Welchen besonderen Kontrollmaßnahmen unterliegen Hamburger Unternehmen die mit Abfällen

Ergeben sich bei Kontrollmaßnahmen der Behörden bzw. bei der Strafverfolgung illegaler Abfallentsorgung Probleme durch das „Umdeklarieren" von Abfällen seitens der Unternehmen? „Umdeklarationen" sind im Rahmen der ordnungsgemäßen Nachweisführung ausgeschlossen; Probleme ergeben sich aber durch „Falschdeklarationen", die nur bei der Überwachung von Erzeugern, Transporteuren/Sammlern und Entsorgern erkannt werden.

Welchen besonderen Kontrollmaßnahmen unterliegen Hamburger Unternehmen, die mit Abfällen umgehen?

Hamburger Unternehmen, die mit Abfällen umgehen, werden im Rahmen der regel- und anlaßbezogenen Überwachung sowie bei Sonderaktionen kontrolliert.

Sieht der Senat weitere Kontrollmöglichkeiten? Wenn ja, welche? Gibt es insofern gesetzgeberischen Bedarf?

Der Senat hat sich mit der Frage nicht befaßt.

III. Zusammenarbeit der Behörden

1. In wie vielen Fällen der seit 1994 eingeleiteten Verfahren richteten sich Ermittlungen der hamburgischen Strafverfolgungsbehörden wegen des Verdachts eines Umweltdelikts gegen den Inhaber bzw. die Inhaberin, die Geschäftsleitung oder gegen sonstige Beschäftigte von Unternehmen mit Firmensitz

a) in Hamburg,

b) in anderen Bundesländern,

c) im Ausland?

Eine entsprechende Statistik wird nicht geführt.

2. Welche organisatorischen Regelungen im Bereich der Umweltkriminalität bestehen hinsichtlich der Zusammenarbeit der Hamburger Strafverfolgungsbehörden mit

a) anderen Hamburger Behörden (z.B. Umweltbehörde, Bezirksämter)?

Das Zusammenwirken ist geregelt in der „Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung von Umweltverstößen", die zwischen dem Senatsamt für Bezirksangelegenheiten, der Justizbehörde, der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Baubehörde, der Wirtschaftsbehörde, der Behörde für Inneres und der Umweltbehörde am 25. Oktober 1990 in der Fassung vom 6. Dezember 1994 getroffen wurde (siehe Drucksache 16/3663).

Daneben bestehen auch im Bereich der Umweltkriminalität Mitteilungspflichten nach der Anordnung für Mitteilungen in Strafsachen gegenüber dem Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (Nummer 51 MiStra).

2. b) den Behörden des Bundes sowie anderer Bundesländer?

Die Polizei Hamburg beteiligt sich ­ wie alle Polizeien der Länder ­ am kriminalpolizeilichen Meldedienst (KPMD), bei dem für die Aufklärung von Straftaten Informationen über Arbeitsweisen und über tat- bzw. täterbezogene Merkmale beim Bundeskriminalamt zusammengeführt werden. Für den Bereich der Umweltdelikte besteht dabei ein besonderes Meldeverfahren (Sondermeldedienst).

Daneben bestehen auch im Bereich der Umweltkriminalität Mitteilungspflichten für die Staatsanwaltschaft nach der Anordnung für Mitteilungen in Strafsachen gegenüber dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (Nummer 51 MiStra).

2. c) den Behörden von Mitgliedstaaten der Europäischen Union?

d) außereuropäischen Staaten?

Besondere Regelungen für die Polizei bestehen hier nicht. Die über die Grenzen der Bundesrepublik hinausgehende Zusammenarbeit richtet sich nach den allgemeinenVorschriften über die Amtshilfe, den polizeilichen Nachrichtenaustausch mit dem Ausland sowie über die internationale Rechtshilfe.

3. In wie vielen Fällen ist das LKA Hamburg des Sondermeldedienstes „Umweltkriminalität" über die Einleitung von Ermittlungsverfahren in anderen Bundesländern mit „Hamburger Bezug" informiert worden?

Das Landeskriminalamt Hamburg ist seit 1994 in 69 Fällen über die Einleitung von Ermittlungsverfahren in anderen Bundesländern „mit Hamburger Bezug" im Wege des Sondermeldedienstes „Umweltdelikte" informiert worden.

4. In wie vielen Fällen haben welche zuständigen Hamburger Behörden aufgrund von Informationen der Behörden anderer Bundesländer Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Umweltstraftat eingeleitet? In wie vielen Fällen erfolgte die Information über den Sondermeldedienst „Umweltkriminalität"?

Seit 1994 hat die Polizei Hamburg in sechs Fällen Ermittlungen eingeleitet, bei denen die Information über den Sondermeldedienst „Umweltdelikte" des KPMD erfolgte. Im übrigen werden Statistiken im Sinne der Fragestellung nicht geführt. Die Beantwortung der Frage erfordert die Auswertung einer Vielzahl von Akten, die selbst innerhalb der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich ist.

5. Liegen dem Senat Erkenntnisse darüber vor, dass von Unternehmen mit Firmensitz in Hamburg strafrechtlich relevante umweltschädigende Handlungen ausschließlich in anderen Bundesländern oder im Ausland getätigt werden? Wenn ja, um welche Straftaten handelt es sich und in welcher Weise gehen welche Hamburger Behörden gegen diese Unternehmen vor?

Es werden keine entsprechenden Statistiken geführt. Die Beantwortung der Frage erfordert die Auswertung einer Vielzahl von Akten, die selbst innerhalb der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich ist.

6. Welche Möglichkeiten bestehen für welche hamburgischen Behörden, gegen Unternehmen mit Firmensitz im Ausland vorzugehen?

Gegen strafrechtlich Verantwortliche derartiger juristischer Personen und Personenvereinigungen finden ­ wie gegen andere Beschuldigte ­ die Bestimmungen der Strafprozeßordnung Anwendung, soweit dieTat im Geltungsbereich des deutschen Strafrechts begangen wurde.Möglich sind damit unter anderem internationale Fahndungsmaßnahmen und ggf. Auslieferungsersuchen.

7. Gibt es Probleme bei der Kooperation Hamburger Behörden mit den Behörden anderer Bundesländer bei der Kontrolle der unternehmerischen Tätigkeit im Bereich des Umweltstrafrechts und/oder des umweltrechtlichen Ordnungswidrigkeitenrechtes?

Wenn ja, welche?

Hinweise auf derartige Probleme liegen nicht vor.

8. Arbeiten Hamburger Behörden mit nichtstaatlichen, im Umweltschutz aktiven Organisationen bei der Prävention von Umweltdelikten zusammen? Wenn ja, welche Hamburger Behörden arbeiten mit welchen Umweltorganisationen in welcher Weise zusammen? Wenn nein, warum nicht?

Mit nichtstaatlichen, im Umweltschutz aktiven Organisationen findet auch bei der Prävention von Umweltdelikten eine Zusammenarbeit statt. So wurde z. B. bei Abfallverbringungen ins Ausland und der Frage der illegalen Einfuhr von gentechnisch verändertem Maiskleber der Dialog mit Greenpeace gesucht.

Bei der Überwachung von Handwerksbetrieben und der Beseitigung von in diesem Zusammenhang aufgedeckten Umweltschäden wird mit dem Zentrum für Energie, Wasser- und Umwelttechnik (ZEWU) durch Datenaustausch zusammengearbeitet, um die Betriebsüberwachung zu optimieren und dadurch den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen zu verbessern.

Auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege wird die Zusammenarbeit sowohl mit den nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz anerkannten als auch anderen Verbänden und Stiftungen gepflegt. Diese sind insbesondere in der Aufsicht über die Naturschutzgebiete und den Nationalpark, der fachlichen Information der Bevölkerung vor Ort sowie in den vier Naturschutzinformationszentren tätig.

Die Polizei Hamburg arbeitet mit

­ in der „BETA-Verpflichtungsgemeinschaft betrieblicher Abfallwirtschaft Nord e.V.", einem privatwirtschaftlichem Zusammenschluß von Unternehmen sowie gemeinnützigen und anderen Einrichtungen mit dem Ziel, die Ausgestaltung des geltenden Umweltrechts in der betrieblichen Praxis zum Schutz der Öffentlichkeit zu fördern, und

­ im „Hamburger Umweltkreis", einem Gesprächskreis, dem Mitarbeiter verschiedenster im Umweltbereich tätiger Firmen bzw. Organisationen angehören.

Die Mitarbeit der Polizei ist präventiv ausgerichtet und erfolgt durch Vorträge, Beteiligung an Arbeitsgruppen und Diskussionen zu aktuellen Fragen.

C. Sanktionen gegen juristische Personen und Personenvereinigungen Straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlich relevante Handlungen erfolgen im Bereich des Wirtschafts- und Umweltstrafrechts häufig nicht bzw. nur indirekt zugunsten der Täterin bzw. des Täters. Häufig profitieren Unternehmen von strafbaren Handlungen ihrer Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter, wie z. B. im Falle der Korruption, des Subventionsbetruges, der illegalen Abfallentsorgung oder des Anlagebetruges.

I. Aktuelle Rechtslage

1. Bußgeld nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz.

Gemäß § 30 OWiG kann gegen juristische Personen und Personenvereinigungen eine Geldbuße bis zu 1 Million DM festgesetzt werden, wenn ein Verantwortungsträger (z.B.Vorstandsmitglieder oder sonstigeVertretungsberechtigte) eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, durch die „Pflichten, welche die juristische Person oder Personenvereinigung treffen, verletzt worden sind oder die juristische Person oder Personenvereinigung bereichert worden ist oder bereichert werden sollte" (§ 30 Absatz 1 OWiG).

In wie vielen Fällen wurde seit dem 1. Januar 1994 gegen juristische Personen ein Bußgeld gemäß § 30 Absatz 1 OWiG wegen welcher Straftatbestände und/oder Ordnungswidrigkeiten festgesetzt?

In wie vielen Fällen handelte es sich um Unternehmen mit

a) unter 100 Beschäftigten,

b) über 100 bis zu 500 Beschäftigten,

c) über 500 Beschäftigten?

In welcher Höhe wurden jeweils Bußgelder wegen welcher Straftatbestände und/oder Ordnungswidrigkeiten festgesetzt?

In wie vielen Fällen wurde ein Bußgeld gemäß § 30 Absatz 4 OWiG selbständig ­ d.h. unabhängig von der Einleitung bzw. Einstellung eines Ermittlungs- oder Bußgeldverfahrens ­ festgesetzt?

Nach der Rechtsprechung kann ein Bußgeldverfahren gegen eine juristische Person auch eingeleitet werden, wenn eine im Sinne dieser Vorschrift verantwortliche Person nicht individualisiert werden kann.In wie vielen Fällen wurde seit 1994 von jeweils welcher hamburgischen Behörde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht?

Bußgelder gegen juristische Personen werden nicht gesondert statistisch erfaßt, so dass Angaben hierzu nicht gemacht werden können.

2. Welche weiteren Möglichkeiten der Sanktionen gegen Unternehmen sieht der Senat nach aktueller Rechtslage?

Nach aktueller Rechtslage bestehen im Umweltrecht folgende Sanktionsmöglichkeiten gegen Unternehmen:

­ Nach § 20 Absatz 3 Satz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz kann die zuständige Behörde den weiteren Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage durch den Betreiber oder einen mit der Leitung des Betriebes Beauftragten untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit dieser Person in bezug auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dartun, und die Untersagung zum Wohl der Allgemeinheit geboten ist.

­ Straf- bzw. Ordnungswidrigkeiten von Verantwortungsträgern in Unternehmen können bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Inhabers einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Genehmigung zum Widerruf führen (§§ 17 und 19 Hamburgisches Wassergesetz).

­ Versagung, Entzug oder Verlust wegen persönlicher Unzuverlässigkeit des Betriebsinhabers oder Betriebsleiters sind möglich bei Abfalltransportgenehmigungen, Genehmigungen für Abfallvermittlungsgeschäfte, Zertifizierungen als „Entsorgungsfachbetrieb" und Deponiezulassungen.

II. Unternehmensstrafrecht Experten aus dem Bereich des Wirtschafts- sowie des Umweltstrafrechts fordern die Einführung eines „Unternehmensstrafrechts" in das bundesdeutsche Rechtssystem, wie es andere europäische Länder aufgrund der Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates vom 20. Oktober 1988 normiert haben. Hierdurch soll unter anderem dem Umstand Rechnung getragen werden, dass nach heutiger Rechtslage nur natürliche Personen, häufig Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter, die im wirtschaftlichen Interesse ihres Arbeitgebers eine strafbare Handlung begehen, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Ist ­ trotz Vorliegens eines strafrechtlich relevanten Sachverhaltes und Schadenseintritts ­ eine strafrechtlich verantwortliche Person nicht individualisierbar, kann eine Ahndung nicht erfolgen. Eine effektive spezialpräventive Wirkung auf Unternehmen, die strafrechtlich sanktioniertes Verhalten im Unternehmensinteresse von Mitarbeiter/innen verlangen, fördern oder billigen, ist so nicht erzielbar.

1. Sieht der Senat im Hinblick auf die Einführung eines Unternehmensstrafrechts gesetzgeberischen Handlungsbedarf? Wenn ja, welchen und wie wird sich der Senat ggf. dafür einsetzen? Wenn nein, warum nicht?

Die Diskussion um die Einführung einer Unternehmensstrafbarkeit in das deutsche Recht wird seit Jahren in Rechtspolitik und Wissenschaft kontrovers geführt. Einigkeit besteht jedoch darüber, dass internationale und supranationale Regelungen die Einführung einer strafrechtlichen Unternehmenssanktionierung in Deutschland nicht gebieten.

Der Ministerrat des Europarates hat am 20. Oktober 1988 zwar eine Empfehlung über die Verantwortlichkeit von Unternehmen für Straftaten angenommen (Nummer R [88] 18), in der Grundsätze über die Verantwortlichkeit von Unternehmen und Sanktionsmöglichkeiten aufgezeigt werden. In der Empfehlung wird die Bedeutung von Sanktionsmöglichkeiten gegen Unternehmen hervorgehoben. Gleichzeitig wird jedoch darauf hingewiesen, dass eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht der einzige Weg ist, dieses Ziel zu erreichen. Einerseits wird zu bedenken gegeben, strafrechtliche Verantwortlichkeit und Sanktionen gegen Unternehmen vorzusehen, wo die Art der Straftat, der Grad des Verschuldens auf der Seite des Unternehmens, die Folgen für die Gesellschaft und die Notwendigkeit der Verhinderung weiterer Straftaten dies erfordern.Andererseits wird auch auf das deusche Modell mit einem anderen System von Verantwortlichkeit und von Sanktionierung hingewiesen.

Der Vergleich mit dem anglo-amerikanischen Rechtskreis, in dem strafrechtliche Sanktionen gegen Unternehmen verhängt werden können, ist nicht ohne weiteres tragfähig.