Krankenhaus

Giftige Dämpfe durch elektrische Kabel im Neubau der Neurochirurgischen Klinik des UKE? Presseberichten zufolge sind beim Umbau der Neurochirurgischen Klinik im Universitäts-Krankenhaus Eppendorf elektrische Kabel ­ bzw. sogenannte NYM-Leitungen ­ verlegt worden, aus denen Stoffe austreten, die ­ zumindest in bestimmter Konzentration ­ stark gesundheitsschädlich sind.

1. Um welchen Stoff bzw. welche Stoffe handelt es sich dabei?

Aufgrund der ersten Mängelfeststellung bei Kontrollen in den Schaltschränken im September 1999 beauftragte das UKE einen Sachverständigen, die ausgetretene Substanz zu analysieren. Dieser traf folgende Feststellung:

Bei der hellen, klaren, öligen Substanz handelt es sich im wesentlichen um DEHP, Di-(2-ethylhexyl)phtalat und nachweisbar um DINP, Di-isonyl-phtalat.

Beide Substanzen werden als Weichmacher bei der Kabelherstellung verwendet.

2. Wo, in welchem Umfang und zu welchem Zweck wurden die betreffenden Kabel im Neubau der Neurochirurgischen Klinik des UKE verlegt?

Die Baumaßnahme (Neu- und Umbau) „Neurochirurgische Klinik" umfaßte drei Bauabschnitte.

Die technischen Anlagen wurden insgesamt neu installiert bzw.erneuert. Die hierbei eingesetzten elektrischen Kabel versorgen elektrische Anlagen und Anlagen der Kommunikationstechnik sowie die krankenhausspezifische und allgemeine Stromversorgung und die Beleuchtung. Hierbei wurden diverse Kabelarten eingesetzt. Unter anderem wurden ca. 20 000 laufende Meter des Typs NYM-J 3 x 2,5 mm2 verwendet, aus denen der ölige Weichmacher austritt.

3. Weshalb wurden diese und keine anderen Kabel verwendet?

Die Kabel wurden entsprechend demVerwendungszweck und der jeweiligen Belastungssituation unterschiedlich in DIN-Qualität ausgeschrieben. Es handelt sich um Standardkabel.

4. Wer zeichnet verantwortlich für die Verlegung dieser Kabel?

Den Auftrag zur Installation der Kabel einschließlich der Materiallieferung erhielt ein privater Elektrokonzern, der seinerseits als Kabelhersteller einen Subunternehmer einsetzte. Der Auftrag wurde entsprechend VOB erteilt, daraus ergibt sich die Verantwortlichkeit.

5. Welche Gefährdungen für Menschen und Umwelt gehen grundsätzlich von dem Stoff bzw. den Stoffen aus?

Die in den Proben vorgefundene Substanz DEHP gehört grundsätzlich zu den in der Liste der Gefahrenstoffe aufgeführten Substanzen. Die Gefährdung ist abhängig von der Konzentration und der Kontaktmöglichkeit (siehe Gisbau-Information der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft).

6. Könnten die Patienten einer Neurochirurgischen Abteilung in besonderem Maße durch den

­ wie auch immer gearteten ­ Kontakt mit dem Stoff/den Stoffen gefährdet sein?

Die Substanz DEHP ist nur in den Schaltanlagen und in einigen Steckdosen als ölige Flüssigkeit geringen Umfanges festgestellt worden.

Eine Kontaktmöglichkeit für die Patienten ist nahezu ausgeschlossen.

7. a) Von wem wurde die Klinikleitung auf den Austritt des Stoffes/der Stoffe aufmerksam gemacht?

b) Wann genau ging die Meldung bei der Klinikleitung ein?

Die Technische Abteilung des UKE hat nach Auftreten der ersten Mängelanzeichen ­ vgl. Antwort zu

1. ­ den Direktor Betrieb informiert und eine gutachterliche Stellungnahme eingeholt. Am 25. Oktober 1999 erfolgte auf der Basis des Gutachtens die Mängelanzeige an die zuständige Behörde. Hierüber wurde über den Direktor Betrieb auch der Kaufmännische Direktor als zuständiges Direktoriumsmitglied informiert.

8. Seit wann, in welcher Art und in welchem Ausmaß tritt der Stoff bzw. treten die Stoffe im Neubau der Neurochirurgischen Klinik des UKE aus?

a) Welche Gefährdungen gingen bzw.gehen dadurch für Patienten und Mitarbeiter der Klinik aus?

b) War bzw. ist die Funktionsfähigkeit der durch die Kabel versorgten elektrischen Systeme aktuell bzw. potentiell gefährdet?

Die überschüssige Substanz DEHP im Weichmacher des Füllmaterials der Kabel verflüssigt sich erst unter Betriebsbedingungen, d.h. im wesentlichen erst seit Übergabe der Baumaßnahme Ende März 1999. Dieser Vorgang benötigt eine gewisse Zeit („Kriechverhalten" der öligen Substanz). Die ab September 1999 festgestellten Mängel ergaben sich als öliger Film auf den Kabelenden bzw. als Tröpfchen (Stecknadelkopfgröße).

a) Gefährdungen der Patienten und Mitarbeiter bestanden und bestehen nicht.

In Messungen der Raumluft an verschiedenen Orten der Klinik in der Zeitspanne von Anfang Dezember bis Mitte Januar wurden Konzentrationswerte festgestellt, die weit unter den MAK-Werten (Maximale Arbeitsplatzkonzentration) und auch noch deutlich unter Ansprechwert liegen. Das Bedienungs- und Wartungspersonal der Technischen Abteilung hat sich entsprechend geschützt (z.B. durch Handschuhe).

b) Die Funktionsfähigkeit der Kabel ist akut nicht gefährdet. Allerdings könnten sich, falls die ölige Substanz nicht entfernt wird, langfristig Verschmutzungen an den Kontakten und Schaltungsprobleme ergeben, weil die Substanz isolierende Eigenschaften hat. Die potentielle Gefährdung der Funktionsfähigkeit soll durch ein „Selbständiges Beweisverfahren" gutachterlich bewertet werden.

9. Welche Maßnahmen wurden von seiten der Klinik und der zuständigen Behörde ergriffen, um Patienten und Mitarbeiter

a) über den Austritt des Stoffes/der Stoffe zu unterrichten?

Es wurden regelmäßige Raumluftmessungen durchgeführt, die keine kritischen Werte ergeben haben.

Da der Austritt des Stoffes DEHP nur innerhalb geschlossener elektrischer Betriebsmittel (z.B. Steckdosen) erfolgt, wurde das elektrotechnische Fachpersonal (Starkstrom) informiert.

9. b) gesichert vor einer Gefährdung zu schützen?

Das für Arbeiten an Starkstromanlagen zuständige Fachpersonal wurde in Dienstbesprechungen durch den Betriebsleiter auf diesen Stoff hingewiesen und zum Tragen von Schutzhandschuhen angehalten.

9. c) die technisch störungsfreie Versorgung sicherzustellen?

Die technische störungsfreie Versorgung war und ist derzeit akut nicht gefährdet.

10. a) Wurde der Klinikbetrieb durch das Auftreten des Stoffes/der Stoffe beeinträchtigt?

Nein.

10. b) Falls ja, in welchem zeitlichen und operativen Umfang?

Entfällt.

11. Was wurde unternommen, um einem weiteren Austreten des Stoffes/der Stoffe gesichert entgegenzuwirken?

Akut besteht keine Gefährdung. Vorsorglich führt die für die Verlegung verantwortliche Firma Besichtigungen aller Verteilungen durch, um auf Veränderungen unverzüglich reagieren zu können.

12. Welche Kosten entstanden bzw. entstehen durch die notwendig gewordenen Maßnahmen?

Die Kosten für die bisher durchgeführten Untersuchungen belaufen sich auf ca. 30 000 DM. Die Kosten der Mängelbeseitigung sollen unter anderem durch das gerichtlich anzuordnende Beweisverfahren abgeschätzt werden, stehen aber naturgemäß erst nach der abgeschlossenen Mängelbeseitigung fest.

13. Wer hat die Kosten durch die entstandenen bzw. noch entstehenden Maßnahmen zu tragen?

Das UKE strebt einen Austausch der gesamten betroffenen Kabel an. Der Umfang der Maßnahmen wird von dem Beweissicherungsverfahren abhängig sein. Die Kosten gehen nach Auffassung der zuständigen Behörde zu Lasten des Verursachers.

14. a) Wurde der Klinikbetrieb durch die erforderlich gewordenen Sanierungsarbeiten beeinträchtigt?

Die Arbeiten der Mängelbeseitigung stehen noch aus, da zuvor das Beweisverfahren durchgeführt werden soll.

14. b) Falls ja, in welchem Umfang?

Die Mängelbeseitigung soll abhängig von den durch das Beweisverfahren festgestellten Erfordernissen so vorgenommen werden, dass der Klinikbetrieb weitgehend nicht gestört wird.

14. c) Wann werden die erforderlich gewordenen Sanierungsarbeiten abgeschlossen sein?

Art und Umfang der Mängelbeseitigung steht zur Zeit noch nicht fest. Eine Zeitaussage ist daher noch nicht möglich.