Detektei

Wir halten die Auslegungen des Merkmals der Offenkundigkeit durch die Gerichte für unzutreffend. Als offenkundige Daten sind solche Daten anzusehen, für die es keine rechtlich geregelten Zugangsvoraussetzungen gibt: also z. B. Informationen aus den Medien, aus dem Telefonbuch oder auch aus dem Handelsregister. Wenn dagegen der Gesetzgeber ­ wie für das Fahrzeugregister ­ ausdrückliche Voraussetzungen normiert, die erfüllt sein müssen, um die Informationen zu erhalten, hat eben nicht "jedermann" Zugang, sondern nur diejenigen, die die gesetzlichen Bedingungen erfüllen.

Das Hanseatische Oberlandesgericht verkennt in seiner Entscheidung sogar, welche gesetzlichen Voraussetzungen nach dem Straßenverkehrsgesetz gelten. Die Gerichte setzen sich überhaupt nicht mit der Frage auseinander, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für Informationen an Privatpersonen in den Einzelfällen vorlagen. Dabei hätte sich diese Frage aufdrängen müssen: die Privatdetekteien sind doch nur deshalb an die Polizeibeamten herangetreten und haben deren dienstliche Möglichkeit zum Datenabruf ausgenutzt, weil sie selbst keine Auskunft aus dem Fahrzeugregister erhalten hätten. Wie man in solchen Fällen von Offenkundigkeit ausgehen kann, ist unerfindlich.

Nach der Auslegung der Gerichte würde es entweder nur strikte Geheimnisse geben, die keiner Privatperson offenbart werden dürfen, oder offenkundige Daten. Denn praktisch alle Vorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten lassen unter bestimmten, teils engeren, teils weiteren Voraussetzungen Übermittlungen an Privatpersonen zu. Für die Anwendung der Straf- oder Bußgeldvorschriften gegen unbefugte Datenabrufe nach dem Datenschutzrecht gäbe es dann keinen Anwendungsbereich mehr.

Da jedoch nach den bisherigen Erfahrungen damit zu rechnen ist, dass sich auch weitere Gerichte unbesehen dieser Auslegung anschließen, haben wir in den laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und des Hamburgischen Datenschutzgesetzes eine Klarstellung vorgeschlagen. Statt der bisherigen Formulierung sollte sich die Strafbarkeit auf den unbefugten Abruf solcher Daten beziehen, "die nicht jeder Person ohne rechtlich geregelte Voraussetzung zugänglich sind". Damit würden die bisherigen nicht strafwürdigen Fälle des Umgangs mit Daten, die ohne weiteres zugänglich sind, weiterhin ausgeschlossen. Die Mißverständnisse, die sich aus dem bisherigen Merkmal der "Offenkundigkeit" ergeben haben, würden dagegen vermieden.

Eine Beibehaltung der Strafbarkeit des unbefugten Abrufs aus Dateien ist dringend erforderlich.

Nach Presseberichten sollen Polizeibeamte in Hamburg Informationen aus dem Fahrzeugregister abgerufen und an organisierte Autoschieberbanden weitergegeben haben. Die zahlreichen Bemühungen zur Bekämpfung der Korruption und organisierten Kriminalität würden unterlaufen, wenn derartige Abrufe künftig nach Auslegung der Gerichte straflos sein sollen.

Sonstiges:

Wir haben im Bereich der Polizei Prüfungen und Beratungen durchgeführt und Stellungnahmen abgegeben zu Fragen der Datenverarbeitung bei

· Sexual- und Wirtschaftsstraftaten

· Korruptionsdelikten und Geldwäsche

· der zentralen Beschwerdestelle

· Forschungsvorhaben zu jugendlichen Intensivtätern.

14. Staatsanwaltschaft

Automation bei der Staatsanwaltschaft

Zu den datenschutzrechtlichen Forderungen nach Begrenzung der Zugriffsrechte und zur Protokollierung von Zugriffen sind Kompromisslösungen erreicht worden. Beim weiteren Ausbau des automatisierten Verfahrens der Staatsanwaltschaft sind Fragen zum Datenaustausch mit der Polizei und dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister weiter zu klären.

Das gemeinsam mit den Ländern Schleswig-Holstein, Brandenburg und Hessen entwickelte Verfahren "Mehrländer-Staatsanwaltschafts-Automation" (MESTA) ist 1999 schrittweise weiter ausgebaut worden. Neben den Funktionen der Zentralkartei sind eine Reihe von Geschäftsstellen an MESTA angeschlossen worden. Neu eingehende Vorgänge werden in diesen Geschäftsstellen nunmehr unmittelbar in MESTA mit Angaben zum Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft und der Polizei, zu Art, Ort und Zeitpunkt der Straftat erfaßt. Die Personalien der Beschuldigten werden automatisch mit dem vorhandenen Bestand abgeglichen und übernommen, wenn keine Abweichungen bekannt sind.

Zur lange offen gebliebenen Frage der Zugriffsrechte wurde nunmehr folgende Regelung getroffen:

Die Geschäftsstellenmitarbeiter können grundsätzlich nur auf Verfahren mit Aktenzeichen der eigenen bzw. einer Abteilung mit gleicher Aufgabenstellung zugreifen. Eine Auskunft über Verfahren anderer Abteilungen ist für Geschäftsstellenmitarbeiter allerdings dann möglich, wenn zu dem jeweiligen Beschuldigten auch ein Verfahren aus der eigenen Abteilung vorliegt. Der Zugriff der Dezernenten (Staatsanwälte) unterliegt diesen Beschränkungen nicht. Die beschriebenen Vorkehrungen erfüllen zwar nicht unsere ursprünglichen Forderungen zur Begrenzung der Zugriffsrechte (vgl. 16.TB, 16.1), insbesondere wenn es um Daten nicht beschuldigter Personen (z.B. Anzeigenerstatter) geht. Als Mindeststandard gewährleisten sie aber immerhin, dass MESTA nicht wie ein völlig offenes System ohne jede Binnendifferenzierung betrieben wird, und sind somit als Kompromiß akzeptabel.

Bestimmte Systemaktivitäten z. B. die Anmeldung und Datenänderungen (mit Eintragung des Status vor und nach der Änderung) werden protokolliert. Wir haben für den Umgang mit dieser Protokolldatei Regularien über die zugriffsberechtigten Mitarbeiter, die Anlässe und das Verfahren für Protokollauswertungen und die Länge der Aufbewahrung gefordert und hierzu Vorschläge unterbreitet. Bei Redaktionsschluß lag uns jedoch noch keine Reaktion hierauf vor.

Zur weitergehenden Forderung der Protokollierung lesender Zugriffe (vgl. 16. TB, 16.1) deutet sich ebenfalls ein Kompromiß an. In einer Bund-Länder-Kommission sollen einheitliche Standards für staatsanwaltschaftliche Automationsverfahren vereinbart werden. Hamburg setzt sich dabei für eine stichprobenartige Protokollierung lesender Zugriffe ein. Ergebnisse der Bund-Länder-Kommission lagen bei Redaktionsschluss allerdings noch nicht vor.

Beim weiteren Ausbau von MESTA sollen insbesondere auch Schnittstellen zu anderen automatisierten Verfahren realisiert werden. Im Vordergrund steht dabei der Datenaustausch mit dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister (ZStV) und mit der Polizei.

Ein Datenaustausch zwischen dem staatsanwaltschaftlichen Verfahren MESTA und dem polizeilichen Verfahren COMVOR ist seit langem geplant und in den Grundzügen mit uns abgestimmt. Weil jedoch auf beiden Seiten bisher die technischen Voraussetzungen fehlten, sind die Pläne noch nicht realisiert worden. Hiermit ist im kommenden Jahr zu rechnen.

Im ZStV werden die Verfahren sämtlicher Staatsanwaltschaften zentral registriert (vgl. 13. TB, 19.1.1). Die Daten müssen also bei der Verfahrenseinleitung nicht nur im örtlichen System MESTA erfasst werden, sondern von dort an das ZStV übertragen werden. Hamburg leitet zur Zeit noch keine Daten an das ZStV weiter; vielmehr wird der Datenverkehr mit dem ZStV in Schleswig-Holstein stellvertretend für die übrigen MESTA-Länder im Pilotbetrieb getestet. Zu klären sind insbesondere die folgenden Fragen:

Nach den für das ZStV geltenden Regelungen sind auch die Verfahrenserledigungen bei der Staatsanwaltschaft und bei Gericht nebst Angabe der gesetzlichen Vorschriften einzutragen.

Wenn eine Verurteilung erfolgt, die im Bundeszentralregister einzutragen ist, bewirkt diese Eintragung der Entscheidung die automatische Löschung im ZStV. Schwieriger ist allerdings der Ablauf bei Verfahrenserledigungen, die nicht im BZR eingetragen werden (Einstellungen bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht, Freisprüche). Die Eintragung dieser Erledigungen ist wesentlich für die Löschung nach Fristablauf im ZStV. In Schleswig-Holstein erfolgen die Erledigungsmitteilungen automatisiert, sobald sie in MESTA eingetragen werden, ohne dass ein besonderer Bearbeitungsschritt erforderlich wäre. Diese Verfahrensweise dürfte sicher und mit dem geringsten Aufwand verbunden sein. Wir haben der Staatsanwaltschaft Hamburg empfohlen, ebenso zu verfahren.

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Gesetzlich ist vorgeschrieben, dass im ZStV die Tatvorwürfe mit Angaben zum verletzten Straftatbestand eingetragen werden. In Hamburg besteht die Praxis, dass die Staatsanwaltschaft bei der Ersteintragung von Verfahren in MESTA die rechtliche Bewertung der Polizei unbesehen übernimmt. Demgemäß würden auch bei der Mitteilung der Verfahrenseinleitung an das ZStV zunächst nur die polizeilichen Bewertungen eingetragen. Nicht selten ändert sich jedoch die rechtliche Bewertung, für die im Ermittlungsverfahren primär die Staatsanwaltschaft zuständig ist, im Zuge der weiteren Ermittlungen (z.B. polizeilicher Verdacht auf Totschlag, Anklageerhebung durch die StA wegen fahrlässiger Tötung). Es muss daher eine Berichtigung der ursprünglichen Eintragung im ZStV erfolgen. In Schleswig-Holstein erfolgt zunächst eine Vorkontrolle beim Eingang der Daten von der Polizei. Im weiteren Verfahren wird die rechtliche Bewertung von den zuständigen Dezernenten überprüft und erforderlichenfalls eine Korrektur veranlaßt. Die Übernahme dieser Verfahrensweise in Hamburg wird insbesondere davon abhängen, wie die Schnittstelle mit der Polizei ausgestaltet wird.

Ein Fortschritt ist bei der Frage der Verschlüsselung des Datenverkehrs zwischen den dezentralen Staatsanwaltschaften und dem ZStV erreicht worden. Die beteiligten Justizverwaltungen haben ihre frühere Ablehnung der Verschlüsselung inzwischen aufgegeben.

Nunmehr sollen verschiedene Verschlüsselungsverfahren auf ihre Eignung getestet werden, so daß zu einem späteren Zeitpunkt der Datenaustausch generell verschlüsselt wird.

Berichtspflichten über Abhörmaßnahmen Berichte über Abhörmaßnahmen müssen insbesondere auch Aufschluß über Personengruppen geben, deren Gespräche ohne Tatverdacht überwacht wurden.

Mit der Änderung von Art. 13 Grundgesetz (GG) zum Abhören von Wohnungen (sog. Lauschangriff) wurde auch ein Verfahren zur parlamentarischen Kontrolle dieser weitreichenden Grundrechtseingriffe eingeführt. Art 13. Abs. 6 Satz 1 GG sieht vor, dass die Bundesregierung den Deutschen Bundestag jährlich über Abhörmaßnahmen in Wohnungen zur Strafverfolgung und präventiv-polizeiliche Lauschangriffe durch Bundespolizeibehörden unterrichtet. Nach Art. 13 Abs. 6 Satz 3 GG gewährleisten die Länder eine gleichwertige Kontrolle.