Altersvorsorge

Rentenversicherungspflicht von Kursleitern an der Hamburger Volkshochschule und von selbständigen Dozenten bei anderen Weiterbildungseinrichtungen

Im Zuge der zum 1. Januar 1999 in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen zur Scheinselbständigkeit gelten Kursleiter, die beispielsweise für die VHS tätig sind, als selbständig, erscheinen aber als schutzbedürftig für bestimmte von der Sozialversicherung abgedeckte Risiken.

Sie sind nicht gesamtsozialversicherungspflichtig, jedoch nach § 2 Nummer 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI grundsätzlich rentenversicherungspflichtig und haben den vollen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung (sowohl den Arbeitnehmer- als auch den Arbeitgeberanteil) zu entrichten.

Die Bestimmung des § 2 Nummer 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGBVI), nach der z. B. die Kursleiter der Hamburger Volkshochschule (VHS) und andere selbstständige Dozentinnen und Dozenten, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer beschäftigen, bei entsprechender Einkommenshöhe rentenversicherungspflichtig sind und den vollen Beitrag zur Rentenversicherung selbst zu tragen haben, regelt inhaltlich nichts Neues. Diese Regelung wurde unverändert aus dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) vom 28. Mai 1924 (RGBl. I Seite 563) und zuvor bereits aus dem Gesetz über Änderung des Versicherungsgesetzes für Angestellte und der Reichsversicherungsordnung vom 10. November 1922 (RGBl. I Seite 849) übernommen.

Auf diese Vorschrift weist die VHS die Kursleitungen bereits seit mindestens 1990 beim jeweiligen Abschluss eines Vertrages über freie Mitarbeit in dem „Merkblatt für Dozenten der Hamburger Volkshochschule", seit 1996 abgelöst durch „Allgemeine Vertragsbedingungen der Hamburger Volkshochschule (VHS) für freie Mitarbeiterverhältnisse", die Bestandteil des Vertrages sind, hin. Die Kursleitungen sind also bereits seit langem darüber informiert, dass sie die maßgeblichen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften selbst zu beachten haben. Bei der Höhe des Honorars ist berücksichtigt, dass die Kursleitungen für ihre Alterssicherung selbst aufkommen müssen, während im Fall einer abhängigen Beschäftigung ein Arbeitgeberanteil am Versicherungsbeitrag zu leisten wäre.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Wie viele Honorar-Kräfte sind in Hamburg von dieser Regelung betroffen bei:

a) der VHS? Rund 1360 freiberufliche Kursleitungen.

1. b) anderen Landesbetrieben?

c) anderen öffentlichen Einrichtungen?

d) anderen Weiterbildungseinrichtungen?

Die nachgefragten Daten waren in der für die Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Aufwand nicht zu ermitteln.

2. In welcher Weise und zu welchem Zeitpunkt wurden die Kursleiter von der Hamburger VHS über die Auswirkungen der Bundesgesetzgebung zur Scheinselbständigkeit informiert?

Mit einem Schreiben vom 12. März 1999 des kaufmännischen Leiters der VHS wurden die Kursleiterinnen und Kursleiter der VHS über die Neuregelungen zur Scheinselbstständigkeit und darüber informiert, dass für sie im Hinblick auf die Rentenversicherungspflicht materiell keine neue Sachlage entstanden sei (vgl. Vorbemerkung).

3. Wie viele der unter 1. a) erfragten Honorar-Kräfte sind nicht rentenversicherungspflichtig, da sie

a) ein monatliches Honorar bis zu 630 DM bzw. unter Berücksichtigung des Kursleiterfreibetrags bis zu 930 DM erhalten?

b) weniger als 15 Stunden pro Woche im Durchschnitt arbeiten?

Die freiberuflichen Kursleitungen haben die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen selbst zu beachten (vgl. Vorbemerkung). Die VHS führt deshalb keine Erhebungen darüber durch, ob die Kursleitungen ­ bedingt durch ihr monatliches Honorar oder ihren wöchentlichen Unterrichtsumfang ­ rentenversicherungspflichtig sind. Eine solche Erhebung wäre auch in der für die Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich gewesen.

Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Kursleitungen überwiegend unterhalb der Versicherungspflichtgrenze tätig sind.

4. Liegen dem Senat Informationen vor, in welcher Weise die im Vorspann dargestellte Problematik im Bereich der VHS in anderen Bundesländern entschärft wurde?

Der Deutsche Volkshochschul-Verband e.V. (DVV) ist um eine Neuregelung bemüht, mit der die VHSKursleitungen von der Rentenversicherungspflicht befreit werden sollen.

5. Der Regelbeitrag zur Rentenversicherung beträgt seit dem 1. Januar 2000 19,3 Prozent der monatlichen Bezugsgröße von 4480 DM, also 864,64 DM. Nach mir vorliegenden Informationen liegen die monatlichen Einkünfte einer Vielzahl von Kursleitern unterhalb der monatlichen Bezugsgröße, und zudem steht es im Ermessen des Rentenversicherungsträgers, ob er nicht bezahlte Beiträge zur Rentenversicherung bis zu vier Jahre rückwirkend nachfordern kann.

In welchem Umfang sind seitens der Rentenversicherungsträger bereits Rückforderungen geltend gemacht worden?

Da die Rentenversicherungspflicht von den Kursleitungen selbst zu beachten ist, liegen der VHS keine Erkenntnisse über mögliche Rückforderungen der Rentenversicherungsträger vor.

Welche Härtefallregelungen gibt es für diese Rückforderungen?

Hierüber ist der zuständigen Behörde nichts bekannt (vgl. Antwort zu 5.1.).

Teilt der Senat meine Auffassung, dass einerseits infolge der Höhe der Abzüge mit dem Restverdienst der Honorar-Kräfte eine private Altersvorsorge nicht mehr geleistet werden kann, andererseits aber die Höhe der Rente im Alter wegen der niedrigen Beiträge im Bereich der Sozialhilfe liegen wird? Wenn nein: Aus welchen Gründen nicht?

Nein. Die Höhe des von der VHS gezahlten Honorars nimmt zum einen im Bundesvergleich eine Spitzenstellung ein, zum anderen bestreiten die weitaus meisten Kursleitungen ihr Einkommen nicht allein aus ihrer Tätigkeit als freiberuflich Erwerbstätige an der VHS.

6. Ist nach Auffassung des Senats die Anwendung der bestehenden Regelung nach §2 Nummer 1 SGBVI zumindest für selbständige Lehrer noch zeitgemäß? Wenn nein: Ist es seitens des Senats beabsichtigt, sich auf Bundesebene für eine Novellierung einzusetzen?

Der Senat war mit der Frage nicht befasst.