Steuer

Statt der unzulässigen Privatisierung der hoheitlichen Aufgabe sah die Behörde für Inneres eine Möglichkeit zur Lösung des Problems darin, die privaten Mitarbeiter des Ordnungsdienstes in den Bereich der öffentlichen Verwaltung einzubeziehen. Sie schlug vor, die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes zu Hilfspolizisten nach §29 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) zu ernennen. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde Personen mit deren Einwilligung u.a. zur Überwachung der Regelungen des Straßenverkehrs zu Hilfspolizisten ernennen, die dann im Rahmen ihres Auftrages die den Beamten des Polizeivollzugsdienstes zustehenden Befugnisse haben.

In unserer Stellungnahme zu diesen Überlegungen haben wir darauf hingewiesen, dass diese Lösung nicht bedenkenfrei wäre. Das SOG als Landesgesetz zur Regelung von Aufgaben der Gefahrenabwehr kann keine Aussagen zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten treffen, die bundesgesetzlich geregelt ist. Nach §53 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) des Bundes haben nur Behörden und Beamte des Polizeidienstes die eigenständige Befugnis zur Erforschung von Ordnungswidrigkeiten. Somit ist schon vom Wortlaut her zweifelhaft, ob Personen, die weder Polizeivollzugsbeamte noch Angestellte der Polizeibehörde sind, sondern nur als Hilfspolizisten fungieren, zum Kreis der nach §53 OWiG Ermächtigten gehören können.

Wir haben allerdings auch deutlich gemacht, dass diese Frage fachlich und erforderlichenfalls durch die Gerichte, nicht jedoch datenschutzrechtlich zu entscheiden ist.

Wenn die rechtliche Prüfung zu dem Ergebnis führt, dass auch die Erhebung und weitere Verarbeitung von Daten durch die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes als Hilfspolizisten gemäß §29 SOG grundsätzlich zulässig ist, müßten aus datenschutzrechtlicher Sicht bei der Auftragserteilung nach §29 SOG an die Hilfspolizisten folgende Maßgaben sichergestellt sein:

· Die von den Mitarbeitern des Ordnungsdienstes erhobenen und in mobilen Datenerfassungsgeräten gespeicherten Daten dürfen ausschließlich zur Verfolgung der jeweiligen Ordnungswidrigkeiten verwendet werden. Hierzu müssen die Daten restlos an die Bußgeldstelle abgeliefert werden.

· Die Tätigkeit der Mitarbeiter des Ordnungsdienstes in ihrer Eigenschaft als Hilfspolizisten muß uneingeschränkt der behördlichen Kontrolle und auch unserer Kontrolle unterliegen.

Bei Redaktionsschluß dieses Berichts stand noch nicht fest, ob es zu einer Beauftragung von Hilfspolizisten kommt.

13. Polizei

Neue Infrastruktur zur polizeilichen Datenverarbeitung

Mit den neu eingeführten Verfahren POLAS und COMVOR und dem geplanten INPOLVerfahren verfügt die Polizei über eine völlig neue Infrastruktur zur Datenverarbeitung, die mehr Mitarbeitern mehr Informationen über mehr Personen leichter und schneller zur Verfügung stellt.

Für eine Reihe von damit zusammenhängenden Fragen konnten datenschutzrechtlich befriedigende Lösungen erreicht werden. Es gibt aber auch ungelöste Probleme.

Im Berichtsjahr hat sich die Infrastruktur zur polizeilichen Datenverarbeitung grundlegend verändert. Bisher war das zentrale Auskunftssystem POLAS mit Verbindung zum bundesweiten INPOL-System das prägende Verfahren zur automatisierten Datenverarbeitung der Polizei.

Daneben gab es verschiedene teilweise automatisierte, teilweise aber auch noch manuell geführte dezentrale Anwendungen, mit denen Dateien über kriminalpolizeiliche Erkenntnisse aber auch Register und Indizes zur Aktenverwaltung geführt wurden. Völlig getrennt davon verlief die Bearbeitung einzelner polizeilicher Vorgänge mit Hilfe der automatisierten Textverarbeitung oder auch der Schreibmaschine.

Inzwischen finden die Mitarbeiter der Polizei auf ihrem Arbeitsplatz einen PC vor, bei dem sie mit Mausklick entscheiden können, ob sie polizeiliche Erkenntnisse über eine Person aus POLAS, INPOL, dem Schengener Informationssystem oder einer dezentralen Datei abrufen, Daten aus dem Melde-, dem Fahrzeug- oder aus dem Ausländerzentralregister erfragen, eigene Vorgänge bearbeiten und sie an andere Polizeidienststellen übersenden, sich nach dem Verbleib einer Akte erkundigen, oder feststellen wollen, wann und wo ein bestimmter polizeilicher Einsatz stattgefunden hat. Die technischen Möglichkeiten vernetzter Arbeitsplatzrechner führen dazu, dass Informationssammlungen, die bisher nur für begrenzte Aufgaben bestimmter Dienststellen angelegt wurden, nunmehr von ganzen Abteilungen im Landeskriminalamt genutzt werden. Damit erweitern sich die Zugriffsrechte und auch die Informationssammlungen insgesamt.

Der Ausbau dieser Infrastruktur mit den neuen Verfahren POLAS und COMVOR ist nach langjährigen Vorarbeiten und zahlreichen Problemen und Verzögerungen erfolgt und noch nicht abgeschlossen. Die Projektmitarbeiter haben ungeachtet des erheblichen Zeitdrucks in allen anstehenden datenschutzrechtlichen Fragen stets mit umfassender Information und der Bereitschaft, einvernehmliche Lösungen zu finden, die Zusammenarbeit mit uns gesucht.

Für die neuen polizeilichen Verfahren gelten gemeinsam folgende Vorgaben zur Benutzerverwaltung und Protokollierung:

· Benutzerverwaltung

Die Vergabe sämtlicher innerhalb der Polizei relevanten Benutzerrechte für automatisierte Anwendungen an alle Mitarbeiter und die Organisation dieser Benutzerrechte stellt bei der großen Zahl berechtigter Personen und deren häufigem Wechsel zwischen verschiedenen Dienststellen hohe Anforderungen. Die Polizei hat hierfür eine aus unserer Sicht überzeugende Konzeption entwickelt. Alle Mitarbeiter verfügen jeweils über eine eigene zentral vergebene Chipkarte mit ihren Personendaten, die den Zugriff auf die Arbeitsplatzrechner steuert. Für die einzelnen Organisationseinheiten der Polizei (z.B. Polizeirevier oder Abteilung im LKA) gelten jeweils unterschiedliche Zugriffsrechte. Diese unterscheiden sich auch je nach der Funktion der Mitarbeiter. Das jeweils erforderliche Berechtigungsprofil wird mit Hilfe einer besonderen Datei zur Benutzerverwaltung vergeben. Beim Wechsel der Mitarbeiter zwischen verschiedenen Organisationseinheiten wird sichergestellt, dass mit der Vergabe der neuen Rechte alle bisherigen Rechte entfallen. So wird vermieden, dass frühere u.U. weitere Zugriffsrechte auch nach einem Aufgabenwechsel bestehen bleiben und somit die organisations- und funktionsbezogenen Zugriffsgrenzen unterlaufen werden.

· Protokollierung Abfragen aus dem polizeilichen Auskunftssystem POLAS wurden früher nicht regelmäßig, sondern nur dann automatisch protokolliert, wenn im Einzelfall ein Mißbrauchsverdacht bestand.

Für die Abfragen aus dem Schengener Informationssystem und die neuen Verfahren POLAS und COMVOR ist nunmehr eine Vollprotokollierung sämtlicher lesender und ändernder Zugriffe eingeführt worden.

Die Protokollierung ermöglicht zwar einerseits eine verbesserte Kontrolle beim Mißbrauch und beugt ihm vor. Andererseits entstehen große zusätzliche Datenbestände über die von den Abfragen betroffenen Personen und die polizeilichen Mitarbeiter. Wir haben vorgeschlagen, zur Begrenzung dieser Risiken Festlegungen zu folgenden Fragen zu treffen: Wo werden die Protokolldateien gespeichert? Wer nimmt die Auswertung vor? Nach welchen Kriterien und bei welchen Anlässen ist eine Protokollauswertung möglich? Die Ausarbeitung eines entsprechenden Konzeptes dauerte bei Redaktionschluss dieses Berichts noch an.

POLAS-neu

Die Neuentwicklung des seit Jahrzehnten bestehenden polizeilichen Auskunftssystems POLAS war erforderlich, weil das bisherige Betriebssystem vom LIT nicht weiter zur Verfügung gestellt wird und das verwendete Datenbanksystem nicht Jahr-2000-fähig ist. Es handelt sich daher im wesentlichen um eine technisch neue Version, inhaltliche Änderungen des Datenbestandes sind nicht erfolgt. Allerdings sind die Zugriffsrechte erweitert worden. Insbesondere sind die bisherigen Begrenzungen der Zugriffs auf Speicherungen über Kinder (vgl. 11.TB, 17.4) und bei der sogenannten Gesamtauskunft entfallen. Im früheren Verfahren waren nur Bedienstete, die sachbearbeitende Funktionen ausüben, also überwiegend Angehörige der Kriminalpolizei umfassend zugriffsberechtigt. Für die Mehrzahl der Angehörigen der Schutzpolizei galten Einschränkungen.

Mit unseren Bedenken gegen den Wegfall der bisherigen Differenzierungen konnten wir uns nicht durchsetzen. Die Polizei hat dem entgegengehalten, dass die erweiterten Zugriffsrechte zur Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Im Unterschied zu früher sei immer weniger die Zugehörigkeit zu einem bestimmten polizeilichen Organisationszweig (also Schutzpolizei oder Kriminalpolizei) für die Aufgabenerfüllung entscheidend. Vielmehr werde das Aufgabenprofil insbesondere durch die Bildung von Polizeikommissariaten zunehmend vereinheitlicht, so daß auch Beamte der Schutzpolizei sachbearbeitende Funktionen wahrnehmen.

COMVOR

Das Verfahren zur "computergestützten Vorgangsbearbeitung" (COMVOR) ist in zwei wesentlichen Schritten vorangekommen. Im Frühjahr 1999 wurde die Möglichkeit geschaffen, an 2100 Arbeitsplatzrechnern polizeiliche Vorgänge (Anzeigen, Vernehmungen, Berichte über Einsätze und eine große Fülle weiterer Vorgangsarten) mit Hilfe von elektronischen Formularen automatisiert zu erfassen. Im Sommer wurde dann eine Indexdatei als einheitliches "Tagebuch" zur Verwaltung der jeweiligen Vorgänge eingeführt.

Diese Funktionalitäten sind nicht völlig neu. Bereits 1994 (13. TB, 17.3) und 1997 (16.TB, 15.1) war die Einführung der ersten Teilleistung zur Formularfertigung vorgesehen, ist allerdings immer wieder gescheitert. Die Lösung der Probleme war dadurch möglich, dass man die frühere technisch sehr aufwendige Konzeption eines integrierten Verfahrens zum Ausfüllen der Formulare und zur Datenhaltung aufgegeben hat. Die neue Konzeption trennt nunmehr den Formularteil von der Indexdatenbank.

· Vorgangsbearbeitung mit Formularen

Zum Ausfüllen der Formulare werden Standardprodukte zur Textverarbeitung benutzt.

Grundsätzlich sind die Mitarbeiter nur für die von ihnen selbst ausgefüllten Vorgänge zugriffsberechtigt. Mitarbeiter, die den Vorgang angelegt haben, können diese an andere zuständige Dienststellen (z.B. vom Polizeirevier an das Kriminalkommissariat oder das Landeskriminalamt) weiterleiten. Sie können weitere Mitarbeiter berechtigen. Daten, die in bestimmten Formularfeldern gespeichert sind, können automatisiert in neue Formulare für denselben Vorgang übernommen werden.

Wenn einzelne Vorgänge nicht weitergeleitet oder gelöscht werden, besteht die Möglichkeit zur Archivierung der elektronisch gespeicherten Inhalte für eine Frist von maximal einem Jahr.

Anhand des Aktenzeichens kann der jeweilige Eigentümer oder der für die Verteilung der Vorgänge an einzelne Sachbearbeiter zuständige Vorgesetzte die Vorgänge wieder aus dem Archiv holen. Alle in COMVOR erstellten Vorgänge werden ausgedruckt und zum Bestandteil der Ermittlungsakte.