Gleichbehandlung von HSV und FC St.Pauli durch Senat und Bürgerschaft

Nach Pressemitteilungen fühlt sich der Hamburger Sportverein vom Senat im Vergleich zum F CSt. Pauli benachteiligt behandelt. Grund dafür ist offenbar eine Empfehlung von Senator Wrocklage, im Fanbereich des Volksparkstadions kein alkoholhaltiges Bier ausschenken zu lassen.

Dazu frage ich den Senat.

Nach dem Tod eines alkoholisierten Fans anläßlich einer Schlägerei am 1. April 1977 (HSV: Bayern) und den tragischen Ereignissen vom 9. Juni 1979 (HSV: Bayern), bei denen 62 Menschen verletzt wurden, davon sieben schwer, haben sich Senat und Bürgerschaft (vgl. Bürgerschaftsdrucksache 9/1866 vom 5. Februar 1980) neben vielfältigen anderen Maßnahmen auch für ein generelles Alkoholverbot im Volksparkstadion ausgesprochen, das mit Wirkung vom 1. Juli 1980 durch Änderung der gaststättenrechtlichen Erlaubnis durch das Bezirksamt Altona umgesetzt wurde. Erst zur Saison 1991/92 war der damalige Innensenator bereit, versuchsweise den Ausschank von Light-Bier zuzulassen, weil eine solche Lockerung des strikten Alkoholverbots unter Sicherheitsgesichtspunkten noch vertretbar erschien. Durch den Verkauf des Stadions an den HSV hat sich an dieser Sachlage bis heute nichts geändert. Das zuständige Bezirksamt Altona hat nach Rücksprache mit der Polizeidirektion West, der Feuerwehr und dem Sportamt für den Ausschank von Getränken bei Spielen des HSV im Volksparkstadion eine entsprechende öffentlich-rechtliche Gaststättenerlaubnis mit der Auflage erteilt, in den Fanbereichen wie bisher nur Light-Bier auszuschenken.

Das Bezirksamt Altona hat am 30. Oktober 1999 bei dem Bundesligaspiel HSV gegen Borussia Dortmund festgestellt, dass entgegen dieser Auflage Vollbier ausgeschenkt wurde.

Das Bezirksamt Altona hat daraufhin am 26. November 1999 eine Untersagungsverfügung gegenüber dem Konzessionär erlassen und für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld festgesetzt.

Hiergegen hat der Konzessionär Widerspruch eingelegt. Die Verhandlung vor dem Widerspruchsausschuß des Bezirksamtes Altona steht noch aus.

Parallel hierzu hat die Behörde für Inneres als zuständige Behörde erneut geprüft, ob es unter dem Aspekt der öffentlichen Sicherheit vertretbar erscheint, die Beschränkung des Ausschanks alkoholhaltiger Getränke bei Spielen des HSV im Volksparkstadion auf Light-Bier aufzuheben. Das Ergebnis dieser sorgfältigen Überprüfung war, dass der Ausschank von Light-Bier für noch vertretbar, der Ausschank von Vollbier nach wie vor jedoch für nicht mehr vertretbar erachtet wurde.

Beim FCSt.Pauli dagegen wird seit Jahren entsprechend einer durch das Bezirksamt Hamburg-Mitte erteilten Gaststättenkonzession Vollbier ausgeschenkt. Aufgrund unter anderem des geringeren Fassungsvermögens des Millerntor-Stadions (ca. 20000 Personen) gegenüber dem Volksparkstadion (ca. 50000 Personen) und des beobachteten Fanverhaltens ist diese Konzession von der Polizeidirektion Mitte unter dem Aspekt der öffentlichen Sicherheit nicht beanstandet worden.

Wie aus der anliegenden Übersicht „Ausschank von Alkohol in den Fan-Bereichen der Stadien der 1. und 2. Bundesliga" hervorgeht, darf nicht nur bei Spielen des HSV im Volksparkstadion, sondern in den Stadien von acht weiteren Vereinen der 1. Bundesliga nur Light-Bier ausgeschenkt werden.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Welchen tatsächlichen Hintergrund haben die Presseveröffentlichungen?

Der tatsächliche Hintergrund der Presseveröffentlichungen besteht in der Divergenz von Interessenlagen, insbesondere stehen sich wirtschaftliche Interessen und Sicherheitsaspekte gegenüber (vgl. im übrigen Vorbemerkung).

2. Gibt es Erkenntnisse, dass die Fans des HSV anders auf Alkohol reagieren als die des FC St.Pauli? Wenn ja, welche?

Nein.

Bei Fußballveranstaltungen ist die Sicherheitslage durch das Auftreten rivalisierender (Problem-)Fangruppen gekennzeichnet, die im Rahmen der Sportveranstaltungen die gewalttätige Auseinandersetzung suchen oder sich an solchen Auseinandersetzungen beteiligen. Deren konkretes Verhalten wird neben der grundsätzlich aggressionsfördernden und enthemmenden Wirkung des Alkohols insbesondere durch die unterschiedlichen Rivalitäten zu bestimmten Fangruppen des jeweiligen Gegnervereins sowie durch die baulichen Gegebenheiten der Stadien, speziell der Möglichkeit einer baulichen Trennung rivalisierender Gruppen, beeinflußt.

Diese Faktoren führen auf Basis polizeilicher Beobachtung zu einer differenzierten Betrachtung des Verhaltens alkoholisierter Problemfans sowie der Sicherheitslage bei Fußballspielen des HSV im Volksparkstadion bzw. des FCSt.Pauli im Millerntor-Stadion insgesamt.

3. Ist dabei berücksichtigt, dass möglicherweise der größere Alkoholkonsum außerhalb des Stadions vor bzw. nach dem Spiel stattfindet? Wird dies gemessen? Wenn ja, wie?

Gesicherte Erkenntnisse über die Alkoholkonsumgewohnheiten der Anhänger des HSV und des FC St.Pauli liegen nicht vor. Der Alkoholkonsum wird weder vor noch während oder nach den Spielen im Volksparkstadion oder Millerntor-Stadion gemessen.

Allgemeinen Erfahrungen zufolge konsumieren die Problemfans beider Vereine bereits vor den Fußballspielen außerhalb der Stadien Alkohol. Es ergeben sich bei den Spielen beider Vereine regelmäßig Situationen, dass alkoholisierten Zuschauern von den Ordnungsdiensten der Zutritt zu den Stadien verwehrt wird bzw. diese aus den Stadien verwiesen werden. Statistikmaterial, das einen Vergleich der Situation beider Vereine zuließe, liegt der Behörde für Inneres nicht vor.

Die Wirtschafts- und Ordnungsämter der Bezirksämter Altona und Eimsbüttel sowie des Bezirksamtes Hamburg-Mitte schreiten im Rahmen ihrer personellen Möglichkeiten im Umfeld der Fußballstadien gegen ambulante Händler ein, um den nicht genehmigten Verkauf alkoholischer Getränke zu unterbinden. Die Behörde für Inneres hat die Bezirksämter Altona und Eimsbüttel im Zusammenhang mit dem laufenden Konzessionsverfahren gebeten, die Kontrolle auf den Anmarschwegen nach Möglichkeit zu intensivieren und festgestellte Rechtsverstöße unmittelbar zu unterbinden.

4. Was ist dran an dem Gerücht, dass die Entscheidung mit der dazugewonnenen spielerischen Stärke des HSV zu tun habe, die von Fußballästheten absolut nüchtern genossen werden sollte? (Die Analogie zum FCSt.Pauli formuliere ich nicht explizit.)

Der Senat äußert sich nicht zu Gerüchten.

5. Wie sichert der Senat die Gleichbehandlung der beiden Vereine auf anderem Gebiet? Welche Unterstützung hat der HSV in bezug auf das Volksparkstadion vom Senat bisher erhalten (bitte aufschlüsseln), und wie sieht die bisherige und voraussichtliche Unterstützung des FCSt.Pauli aus?

Der Senat hat von Anfang an sowohl den HSV als auch den F CSt. Pauli bei den Bemühungen unterstützt, ein allen Ansprüchen genügendes Fußball-Stadion zu errichten.

Art, Umfang und Begründung des Beitrags der Stadt zum Neubau des Volksparkstadions ergeben sich aus der Bürgerschaftsdrucksache 16/888 vom 19. Mai 1998.

Mit dem FCSt.Pauli werden zur Zeit Verhandlungen über eine Modernisierung des Stadions am Millerntor geführt.

Zum Stand laufender Verhandlungen äußert sich der Senat grundsätzlich nicht.

Anlage zur Antwort des Senats