Zehn Jahre Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer

Mit der Drucksache 16/3569 hat die Bürgerschaft den Senat ersucht, „in Zusammenarbeit mit den im Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer engagierten Naturschutzverbänden wie dem Verein Jordsand und WWF eine Konzeption für ein Informationszentrum zu entwickeln, zu prüfen, ob im Jahr 2000 für den Bau eines Informationszentrums für den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer auf der zu Hamburg-Mitte gehörenden Nordseeinsel Neuwerk Mittel bereitgestellt werden können und wie die Finanzierung für den späteren Betrieb und Unterhalt (Personalkosten) des Zentrums sichergestellt werden kann, und der Bürgerschaft bis zum 31. März 2000 über die Ergebnisse zu berichten."

2. Sachstand

Der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer stellt Hamburgs größtes und international bedeutendstes Schutzgebiet dar. Mit der Verabschiedung des Nationalparkgesetzes am 9. April 1990 hat Hamburg seinen Anteil an der Verantwortung zum umfassenden Schutz des weltweit einmaligen Ökosystems Wattenmeer wahrgenommen. Damit stellt der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer den am konsequentesten geschützten Bereich des gesamten Wattenmeeres dar. Gleichzeitig bietet er jedes Jahr für bis zu 120 000 Gäste Erholung und ein besonderes Naturerlebnis.

Mit Blick auf die Umsetzung naturschonender und nachhaltiger Wirtschaftsweisen in der Zone II und deren repräsentativen Charakter für die zukunftsfähige Entwicklung einer Wattenmeerlandschaft nahm die UNESCO den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer am 10. November 1992 als Biosphärenreservat in das Programm. Der Mensch und die Biosphäre („Man and the Biosphere", MAB) auf.

Der Senat hat zuletzt mit der Drucksache. 16/3971 vom 4. April 2000 die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. M. Schaal, W. Zuckerer, R. Vogel, J. Rocksien, W.-D. Scheurell (SPD) und Fraktion vom 6. März 2000 betreffend „Zehn Jahre Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer" beantwortet und der Bürgerschaft über den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer berichtet.

3. Angebote zu Naturerlebnis und Naturbildung im Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer

In den Sommermonaten besuchen täglich bis zu 2000

Menschen die Insel. Auf der Insel existieren etwa 250 Unterbringungsmöglichkeiten für Dauergäste (Pensionsbetten, Schullandheime, Übernachtungen im Stroh, Camper). Die Nationalparkverwaltung und der Verein Jordsand führen für die Gäste der Insel Neuwerk zu den Themen Umweltbildung und Naturerlebnis im Nationalpark ein umfangreiches Spektrum von Veranstaltungen durch. Auf besondere Nachfrage von Gruppen werden auch Einzelveranstaltungen zu Sonderthemen, insbesondere für Fortbildungsveranstaltungen oder Schulgruppen der Hamburger Schullandheime, auf Neuwerk angeboten. Die beiden Schullandheime „Neuwerk am Turm" und „Meereswoge" auf Neuwerk werden von zahlreichen Hamburger Schulen für Klassenfahrten genutzt. Von Seiten der Nationalparkverwaltung ist vorgesehen, die Zusammenarbeit mit der Inselschule von Neuwerk aufzunehmen, sobald in dieser wieder Kinder der Insel unterrichtet werden. Dieses ist in absehbarer Zeit erstmalig seit Bestehen des Nationalparks der Fall. zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 13./14./15. Dezember 1999

­ Einrichtung eines Informationszentrums für den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer ­

4. Konzeption für ein Informationszentrum für den Nationalpark

Der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer mit den Inseln Neuwerk, Scharhörn und Nigehörn gehört mit ca. 120 000 Gästen pro Jahr zu den sehr häufig besuchten Regionen an der deutschen Nordseeküste. Während die Inseln Nigehörn und Scharhörn von den Besuchern nicht betreten werden dürfen, wird die Insel Neuwerk als Zentrum des Nationalparks von Mitte März bis Mitte Oktober von einer Vielzahl von Erholungsgästen vom Festland her aufgesucht. Diese erreichen die Insel auf drei Wegen:

­ per Schiff von Cuxhaven,

­ zu Fuß über den ausgeprickten Wattenweg von Sahlenburg oder Duhnen,

­ mit dem Pferdewagen von Sahlenburg oder Duhnen.

Dieser starke Besucherandrang macht Informationen und Anregungen zum Schutz der Natur für die breite Öffentlichkeit unbedingt notwendig. Neben dem vorhandenen kleinen Verwaltungsstützpunkt benötigt der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer ein den Erfordernissen angemessenes Informations- und Veranstaltungszentrum (Nationalparkhaus), mit dessen Einrichtungen der notwendige Schutz der umgebenden Natur einsichtig und nachvollziehbar gemacht und zugleich das Informationsbedürfnis der interessierten Besucher unterstützt werden kann. Das z. Z. provisorische und bescheiden gehaltene Informationszentrum (gemeinsam unterhalten vom Verein Jordsand und der Nationalparkverwaltung) in der Vogtscheune auf der Turmwurt zählt auf einer Fläche von nur ca. 55 m2 z. Z. im Jahr bis zu 34 000 Besucher. Es ist den Erfordernissen an eine moderne Informations- und Bildungseinrichtung und deren räumliche Ausstattung schon lange nicht mehr gewachsen.

Dem außerordentlich großen Interesse der Besucher an der Natur im Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer auf Neuwerk soll durch die Errichtung eines ausreichend dimensionierten Nationalpark-Hauses mit Ausstellungsmöglichkeiten sowie Räumlichkeiten für verschiedene Gruppenveranstaltungen auf der Insel Neuwerk entsprochen werden.

Im Mittelpunkt des neuen Informationszentrums soll eine ständige Ausstellung in einem ca. 160 m² großen Ausstellungsraum stehen, die ausführlich zu den Themen (Hamburgisches) Wattenmeer, Neuwerk und Nationalpark-Idee informiert. Es soll ein didaktisches und methodisches Konzept auf dem neuesten Stand der Museums- und Ausstellungspädagogik und -gestaltung umgesetzt werden, das die Besucherinnen und Besucher die Inhalte erleben und entdecken lässt. Im Bereich der Ausstellungsräumlichkeiten sollen auch Vortrags- und andere Veranstaltungen durchgeführt werden. Die inhaltlichen Schwerpunkte der geplanten ständigen Ausstellung ergeben sich aus der Anlage.

Darüber hinaus soll für die vor Ort befindlichen Hamburger Schullandheime ein entsprechend ausgestatteter, ca. 60 m² großer Gruppenraum zur Förderung der naturkundlichen Bildungsarbeit und des Naturerlebnisses zur Verfügung gestellt werden. Die Räumlichkeiten können auch von der Inselschule für deren naturkundlichen Unterricht bereit gestellt werden. Zudem kann der Raum auch für Informationsveranstaltungen für Besucherinnen und Besucher des Informationszentrums genutzt werden.

Grunderwerbskosten:

Als Standort für das Informationszentrum ist ­ auch nach Rücksprache mit den Neuwerker Bürgerinnen und Bürgern ­ eine möglichst dichte Anbindung an die Turmwurt vorgesehen, ohne dass der bestehende Ensembleschutz berührt wird. Das favorisierte, direkt am Weg zur Turmwurt gelegene Grundstück (ca. 1000 m2) liegt westlich vom Friedhof der Namenlosen (Kirchhofswisch) in unmittelbarer Nähe der Neuwerker Fußwaschanlage. Es befindet sich im allgemeinen Grundvermögen der Stadt. Mittel für die Übertragung des Grundstücks in das Verwaltungsvermögen der Umweltbehörde stehen beim Titel 8600.821. „Grunderwerb für Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege" zur Verfügung. Das Grundstück ist bis zum 31. Oktober 2002 verpachtet und wird als Weide genutzt. Der derzeitige Pächter hat zugestimmt, den Pachtvertrag im gegenseitigen Einvernehmen aufzulösen, falls eine vorzeitige Inanspruchnahme des Grundstücks für den Bau eines Nationalparkhauses notwendig wird. Der Pächter stellt keine weiteren Ansprüche. Der Hamburg durch die Inanspruchnahme des Grundstücks entgehende Pachtzins beträgt 13,­ DM /Jahr.

Baukosten:

Nach der vorliegenden Planung kann unter Zurückstellung von Ausstattungsstandards ein ausreichend dimensioniertes Gebäude für die Aufgaben eines Nationalparkhauses für den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer errichtet werden. Die Baukosten von 1 835 000 DM werden im Rahmen der für den Einzelplan „Umweltbehörde" vorgegebenen Investitionsobergrenze finanziert und bei dem Titel 8800.742.09 „Bau eines Infozentrums für den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer" veranschlagt.

Als Grundstock der Ausstellung sollen zunächst die vorhandenen und bereits auf den aktuellen Stand gebrachten Exponate aus der derzeitigen kleinen Informationseinrichtung in das zu errichtende Nationalparkhaus überführt werden. Notwendige Ergänzungen und Aktualisierungen der Ausstellung sollen in den folgenden Jahren in Etappen erfolgen und aus dem Titel 8800.541.01 „Allgemeine Betriebsausgaben für den Naturschutz" finanziert werden.

Um die Ausstattungskosten so gering wie möglich zu halten soll im Arbeitsbereich für das Betreuungspersonal zunächst gebrauchtes Mobiliar aus dem Altbestand der Umweltbehörde zur Verfügung gestellt werden. Ersatzbeschaffungen erfolgen zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Titel 8800.541.01 „Allgemeine Betriebsausgaben für den Naturschutz", frühestens jedoch ab dem Jahr 2002.

Die veranschlagten Kosten sichern nach den derzeitigen Planungen noch nicht den Ausbau des Dachgeschosses, der für die Unterbringung des Betreuungspersonals vorgesehen ist. Eine Unterbringung des Personals ist deshalb zunächst in den vom Verein Jordsand genutzten Räumlichkeiten auf der Turmwurt vorgesehen. Die Umweltbehörde wird sich bemühen, den Ausbau des Dachgeschosses im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung ab dem Jahr 2002 sicherzustellen.

Dem dringenden Wunsch der Neuwerker Bürgerinnen und Bürger sowie des Bezirksamtes Hamburg-Mitte, für die Gäste eine öffentliche Toilettenanlage vorzuhalten, wird entsprochen. In den Baukosten in Höhe von 1 835 000 DM ist die Errichtung einer öffentlichen Toilettenanlage eingeschlossen. Grundlage dieser Daten ist eine Kostenschätzung nach den Richtwerten 1999 der Finanzbehörde für die Schätzung der Investitions-, Bewirtschaftungs- und Unterhaltungskosten von Gebäuden. Zuzüglich zu diesen geschätzten Kosten ist ein Zuschlag für die besondere Lage auf der Insel Neuwerk berücksichtigt worden (der Transport aller Baumaterialien vom Festland auf die Insel per Wattwagen oder Schiff sowie Tagegelder für Bauhandwerker verteuern die Baukosten erheblich). Die Toilettenanlage soll unter Ausnutzung wasser- und energiesparender Techniken errichtet werden.

Es wird angestrebt, langfristig den Betrieb der öffentlichen Toilettenanlage im Rahmen einer WC-KioskLösung (Öffentliche Toilettenanlage in Kombinatin mit Ladenbetrieb) gemäß dem Senatskonzept für öffentliche Toiletten zu realisieren. Die Kosten hierfür sind in den vorliegenden Kalkulationen noch nicht berücksichtigt worden.

Folgekosten:

Die jährlichen Bewirtschaftungs- und Unterhaltungskosten in Höhe von rund 56 TDM sollen aus dem Haushaltstitel 8800.541.01 „Allgemeine Betriebsausgaben für den Naturschutz" (Gesamtansatz 2001: 894 TDM) gedeckt werden. Die Betriebskosten für die Ver- und Entsorgung sowie Betriebsmittel der öffentlichen Toilettenanlage in Höhe von ca. 3 TDM werden von der Umweltbehörde als Träger des Informationszentrums getragen. Die Personalkosten für die Reinigung der WC-Anlage in Höhe von rd. 13 TDM sollen aus dem Haushaltstitel 8700.517.

(„Betriebskonto der öffentlichen Toiletten ­ Rahmenzuweisung an die Bezirke") gedeckt werden.

Das neue Informationszentrum soll von der Nationalparkverwaltung und dem Verein Jordsand betreut werden. Der Verein Jordsand betreut bereits jetzt eine kleine Informationseinrichtung vor Ort. Auf Grund des zukünftig zu erwartenden erheblich höheren und qualifizierteren Betreuungsaufwandes wird von der UB eine personelle Verstärkung für erforderlich gehalten.

Dazu soll der Verein Jordsand vom Jahr 2002 an höhere Zuwendungen als bisher erhalten, der Betrag soll von rd. 14 TDM um rund 50 TDM auf rund 64 TDM angehoben werden. Die Mittel sollen aus dem Haushaltstitel 8800.684.08 „Zuwendungen an die Naturschutzverbände", Gesamtansatz 2001: 290 TDM, bereit gestellt werden. Zur Unterbringung der hauptamtlichen Betreuungskraft ist im Nationalparkhaus im Obergeschoss eine ca. 66 m² große Wohnung vorgesehen.

6. Petitum:

Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle die Mitteilung des Senats zur Kenntnis nehmen.

Inhaltliche Schwerpunkte der Ständigen Ausstellung

­ Wattenmeer ­ weltweit einzigartige Naturlandschaft im Übergang von Land und Meer

· Gezeiten und ihre Entstehung,

· Die Phänomene der Gezeiten (Rippelmarken, Sandbänke, Priele),

· Gezeiten und Vorhersagen (z. B. Sturmflut),

· Einrichtung eines Pegelschreibers (aktueller Tideverlauf).

­ Historischer Exkurs zur Insel Neuwerk und dem Hamburgischen Wattenmeer

· Entstehung und Entwicklung der Küste an der ElbeMündung (Eiszeit, Altertum, Mittelalter, Neuzeit),

· Das Leben der Menschen auf Neuwerk in früherer Zeit,

· Bau des Wehrturms (Hamburgs ältestes Gebäude),

· Sturmfluten, historische Ereignisse,

· Küstenschutz (Deichbau und Dünenschutz, Lahungsarbeiten, Buhnen),

· Funktion und Wirkung der Neuwerker Hochwasserschutzanlagen,

· Entstehung und Entwicklung der Inseln Scharhörn und Nigehörn.

­ Fauna und Flora im Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer

· Vogelleben und Vogelstimmen im Nationalpark,

· Schaufenster ins Meer: die Unterwasserwelt der Priele,

· Lebendiges Riff: die Muschelbank.

­ Neuwerker „Gold"

· Bernstein im hamburgischen Wattenmeer,

· Schätze am Strand (Muschelschalen, Algen, Tintenfisch-Schulpe, Rocheneier).

­ Ökologische Zusammenhänge im Ökosystem Wattenmeer

· Vegetation der Vorländer und Salzwiesen und Dünen,

· Anpassungen von Pflanzen und Tieren an ihren Lebensraum,

· Alles ist miteinander verbunden: Nahrungsketten/-pyramiden/-netze im Wattenmeer,

· Drehscheibe Wattenmeer als internationales Nahrungs-, Rast- und Brutgebiet,

· Zugwege sowie Rast und Überwinterungsgebiete der Vögel,

· Das Wattenmeer: ein Baustein im weltweiten Ökosystemverbund.

­ Wirtschaftsraum im Wattenmeer

· Historisch gewachsene Nutzungen (z. B. Krabben-, Muschelfischerei) und ihre Auswirkungen,

· „Moderne" Nutzung des Wattenmeeres (Fremdenverkehr).

­ Eine Idee geht um die Welt: Nationalpark ­ Was ist das?

· Historie und Ziele von Nationalparken,

· Der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer und seine Entstehung,

­ von der Freivogelstätte Scharhörn zum Großschutzgebiet,

­ Private Naturschutz-Initiativen (Verein Jordsand),

· Die benachbarten Wattenmeer-Nationalparke.

­ Erlebnisraum Hamburgisches Wattenmeer

· Praktische Hilfen und Erklärungen,

· Gefahren im Watt (z. B. für Wattwanderer),

· Tipps für besondere Naturerlebnisse vor Ort.

­ Darstellungsmittel

· Schautafeln (teilweise bereits vorhanden),

· Besucher-interaktive Modelle und Dioramen (mit Knopfdruckbedienung, teilweise bereits vorhanden),

· Videofilme (teilweise bereits vorhanden,

· Aquarien,

· Hausbibliothek (für interessierte Leseratten, Praktikanten, Studenten).

­ Aktivitäten im und rund um das Nationalparkhaus

· Vorträge, Führungen,

· Praktika, Kurse, Seminare,

· Angebot für Unterrichtseinheiten in den schulischen Einrichtungen.

Anlagen zur Bürgerschaftsdrucksache 16/4512

Anlagen

1. Inhaltliche Schwerpunkte der ständigen Ausstellung im Informationszentrum,

2. Lage des Standorts auf der Insel Neuwerk,

3. Grundriss (Entwurf) für ein Informationszentrum.