Vorschriften der neuen Straßenverkehrs-Ordnung

Die Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung am 1. Juli 1998 beschlossen (Drucksache 16/1103): „Der Senat wird ersucht, bei der Umsetzung der Vorschriften der neuen Straßenverkehrs-Ordnung folgende Ziele zu berücksichtigen:

1. Die Möglichkeit, Einbahnstraßen für den FahrradGegenverkehr zu öffnen, soll in ganz Hamburg nach einheitlichen Kriterien genutzt werden.

2. Die Radwegebenutzungspflicht soll aus Gründen der Sicherheit zwar durchaus vom Verkehrsaufkommen der jeweiligen Straße abhängig gemacht werden, aber entsprechend den Regeln der Verwaltungsvorschrift zur StVO sind auch Beschaffenheit, Breite und Sicherheit der Radwege ein wichtiges Kriterium.

Insbesondere aber muss bei der Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht auch das Verhältnis von Fahrradverkehr und Fußgängerverkehr und die Gewährleistung der Sicherheit der Fußgänger gegenüber dem Fahrradverkehr berücksichtigt werden.

3. Insbesondere kommt deswegen eine Benutzungspflicht für Wege, auf denen Rad- und Fußgängerverkehr auf gleicher Fläche geführt werden, grundsätzlich kaum in Frage.

Der Senat wird ersucht, bis zum 31. Oktober 1998 über die Umsetzung der Vorschriften der neuen StVO zu berichten."

Dazu wird nachstehend berichtet.

1. Vorbemerkung:

Mit der 24. Verordnung zur Änderung verkehrsrechtlicher Vorschriften ist die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in einer ganzen Reihe von Punkten geändert worden. Der Schwerpunkt lag bei Bestimmungen für den Radverkehr, weswegen die Änderung häufig auch als „Fahrradnovelle" bezeichnet wird. Die Ausführungsbestimmungen der Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO) sind zeitgleich umfangreich angepasst worden. Die Änderung betraf zahlreiche für den Radverkehr relevante Vorschriften wie z. B.

­ den Verzicht auf die Benutzungspflicht rechter Seitenstreifen,

­ die Anhebung der Altersgrenze für die Benutzung von Gehwegen durch radfahrende Kinder von 8 auf 10

Jahre,

­ die Möglichkeit zur Einrichtung von Fahrradstraßen oder speziellen Schutzstreifen für Radfahrer auf der Fahrbahn oder

­ die Zulassung von Radverkehr auf Bus-Sonderfahrstreifen in bestimmten Fällen.

Besondere Bedeutung für die Förderung des Radverkehrs kommt jedoch zwei neuen Regelungen zu, die auch in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit gefunden haben:

­ die versuchsweise Öffnung von Einbahnstraßen für den Rad-Gegenverkehr auf der Fahrbahn sowie

­ die Änderungen der Radwegebenutzungspflicht.

Die „Fahrradnovelle" ist am 1. September 1997 in Kraft getreten, die Änderung der Radwegebenutzungspflicht am 1. Oktober 1998. Versuche mit der Freigabe von RadGegenverkehr auf der Fahrbahn von Einbahnstraßen sind nach der StVO vorerst nur befristet bis zum 31. Dezember 2000 zugelassen, eine Verlängerung dieser Frist ist in Aussicht genommen.

Die Änderung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften trägt den vorausgegangenen verkehrsplanerischen Intentionen und bereits versuchsweise durchgeführten Maßnahmen Rechnung, die Sicherheit und Attraktivität des Radverkehrs durch höhere Standards und neue Planungselemente weiterzuentwickeln und bedarfsgerecht zu verbessern. Für Hamburg haben sich dabei mit Ausnahme zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 1. Juli 1998

­ Umsetzung der neuen Bestimmungen über Radverkehr in der Straßenverkehrs-Ordnung ­ der Einbahnstraßenregelung und der flexiblen Radwegebenutzungspflicht keine wesentlichen neuen Bestimmungen für die Planung und verkehrsrechtliche Anordnung von Maßnahmen zur Radverkehrsförderung ergeben. Die hamburgischen Planungshinweise für Stadtstraßen, Teil 9, Anlagen des Radverkehrs (PLAST 9), enthalten prinzipiell bereits seit 1995 die Neuerungen der bundeseinheitlichen „Fahrradnovelle". Aufgabe der Straßenverkehrsund Straßenbaubehörde war, insbesondere zu den Themen Öffnung von Einbahnstraßen für den Rad-Gegenverkehr und Radwegebenutzungspflicht im gesamten Straßennetz zu prüfen und zu entscheiden, welche Regelung künftig gelten soll. Ihre Arbeit ist dabei durch die Rechtsvorschriften der StVO, die Ausführungsbestimmungen der VwV-StVO und darüber hinaus durch allgemeine Vorgaben der zuständigen Fachbehörden mit dem Ziel bestimmt worden, ein möglichst einheitliches und dem Radverkehr förderliches Verwaltungshandeln zu erreichen. Konkrete Handlungsanweisungen bzw. Arbeitshilfen können jedoch nur verallgemeinernd formuliert sein und deswegen nicht alle Aspekte der unterschiedlichen Einzelfälle abdecken.

Eigene Einschätzungen und Entscheidungen der örtlich zuständigen Dienststellen waren und sind daher notwendig und nicht zuletzt auch wegen der näheren Orts- und Problemkenntnis sinnvoll und wegen der uneingeschränkten rechtlichen Verantwortung erforderlich.

Um zu einer einheitlichen Basis für die zu treffenden straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen zu kommen, wurde von der Baubehörde für rund 1540 km Radverkehrswege (rd. 85 % des Gesamtnetzes von rund 1840 km) eine grundlegende Bestandsaufnahme des baulichen Zustandes vorgenommen. Die restlichen rund 300 km des Gesamtnetzes wurden bei der Erhebung ausgespart, weil sie weitgehend in Tempo 30-Zonen liegen und insofern ­ von Ausnahmen abgesehen ­ nicht mehr als benutzungspflichtig einzustufen sind. Die Erhebung erfolgte u. a. unter Beteiligung eines Ingenieurbüros, das die Strecken beidseitig der Fahrbahn per Rad abfuhr und anhand von 24 verkehrlichen und baulichen Merkmalen, wie z. B. Zusammensetzung und Stärke des allgemeinen Kfz-Verkehrs, verfügbare Flächen im Straßenraum, Funktion der Radverkehrsanlage (wie z. B. wichtige Strecke auf dem Schulweg), Führung der Radwege im Strecken- und Kreuzungsbereich, Oberflächenbeschaffenheit, Beeinträchtigung durch Hindernisse, detailliert untersuchte. Die Auswertung hat ergeben, dass rund 25 % der untersuchten Strecken in einem insgesamt guten Zustand, rund 50 % zwar verbesserungsbedürftig, aber weitgehend zumutbar und nur 25 % stark verbesserungsbedürftig sind.

Ziel aller beteiligten Fachdienststellen war es, im Sinne der VwV-StVO eine schnelle und trotzdem eine der Verkehrssicherheit angemessene Umsetzung der neuen Regelungen zu bewirken. Neben einer Vielzahl von straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen erfolgte eine breite Öffentlichkeitsarbeit, um die Neuerungen der StVO bekanntzumachen. So wurden Faltblätter und Informationsbroschüren verteilt sowie Radfahrer/innen durch die Verkehrsstaffeln der Polizei gezielt angesprochen und Kinder im Rahmen der schulischen Verkehrserziehung unterwiesen.

2. Zu Ziffer 1 des Ersuchens (Einbahnstraßen)

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die versuchsweise Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr auf der Fahrbahn in Gegenrichtung ist nach der geänderten StVO nur in Straßen mit einer geringen Verkehrsbelastung und zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h zulässig. Dies trifft im Wesentlichen auf Straßen in den sogenannten Tempo 30-Zonen zu. Die VwV-StVO sieht darüber hinaus detaillierte Prüfungsschritte vor, von deren Ergebnis die Entscheidung abhängig zu machen ist, ob eine solche Einbahnstraße für den Radverkehr versuchsweise geöffnet werden kann oder nicht. Die Kriterien des Bundes und Hamburgs waren dabei die Gleichen. Danach ist unter anderem zunächst zu prüfen, ob

­ die Benutzung des vorgesehenen Straßenabschnittes durch den Radverkehr in Gegenrichtung erforderlich ist,

­ die für den fließenden Verkehr verfügbare Fahrbahn grundsätzlich 3,5 m, in besonderen Ausnahmefällen mindestens 3 m mit ausreichenden Ausweichmöglichkeiten beträgt und

­ die bestehende Einbahnstraßenregelung nicht

· zugunsten eines generellen Zweirichtungsverkehrs aufgehoben,

· durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann, wie z. B. unechte Einbahnstraße (Verbot der Einfahrt von einer Seite ausgenommen Radverkehr, ansonsten aber Zweirichtungsverkehr auf der Fahrbahn) oder

· für den Radverkehr auf separater Führung (Einrichtung eines abgetrennten Radwegs bzw. Radfahrstreifens) in Gegenrichtung geöffnet werden kann.

Vorgehen:

Um eine möglichst einheitliche Praxis bei der Öffnung von Einbahnstraßen für den Fahrrad-Gegenverkehr sicherzustellen, sind die vorgenannten Prüfschritte den örtlichen Straßenverkehrsbehörden in Form eines standardisierten Arbeitsablaufs vorgegeben worden. Ziel war es, das Befahren in Gegenrichtung überall dort zuzulassen, wo die verkehrlichen und baulichen Rahmenbedingungen dem nicht entgegenstehen. Dabei war in zusammenhängenden Wohngebieten mit gleicher Charakteristik der Straßen eine einheitliche Regelung anzustreben.

Trotz der einheitlichen Vorgaben ließen einzelne Ergebnisse bei gleicher Ausgangslage voneinander abweichende Entscheidungen erkennen. Diesen Fällen wurde in einer nochmaligen Prüfung nachgegangen, bei der untersucht wurde, inwieweit bisher nicht vorgesehene Einbahnstraßen dennoch für den Radverkehr in Gegenrichtung geöffnet werden können. Diese Überprüfungen sind bis auf wenige Einzelfälle abgeschlossen. Die nötigen straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen sind verfügt und den ehrenamtlichen Gremien der Bezirksämter vorgestellt worden. Die Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen wurde von den zuständigen Bezirksdienststellen zwischenzeitlich nahezu abgeschlossen.

Ergebnisse:

Insgesamt wurden von 907 in Frage kommenden und überprüften Einbahnstraßen in 461 Fällen (rd. 50 %) Änderungen zugunsten des Radverkehrs vorgenommen.

Im Einzelnen wurden:

­ 422 Einbahnstraßen mit einer Streckenlänge von rund 89 km versuchsweise für den Rad-Gegenverkehr auf der Fahrbahn geöffnet,

­ 24 Einbahnstraßen mit einer Streckenlänge von rund 6 km als sogenannte unechte Einbahnstraßen (Verbot der Einfahrt von einer Seite ausgenommen Radverkehr, ansonsten aber Zweirichtungsverkehr auf der Fahrbahn) neu eingerichtet und

­ 15 Einbahnstraßen mit einer Streckenlänge von rund 4 km zugunsten eines generellen Zweirichtungsverkehrs aufgehoben.

Bei den verbleibenden 446 Straßen waren Maßnahmen dieser Art wegen zu geringer Fahrbahnbreiten oder unübersichtlicher Streckenführung nicht möglich bzw. aufgrund benachbarter Parallelverbindungen nicht erforderlich.

Mit einer derart großen Anzahl versuchsweise für den Rad-Gegenverkehr geöffneter Einbahnstraßen nimmt Hamburg nach einer Umfrage im Arbeitskreis großstädtischer Straßenverkehrsbehörden des Deutschen Städtetages eine absolute Spitzenstellung unter den Großstädten im Bundesgebiet ein.

3. Zu Ziffer 2 des Ersuchens (Radwegebenutzungspflicht)

Rechtliche Rahmenbedingungen

Durch die „Fahrradnovelle" wurden die Bestimmungen zur Radwegebenutzungspflicht mit Wirkung vom 1. Oktober 1998 grundlegend geändert. Waren Radwege unabhängig vom Zustand bisher in jedem Falle benutzungspflichtig, sind sie es jetzt nur noch dann, wenn dies ausdrücklich durch Verkehrszeichen angeordnet worden ist. Dabei wird die Anordnung der Benutzungspflicht von Mindeststandards wie z. B. Breite, Beschaffenheit und Zustand der Wege, Linienführung und Hindernisse im Streckenverlauf sowie sichere Führung an Kreuzungen und Einmündungen abhängig gemacht. Davon kann befristet abgewichen werden, wenn die Radwegebenutzungspflicht unter Berücksichtigung der Verkehrsbelastung der jeweiligen Straße aus Sicherheitsgründen auch weiterhin unerlässlich ist.

Vorgehen:

Um zu möglichst einheitlichen Regelungen zu gelangen und örtliche „Sonderlösungen" weitgehend zu vermeiden, erschien es erforderlich, die Entscheidungskriterien der VwV-StVO auf die Verkehrsverhältnisse in einer Großstadt mit vergleichsweise hohen Verkehrsstärken und häufig beengten Straßenquerschnitten anzupassen. Dazu wurde auf bundesweite Veröffentlichungen maßgebender Forschungsinstitute, wie etwa die „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ­ ERA 95" der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen sowie Unfalluntersuchungen und Hinweise der damaligen Beratungsstelle für Schadenverhütung des HUK-Verbandes (heute Institut für Straßenverkehr des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft e.V.) zurückgegriffen. Alle Empfehlungen räumen der Sicherheit grundsätzlich hohe Priorität ein (Schutz der Radfahrer/innen vor dem KfzVerkehr) und raten zur Trennung der Verkehrsarten, insbesondere wenn der Verkehr stärker und schneller ist.

Maßgebliches Kriterium für die Radwegebenutzungspflicht sind die Verkehrsbelastungswerte mit den LkwAnteilen. Übereinstimmend wird empfohlen, das Fahren im Mischverkehr auf der Fahrbahn bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nur bis zu einer Verkehrsbelastung von 10 000 Kfz/Tag zuzulassen, darüber hinaus aber in der Regel eine Radwegebenutzungspflicht vorzusehen. Dies wurde auch in die von der Baubehörde unter Mitwirkung des Fahrradbeirates herausgegebenen „Planungshinweise für Stadtstraßen ­ Anlagen des Radverkehrs (PLAST 9)" aufgenommen. Ausnahmsweise wurde dieser Wert immer dann auf 15 000 Kfz/Tag erhöht, wenn der Radwegezustand nach definierten und quantifizierten Merkmalsmaßstäben als mangelhaft bewertet wurde. Bei besonderen örtlichen Gegebenheiten (Schulweg, wichtige Netzverbindung u. a.) und guten bzw. zumutbaren Radwegzuständen wurde die Radwegebenutzungspflicht bisweilen auch bei weniger als 10 000 Kfz/Tag angeordnet.

Die örtlichen Straßenverkehrsbehörden wurden verpflichtet, auf der Basis der Bestandsaufnahme und Zustandsbewertung der untersuchten Radwege und der o. g. verkehrlichen Vorgaben, ihre Entscheidungen zur Benutzungspflicht zu treffen. Dem hamburgischen Landesverband des „Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC)", einem in dieser Angelegenheit besonders engagierten Interessenverband, war zugesagt worden, die Entscheidungen in einem zweiten Durchgang auf Verträglichkeit und Plausibilität zu prüfen und konkreten Einwendungen nachzugehen. Dies ist erfolgt und hat in einigen Fällen zu neuen Entscheidungen geführt.

Ergebnisse:

Im Gegensatz zu den meisten anderen Städten in der Bundesrepublik hatte Hamburg bisher aus Überlegungen zur „Reduzierung des Schilderwaldes" weitgehend auf eine Beschilderung der vorhandenen Radwege verzichtet, was nach alter Rechtslage möglich war. Dies hatte allerdings zur Folge, dass aufgrund der StVO-Novelle des Bundes entgegen dem Votum Hamburgs jetzt mehr Verkehrszeichen neu aufgestellt werden mussten als in anderen Städten. Weit überwiegend waren straßenbegleitende Radwege neu zu beschildern, teilweise auch abgesetzt oder unabhängig vom Straßenverlauf geführte Wege.

Weiterhin war es erforderlich, an 55 lichtzeichengeregelten Kreuzungen oder Einmündungen die Radwegebenutzungspflicht wegen unzureichender Räumzeiten bei den Ampelschaltungen zunächst beizubehalten und dies durch entsprechende zusätzliche Verkehrszeichen zu kennzeichnen. Dagegen war bei gemeinsamen Geh- und Radwegen keine neue Beschilderung erforderlich, weil diese in der Vergangenheit bereits vollständig beschildert worden waren.

Nach dem derzeitigen Stand ist in dem bestehenden Straßennetz insgesamt

­ bei rund 960 km Radwegen eine Radwegebenutzungspflicht weiterhin beibehalten worden,

­ bei rund 350 km Radwegen die bestehende Radwegebenutzungspflicht aufgehoben worden,

­ bei rund 90 km gemeinsamer Geh- und Radwege die frühere Benutzungspflicht zugunsten einer „Servicelösung" (Radfahrer/innen dürfen vorhandene Gehwege oder die Fahrbahn benutzen) umgewandelt worden und

­ bei rund 440 km gemeinsamer Geh- und Radwege die Benutzungspflicht beibehalten worden.

Damit wurde der Intention der „Fahrradnovelle" Rechnung getragen, Radwege nur dann benutzungspflichtig zu machen, wenn dies nach den örtlichen Verhältnissen erforderlich ist. Sofern dabei Strecken einbezogen wurden, deren Zustand zwar zumutbar, aber baulich verbesserungsbedürftig ist, bleibt es dem Investitionsvolumen künftiger Haushalte vorbehalten, den Zustand der Radwege den neuen Anforderungen anzupassen.

4. Zu Ziffer 3 des Ersuchens (gemeinsame Fuß- und Radwege)

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Bestimmungen der StVO lassen drei Fälle zu, den Fußgänger- und Fahrradverkehr auf einer gemeinsamen Fläche zu führen:

­ gemeinsamer Fuß- und Radweg (Zeichen 240 StVO ­ gemeinsamer Fuß- und Radweg ­)

Wenn dieses Zeichen angeordnet ist, müssen Radfahrer/innen den Weg benutzen. Sie haben dabei auf Fußgänger/innen Rücksicht zu nehmen.

­ Fußweg mit zugelassenem Radverkehr ­ sog. ServiceLösung ­ (Zeichen 239 StVO ­ Fußgänger ­ mit Zusatzschild „Radfahrer frei")

In diesem Fall dürfen Radfahrer/innen den Weg befahren; allerdings mit Schrittgeschwindigkeit.

­ für den Radverkehr geöffnete Fußgängerbereiche (Zeichen 242 StVO ­ Fußgängerbereich ­ mit Zusatzschild „Radfahrer frei").

Auch hier gilt Schrittgeschwindigkeit.

Vorgehen:

Nach Maßgabe der hamburgischen „Planungshinweise für Stadtstraßen ­ Anlagen des Radverkehrs (PLAST 9)" sollen gemeinsame Fuß- und Radwege auch im Interesse der Fußgänger/innen grundsätzlich auf Ausnahmefälle begrenzt bleiben und deshalb auch bei Straßenbaumaßnahmen nur noch in begründeten Einzelfällen vorgesehen werden. Gleichwohl kann es aber notwendig sein, Kraftfahrzeugverkehr und Radverkehr gerade dort zu trennen, wo keine eigene Radverkehrsanlage vorhanden ist und aufgrund beengter Straßenquerschnitte in absehbarer Zeit auch nicht geschaffen werden kann. In solchen Fällen bietet sich häufig nur die gemeinsame Führung von Fußgängern/innen und Radfahrern/innen an. Darüber hinaus gibt es Fälle, bei denen die geringen Anteile des Fußgängeroder Radverkehrsaufkommens bei ausreichenden Wegebreiten keine Separierung der Verkehrsarten erforderlich machen. Dies gilt insbesondere in Gewerbegebieten. Ein genereller Verzicht, Fußgänger/innen und Radfahrer/innen auf einem gemeinsamen Weg zu führen, ist aus den vorstehend beschriebenen Verkehrssicherheitsgründen nicht möglich.

Die Straßenverkehrsbehörden sind gehalten, gemeinsame Fuß- und Radwege nur in begründeten Ausnahmefällen anzuordnen. Wie in den Abschnitten 2.2 und 3.2 geschildert, sind auch hier die Anordnungen zur Benutzungspflicht in einem zweistufigen Verfahren endgültig festgelegt worden.

Ergebnisse:

Die Prüfung der rund 530 km gemeinsam genutzten Geh/Radwege hat ergeben, dass unter Abwägung der Sicherheitsbedürfnisse sowohl der Radfahrer/innen als auch der Fußgänger/innen die gemeinsame Nutzung bei ca. 440 km beibehalten werden musste. Dabei handelt es sich häufig aufgrund fehlender Straßenquerschnittsbreiten um kurze Streckenabschnitte oder „Lücken" zwischen bestehenden Radwegen an stark befahrenen Hauptstraßen, bei denen der Radfahrverkehr nach Abwägung der Sicherheitsbedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer nicht auf die Fahrbahn verwiesen werden konnte. Darüber hinaus liegen zahlreiche Abschnitte an Hauptverkehrsstraßen im Stadtrandbereich mit geringem Fußgängeraufkommen, im Hafengebiet sowie in landwirtschaftlich strukturierten Stadtteilen, wie z. B. den Vier- und Marschlanden, bei denen aufgrund der besonderen Gegebenheiten von einer Verträglichkeit zwischen Fußgängern und Radfahrern auszugehen ist.

5. Resümee Hamburg hat bereits seit Jahren mit erheblichem Einsatz von Investitionsmitteln und seit 1995 mit einem fortschrittlichen Planungswerk (PLAST 9) die Belange des Radverkehrs im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen verstärkt berücksichtigt und gezielt gefördert. Seit 1999 ist darüber hinaus die Realisierung der gesamthamburgischen Veloroutenkonzeption begonnen worden. Überlagernd haben sich alle straßenverkehrsbehördlichen und Straßenbaudienststellen für eine termingerechte und zügige Umsetzung der neuen verkehrsrechtlichen Möglichkeiten zur Radverkehrsförderung eingesetzt. Durch das detaillierte und einheitliche Prüfverfahren wurde sichergestellt, dass der Fahrradverkehr gefördert wird und zugleich die Sicherheitsbelange der verschiedenen Verkehrsteilnehmer den örtlichen Verhältnissen entsprechend ausgewogen berücksichtigt werden konnten. Eine Vielzahl von Radwegen und gemeinsamen Geh- und Radwegen in schwach belasteten Straßen oder solche mit unzumutbarem Zustand wurde aus der Benutzungspflicht herausgenommen. Darüber hinaus wurde ein im Bundesgebiet absolut und relativ unübertroffen hoher Anteil von Einbahnstraßen zugunsten des Radverkehrs zur Benutzung in Gegenrichtung freigegeben.

6. Petitum

Der Senat bittet, die Bürgerschaft möge Kenntnis nehmen.