Entleihgebühr für Schwerbehinderte bei der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen

Bislang konnten Schwerbehinderte bei der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen (HÖB) zu vergünstigten Leihgebühren Bücher entleihen; seit der letzten Gebührenerhöhung im Juni 1999 zu einer jährlichen Leihgebühr von 25 DM.

Laut eines Beschlusses des Verwaltungsrates der HÖBentfällt diese vergünstigte Leihgebühr ab sofort. Ebenso wurde eine verlängerte Vorzugsleihfrist für diese Leser von sieben Wochen

­ mit Ausnahme der Gehbehinderten ­ abgeschafft.

Die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen bemühen sich, den Kostendeckungsgrad, der bisher bei rund 9 Prozent liegt, durch vielfältige Maßnahmen der Rationalisierung, Verfahrensvereinfachung und auch der Einnahmegestaltung zu erhöhen. Auch der Fortfall der vergünstigten Lesegebühr für einen Teil der Schwerbehinderten, bei denen nicht regelhaft auf die soziale Situation geschlossen werden kann, ist in diesem Zusammenhang zu sehen.

Von der Rücknahme der Vergünstigung ausgenommen sind ausdrücklich die außergewöhnlich Gehbehinderten sowie die Sehbehinderten. Den Sehbehinderten stehen in Hamburg die Stiftung Centralbibliothek für Blinde sowie die Norddeutsche Blindenhörbücherei zur kostenlosen Verfügung.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auch auf der Grundlage von Auskünften der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen wie folgt.

1. Wie vielen schwerbehinderten erwachsenen Lesern wurden 1999 die vergünstigten Lesegebühren berechnet?

1463.

2. Trifft es zu, dass diese Leser ab sofort die vollen für Erwachsene geltenden Gebühren von derzeit 70 DM jährlich entrichten sollen? Wenn ja: Welche Einnahmesteigerung kann durch diese Streichung der ermäßigten Gebühren voraussichtlich erreicht werden? Wenn nein: Welcher Betrag soll fortan jährlich entrichtet werden?

Ja, sofern keine anderen Ermäßigungstatbestände vorliegen. Die voraussichtliche Mehreinnahme beträgt 50000 DM im Jahr.

3. Wie sollen z. B. die Leser aus den Alsterdorfer Anstalten diese Gebühren bezahlen, wenn ihnen, abgesehen von einem geringen Taschengeld, kein eigenes Einkommen zur Verfügung steht, sie aufgrund ihrer besonderen Situation nicht sozialhilfeberechtigt sind?

Alle diese Personen erhalten die Vergünstigung der Sozialhilfeempfänger.

4. Aus welchen Gründen wurde die verlängerte Vorzugsleihfrist von sieben Wochen für Leseausweisinhaber der Kategorien G und GK abgeschafft, und welche Personengruppen sind konkret hiervon betroffen?

Die verlängerte Leihfrist von sieben Wochen soll grundsätzlich den schwer gehbehinderten Personen (Kategorie „Außergewöhnliche Gehbehinderung") zugute kommen. Sie wird allen Personen aus dem Kreis der Schwerbehinderten auch weiterhin eingeräumt, wenn sie ihre Notwendigkeit glaubhaft machen können.

5. Warum wird Gehbehinderten eine verlängerte Vorzugsleihfrist nach wie vor ermöglicht, anderen Schwerbehinderten ­ wie z. B. Sehbehinderten, die sogenannte sprechende Bücher auf Kassetten ausleihen ­ aber verwehrt?

Der Personenkreis der Sehbehinderten nutzt zumeist die Einrichtungen der Norddeutschen Blindenhörbücherei sowie der Centralbibliothek für Blinde in Hamburg. Auf Nachfrage wird ihm auch bei der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen die verlängerte Leihfrist eingeräumt.

6. Teilt der Senat meine Ansicht, dass diese Maßnahme das völlig falsche Zeichen ist, da die Gruppe der Schwerbehinderten vorsätzlich ausgeschlossen wird und die zu erzielenden Mehreinnahmen verhältnismäßig gering ausfallen werden?

Nein.

7. Stimmt der Senat meiner Auffassung zu, dass diese Maßnahme dem Stiftungszweck der HÖB widerspricht und ihr wegen mangelnder sozialer Kompetenz ein negatives Image bescheren wird? Wenn ja: Inwieweit ist es dem Senat möglich, auf den Verwaltungsrat der HÖB Einfluß zu nehmen, damit den Schwerbehinderten weiterhin durch Lesen zu ermäßigten Gebühren die Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ermöglicht wird?

Nein.