Wirtschafts- und Umweltkriminalität

Betreff: Wirtschafts- und Umweltkriminalität. Wirtschafts- und Umweltkriminalität verursachen jährlich Schäden in Milliardenhöhe.Durch die weitere Öffnung der europäischen und internationalen Märkte und die extensive Nutzung des „world wide web" im Dienste wirtschaftlicher Transaktionen wird künftig der Prävention in Sachen Wirtschafts- und Umweltkriminalität eine größere Bedeutung zugebilligt werden müssen.Gleichzeitig beklagen Experten aus dem Bereich der Strafrechtspflege immer wieder eine mangelnde Effektivität der Verfolgung von Wirtschafts- und Umweltdelikten.

Wir fragen den Senat:

A. Wirtschaftskriminalität

I. Strafverfolgung und Schäden

1. Welche Straftaten werden von den hamburgischen Strafverfolgungsbehörden aufgrund welcher Vorschriften als „Wirtschaftskriminalität" verfolgt?

Nach der bundeseinheitlichen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) umfaßt Wirtschaftskriminalität die Gesamtheit der in § 74c Absatz 1 Nummer 1 bis 6 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) aufgeführten Straftaten (Ausnahme Computerbetrug1) sowie auch solche Delikte, die im Rahmen tatsächlicher oder vorgetäuschter wirtschaftlicher Betätigung begangen werden und über eine Schädigung von einzelnen hinaus das Wirtschaftsleben beeinträchtigen oder die Allgemeinheit schädigen können und/oder deren Aufklärung besondere kaufmännische Kenntnisse erfordert.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg ist bestrebt, in ihrer Hauptabteilung V (HA V), „Wirtschafts- und Steuerabteilungen", die Ermittlungsverfahren wegen solcher Straftaten zu konzentrieren, deren Beurteilung besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens oder besondere Rechtskenntnisse im Bereich des Steuerbzw. Wirtschaftsstrafrechts voraussetzt. Nach der Jahresgeschäftsverteilung 2000 der Staatsanwaltschaft Hamburg werden die nachfolgenden Delikte als „Wirtschaftskriminalität" in der Hauptabteilung V verfolgt: Abteilung 50 und 51

­ Strafsachen nach dem Finanzmonopol-, Steuer- und Zollrecht, auch soweit dessen Strafvorschriften nach anderen Gesetzen anwendbar sind. Für die Verfolgung von Bannbruch (§§ 372, 373 Abgabenordnung [AO]) sind die Abteilungen 50 und 51 nur zuständig, soweit es sich um Verstöße gegen das Monopolgesetz oder um Fälle des § 373 Absatz 2 AO handelt.

­ Sonstige Straftaten, bei denen die Staatsanwaltschaft Ermittlungen durch Finanzbehörden im Sinne von § 6 AO vornehmen lassen kann

­ Verletzung des Steuergeheimnisses

­ Eigentumsdelikte an Waren im Hamburger Freihafen, soweit sie mit Steuer- oder Zollstrafsachen zusammenhängen 1 Computerbetrug ist zwar in der Darstellung des § 74c Absatz 1 GVG enthalten, aber wegen der Dominanz der Automatenmanipulationen oft keine Wirtschaftskriminalität.

­ Verfahren gemäß § 11 Geldwäschegesetz

­ Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten nach dem Außenwirtschaftsgesetz und den Devisenbewirtschaftungsgesetzen (nur Abteilung 50)

­ Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und Fälle des international organisierten ungesetzlichen Handels mit Waffen, Munition und Sprengstoff (nur Abteilung 50)

­ Vergehen nach dem Ausführungsgesetz zum Chemiewaffenübereinkommen (nur Abteilung 50)

­ Verfahren nach § 261 Strafgesetzbuch (StGB), soweit nicht eine Abgabe an eine für Vortaten des § 261 Absatz 1 StGB zuständige Sonderabteilung erfolgt (nur Abteilung 50)

­ Subventionsbetrug ([§ 264 StGB] nur Abteilung 51) Abteilung 55

Straftaten Gewerbetreibender im geschäftlichen Verkehr,

a) die wegen ihres Ausmaßes oder der Art ihrer Ausführung das Wirtschaftsleben über einen engen Kreis von Beteiligten hinaus gefährden oder beeinträchtigen oder

b) deren Beurteilung rechtliche oder wirtschaftliche Spezialkenntnisse erfordert (einschließlich besonders zugeschriebener Sachen aus Abteilung 56) Abteilung 56

­ Konkursdelikte (einschließlich verspäteter oder unterlassener Konkursanmeldung)

­ Betrug gegenüber den Arbeits- und Sozialbehörden sowie den Sozialversicherungsträgern

­ Computerbetrug (§ 263a StGB)

­ Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB)

­ Kreditbetrug (§ 265b StGB)

­ Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB)

­ Verfahren gegen Arbeitgeber wegen illegaler Beschäftigung (einschließlich damit zusammenhängender Verstöße gegen das Ausländergesetz [AuslG])

­ Vergehen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

­ Vergehen nach dem Sozialgesetzbuch III

­ Vergehen gegen Vorschriften des

a) Urheber-, Verlags-, Patent-, Gebrauchsmuster- und Markenrechts,

b) Wettbewerbsrechts,

c) Betriebs- und Gesellschaftsrechts (Betriebsverfassungsgesetz, Aktiengesetz, GmbH-Gesetz, Genossenschaftsgesetz u.a.)

­ Vergehen nach den Gesetzen über das Bank-, Depot-, Börsen- und Kreditwesen sowie nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz

­ Vergehen gegen Vorschriften des

a) Gewerberechts,

b) Arbeitsschutzrechts im Sinne der Nummer 258 Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV)

­ Vergehen gegen Vorschriften zum Schutze der Versorgung und Preisbildung, insbesondere gegen das Wirtschaftsstrafgesetz

­ Mietwucher

­ Vergehen gegen das Wertpapierhandelsgesetz Abteilung 57

­ Besonders zugeschriebene Verfahren aus Abteilung 55 und 56 (Zuweisung durch den Leiter der Hauptabteilung V)

­ Korruptionsverfahren (§§ 331 bis 337 StGB) und damit im Zusammenhang stehende Vermögensstraftaten sowie Straftaten gemäß §§ 298 bis 300 StGB; ausgenommen Verfahren wegen Abgeordnetenbestechung gemäß § 108e StGB, insoweit ist die Abteilung 71 zuständig.

In wie vielen Fällen haben die hamburgischen Strafverfolgungsbehörden wegen des Verdachts einer der in § 74c Absatz 1 GVG (Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer) genannten Straftaten seit dem 1. Januar 1994 Ermittlungsverfahren eingeleitet?

(Bitte jeweils unter Angabe der einschlägigen Straftatbestände aufschlüsseln.)

In wie vielen Fällen haben die hamburgischen Strafverfolgungsbehörden seit 1994

Ermittlungsverfahren wegen sonstiger sogenannter Wirtschaftsdelikte eingeleitet?

Die zur Beantwortung dieser Fragen benötigten Daten werden nicht gesondert statistisch erfaßt. Eine Einzelfallauswertung danach, in wie vielen Fällen die Zuständigkeit einer Wirtschaftskammer gegeben war oder im Falle einer Anklageerhebung gegeben gewesen wäre, ist selbst innerhalb der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

In der Anlage 1 sind jedoch die Polizeilichen Kriminalitätsstatistikübersichten (PKS-Übersichten) für die Straftaten mit der Sonderkennung „Wirtschaftskriminalität" aufgelistet 2. Die PKS enthält keine Angaben dazu, ob Privatpersonen, Unternehmen oder der öffentliche Haushalt geschädigt worden sind.

2 Die erste Tabelle „Straftaten insgesamt" umfaßt sämtliche als Taten der Wirtschaftskriminalität eingestufte Fälle. Die Schlüsselzahlen der nachfolgenden Tabellen folgen einem hierarchischen Muster:

In der Schlüsselzahl 5000 sind alle untergeordnetenWerte wie 5100, 5200 usw.zusammengefaßt. Diese wiederum lassen sich in Unterwerte z. B. bei 5100 in die Schlüsselzahlen 5110, 5120 usw. aufspalten.

Die Systematik setzt sich bis in die letzte Zählerstelle fort.Aufklärungsquoten von über 100 Prozent kommen durch nachträgliche Aufklärung bereits im Vorjahr erfaßter Fälle zustande. Bezüglich der Schadenssummen ist anzumerken, dass nur bei vollendeten Delikten eine Schadenserfassung erfolgt.Zu den Prozentwerten bezüglich der Zu-/Abnahme bekanntgewordener Fälle ist anzumerken, dass bei Steigerungen der Fallzahlen, deren Ausgangswert im Vorjahr „0" war, die verwendete Tabellenkalkulation die Prozentzahl „0 %" ausweist. Diese Steigerungen sind unabhängig von ihrem Maß nicht in Prozent zu quantifizieren.

2. In wie vielen Fällen der seit 1994 eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen der in Frage 1.1 genannten Delikte sind die Ermittlungen abgeschlossen?

In wie vielen Fällen wurden die Ermittlungen durch

a) Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts (§ 170 Absatz 2 StPO),

b) Einstellung aus anderen Rechtsgründen (bitte anhand der einschlägigen Vorschriften aufschlüsseln),

c) Anklageerhebung abgeschlossen?

Statistisches Material liegt der Staatsanwaltschaft nur für die in den Jahren 1994 bis 1997 und für das Jahr 1999 insgesamt in den Wirtschafts- und Steuerabteilungen abgeschlossenen Ermittlungsverfahren vor; diese können im Einzelfall auch schon vor 1994 eingeleitet worden sein.

Einen Rückschluß auf die Anzahl der in diesem Zeitraum zur Wirtschaftsstrafkammer erhobenen Anklagen erlaubt die Eingangsstatistik des Landgerichts für die Wirtschaftsstrafkammern: Eingänge, Erledigungen, Bestände bei den Wirtschaftsstrafkammern des Landgerichts.

Für 1994 wurden keine Auswertungen vom Statistischen Landesamt erstellt. Es liegen daher auch keine Zahlen vor.

Für 1999 wurden Hochrechnungen auf Basis der Auswertungen des Statistischen Landesamtes der ersten drei Quartale erstellt.

Anmerkung: Kleine rechnerische Abweichungen kommen durch Berichtigungen des Statistischen Landesamtes zustande.

Weitere Daten werden nicht gesondert statistisch erfaßt und wären nur über eine Einzelfallauszählung zu erheben. Dies ist selbst innerhalb der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

Gibt es bereits vor 1994 eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen der in Frage 1.1 genannten Delikte, die noch nicht abgeschlossen sind? Wenn ja, wie viele dieser Verfahren sind noch nicht abgeschlossen? Um welche Straftatbestände aus welchen Deliktskreisen handelt es sich jeweils? Wann wurden diese Verfahren jeweils eingeleitet?

Es gibt ein Verfahren, das wegen Verstoßes gegen §§ 370 AO, 267 StGB geführt wird und am 29. November 1993 eingeleitet worden ist. Der Abschluß der Ermittlungen wurde durch umfangreiche und zeitaufwendige Rechtshilfeersuchen verzögert.

In wie vielen der seit 1994 eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen der in Frage 1.1 genannten Delikte ist es zu einer Verurteilung gekommen?

Die amtliche Strafverfolgungsstatistik enthält nicht zu allen in § 74c Absatz 1 GVG genannten Delikten Angaben.

Sie unterscheidet zudem nicht danach, ob die Aburteilung wegen eines Steuer-, Vermögens- oder sonstigen Delikts im Einzelfall durch eine Wirtschaftsstrafkammer erfolgt ist oder im Falle der Berufung hätte erfolgen müssen. Sie erfaßt alle Entscheidungen gleichermaßen, geordnet lediglich nach dem zur Anwendung gebrachten Straftatbestand, und enthält deshalb eineVielzahl vonVerurteilungen, die zwar wirtschaftsspezifische Straftaten betreffen, die jedoch im Einzelfall von geringer Bedeutung sind, in erster Instanz durch den Einzelrichter beim Amtsgericht erledigt wurden und deshalb nicht in die Zuständigkeit einer Kleinen oder Großen Wirtschaftsstrafkammer fallen. Sie enthält weiter eine Vielzahl von Verurteilungen aus dem Bereich der allgemeinen Vermögensdelikte (Betrug, Untreue, Wucher pp.), zu deren Beurteilung nur im Ausnahmefall besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind (§ 74c Absatz 1 Nummer 6 GVG)

Eine Aufschlüsselung danach, ob bei diesen Verurteilungen im Einzelfall eine Wirtschaftsstrafkammer tätig war oder hätte tätig werden können, ist selbst innerhalb der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich. Dies vorausgeschickt, ergeben sich aus der amtlichen Strafverfolgungsstatistik folgende Verurteilungen für Straftaten im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Vorgängen: