Wohnungsbau

1. Ausgangslage nach Drucksache 15/4649

Die Bürgerschaft hat am 17. Januar 1996 auf der Grundlage der Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft ­ Drucksache 15/4649 ­ der Veräußerung der „Hafenstraßenhäuser" an die Genossenschaft „Alternativen am Elbufer e.G." zugestimmt.

Das damalige Konzept enthielt folgende Kernpunkte:

· Kein Verkauf der Häuser an die Bewohnerinnen und Bewohner, sondern an die Genossenschaft „Alternativen am Elbufer e.G.", bestehend aus 36 Mitgliedern.

· Der Kaufpreis ermittelt sich aus dem Grundstückskostenrichtsatz von 430,­ D/m2; zuzüglich Altschulden weist die Drucksache einen Kaufpreis von 2 272 674,30 D aus zahlbar in 3 Raten.

· Die Genossenschaft ist verpflichtet, die Gebäude sachund fachgerecht so zu sanieren, dass diese als AltbauWohnungen dauerhaft bewohnbar und vermietbar sind.

· Durchführung der Sanierung auf der Grundlage des Instandsetzungsprogramms für preiswerten Wohnraum, wobei der Genossenschaft eine Zuschussförderung in Höhe von maximal 1900,­ D/m2 in Aussicht gestellt wurde.

· Der Baukostenansatz betrug 2185,­ D/m, darin enthalten war ein von der Genossenschaft programmgemäß zu erbringender Selbsthilfeanteil von 285,­ D/m.

· Für den Fall, dass die weiteren Untersuchungen der Bausubstanz zur Feststellung von größerem Schwammbefall führen sollten, wurden der Genossenschaft wegen des erhöhten Sanierungsaufwandes Nachverhandelungen hinsichtlich der Förderung in Aussicht gestellt.

· Näheres zur Sanierung sollte eine Rahmenvereinbarung zwischen Genossenschaft und STEB regeln.

2. Sachstand

In Umsetzung des von der Bürgerschaft beschlossenen Konzepts sind bis heute folgende wesentliche Schritte erfolgt:

· Die Genossenschaft „Alternativen am Elbufer e.G." hat die Häuser mit Kaufvertrag vom 20. Juni 1996 erworben.

· Die Sanierungsarbeiten sind begonnen worden und haben folgenden Zwischenstand erreicht: Die Arbeiten am sog. Sechserblock (St. Pauli Hafenstraße 126 und Bernhard-Nocht-Straße 16) sind weitgehend abgeschlossen (Restarbeiten in Selbsthilfe erfolgen z. Zt.). Die Häuser St. Pauli Hafenstraße 112/114 und 116 sind im Bau. Für die Häuser St. Pauli Hafenstraße 120, 122 und BernhardNocht-Straße 22 und 24 (sog. Mittelblock) laufen die Bauvorbereitungen; Baubeginn ist voraussichtlich im Herbst. Für die restlichen Häuser ­ Bernhard-NochtStraße 42, 44 und St. Pauli Hafenstraße 106, 108 und 110 ­ ist Ende 2001/Anfang 2002 mit dem Beginn der Bauarbeiten zu rechnen. Die Arbeiten werden unter Beteiligung der Mieterinnen und Mieter der Häuser durchgeführt, sie erbringen wie programmgemäß vorgesehen Selbsthilfeleistungen.

· Neben den Selbsthelfern sind im Projekt 20 ­ 30 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus dem Kreis der Mieter und dem Quartiersumfeld in St. Pauli-Süd von der Genossenschaft angestellt (Beschäftigungsmodell). Ziel war und ist damit die Koppelung von Bauleistungen und Qualifizierung für auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbare Personen des Projektes und des Quartiers. Inzwischen hat das Modell einen hohen Wirkungsgrad erreicht und leistet nach Ansicht der Beteiligten und des Senats einen wirkungsvollen Beitrag im Sinne der oben genannten Zielsetzungen.

· In der Planungs- und Bauvorbereitungsphase wurde das Projekt zusätzlich begleitet von einem externen Planungsbüro zur fachlichen Absicherung.

· Von dem geplanten Zuschuss in Höhe von rund 9 Mio. D sind bis April 2000 rund 5,7 Mio. D ausgezahlt worden.

30. 05. 0016. Wahlperiode Instandsetzung der Gebäude St. Pauli Hafenstraße 106/108, 110, 112/114, 116, 120, 122, 126 und Bernhard-Nocht-Straße 16, 22, 24, 42, 44 (Hafenstraßenhäuser)

3. Aktuelle Problemlage

Seit Beschlussfassung der Bürgerschaft und Beginn der Umsetzung des Konzepts haben sich drei wesentliche Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse ergeben. Diese machen eine Fortentwicklung des Konzepts unausweichlich. Die wesentlichen Änderungen betreffen:

· Feststellungen über den erheblichen Schwammbefall der Gebäude

· Feststellungen über die Nutzfläche der Gebäude

· Ausbau der Dachgeschossflächen.

Im Einzelnen:

a) Biotische Schäden führen zu Mehrkosten. Der Schwammbefall der Gebäude war bei Vertragsabschluss grundsätzlich bekannt, jedoch nicht vollständig ermittelt. Die Unsicherheit, die mit der seinerzeit unvermeidlich unvollständigen Erfassung der biotischen Schäden bei den Gebäudeuntersuchungen im Jahre 1995 verbunden war, wurde in der Drucksache 15/4649 wie folgt berücksichtigt: „Die Gebäude auf den Kaufgrundstücken können noch nicht vollständig auf Schwammbefall untersucht werden.

Soweit die Untersuchungen zur Feststellung von Schwamm führen, kann die Käuferin wegen des erhöhten Sanierungsaufwandes mit der Stadtentwicklungsbehörde über eine Überschreitung des Förderungshöchstsatzes oder andere angemessene Maßnahmen neu verhandeln."

In den Jahren 1996/97 wurden alle Gebäude im bewohnten Zustand von einem Baubiologen in Hinblick auf Befall durch holzzerstörende Pilze und Insekten untersucht. Dabei wurde ein ca. 43 %iger Anteil stärkerer Schädigungen und Schwammbefall für alle Gebäude bezogen auf die Anzahl untersuchter Deckenbalken nachgewiesen. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass in den gefliesten Bereichen in Bad und Küche oder bei festen Einbauten sowie vollgestellten Bereichen keine endoskopischen Untersuchungen durchgeführt werden konnten, obwohl gerade in den nicht erfassten Nassbereichen mit Fäulnisschäden zu rechnen ist.

Die Mehrkosten wegen der Beseitigung biotischer Schäden werden auf 3,018 Mio. D veranschlagt (Einzelheiten ergeben sich aus der gutachterlichen Prüfung des externen Planungsbüros Schreiber, Horlitz, Winkler).

b) Die Gesamtnutzfläche der Hafenstraßenhäuser wurde 1995/96 ­ basierend auf alten Vermietungsunterlagen der SAGA ­ mit 4749 m2 beziffert. Beim Ankauf der Gebäude durch die Genossenschaft „Alternativen am Elbufer e.G." lagen keine genauen Planunterlagen vor. Nunmehr ist nach Aufmaß und Erstellung der Planunterlagen für die Sanierung festzustellen, dass die Nutzfläche 4898 m2 beträgt. Sie liegt damit um 149 m2 (rd. 3,1 %) über dem Ansatz bei Vertragsschluss.

c) Die Dachgeschosse waren baurechtlich keine Wohnfläche. In der 1996 aufgestellten Rahmenvereinbarung zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Stadtentwicklungsbehörde und der Genossenschaft Alternativen am Elbufer e.G., die als Anlage 2 Vertragsbestandteil des Kaufvertrages ist, wurden weder die Nutzung noch der Ausbau der Dachgeschosse thematisiert. Grundlage für die damalige Bemessung des Zuschusses der FHH für die Sanierungsmaßnahmen war ein pauschaler Ansatz von 1900,­ D/m2

Wohnfläche.

Die Rahmenvereinbarung beziffert auf der Grundlage der alten Mietverträge der Vor-Vor-Eigentümerin SAGA die Wohnfläche mit 4749 m. Die Dachgeschosse werden aber größtenteils faktisch zu Wohnzwecken genutzt und sind entsprechend von den Nutzerinnen und Nutzern provisorisch hergerichtet. Es ist sachgerecht, im Zuge der Gebäudesanierung einen technisch und rechtlich einwandfreien Dachgeschossausbau durchzuführen. Hierdurch wird sich die Wohnfläche um 937m2

(= rund 19,7 %) erhöhen.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass sich die Kaufpreisfestsetzung ausweislich der Bürgerschaftsdrucksache 15/4649 aus der (angenommenen) Wohnfläche und dem Grundstückskostenrichtsatz der Kommission für Bodenordnung für die Veräußerung zum Zwecke des öffentlich geförderten Wohnungsbaus ergeben hatte. Hieraus könnte die Frage abgeleitet werden, welche Auswirkungen die inzwischen festgestellten Mehrflächen auf den Kaufpreis haben. Der Kaufvertrag enthält keine Nachbesserungsverabredung für diesen Fall. Da das Objekt „wie besehen unter Ausschluss jeder Gewährleistung" verkauft worden ist, ergeben sich auch keine sonstigen Anspruchsgrundlagen. Es wird ferner davon abgesehen, im Zuge der hier dargelegten ergänzenden Sanierungsanstrengungen im Sinne einer „Gegenrechnung" einen Wertansatz für die zusätzlichen Flächen in Rechnung zu bringen. Ausweislich der Bürgerschaftsdrucksache ist der o. g. Grundstückskostenrichtsatz „ohne jegliche objektbezogenen Preisabschläge" Grundlage der Preisermittlung gewesen. Sowohl eine Sachwert- als auch eine Ertragswertermittlung hätten „zu einem deutlich niedrigeren Gesamtwert geführt".

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der nachträglich bekannt gewordenen größeren Schwammschäden ist eine wirtschaftliche Grundlage für eine solche „Gegenrechnung" nicht gegeben.

4. Erwartete Mehrkosten

Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Kosten der Sanierungsmaßnahmen der Häuser über den Berechnungen nach der Drucksache 15/4649 liegen werden.

Der aktuelle Kostenstand basiert auf der Prüfung des Büros Schreiber, Horlitz, Winkler vom Sommer 1999 und dem damaligen Bautenstand:

Die Gebäude St. Pauli Hafenstraße 126 und BernhardNocht-Straße 16 (der sog. Sechserblock) befanden sich im Bau. Für die Häuser Hafenstraße 112/114 und 116 lagen Kostenvoranschläge vor. Für die anderen Gebäude ­ BernhardNocht-Str. 42/44, Hafenstraße 106­110 und den sog. Mittelblock ­ mit rund 3689 m2 Wohnfläche sind die Planungen zu ca. 50 % abgeschlossen; die Kosten sind auf der Basis der bisherigen Kostenermittlungen und unter Berücksichtigung der jeweiligen bekannten Bauschäden hochgerechnet worden. Aus dieser Hochrechnung ergibt sich noch ein Risiko unerkannter Kosten.

Auf der Grundlage dieses Bauten- bzw. Planungsstandes hat das Büro Schreiber, Horlitz, Winkler als das von der Stadtentwicklungsbehörde beauftragte externe Prüfungsbüro die zu erwartenden gesamten Baukosten (einschließlich der Zuschläge für Unvorhergesehenes) im Sommer 1999 auf rund 15,4 Mio. D beziffert.

Die mit den Gebäuden und den geplanten Maßnahmen betrauten Fachleute (die Stattbau Hamburg GmbH als Baubetreuerin und die verschiedenen Projektarchitekten) haben im April 2000 darauf hingewiesen, dass die Plankosten beim fertiggestellten sog. Sechserblock um 340 000,­ D überschritten worden und auch bei den im Bau befindlichen

Häusern bisher Mehrkosten gegenüber den Plankosten entstanden sind.

Damit sind auch in der Gesamtbetrachtung des Projektes weitere Mehrkosten gegenüber den Plankosten nicht auszuschließen, da für über 1800 m2 Wohnfläche im Sommer 1999 aufgrund des Planungsstandes nur Kostenannahmen getroffen werden konnten auf der Basis der damaligen Kostenermittlung (bei abgeschlossenen Planungen) unter Berücksichtigung der jeweiligen bekannten Bauschäden. Außerdem können insbesondere im Alt- und Ausbaubereich allgemeine Preissteigerungen bis zum Abschluss der Baumaßnahmen im Jahr 2003 nicht ausgeschlossen werden.

Die Genossenschaft „Alternativen am Elbufer e.G." ist an die Stadt herangetreten und hat deutlich gemacht, dass sie aus eigener Kraft nicht in der Lage ist, die Mittel zur Abdeckung der Mehrkosten aufzubringen. Diese Darstellung überzeugt. Die seinerzeitige Konzeption der Finanzierung des Grundstücksankaufs und der Sanierung war auf der Basis der damals zugrunde gelegten Daten auskömmlich gestaltet. Sie enthält jedoch keine nennenswerten Reserven, mit denen ein Mehraufwand im Bereich von 50 % abgedeckt werden könnte.

Die Genossenschaft „Alternativen am Elbufer e.G." hat auf die eingangs zitierte Nachverhandlungsklausel für den Fall unerwarteter biotischer Schäden verwiesen und hieraus Bedarf an Gesprächen mit der Stadt über die Abdeckung des erhöhten Sanierungsaufwandes abgeleitet.

Die Genossenschaft „Alternativen am Elbufer e.G." ist nicht in der Lage, ihre Einnahmen derart zu steigern, dass allein hieraus der Mehraufwand finanziert werden könnte. Bereits heute zahlen die Nutzer, die in den vom Verein „Waterkant e.V." angemieteten Häusern leben, Mieten, die eigentlich erst für den Zustand der Wohnungen nach Durchführung der Modernisierung vorgesehen sind. Schließlich ist der Mehraufwand auch nicht durch Eigenkapitalzuführung bei der Genossenschaft „Alternativen am Elbufer e.G." abdeckbar. Private „Sponsoren" sind nicht ersichtlich.

Im Ergebnis verbleibt somit die Alternative

· Beendigung des mit Bürgerschaftsbeschluss vom 17. Januar 1996 gebilligten Weges; Entwicklung einer Neukonzeption für den Komplex „Hafenstraße" oder

· Grundsätzliche Beibehaltung des derzeitigen Konzepts, Bereitstellung der erforderlichen zusätzlichen Mittel, hieran angepasste Konzeptfortentwicklung.

Der Senat hat sich für die zweitgenannte Lösung ausgesprochen. Hierfür spricht, dass es mit dem seit 1996 verfolgten Weg grundsätzlich gelungen ist, das Konfliktfeld Hafenstraße in rechtsstaatliche Verhältnisse zu überführen. Der Einsatz der Genossenschaft „Alternativen am Elbufer e.G." hat zu einer beruhigten und ­ im breiten Spektrum der Lebensverhältnisse in einer Weltstadt ­ normalen Situation geführt. Die heute zu lösenden Probleme der Finanzierung der Mehrkosten sind objektive Probleme, die auch in einer Neukonzeption (d.h. ohne die Genossenschaft) gelöst werden müssten. Eine ohne staatliche Hilfe aus sich heraus wirtschaftlich tragfähige Lösung wäre jedoch mit den heutigen Nutzerkonzepten nicht vereinbar.

Unter Berücksichtigung folgender Faktoren:

· bereits im Konzept von 1995/96 ist eine Nachverhandlungsklausel wegen unerwarteter biotischer Schäden enthalten,

· die den seinerzeitigen Berechnungen zugrunde liegenden unzutreffenden Annahmen über die Wohn- und Nutzfläche können nicht der Genossenschaft „Alternativen am Elbufer e.G." angelastet werden,

· der zusätzliche Ausbau von Dachgeschossen ist sachgerecht hält der Senat es für angemessen, weitere staatliche Hilfen bereitzustellen, um eine Durchführung des von der Bürgerschaft beschlossenen Konzepts auch bei erhöhtem Aufwand zu ermöglichen. Jedoch sollte der Weg einer bloßen Erhöhung der Zuschüsse auf das heute erforderliche Niveau nicht beschritten werden. Vielmehr wird eine differenzierte Konzept-Fortschreibung vorgeschlagen. Hierzu gehört auch, dass die Genossenschaft in dem ihr wirtschaftlich zumutbaren Rahmen zusätzliche Leistungen übernimmt.