Vormundschaften des Jugendamtes und die Betreuung in Hamburg

Mit der Übernahme einer Vormundschaft ist eine große Verantwortung für die anvertrauten Mündel verbunden. Durch das Haushaltskonsolidierungsprogramm des Senats findet auch in den Vormundschaftsabteilungen der bezirklichen Jugendämter eine Reduzierung von Planstellen statt.

Ich frage den Senat:

1. Wie viele Vormundschaftsfälle (Mündel) betreut ein Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin der bezirklichen Jugendämter im Durchschnitt (bitte aufteilen nach Beistandschaft und Sorgerechtsfällen)

a) im jeweiligen Bezirk?

b) in anderen Bezirksamtsbereichen?

c) außerhalb Hamburgs?

d) die mehr als 100 km entfernt wohnen?

Da Beistandschaften nur für den jeweiligen Bezirksamtsbereich geführt werden, erfolgen Angaben zur regionalen Aufteilung nur für die Vormundschaften und Sorgerechtspflegschaften. In den Jugendämtern werden die Aufgaben grundsätzlich im Rahmen der Einheitssachbearbeitung wahrgenommen. Das bedeutet, dass die Amtsvormünder/Beistände sowohl die Betreuung von Vormundschaften und Pflegschaften als auch die Führung von Beistandschaften wahrnehmen. In den Bezirksämtern Altona und Wandsbek gibt es für die Beistandschaften eine spezialisierte Sachbearbeitung, dadurch erklären sich die erhöhten Fallzahlen in der nachfolgenden Tabelle.

Im Bezirksamt Hamburg-Mitte beträgt die Fallzahl bei spezialisierten Vormündern für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge: 60; außerdem war dort eine Aufteilung nach regionalen Kriterien nicht möglich.

2. Wie häufig hat ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin im Durchschnitt Kontakt zu seinem bzw. ihrem Mündel? (Bitte entsprechend Frage 1 aufschlüsseln.)

Über die Anzahl der Kontakte wird keine Statistik geführt. Die Kontakte erfolgen anlass- und situationsbezogen.

3. a) Wie hat sich die Anzahl der Planstellen für Vormundschaftsfälle seit 1998 pro Jahr in den Jugendämtern entwickelt?

Die Stellenanteile im Bezirksamt Wandsbek waren länger als zwölf Monate nicht besetzt. Die anderen bewirtschafteten Planstellen waren nicht länger als sechs Monate nicht besetzt.

3. d) Welche weiteren Aufgaben sind den Planstellen, die sich umVormundschaftsfälle kümmern, zugeteilt und wie hoch wird der Aufwand für die Betreuung von Mündeln veranschlagt?

(Bitte aufschlüsseln nach den Bezirksämtern.)

Den Stellen sind regelmäßig bei einer Einheitssachbearbeitung (siehe zu 1.) folgende weitere Aufgaben zugewiesen: Beistandschaften, Sorgerechtspflegschaften, Daueramtshilfen,Vermögenspflegschaften, Rentenpflegschaften, Mitvormundschaften, Statuspflegschaften, Beratung und Unterstützung bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen nach §18 Absätze 1, 2 und 4 SGB VIII, Information, Beratung und Unterstützung vor und nach der Geburt (§ 52a SGB VIII), Maßnahmen nach dem Haager Minderjährigenschutzabkommen, Urkundstätigkeiten (mit/ohne Amtshilfen).

Der Aufwand für die persönliche Betreuung von Mündeln wird mit durchschnittlich 30 Prozent der Kapazität einer Stelle Amtsvormund/Beistand veranschlagt. Eine Aufschlüsselung für alle Bezirksämter liegt nicht vor.

4. Hält der Senat diesen Betreuungsschlüssel für ausreichend und weitere Stelleneinsparungen bzw. nicht wiederbesetzte Stellen für tragbar? Wenn nein, was wird der Senat gegen diesen Zustand unternehmen?

Unter Berücksichtigung der finanziellen Rahmenbedingungen der gegenwärtigen Haushaltskonsolidierung wird bezirksamtsübergreifend ein zuverlässiges Leistungsangebot gewährleistet. Ein genereller Handlungsbedarf ergibt sich nicht.

5. Haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bezirklichen Jugendämter die gleichen Qualifikationen? (Bitte aufschlüsseln nach Bezirksämtern.) Wenn ja, welche? Wenn nein, worin liegen die Gründe für unterschiedliche Mindestanforderungen?

Voraussetzung für die Übernahme der Aufgabe als Amtsvormund ist die Qualifikation zum gehobenen allgemeinen Verwaltungs- oder Sozialdienst. Die Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter erfüllen alle die Anforderungen des § 72 Absatz 1 SGB VIII.

7. Welche Kontrollen werden seitens Amtsvormünder bezogen auf

a) die Entwicklung der Mündel,

b) die Arbeit der Einrichtungen/Träger durchgeführt und in welchen zeitlichen Abständen? (Bitte nach Bezirksämtern aufschlüsseln.) Grundsätzlich wirkt der Amtsvormund kontrollierend durch seine persönlichen Kontakte zu seinem Mündel. Bei Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung wird der Schutz von Mündeln in Pflegestellen und Einrichtungen gemäß §§ 44 und 45 SGB VIII durch den Allgemeinen Sozialen Dienst bzw. die Heimaufsicht des Amtes für Jugend sichergestellt. Darüber hinaus wirkt der Amtsvormund bei der Erstellung und Überwachung des Hilfeplanes gemäß §§ 36 Absatz 2 und 37 SGB VIII mit. Die zeitlichen Abstände hierfür ergeben sich aus der Notwendigkeit im Einzelfall. Dies gilt für alle Bezirksämter gleichermaßen.

8. Wird dem Amtsvormund bei Fehlverhalten des Mündels, z.B.in der Schule (Wahrnehmung der Schulpflicht), in der Ausbildung oder Ähnlichem, Bericht erstattet? Wenn ja:

a) Wie sieht diese Berichterstattung aus?

b) Welche inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen werden an eine derartige Meldung gestellt?

Die Berichterstattung erfolgt zeitnah zum aktuellen Geschehen durch schriftliche, fernmündliche oder persönliche Berichte aus den Einrichtungen, Pflegestellen und/oder der Schule.Wenn geboten, werden adäquate Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Hilfeplanung bzw. -maßnahme unterbreitet.

8. c) Welche Konsequenzen kann der Vormund bei verfehlter, verspäteter oder falscher Berichterstattung ziehen?

Sofern im Einzelfall erforderlich, werden Gespräche mit der Einrichtung/dem Träger geführt und ggf. Kontakte zum Allgemeinen Sozialen Dienst aufgenommen.

8. d) Welche Konsequenzen kann der Vormund bei fehlerhaftem Verhalten des Mündels in puncto Schulpflicht ziehen?

Es werden Gespräche mit dem Mündel und ggf. den anderen Beteiligten (z.B. Eltern, Lehrer, Schülerhilfe, Schulpsychologen) geführt. Die Gründe für das Verhalten des Mündels werden analysiert und, wenn erforderlich, geeignete Maßnahmen eingeleitet.

9. Welche rechtlichen Möglichkeiten hat der Amtsvormund, auf die Arbeit eines Trägers oder die einer Pflegefamilie einzuwirken?

Gemäß § 27 SGB VIII ist derVormund als Personensorgeberechtigter Anspruchsberechtigter einer Hilfe zur Erziehung. Er wirkt danach im Rahmen der §§ 36 und 37 SGB VIII mit.

10. Wie häufig wurde in den vergangenen zwei Jahren aufgrund einer Intervention des Amtsvormundes die Trägerschaft oder die Pflegefamilie gewechselt?

Hierüber wird keine Statistik geführt.

11. Wie häufig ging in den vergangenen zwei Jahren die Amtsvormundschaft auf eine andere Person über, welche Gründe gibt es hierfür und wer kann diesen Übergang veranlassen bzw. durchsetzen?

Statistiken zur Fallzahl und den Gründen werden nicht geführt. Nach § 56 Absatz 4 SGB VIII hat das Jugendamt in der Regel jährlich zu prüfen, ob im Interesse des Kindes oder Jugendlichen seine Entlassung als Amtsvormund und die Bestellung einer Einzelperson oder eines Vereins angezeigt ist. Dies ist dem Vormundschaftsgericht mitzuteilen, das hierüber entscheidet. Das Mündel kann jederzeit Anträge zur Führung der Vormundschaft beim Vormundschaftsgericht stellen.

12. Teilt der Senat die Einschätzung, dass aufgrund der hohen Anzahl an Fällen und der weitgespannten Aufgaben eines Amtsvormundes nurmehr von einerVerwahrung und nicht von einer Betreuung gesprochen werden kann? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

Nein. Die Anzahl der Fälle eines Amtsvormundes ist kein entscheidendes Kriterium für eine sachgerechte Betreuung des Mündels im Einzelfall. Sie ist im Bedarfsfall gesichert, vgl. im Übrigen Antwort zu 4.

13. Gibt es in den einzelnen bezirklichen Jugendämtern verschiedene Aufgabenverteilungen bzw.Verantwortlichkeiten zwischen Vormundschaften, Beistandschaften oder Pflegschaften? Wenn ja, wie unterscheiden sich diese und welche inhaltliche Grundlage gibt es hierfür?

Ja. Vormund-, Beistand- und Pflegschaften werden regelmäßig im Rahmen der Einheitssachbearbeitung (siehe zu 1.) wahrgenommen. Im Bezirksamt Hamburg-Mitte, Altona und Wandsbek werden Vormundschaften für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge von dafür spezialisierten Amtsvormündern wahrgenommen.

14. Werden bei der Haltung von Hunden besondere Anforderungen an das Mündel gestellt?

Wenn ja:

a) Wer kommt für die Kosten wie Verpflegung, Tierarzt oder Steuern auf?

b) Wer kann minderjährigen Jugendlichen die Zustimmung für einen Hund und speziell für einen so genannten Kampfhund erteilen?

c) Ist dies dem Vormund des Jugendamtes mitzuteilen und hat dieser ein Vetorecht?

d) Wer haftet ggf. für Schäden, die ein Kampfhund verursacht?

Der Amtsvormund prüft, ob sein Mündel die für eine Tierhaltung erforderliche Reife besitzt. Bei Mündeln, die in einer Einrichtung oder Pflegestelle leben, hängt die Entscheidung über die Haltung eines Hundes von der Zustimmung der Einrichtung bzw. der Pflegestelle ab. Für die Kosten der Hundehaltung kommt grundsätzlich der Hundehalter auf. Für die Haltung von gefährlichen Hunden gilt auch für Mündel die Hundeverordnung vom 28. Juni 2000, nach der Minderjährige nicht die erforderliche Zuverlässigkeit für den Umgang mit gefährlichen Hunden besitzen.

15. a) Wie häufig wurden Amtsvormünder in Erziehungskonferenzen seit 1997 überstimmt und aus welchen Gründen? (Bitte nach Bezirksämtern aufschlüsseln.)

b) Welche Möglichkeiten haben die Amtsvormünder, wenn sie überstimmt werden?

c) Wie häufig ist es in den vergangenen Jahren zur Ausnutzung dieser Möglichkeiten gekommen?

Statistiken hierüber werden nicht geführt. Die Globalrichtlinie GR J 8/99 „Hilfen zur Erziehung und Rahmenplan" ist bei der Entscheidung über die Bewilligung oder Ablehnung einer Hilfe zur Erziehung zu beachten. Gegen den Verwaltungsakt kann der Amtsvormund Rechtsmittel einlegen.