Versicherungspflicht

Gegenstand des Ersuchens:

Die Bürgerschaft hat in ihrer 83./84./85. Sitzung vom 16./17./18. Dezember 1996 an den Senat das folgende Ersuchen gerichtet:

Die Bürgerschaft ersucht den Senat, „zu den Beratungen des Haushaltsplan-Entwurfs 1998 einen Bericht über Umstrukturierung und Konsolidierungsmaßnahmen der Betriebskrankenkasse vorzulegen".

II. Ausgangslage:

Im Jahre 1996 waren Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Betriebskrankenkasse der Freien und Hansestadt Hamburg (BKK FHH) aufgetaucht. Wesentliche Ursache für die diesen Zweifeln zugrunde gelegenen Finanzprobleme der BKK FHH war der durch das Gesundheitsstrukturgesetz bundesweit eingeführte Risikostrukturausgleich (RSA) unter Wegfall des ebenfalls bundesweiten Finanzausgleichs in der Krankenversicherung der Rentner. Beim RSA werden im Gegensatz zum bisherigen Finanzausgleich der Rentner nur bundesdurchschnittliche Leistungsausgaben berücksichtigt. Dies bedeutet eine große Benachteiligung regionaler Krankenversicherungsträger in Hochpreisregionen wie Hamburg, denn der im RSA unterstellte Ausgleich auf Bundesebene ist ihnen im Gegensatz zu den bundesweit agierenden Krankenkassen nicht gegeben.

Dieser Effekt wird bei regionalen Krankenkassen in Stadtstaaten (wie der BKK FHH) noch dadurch verstärkt, dass landesweite Ausgabenausgleiche wie z. B. in Bayern und Baden-Württemberg nicht möglich sind.

Da eine Betriebskrankenkasse gemäß § 153 Absatz 1 Nummer 3 SGB V von der Aufsichtsbehörde zu schließen ist, wenn ihre Leistungsfähigkeit nicht mehr auf Dauer gesichert ist, hat die zuständige Aufsichtsbehörde der BKK FHH, die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, die Leistungsfähigkeit der BKK FHH anhand des Haushaltsplans der BKK FHH für das Jahr 1996, eines diesem zugrunde liegenden gemeinsamen Sanierungskonzepts der BKK FHH, des BKK Landesverbandes NORD und des BKK Bundesverbandes sowie einer Finanzund Vermögensprognose 1997­2001 geprüft. Das Ergebnis dieser Prüfung war, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der BKK FHH mittelfristig uneingeschränkt wiederhergestellt ist und dass die Schließung der BKK FHH wegen fehlender Leistungsfähigkeit auf Dauer sachlich nicht zu begründen ist.

Das Ergebnis dieser Prüfung fand die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales bestätigt durch die Bewertung des Unternehmensberaters Dr. Hildebrand und Partner GmbH (Berlin), der von der BKK FHH beauftragt worden war, die Erfolgsaussichten des oben genannten Sanierungskonzepts zu bewerten.

Die BKK FHH ist ein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und als solcher rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 4 Absätze 1 und 2 SGB V), die im vollen Wettbewerb mit den anderen gesetzlichen Krankenkassen steht. Sie hat ein Recht auf Wahrung ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Auf dieses Recht hat der Senat bei der Beantwortung dieses Ersuchens Bedacht zu nehmen. Auf seine Pflicht zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der BKK FHH hat der Senat die Bürgerschaft bereits in seinen Antworten auf die Schriftlichen Kleinen Anfragen vom 5. Juli 1996 (15/5716), 16. Juli 1996

(15/5756) und 30. Juli 1996 (15/5796) hingewiesen.

III. Umstrukturierung der BKK FHH:

1. Freiwillige Vereinigung der BKK FHH mit der BKK HHA zu einer gemeinsamen Betriebskrankenkasse

Die freiwillige Vereinigung der beiden Betriebskrankenkassen zu einer gemeinsamen Betriebskrankenkasse fand mit Wirkung ab 1. Dezember 1995 statt. Sie erfolgte zur wirtschaftlichen Stärkung, zur rationellen Arbeitsentwicklung und zum zeitgemäßen Ausbau der betrieblichen Krankenversicherung. Mit der Vereinigung konnte die drohende Auflösung der BKK HHA verhindert werden. Mit den von ihr erwarteten und erzielten Synergieeffekten konnten unmittelbar nach der Vereinigung bereits vier qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einem im Jahre 1995 eingerichteten Projekt Kostenmanagement zur Verfügung gestellt werden. Im Laufe des Jahres 1996 folgten vier weitere.

Damit hat die Vereinigung die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt. Ohne sie wären die im Sanierungskonzept prognostizierten und erreichten Ausgabenreduzierungen nicht bzw. nur unter Einsatz zusätzlicher Personalressourcen in entsprechender Größenordnung und fachlicher Qualifikation möglich gewesen.

2. Öffnung der BKK FHH:

Bis Ende 1995 war die BKK FHH die zuständige gesetzliche Krankenkasse für die versicherungspflichtigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der Freien und Hansestadt Hamburg und 31 weiterer unter staatlicher Einflußnahme stehender Einrichtungen sowie für die versicherungspflichtigen Rentner und Rentnerinnen, die bei Eintritt in den Ruhestand bei der BKK FHH versichert waren. Durch Artikel 1 Nummer 116 des am 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) wurde ab 1. Januar 1996 der Grundsatz der Kassenwahlfreiheit eingeführt, der beinhaltet, dass von dem Zeitpunkt an alle Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten ihre Krankenkasse frei wählen und (jeweils zum Stichtag 1. Oktober jeden Jahres) ihre Krankenkasse wechseln können.

Trotz der Kassenwahlfreiheit bleibt eine Betriebskrankenkasse Versicherungspflichtigen und -berechtigten, die nicht im Betrieb beschäftigt sind, für den sie errichtet worden ist, verschlossen, es sei denn, die Betriebskrankenkasse öffnet sich in ihrer Satzung auch für andere Versicherungspflichtige und -berechtigte (§ 173 Absatz 2 Nummer 4 SGB V).

Die BKK FHH hat von der Öffnungsmöglichkeit mit Wirkung vom 1. Juli 1996 Gebrauch gemacht, um etwaige Mitgliederverluste durch Erschließung neuer Potentiale ausgleichen zu können. Die Öffnung der BKK FHH erstreckt sich nur auf das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg. Die BKK FHH setzt gegenwärtig ein unter Mitwirkung des BKK LV NORD erstelltes Vertriebskonzept in die Praxis um. Damit sollen sowohl die Bestandssicherung der vorhandenen Versicherten als auch der Zugewinn neuer Mitgliederpotentiale erreicht werden.

Die Öffnung einer Betriebskrankenkasse hat im übrigen zur Folge, dass sie nicht mehr durch Beschluß des Verwaltungsrats aufgelöst werden kann, sondern nur noch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 153 SGB V von der zuständigen Aufsichtsbehörde geschlossen werden kann. Die Öffnung einer Betriebskrankenkasse bewirkt ferner, dass im Falle ihrer Schließung nicht der Arbeitgeber, sondern der Landesverband, dem die geschlossene Betriebskrankenkasse angehört, für die Verbindlichkeiten der geschlossenen Betriebskrankenkasse haftet.

3. Eigene Personalhoheit der BKK FHH:

Nach der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Rechtslage hatten Betriebskrankenkassen keine eigene Personalhoheit; gemäß § 147 Absatz 2 SGB V in der bis dahin geltenden Fassung bestellte der Arbeitgeber auf seine Kosten die für die Führung der Geschäfte der Betriebskrankenkasse erforderlichen Personen.

§ 147 Absatz 2 Satz 4 SGB V in der gemäß Artikel 35 Absatz 6; 1 Nummer 94 b GSG ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung eröffnete dem Arbeitgeber die Möglichkeit, die weitere Übernahme der Kosten des für die Führung der Geschäfte erforderlichen Personals abzulehnen. Der Senat hat, ebenso wie auch die HHA, von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Das hat zur gesetzlichen Folge, daß

­ die BKK FHH seit dem 1. April 1996 Neueinstellungen selbst vorzunehmen hat; das heißt, für diese Personen ist nicht mehr die FHH bzw. die HHA, sondern die BKK FHH auf eigene Kosten selbst Arbeitgeberin,

­ die BKK FHH das vor dem 1. April 1996 bei ihr beschäftigte Personal der FHH bzw. der HHA spätestens ab 1. Januar 1999 insoweit als eigenes Personal (und damit auf eigene Kosten) zu übernehmen hat, wie es zum Übernahmezeitpunkt noch bei ihr beschäftigt ist. Der Verwaltungsrat der BKK FHH hat die Personalübernahme ab

1. Januar 1999 beschlossen. Die für die Übernahme nach dem GSG erforderliche Zustimmung der bei der BKK FHH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FHH liegt vor; ihnen ist ein Rückkehrrecht zur FHH eingeräumt worden für die Fälle der Schließung oder eines aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Personalabbaus.

Zum 1. begonnen worden. Einzelheiten aus dem Sanierungskonzept und aus dessen Umsetzung darf der Senat wegen der Wahrung von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen nicht offenbaren. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der BKK FHH ist weiterhin als auf Dauer gesichert anzusehen. Der Senat verfolgt die Finanzentwicklung der BKK FHH weiterhin aufmerksam.

Der Senat bittet die Bürgerschaft, Kenntnis zu nehmen.