Asylbewerber

Manipulationen bei der Verteilung /Aufnahme von Asylsuchenden Mitte November letzten Jahres gab die Innenbehörde bekannt, dass es zwischen Mai und November 1999 nachgewiesene Manipulationen bei der Verteilung von Asylsuchenden in der Aufnahmeeinrichtung für Asylsuchende der Ausländerbehörde gab. Infolge dieser Manipulationen wurden 450 Asylsuchende insbesondere aus Burkina Faso zusätzlich aus Hamburg wegverteilt.

In der diesbezüglichen Pressemitteilung wie auch in der Antwort auf Drucksache 16/3871 schreibt der Senat, dass es auch in vorherigen Jahren Manipulationen gegeben habe, dass die hierzu angestellten Überprüfungen aber noch nicht abgeschlossen seien. Ebenfalls sei DIE eingeschaltet worden.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Trifft die Information zu, dass es seit Inbetriebnahme des Online-Verteilungssystems EASY am 1. April 1993 Manipulationen bei der Aufnahme/Verteilung von Asylsuchenden in Hamburg, sogenannte Phantombuchungen, gegeben hat?

Wenn ja, welches ist der augenblickliche Kenntnisstand über Umfang und Hintergrund dieser „Phantombuchungen"? Konkrete Erkenntnisse über Manipulationen bei der Verteilung von Asylsuchenden durch vier Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter liegen für den Zeitraum ab Mai 1999 vor. Für den Zeitraum davor dauern die Überprüfungen noch an (vgl. Antwort des Senats zu 1. der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drucksache 16/3871).

Trifft die Information zu, dass insbesondere Flüchtlinge aus Sierra Leone von der Umverteilung betroffen waren?

Hierfür liegen keine Anhaltspunkte vor.

Trifft die Information zu, dass nahezu alle Mitarbeiter/innen der Aufnahmeeinrichtung „Phantombuchungen" vorgenommen haben?

Nein.

Wenn nein, woraus schließt der Senat seine Position bzw. zu wann rechnet der Senat mit einem Abschluß diesbezüglicher Ermittlungen?

Siehe Antwort zu 1. und 1.1.

2. Gab es im Zusammenhang mit der Einführung des Online-Verteilungssystems EASY Schulungen/Weiterbildungen im Umgang mit EASY, und zwar für jede/n einzelnen Sachbearbeiter/in, der/die in der Folge mit der Verteilung/Aufnahme von Asylsuchenden ­ und damit mit EASY ­ befaßt war? Wenn ja, von wem wurden diese Schulungen jeweils durchgeführt, wann und welchen Inhalts waren diese Schulungen und wer ist im Rahmen der Ausländerbehörde für „das Anlernen" von Sachbearbeiter/innen verantwortlich? Wenn nein, warum nicht?

Im Zusammenhang mit der Einführung des sogenannten EASY-Verfahrens wurden die Sachbearbeiter/innen auf der Grundlage von Schulungsmaterialien des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge eingewiesen.

Die Einweisung neuer Mitarbeiter/innen in den Folgejahren erfolgte durch mit dem System vertraute Sachbearbeiter/innen bzw. durch die Ersten Sachbearbeiter/innen und die Sachgebietsleitung.

3. Gab es vor dem 15. November 1999 schriftliche Hinweise, Materialien, Handbücher, schriftliche Anweisungen o.ä., die

a) den Umgang mit dem Verteilungssystem EASY und

b) die Folgen von Falscheingaben jedem/r einzelnen Sachbearbeiter/in erläuterte?

Wenn ja, welche genauen schriftlichen Materialien/Anweisungen standen wem zur Verfügung, welchen Inhalts, welchen Datums und von wem verfaßt? Wenn nein, warum nicht?

Das Sachgebiet verfügt über eine umfassende Sammlung aller im Zusammenhang mit dem Umgang mit dem System wichtigen Informationen, die jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Dazu gehört das sogenannte EASY-Handbuch des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, das die Arbeit mit dem System EASY im einzelnen darstellt und erläutert. Zusätzlich liegen weitere schriftliche Anweisungen vor, die den Umgang mit EASY regeln. Weitere Informationen und Arbeitsanleitungen wurden im Rahmen von Dienstbesprechungen im Sachgebiet und in entsprechenden Protokollen weitergegeben.

Aufgrund dieser Informationen waren die Folgen von Falscheingaben für die Mitarbeiter/innen offenkundig.

4. Welche Arten von Statistiken im Zusammenhang mit der Aufnahme/Verteilung von Asylsuchenden werden von seiten der Ausländerbehörde erstellt/geführt?

a) Welchen genauen Inhalts sind diese Statistiken, welche Daten werden abgeglichen/ins Verhältnis gesetzt?

Die Erstaufnahmeeinrichtung führt eine Statistik über den Zugang von Asylsuchenden. Dieser Personenkreis wird nach Hauptherkunftsländern, Verbleib innerhalb des Bundesgebiets und Alter differenziert dargestellt.

4. b) Welche behördliche Stelle erstellt bzw. arbeitet an/mit diesen Statistiken von seiten der Ausländerbehörde (Abschnittsleiter? Sachgebietsleitung?...)?

c) Welcher/n behördlichen Stelle/n sind diese Statistiken bekannt?

Die Statistik wird monatlich von der Sachgebietsleitung auf der Grundlage der von den Sachbearbeitern zur Verfügung gestellten Zahlen gefertigt. Sie wird den Vorgesetzten sowie auszugsweise auch anderen Dienststellen (Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales ­ Abteilung Soziale Hilfen und Integration, Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung ­ Amt für Jugend, Landeskriminalamt) zugeleitet.

4. d) Zu welchem Zweck werden diese Statistiken angefertigt?

Die Statistiken dienen als Dokumentation der Zugangsentwicklung von Asylsuchenden und damit als Grundlage für die Einschätzung von Folgebedarfen, z. B. hinsichtlich Unterbringung und Betreuung, Personal usw.

4. e) Welche behördliche Stelle liefert jeweils welche Daten?

Siehe Antwort zu 4.b) und c).

4. f) Wie sieht die Statistik „Bettenabgleich" von Mai bis November 1999 aus?

g) Trifft die Information zu, dass die Statistik Bettenabgleich „angeglichen" wird? Wenn ja, welche Zahl wird welcher „angeglichen" und wie funktioniert eine solche „Angleichung"?

h) Seit wann werden die Statistiken „angeglichen", und welche behördliche Stelle ist mit der Erstellung befaßt (z.B. Abschnittsleitung E 43, Sachgebietsleitung E 432...)?

Eine Statistik „Bettenabgleich" wird nicht geführt.

Trifft die Information zu, dass Sachbearbeiter/innen vor Mai 1999 von Vorgesetzten angehalten wurden, Asylsuchende umzuverteilen? Wenn ja, welche Konsequenzen ergeben sich hieraus? Wenn nein, auf welche Erkenntnisse stützt der Senat seine Einschätzung?

Nein.

Umverteilungen von Asylbewerberinnen oder Asylbewerbern nach § 51 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) setzen eine zustimmende Entscheidung der zuständigen Behörde des Landes voraus, für das der weitere Aufenthalt beantragt ist. Die Weiterleitung von Asylsuchenden im Rahmen des EASY-Verfahrens gemäß § 20 AsylVfG erfolgt durch die jeweiligen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter.

Sind im Rahmen der Ermittlungen Vermerke, Anmerkungen oder dergleichen von Sachbearbeiter/innen aufgetaucht, aus denen hervorgeht, dass diese von Vorgesetzten angehalten wurden, Asylsuchende umzuverteilen, in Hamburg aufzunehmen bzw. auf „Überquote" aufzunehmen?

Nein.

Ermittelt DIEnach wie vor gegen die betroffenen Mitarbeiter/innen, und wurden diese bereits angehört? Wenn nein, warum nicht?

Nach ersten Ermittlungen hat das Dezernat Interne Ermittlungen die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft zur Entscheidung über weitere Maßnahmen übergeben. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch nicht zum Tatvorwurf angehört. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft über den Fortgang des Ermittlungsverfahrens steht noch aus.

Stellt sich der Sachverhalt aus Sicht des Senats bezogen auf den ZeitraumMai bis November 1999 zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch genauso dar, wie in der Pressemitteilung der Innenbehörde vom 16. November 1999 veröffentlicht?