IMSI-Catcher

Hinter dieser Forderung verbarg sich der Wunsch, ein bisher nicht zugelassenes Gerät mit der Bezeichnung "IMSI-Catcher" zu legitimieren. Die Funktionsweise dieses "IMSI-Catchers" lässt sich wie folgt skizzieren: Funktelefone müssen sich immer bei den jeweils nächsten Basisstationen der Netzbetreiber anmelden, um für eingehende Gespräche erreichbar zu sein. Dies geschieht mit der sogenannten "IMSI" (International Mobile Subscriber Identity), der netzinternen Kennung des jeweiligen Teilnehmers. Der "IMSI-Catcher" schaltet die jeweils nächste Basisstation aus und baut stattdessen eine eigene Funkzelle auf. Die Funktelefone teilen nun ihre "IMSI" dem "Catcher" mit.

Auf diese Weise wird die bisher nicht bekannte netzinterne Kennung des Teilnehmers ermittelt.

Allerdings bewirkt die Manipulation nicht nur, dass sich ein bestimmtes gesuchtes Funktelefon beim "IMSI-Catcher" anmeldet, vielmehr werden sämtliche Handys im Umkreis des "IMSICatchers" eingefangen.

Um den eigentlich gesuchten Anschlußinhaber zu ermitteln, können Gespräche der einzelnen Funktelefone nacheinander abgehört werden. Der "IMSI-Catcher" wird hierfür vom sogenannten "Fangmodus" in den "Abhörmodus" umgeschaltet, wofür ein einfacher Softwarewechsel ausreicht.

Das abzuhörende Handy wird vom "IMSI-Catcher" veranlaßt, unverschlüsselt mit ihm zu kommunizieren. Für das abgehörte Handy sind allerdings nur abgehende Gespräche möglich, eingehende Anrufe werden blockiert. Die übrigen gefangenen Handys können in diesem Zeitraum weder Gespräche empfangen noch absenden.

Wir haben uns entschieden gegen die Überlegungen gewandt, eine rechtliche Grundlage für den Einsatz dieses "IMSI-Catchers" zu schaffen. Die herkömmliche Abhörtechnik setzt die Begrenzung der Abhörmaßnahme auf bestimmte Anschlüsse voraus. Damit wird vermieden, dass Anschlüsse in die Abhörmaßnahme einbezogen werden, die gar nicht gemeint sind. Der "IMSI-Catcher" zieht dagegen zwangsläufig alle in seinem Umkreis befindlichen Anschlüsse in die Abhörmaßnahme ein.

Die Identifizierung des gesuchten Anschlusses durch Abhören führt in unvertretbarem Maße zu Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis völlig unbeteiligter Personen, die weder den Anschluß des Verdächtigen benutzen, noch mit ihm kommunizieren. Dies kann nicht als unvermeidbare Beeinträchtigung verniedlicht werden. Auch wenn die Identifizierung des gesuchten Anschlusses nicht durch Abhören erfolgt, müssen Unbeteiligte über die Erfassung ihrer Rufnummern hinaus damit rechnen, dass weitere Ermittlungen zu ihrer Person angestellt werden, um herauszufinden, wer aus der Gruppe der registrierten Mobiltelefon-Nutzer der Gesuchte ist.

Die einfachen Möglichkeiten, beim Einsatz des "IMSI-Catchers" zwischen "Fangmodus" und "Abhörmodus" umzuschalten, lassen befürchten, dass Telefonate regelmäßig als Eilmaßnahme abgehört werden, bevor die richterliche Anordnung vorliegt, was bisher die seltene Ausnahme war.

Die Arbeitsteilung zwischen Strafverfolgungsbehörden und Netzbetreibern bei herkömmlichen Abhörmaßnahmen gewährleistete durch ein faktisches "Mehraugen-Prinzip" eine wirksame Mißbrauchskontrolle. Wenn die Netzbetreiber dagegen durch den "IMSI-Catcher" ausgeschaltet werden und nicht einmal feststellen können, ob und wo sich ein "IMSI-Catcher" im Einsatz befindet, entfällt auch diese Schutzvorkehrung.

Die Netzbetreiber selbst haben darauf hingewiesen, dass der Betrieb von "IMSI-Catchern" erhebliche technische Probleme für sie auslöst: z. B. ist eine gezielte Freigabe gefangener aber nicht abzuhörender Handys nicht möglich; auch das Auflösen der vom "IMSI-Catcher" aufgebauten illegalen Funkzelle beendet die Blockade der betroffenen Handys nicht. Damit wird die technische Integrität des Netzes gefährdet und dessen Verfügbarkeit für die Nutzer eingeschränkt, die z. B. nicht einmal einen Notruf abgeben können.

Nicht zuletzt spricht gegen den Einsatz des "IMSI-Catchers", dass er den Bedarf der Strafverfolgungsbehörden zur Identifizierung bisher unbekannter Netzteilnehmer nicht erfüllen kann. Zur Begründung wurde im Bundesrat angeführt, dass er eingesetzt werden soll, wenn Verdächtige (z. B. Drogenhändler) über eine Guthabenkarte für ein Handy verfügen, bei der sie sich nicht gegenüber den Netzbetreibern zu Abrechnungszwecken identifizieren müssen. Um das Guthaben nicht binnen kurzem zu verbrauchen, benutzen sie ihr Handy nur, um Gespräche zu empfangen. Es gibt somit keine Informationen über den Nutzer in Kundenverzeichnissen. Man meint nun, mit dem "IMSI-Catcher" weiterzukommen. Doch dies wird nicht gelingen, da der "IMSI-Catcher" alle eingehenden Anrufe blockiert und nur ausgehende Telefonate abhören kann.

Die Forderung des Bundesrates, Regelungen für den Einsatz des "IMSI-Catchers" zu schaffen, ist im Gesetzgebungsverfahren zum TKG-Begleitgesetz vom Bundestag nicht aufgegriffen worden.

Die Bundesregierung hat allerdings angekündigt, dass sie den Einsatz von "IMSI-Catchern" zur Ermittlung technischer Identifikationsmerkmale als Ersatz für unbekannte Rufnummern - also ohne Abhörfunktion - anstrebt und prüfen werde, ob es hierfür einer Änderung der Strafprozeßordnung bedarf. Bisher sind allerdings "IMSI-Catcher", die keine Abhörfunktion ermöglichen und die beschriebenen negativen Auswirkungen vermeiden, nicht bekannt geworden.

Zu berücksichtigen ist, dass die vorhandene Technik auch von unberechtigten Privatpersonen mißbraucht werden kann, was dann zu den beschriebenen massiven Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis und den negativen Auswirkungen auf die Netzsicherheit führen würde. Aus datenschutzrechtlicher Sicht anzustreben ist daher eine Änderung des einheitlichen europäischen Mobilfunk-Standards (GSM) dahingehend, dass sich auch die Basisstation gegenüber dem Handy authentifizieren muß, um so das Vortäuschen einer illegalen Basisstation durch den "IMSI-Catcher" auszuschließen. Falls dies nicht erreichbar ist, könnte jedenfalls eine Anzeige auf dem Handy weiterhelfen, wenn Gespräche unverschlüsselt übertragen werden.

Auskünfte an Betroffene über den Inhalt von Führungszeugnissen für Behörden

Immer wieder wenden sich Bürger an uns, weil es Unklarheiten über den Inhalt von Führungszeugnissen gibt. Führungszeugnisse werden ausschließlich vom Bundeszentralregister erteilt. Wenn Eintragungen vorhanden sind, handelt es sich in aller Regel um rechtskräftige Verurteilungen durch Strafgerichte; daneben können bestimmte Verwaltungsentscheidungen (z. B. Paßversagungen oder waffen- und gewerbrechtliche Entscheidungen) im Bundeszentralregister eingetragen werden. In keinem Fall handelt es sich um polizeiliche Verdachtsspeicherungen; diese nimmt die Polizei in ihren eigenen Dateien vor, die rechtlich und tatsächlich völlig selbständig vom Bundeszentralregister bestehen. Der allgemein gebräuchliche Begriff des "polizeilichen Führungszeugnisses" ist also unzutreffend und führt häufig zu falschen Vorstellungen.

Unproblematisch ist das Führungszeugnis für Private. Es wird bei der örtlichen Meldebehörde beantragt, die die Identität des Antragstellers überprüft. Das Bundeszentralregister sendet es dann direkt an den Betroffenen. In dieses Führungszeugnis, das z. B. zur Vorlage bei einem privaten Arbeitgeber benutzt wird, werden eine Reihe von Eintragungen im Bundeszentralregister nicht aufgenommen: z. B. Verwarnungen mit Strafvorbehalt; geringfügige Geld- oder Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden, wenn keine weitere Strafe eingetragen ist.

Daneben gibt es das Führungszeugnis zur Vorlage bei Behörden. Es hat gegenüber dem Führungszeugnis für Private einen erweiterten Inhalt. Z. B. gibt es auch Auskunft über geringfügige Strafen, die nicht in ein Führungszeugnis für Private aufgenommen werden, wenn es sich um Straftaten handelte, die bei der Ausübung eines Gewerbes begangen wurden und das Führungszeugnis für die behördliche Entscheidung über eine Gewerbeerlaubnis dienen soll. Diese Führungszeugnisse für Behörden werden zwar von den Betroffenen beantragt, aber nicht ihnen, sondern nur der Behörde übersandt.

Dies führt bei Betroffenen nicht selten zu der Vermutung, das Führungszeugnis habe irgendeinen "geheimen" Inhalt, den sie nicht erfahren könnten. Die Vermutung ist unzutreffend. Vielmehr haben die Betroffenen verschiedene Möglichkeiten, auch den Inhalt behördlicher Führungszeugnisse zu erfahren. Zum einen können sie das Führungszeugnis bei der Behörde einsehen, an die es adressiert wird. Wenn sie es einsehen wollen, bevor es an die Behörde gesandt wird, können sie verlangen, das es zunächst an ein von ihnen benanntes Amtsgericht geschickt wird, wo sie Einblick nehmen und entscheiden können, ob es an die Behörde weitergeleitet wird.

Diese Möglichkeit besteht allerdings nur dann, wenn das Führungszeugnis Eintragungen enthält.

Ferner hat die Behörde die Möglichkeit, ohne Beteiligung der Betroffenen ein Führungszeugnis anzufordern. Voraussetzung ist, dass sie es zur Erledigung hoheitlicher Aufgaben benötigt und eine Aufforderung an den Betroffenen, ein Führungszeugnis vorzulegen, nicht sachgemäß ist oder erfolglos bleibt. Dieses Führungszeugnis können Betroffene nur bei der Behörde einsehen.

Schließlich gibt es die sogenannte unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister. Sie umfaßt alle im Register vorhandenen Eintragungen, insbesondere auch solche, die nach Fristablauf getilgt - aber nicht im datenschutzrechtlichen Sinne gelöscht - worden sind. Die Tilgung führt also nur dazu, dass die Eintragung nicht mehr im Führungszeugnis erscheint, im Register bleibt sie gespeichert. Zur Einholung einer unbeschränkten Auskunft sind u. a. die Gerichte, die Staatsanwaltschaften, die Kriminalpolizei, die Verfassungsschutzbehörden und oberste Bundesund Landesbehörden berechtigt.

Auch die Betroffenen selbst können eine umfassende Auskunft über sämtliche im Bundeszentralregister über sie gespeicherten Daten erhalten. Hierzu müssen sie ein Amtsgericht benennen, wo sie die Auskunft einsehen können. Nach der Einsichtnahme wird die Auskunft vom Amtsgericht vernichtet. Dieses Verfahren gewährleistet, dass die umfassende Auskunft nicht im privaten Rechtsverkehr verwendet werden kann. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass z. B. private Arbeitgeber von ihren Mitarbeiteren die Vorlage einer umfassenden Auskunft verlangen (vgl. 14. TB, 15.3.1). Hiermit würden sämtliche Beschränkungen des für Private vorgesehenen Führungszeugnisses umgangen.

17. Justiz:

Bild-Ton-Aufzeichnungen von Vernehmungen im Strafverfahren:

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben am 23./24. Oktober 1997 auf unseren Vorschlag eine Entschließung über "Informationelle Selbstbestimmung und Bild-Ton-Aufzeichnungen bei Vernehmungen im Strafverfahren" gefaßt.

Diese Entschließung nimmt zu wesentlichen Gesichtspunkten der aktuellen rechtspolitischen Diskussion über den Schutz insbesondere von kindlichen Opferzeugen in Verfahren wegen Sexualstraftaten Stellung.