beihilfefähig.

Der Hamburgische Richterverein meint, in den Vergleich der Belastungen müsse auch einfließen, dass Beamtinnen und Beamte auch ihre nicht erwerbstätigen Ehegatten gesondert versichern müssten, da es keine Familienversicherung in der privaten Pflegeversicherung gäbe. Dazu ist aber zu sagen, dass ein Beitragsvergleich zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung ebensowenig von Relevanz für die Höhe der Beihilfeleistungen sein kann wie etwa unterschiedlich hohe Beitragssätze der Privatversicherer. Im Übrigen enthält das Gehalt ebenso wie die Versorgung familienbezogene Bestandteile, so dass besondere finanzielle Belastungen, die dadurch entstehen können, auf diese Weise pauschaliert erfasst werden.

Der Hamburgische Richterverein vertritt schließlich die Auffassung, die vorgesehene Änderung des § 85 HmbBG müsse zu Änderungen in der privaten Pflegeversicherung führen: Voraussetzung des Pflegeversicherungsrechts seien nämlich einheitliche Beihilfebemessungssätze. Diese wären ­ entgegen der Auffassung des Hamburgischen Richtervereins ­ durch eine Umsetzung der Ermächtigung jedoch nicht berührt. Es sollen die beihilfefähigen Aufwendungen an die Leistungen des SGB XI angeglichen werden können, nicht aber die individuellen Beihilfebemessungssätze geändert. Bei voller Ausschöpfung der Ermächtigungsgrundlage könnte in der HmbBeihVO geregelt werden, dass Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung bei dauernder stationärer Pflege nicht mehr beihilfefähig sind; die pflegebedingten Aufwendungen wären jedoch ­ wie bisher ­ nach Maßgabe der Beihilfebemessungssätze beihilfefähig. Anpassungsbedarf in der privaten Pflegeversicherung bestünde also nicht ­ was sich im Übrigen auch daran zeigt, dass sie sich nicht an den beihilfefähigen Aufwendungen orientiert und Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei stationärer Pflege aufgrund dauernder Pflegebedürftigkeit (die derzeit ja noch bundesweit beihilfefähig sind) nicht übernimmt. Die privaten Pflegeversicherer haben gemäß § 23 Absatz 3 Satz 2 i.V. m. § 23 Absatz 1 Satz 2 SGB XI lediglich Vertragsleistungen vorzusehen, die nach Art und Umfang zusammen mit den Beihilfeleistungen den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung gleichwertig sind.

Stellungnahme der Vereinigung hamburgischer Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen

Mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 übermittelte die Vereinigung hamburgischer Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen ihre Stellungnahme: „Die Begrenzung der beihilfefähigen Aufwendungen auf die entsprechenden Leistungen des SGB XI verstößt gegen das Alimentationsprinzip und ist daher abzulehnen.

Wird der Richter oder werden die im Rahmen der Beihilfe berücksichtigungsfähigen Angehörigen pflegebedürftig, könnte dies in vielen Fällen dazu führen, dass Beträge von mehreren Tausend Deutsche Mark monatlich aufgewendet werden müssen, um die Pflegekosten zu decken. Da das Pflegerisiko derzeit nicht vollen Umfangs privat versicherbar ist, müsste die Richterin oder der Richter die nicht beihilfefähigen Pflegekosten aus der Alimentation bestreiten.

Dadurch würde die Alimentation auf ein unzulässiges Niveau, das letztlich das Sozialhilfeniveau erreichen könnte, gesenkt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 24. August 1995, ZBR 1996 S. 46) hat zwar entschieden, dass die Fürsorgepflicht es nicht gebiete, eine Untergrenze für die Beihilfe so festzulegen, dass der berücksichtigungsfähige Angehörige nicht auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz angewiesen sei, da es sich bei der Sozialhilfe nicht um „mindere" Ansprüche handele. Diese Entscheidung betraf indes nur einen berücksichtigungsfähigen Angehörigen und nicht den Beamten/Richter selbst. Zudem war in jenem Fall ein Rückgriff des Sozialhilfeträgers auf den Beamten/Richter ausgeschlossen, da der pflegebedürftige Angehörige das 21. Lebensjahr vollendet hatte (§ 91 Absatz 2 Satz 2 BSHG), so dass die Alimentation des Beamten/Richters nicht angegriffen zu werden brauchte.

Betrifft die Pflegebedürftigkeit indes Kinder unter 21 Jahren oder den Ehegatten bzw. den Beamten/Richter selbst, würden die nicht beihilfefähigen Pflegekosten die Alimentation angreifen, ohne dass der Richter in der Lage ist, dieses Risiko mit zumutbarem Aufwand zu versichern.

Letztlich würde der Richter bei entsprechend hohen Pflegekosten sein gesamtes Vermögen und sein die Einkommensgrenze nach §§ 79, 81 BSHG übersteigendes Einkommen zur Bestreitung der Pflegekosten einzusetzen haben.

Es braucht nicht weiter begründet zu werden, dass die sozialhilferechtliche Einkommensgrenze kein Maßstab für eine verfassungsrechtlich gebotene Alimentation ist. Die hier beschriebenen Folgen der beabsichtigten Gesetzesänderung treten nicht nur in Extremfällen auf, sondern können jede Richterin und jeden Richter treffen. Ganz normale Pflegeheimkosten für altersbedingte Pflege machen bereits 4000,­ bis 6000,­ DM aus, wobei die Leistungen der Pflegeversicherung nur einen Bruchteil davon abdecken.

Es ist für die Richterinnen und Richter nicht hinnehmbar, Monat für Monat wesentliche Teile ihrer Alimentation für Pflegekosten aufzuwenden bzw. Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen."

Der Senat nimmt hierzu wie folgt Stellung: Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung hat jede Bürgerin und jeder Bürger zu tragen, und zwar auch im Fall dauernder stationärer Pflegebedürftigkeit. Sofern das Einkommen zur Abdeckung dieser Aufwendungen nicht ausreichen sollte, muss ergänzend Sozialhilfe in Anspruch genommen werden. Dies ist auch für Beamtinnen und Beamte bei bestimmten Konstellationen nicht ausgeschlossen. In der Stellungnahme der Vereinigung hamburgischer Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen wird bereits darauf hingewiesen, dass die Fürsorgepflicht des Dienstherrn es nicht gebiete, eine Untergrenze für die Beihilfe so festzulegen, dass berücksichtigungsfähige Angehörige nicht auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz angewiesen seien. Bereits in der Entscheidung vom 21. Januar 1982 ­ 2 C 46.81 ­ RiA 1982, 138 ­ hatte das Bundesverwaltungsgericht Entsprechendes für Be7 amtinnen und Beamte sowie deren Hinterbliebene entschieden. Diese Entscheidung wird ausdrücklich auch in der von 1995 in Bezug genommen.

Zu den von der Vereinigung hamburgischer Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen angegebenen Kostensätzen von 4000,­ DM bis 6000,­ DM ist anzumerken, dass in diesen Beträgen für die Pflegestufe I die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bereits enthalten sind. In den Pflegeheimen von „pflegen & wohnen" liegen die Pflegekosten für die Pflegestufe III allerdings bei etwa 4500,­ DM, für Dementenbetreuung und in geschlossenen Einrichtungen bei rund 5500,­ DM und für die Pflege von Apallikern bei rund 6300,­ DM. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei dauernder stationärer Pflege liegen zwischen gerundet 1200,­ DM monatlich als niedrigster Satz im Normalfall und etwa 1400,­ DM monatlich im Fall schwerer Pflegebedürftigkeit. Diese Kosten hat jeder Pflegebedürftige, der keinen Beihilfeanspruch hat, selbst zu tragen.

II Auffassung des Senates: Gleichbehandlung aller Pflegebedürftigen

Der Senat bekräftigt abschließend seine Auffassung, dass der Vergleichsmaßstab im Fall dauernder Pflegebedürftigkeit eben diese Pflegebedürftigkeit sein soll. Daher schlägt er der Bürgerschaft vor, ihr gesetzgeberisches Ermessen entsprechend auszuüben. Das Ziel der Gleichbehandlung aller Pflegebedürftigen kann nur erreicht werden, wenn eine Rechtsgrundlage es dem Senat gestattet, die beihilfefähigen Aufwendungen aus Anlass dauernder Pflegebedürftigkeit auf die entsprechenden Leistungen des SGB XI, also der sozialen Pflegeversicherung, zu begrenzen. Solange ­ in welcher Höhe auch immer ­ Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung, die die Pflegeversicherung nicht übernimmt, beihilfefähig sind, wird das Ziel einer Gleichbehandlung aller Pflegebedürftigen nicht erreicht werden können.