Das Psychotherapeutengesetz vom 16 Juni 1998 PsychthG schützt erstmals die Berufsbezeichnung Psychologische Psychotherapeutin

Die von der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales zunächst angekündigte weitere Diskussion des Dokuments in der Fachöffentlichkeit wird ­ soweit ersichtlich ­ derzeit nicht weiter verfolgt. Der offensichtlich prekäre Kompromiß zwischen den beteiligten Gesundheitsstellen, Organisationen und Körperschaften soll nicht wieder gefährdet werden. Bei Anfragen interessierter Patientinnen und Patienten sowie anderer Stellen werden wir auf die von der Gesundheitsministerkonferenz beschlossene Fassung hinweisen und bei Bedarf zusätzliche Datenschutzrechte hinzufügen.

Psychotherapeutengesetz und Umsetzung in Hamburg

Für die vorzulegenden Behandlungsnachweise im Approbationsverfahren nach dem neuen Psychotherapeutengesetz konnten wir den Patientendatenschutz weitgehend durchsetzen. Das datenschutzwidrige Kassenzulassungsverfahren mit externen Gutachtern ist für die Zukunft unterbunden.

Das Psychotherapeutengesetz vom 16. Juni 1998 (PsychthG) schützt erstmals die Berufsbezeichnung "Psychologische Psychotherapeutin" bzw. "Psychologischer Psychotherapeut" und bindet die Berufsausübung an eine formelle behördliche Approbation. Die Abrechnung mit den Krankenkassen setzt eine Zulassung bei der Kassenärztlichen Vereinigung voraus. Datenschutzrechtlich problematisch war die Umsetzung der Übergangsbestimmungen für bereits praktizierende Therapeuten.

Die Approbation

Bereits berufstätige Psychologen mußten für die Approbation innerhalb kurzer Frist unter anderem 60 bzw. 30 "dokumentierte und abgeschlossene Behandlungsfälle" nachweisen.

Schon früh haben wir sowohl mit der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales als auch mit den Datenschutzbeauftragten der anderen Bundesländer sowie mit Fachverbänden der Psychotherapeuten Kontakt aufgenommen, um beim Nachweis der Behandlungsfälle den Patientendatenschutz sicherzustellen. Da das Gesetz keine ausdrückliche Regelung zur personenbezogenen Datenübermittlung enthält, mußten die Nachweise grundsätzlich anonymisiert erfolgen. Nur bei Anhaltspunkten dafür, dass eine vorgelegte Behandlungsdokumentation gefälscht war, hielten wir eine Beweisführung anhand der personenbezogenen Original-Dokumente für vertretbar. Dies kam besonders bei selbstzahlenden Patienten in Betracht, für die es keine Fremdbestätigung der Leistung durch eine Versicherung gibt.

Das dann vom Amt für Gesundheit herausgegebene Merkblatt für Approbationsanträge sieht für die Einzelnachweise "Angaben unter Berücksichtigung der Schweigepflicht (§203 StGB) und des Datenschutzes" und als Patientenidentifikationsdaten nur eine Patientenchiffre, Alter und Geschlecht vor. Bei Vorlage von Rechnungen für selbstzahlende Patienten sollten als Chiffre die Initialen des Patienten verwendet werden. Letzteres haben wir kritisiert: Eine laufende Nummer, die der Psychologe bei Bedarf entschlüsseln kann, reicht aus. Soweit Antragsteller mit ausdrücklicher Einwilligung der Patienten personenbezogene Dokumentationen vorlegten, baten wir die Approbationsbehörde, in keinem Falle die Patientenidentifikationsdaten zu erfassen und zu speichern. Beschwerden zum Approbationsverfahren haben wir daraufhin nicht mehr erhalten.

Die Kassenzulassung

Ganz anders war dies beim Kassenzulassungsverfahren. Im Vordergrund der Beschwerden stand hier der Datenschutz der Antragsteller: Kritisiert wurde die Praxis des Zulassungsausschusses, zur Bewertung der Fachkunde des Antragstellers andere Psychotherapeuten als externe Gutachter zu beauftragen, die zum Teil direkte Konkurrenten der Antragsteller sind. Sie erhielten die gesamten personenbezogenen Unterlagen der antragstellenden Psychologen und konnten sich so ein umfassendes Bild von den Wettbewerbern machen. Es bestand die Befürchtung, dass die sog. "Richtlinien-Therapeuten" sich vor der Konkurrenz durch die "Erstattungs-Therapeuten" schützen wollten. Die hohe Ablehnungsquote bei den Zulassungsverfahren kann diesen Verdacht kaum entkräften.

Besonders schwer wog, dass den Antragstellern die Beauftragung und die Identität des externen Gutachters nicht mitgeteilt, sondern erst durch Akteneinsicht offenbar wurde.

Auf unsere Schreiben vom Juni und Juli 1999 an die Kassenärztliche Vereinigung (KVH), den Zulassungs- und den Berufungsausschuß teilte uns der Zulassungsausschuß im September 1999 schließlich mit, dass er in Zukunft keine externen Gutachter mehr beauftragen werde.

Inzwischen waren die Entscheidungen über die Zulassung der praktizierenden Psychotherapeuten allerdings auch abgeschlossen. Der Berufungsausschuß, vor dem nun viele Anfechtungen der Zulassungsablehnungen zu prüfen sind, hat sich bisher nicht selbst geäußert.

Die KVH berichtete jedoch, auch der Berufungsausschuß plane den Verzicht auf externe Gutachter. Trifft dies zu, haben wir wenigstens für die Zukunft eine datenschutzgerechte Umsetzung des neuen Psychotherapeutengesetzes erreicht.

BtmG-Änderung, AUB-Richtlinien, Methadonprogramm

Die Neuregelung der Substitutionsbehandlung Drogenabhängiger wirft auf Bundes- wie auf Landesebene eine Reihe datenschutzrechtlicher Fragen auf. Durch Gespräche mit den zuständigen Stellen des Gesundheitswesens konnten wir in Hamburg erste Anworten finden.

Zwei neue Rechtsvorschriften auf Bundesebene betreffen die Behandlung Drogenabhängiger mit Substitutionsstoffen. Zum einen wird derzeit das Betäubungsmittelgesetz geändert, um "Drogenkonsumräume" und einen bundesweiten Abgleich von Substitutionsbehandlungen zu ermöglichen. Unsere Stellungnahme dazu wurde von der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) weitgehend geteilt. Wir forderten ein Zeugnisverweigerungsrecht für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Drogenkonsumräume. Für die BAGS ist dies unproblematisch: Jeder Drogenkonsumraum sei zugleich eine "Drogenberatungsstelle" im Sinne der Strafprozeßordnung. Damit hätten deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Schweigepflicht und ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Zum anderen geben die neuen "Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen seit April 1999 die Indikationen und das Verfahren für die Substitutionsbehandlung vor. Dabei handelt es sich erstmals um "Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden" (deswegen im folgenden: AUB-Richtlinien). Sie können mit den Kassen abgerechnet werden. BAGS, Kassenärztliche Vereinigung (KVH), Ärztekammer und Kassen hoben daraufhin den Hamburger Methadonvertrag auf und entwickelten zur Umsetzung der AUB-Richtlinien eine neue "Einverständniserklärung" für den Patienten. Die KVH fragte uns darüber hinaus, ob sie der Krankenkasse die Behandlungsscheine für Substituierte gesondert übermitteln darf.

In einem Schreiben vom August 1999 lehnten wir die Übermittlung der Behandlungsscheine ab. Die Substitutionsbehandlung als nunmehr anerkannte Methode soll bei der Abrechnung gerade keine Sonderstellung mehr einnehmen, sondern wie jede andere Leistung abgerechnet werden.

Hierfür schreibt das Sozialgesetzbuch vor, die Angaben seien "fallbezogen, nicht versichertenbezogen" an die Kassen zu übermitteln. Behandlungsscheine sind dagegen versichertenbezogen. Eine gewünschte Protokollnotiz des Honorarvertrages zwischen KVH und AOK entfiel damit.

Mit der neuen Einverständniserklärung stimmt der Patient zu, dass die Gutachterkommission der KVH alle Unterlagen, die ihr der behandelnde Arzt zur Genehmigung der Substitutionsbehandlung zusendet, auch an die Kassen weiterreichen darf. Dies kritisierten wir als zu weitgehend. In einem Gespräch im September 1999 mit Vertretern von BAGS, KVH, AOK und anderen Kassen erörterten wir die Gesamtproblematik und kamen zu einem Kompromiß.

Die AUB-Richtlinien verpflichten die KV zwar, der Kasse des Patienten "bei der Beratung der Einzelfallindikationen" Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben. Übereinstimmend hielten die Kassenvertreter dafür aber die Übersendung des Substitutionsantrags, der Indikation und des Therapievorschlags für ausreichend. Laborberichte, Krankenhausentlassungsberichte und anderes werden danach nicht mehr übermittelt. Die AOK versicherte ferner, dass bei ihr nur 2 Personen mit der Stellungnahme für die Gutachterkommission befaßt sind und andere Personen keinen Zugriff auf diese Akten haben. Auch würden diese Patientendaten nicht in der EDV erfaßt, sondern bis auf das Antragsformular nach der Stellungnahme vernichtet. Die KVH sagte eine Prüfung zu, ob die von den AUB-Richtlinien vorgeschriebene Gutachterkommission ihre Entscheidung nicht auch anhand pseudonymisierter Daten treffen kann und ob der dafür erforderliche Aufwand noch verhältnismäßig ist. Schließlich vereinbarten wir, dass die KVH uns die geänderte Einverständniserklärung sowie die Formblätter für Antrag, Indikation und Therapievorschlag zur Verfügung stellt.

Den Bundesbeauftragten für den Datenschutz baten wir, die AUB-Richtlinie insbesondere daraufhin zu überprüfen, ob nicht eine pseudonyme Verarbeitung der Patientendaten vorgeschrieben werden kann. Wir haben grundsätzliche Bedenken gegen die Einverständnislösung der AUB-Richtlinien: Die patientenbezogene Datenübermittlung an KV und Kassen zur Behandlungsgenehmigung weicht von den üblichen Verfahren ambulanter Behandlung nach dem Sozialgesetzbuch ab. Die fehlende Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung durch eine Einwilligung zu ersetzen, erscheint uns angesichts der hochgradigen Zwangssituation für die Betroffenen sehr problematisch.

Berufsordnung für Hamburger Ärzte

Im Streit um die Regelung des Verkaufs einer Arztpraxis und des Akteneinsichtsrechts der Patienten verwarf die Ärztekammerversammlung einen zuvor mit Kammer und Aufsichtsbehörde vereinbarten Kompromiß.

Bereits im 13. TB (21.1) beschrieben wir die Auseinandersetzung mit der Ärztekammer um ein datenschutzgerechtes Verfahren beim Verkauf einer Arztpraxis. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte 1991 die Übergabe der Patientenunterlagen von der Einwilligung der Patienten abhängig gemacht.

Auch der Neufassung der Hamburger Berufsordnung vom 4. Mai 1998 mußten wir widersprechen. Neben der alten Position, dem BGH-Urteil werde schon eine besondere Verwahrung der Patientenunterlagen beim Praxis-Käufer gerecht, schrieb die Ärztekammer erstmals eine Einschränkung des Akteneinsichtsrechts des Patienten fest: "Subjektive Eindrücke und Wahrnehmungen des Arztes" sollen die Patienten nicht erfahren. Wir verwiesen demgegenüber auf das Auskunftsrecht nach §34 Bundesdatenschutzgesetz, das sich auf alle zur Person des Betroffenen gespeicherten Daten bezieht.

In einem gemeinsamen Gespräch mit der Ärztekammer und der Aufsichtsbehörde im Februar 1999 einigten wir uns zu beiden Problemen auf eine Kompromißformulierung: Sie ging beim Praxisverkauf vom grundsätzlichen Einwilligungerfordernis aus, ließ aber für Sonderfälle Ausnahmen zu, für die die Kammer vereinheitlichende Richtlinien mit uns abstimmte.

Hinsichtlich des Einsichtsrecht sollte wie bei der früheren Fassung der Berufsordnung auf die Einschränkung im Text verzichtet, aber durch die Einfügung des Wortes "grundsätzlich" auf die Möglichkeit von Ausnahmen im Einzelfall hingewiesen werde. Datenschutzbeauftragte anderer Bundesländer nahmen daraufhin die Diskussion ihrerseits wieder auf.