Zukünftige Entwicklung der Trinkwasserversorgung in Hamburg

Auf Bundesebene sowie innerhalb der EU wird zur Zeit die Liberalisierung und Privatisierung der Wasserversorgung diskutiert.Von Befürwortern werden Wettbewerbsvorteile und günstige Trinkwasserpreise für den Verbraucher angeführt. Gegner warnen dagegen vor einer Gefährdung der Trinkwasserqualität, der Trinkwassereinsparungen sowie der sicheren Trinkwasserversorgung.

Da die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser eine Frage von existentieller Bedeutung ist, bedarf eine mögliche Aufhebung der Gebietsmonopole der Wasserversorgungsunternehmen einer gründlichen Prüfung. Wenn auch nur der kleinste Zweifel besteht, daß durch eine Deregulierung des Wassermarktes die hohe Qualität der Hamburger Wasserversorgung gefährdet ist, sollte davon Abstand genommen werden.

Auch die Hamburgische Bürgerschaft muss sich mit dieser wichtigen Frage auseinandersetzen.

Daher fragen wir den Senat.

Der Senat zielt mit seiner Politik darauf ab, die Hamburger Bevölkerung mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser zu versorgen, das ausschließlich aus Grundwasservorkommen durch natürliche Aufbereitungsverfahren gewonnen und in dasVersorgungsnetz abgegeben wird.Unter dem damaligen Eindruck einer sich möglicherweise öffnenden Schere zwischen Trinkwassernachfrage und gesichertem Grundwasserdargebot haben die Hamburger Wasserwerke GmbH (HWW) und der Senat im Jahr 1986 ein gemeinsames „Handlungskonzept zur dauerhaften Sicherung der Trinkwasserversorgung Hamburgs" entworfen. Es zielt darauf ab, einerseits die aktuellen wasserwirtschaftlichen Anforderungen einer Großstadt an die Wasserversorgung zu erfüllen und andererseits den Forderungen nach einer dauerhaften Sicherung der regionalen Ressourcen, dem Erhalt der hohen Grundwasserqualität sowie deren umweltverträglicher Bewirtschaftung nachzukommen. Hier wurden bereits sehr frühzeitig die Weichen für eine dauerhafte Ressourcenbewirtschaftung gestellt, sechs Jahre bevor in Rio de Janeiro über den Begriff „Nachhaltigkeit" diskutiert wurde.

Seit der Zusammenstellung des Handlungskonzeptes sind zahlreiche Maßnahmen in enger Zusammenarbeit vom Senat und von den HWW aufgegriffen und umgesetzt worden. Innerhalb des Konzeptes haben Maßnahmen zum Schutz, zur Sanierung und zur schonenden Bewirtschaftung der Grundwasservorkommen die Dargebotssituation verbessert. Zahlreiche Aktivitäten zur rationellen Trinkwasserverwendung führten zu einem rückläufigen Trink- und Grundwasserbedarf in Hamburg (vgl. Wasserversorgungsbericht für Hamburg 1996, Drucksache 15/4715).

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen ­ teilweise unter Beteiligung der HWW ­ wie folgt.

I. Versorgung mit Trinkwasser

Aus welchen einzelnen Gebieten, innerhalb und außerhalb Hamburgs, bezieht die Hamburger Bevölkerung zur Zeit ihr Trink- bzw. Grundwasser?

DieTrinkwasserversorgung Hamburgs und der durch die HWW mitversorgten Umlandgemeinden erfolgt zu 100 Prozent aus Grundwasservorkommen. Für die Wasserversorgung des Raumes Hamburg werden im wesentlichen vier Grundwassereinzugsgebiete in Anspruch genommen. Ihre Grenzen folgen in generalisierter Form dem Verlauf der Wasserscheiden zwischen den Oberflächengewässern Alster, Bille, Süderelbe und Wedeler Au und umfassen außerdem Teile der Einzugsgebiete von Este, Seeve und Luhe im Landkreis Harburg. Die Einzugsgebiete erstrecken sich auf die Länder Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Die gesamte Fläche der Einzugsgebiete beträgt etwa 2000 km2.

In diesem Raum betreiben die HWW insgesamt 19 Wasserwerke, davon 13 in Hamburg, vier in Schleswig-Holstein und zwei in Niedersachsen.Dabei hat das Wasserwerk Schierhorn in Niedersachsen keine Verbindung zum hamburgischenVersorgungsnetz. DieVerteilung desTrinkwassers erfolgt über ein etwa 5500 km langes Rohrnetz. Dieses Rohrnetz stellt einen Verbund der Wasserwerke untereinander her und erhöht somit die Versorgungssicherheit.

12. In welcher Höhe belaufen sich die derzeitigen Fördermengen der Wasserwerke außerhalb und innerhalb Hamburgs?

Die jährlichen Fördermengen der einzelnen Werke der HWW sind in der Tabelle 1 im Anhang aufgelistet (Zeitraum 1995 bis 1999).

13. Wie hoch liegen dabei die jährlichen Soll- und Istfördermengen der Hamburger Wasserwerke GmbH (HWW) im einzelnen (pro Wasserwerk) und in der Gesamtheit?

14. Wie weit wichen die tatsächlichen Fördermengen der letzten fünf Jahre (Unter- und Überschreitungen) von den vertraglich festgelegten Fördermengen außerhalb und innerhalb Hamburgs ab?

Für die Entnahme von Grundwasser für die öffentliche Trinkwasserversorgung werden zur Bedarfsdeckung auf Antrag der HWW wasserrechtliche Erlaubnisse oder Bewilligungen von den zuständigen Wasserbehörden für Zeiträume bis zu 30 Jahren erteilt (siehe Antwort zu I.11.). Die wasserrechtlichen Erlaubnisse stellen Obergrenzen für die Fördermengen dar, die nicht überschritten werden dürfen. Die tatsächlichen jährlichen Fördermengen ergeben sich innerhalb des gegebenen Rahmens aus der Verbrauchsnachfrage, aus temporären Aspekten zur Schonung der Ressourcen und aus den Anforderungen des Netzverbundsystems (siehe Tabelle 1 im Anhang). Die genehmigten Fördermengen beinhalten eine zehnprozentige Sicherheitsreserve.

Die tatsächlichen Fördermengen haben die wasserrechtlichen Genehmigungen in keinem Fall überschritten (siehe Tabelle 1a im Anhang). Die Wasserrechte für die Wasserwerke der HWW werden derzeit im Rahmen des Regionalen Entwicklungskonzeptes neu festgelegt und werden die bestehenden Erlaubnisse kurzfristig ersetzen.

15. In welcher Höhe belaufen sich die einzelnen Fördermengen aus privaten und gewerblichen Brunnen?

Für das Jahr 1998 betrug die Gesamtfördermenge der privaten Eigenförderer (Industrie, Gewerbe, Sonstige) 21,4 Millionen m3. Davon entfielen 18,25 Millionen m3 auf Eigenförderer, die mehr als 10 000

m3/Jahr fördern. Im Jahr 1999 betrug die Fördermenge der Eigenförderer mit mehr als 10 000 m3/Jahr 15,86 Millionen m3. Eine statistische Auswertung der Brunnen mit geringeren Fördermengen liegt für 1999 noch nicht vor, da sie alle zwei Jahre erfolgt.

16. Welchen Beitrag leisten sie zur allgemeinen Versorgung?

Bei den privaten Eigenförderern leisten lediglich die selbstversorgten Krankenhäuser einen Beitrag zur allgemeinen Versorgung (öffentliche Trinkwasserversorgung). Die Förderrate der Krankenhäuser lag 1998 bei rund 0,5 Millionen m3. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von unter 1 Prozent bezogen auf die Entnahmemenge der HWW in Hamburg.

17. Stehen den HWW Trinkwasserspeicherkapazitäten zur Verfügung? Wenn ja:Wo sind diese Speicher, und wie groß sind diese im einzelnen und in ihrer Gesamtheit?

Der Wasserverbrauch unterliegt im Verlauf eines Tages und einer Woche großen Schwankungen.

Wasserbehälter haben die Aufgabe, diese Schwankungen auszugleichen und damit einen gleichmäßigen Betrieb der Brunnen zu ermöglichen. Dadurch werden Druckschwankungen vermieden und der Energieverbrauch verringert. Die Trinkwasserbehälter besitzen eine Gesamtkapazität von derzeit 367 600 m3. Eine Auflistung der einzelnen Speicher mit Angaben über deren Volumina und Standorte ist aus Tabelle 2 im Anhang ersichtlich.

18. Wie lange ist eine „Normalversorgung" der Hamburger Bevölkerung mit diesen Kapazitäten möglich?

Die in den Wasserbehältern befindliche Trinkwassermenge entspricht ungefähr der durchschnittlichen Trinkwasserabgabe eines Tages im Versorgungsgebiet der HWW.

I. 19. Unter welchen Bedingungen und mit welchen Gefahrenstufen wird eine Sonderversorgung bzw. Notversorgung mit Trinkwasser notwendig, und wie ist sie organisiert?

Gemäß dem seit 1965 in Deutschland geltenden Wassersicherstellungsgesetz (WasSG) besteht in Hamburg eine von der öffentlichen Wasserversorgung unabhängige Notwasserversorgung, die im Verteidigungs- und Katastrophenfall Wasser für den menschlichen Gebrauch bereitstellt. Insgesamt stehen dazu rund 110 Brunnen über das Stadtgebiet verteilt zurVerfügung.Dabei handelt es sich vor allem um spezielle Notbrunnen auf Liegenschaften öffentlicher Einrichtungen.

10. Wann und mit welchen Vertragspartnern laufen Grundwasser-Lieferverträge aus?

11. Gibt es zur Zeit Verhandlungen über die künftige Versorgung der Hamburger Bevölkerung mit Trinkwasser bzw. Grundwasser? Wenn ja: Mit welchen Bundesländern bzw. Versorgungsunternehmen werden Verhandlungen geführt? Um welche Einzugsgebiete handelt es sich? Welche Fördermengen werden angestrebt?

Zum Bezug von Grundwasser gibt es keine Verträge oder Verhandlungen (im übrigen siehe Antworten zu I.3. und I.4.). Zur Förderung von Grundwasser aus den Fassungen der einzelnen Wasserwerke zum Zweck der öffentlichen Trinkwasserversorgung sind bei den jeweils zuständigen Wasserbehörden wasserrechtliche Bewilligungen bzw. Erlaubnisse zu beantragen. Über diese Anträge wird in der Regel in einem Wasserrechtsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß Wasserhaushaltsgesetz entschieden. Die Laufzeiten der Bescheide betragen bis zu 30 Jahren.

In bezug auf andere Bundesländer befinden sich die HWW in einem laufenden Wasserrechtsverfahren mit Schleswig-Holstein zum Wasserwerk (WW) Haseldorfer Marsch; beantragt sind 9,6 Millionen m3/Jahr. Neubeantragungen von wasserrechtlichen Bewilligungen für die WW Großhansdorf in Schleswig-Holstein sowie Nordheide in Niedersachsen befinden sich in der Vorbereitung.

12. Wie werden sich, den Prognosen nach, in Hamburg die Trinkwasserpreise mittelfristig entwickeln?

Der zur Zeit geltende Wasserpreis von 2,67 DM/m3 ohne Mehrwertsteuer ist seit 1996 konstant.Für das Jahr 2001 ist keine Preiserhöhung vorgesehen.Es ist Zielsetzung des Senats, die Entwicklung der Wasserpreise auf die Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten zu begrenzen.

II. Trinkwasserverbrauch und -einsparung

11. Wie hoch liegt der Trinkwasserverbrauch in seiner Gesamtheit sowie getrennt nach gewerblichen und privaten Kunden, und wie hat er sich in der Vergangenheit entwickelt?

Die HWW teilen ihre Kunden in die folgenden Gruppen ein: Großabnehmer Wasserverbrauch über 60 000 m3 im Jahr Haushalte/Kleingewerbe Wasserverbrauch unter 60 000 m3 im Jahr Weiterverteiler andere regionale Wasserversorger im Umland.

Eine getrennte Zuordnung der Verbräuche zu privaten und gewerblichen Kunden ist nicht möglich.

Der Trinkwasserverbrauch im gesamten Versorgungsgebiet der HWW betrug im Jahr 1999 121,5 Millionen m3, auf dem Gebiet der FHH 105,9 Millionen m3. Die Trinkwasserabgabe der HWW in ihrem Versorgungsgebiet, in Hamburg sowie die Verbrauchsentwicklungen der Kundengruppen in den letzten Jahren in Hamburg seit 1980 sind in Tabelle 3 im Anhang zusammengestellt.

Neben der öffentlichen Trinkwasserversorgung durch die HWW fördern private Gewerbe- und Industrieunternehmen Grundwasser für eine Eigenversorgung, für die sie über Grundwasserförderrechte verfügen. Diese privaten Eigenförderer werden in die Gesamtbetrachtung der Wasserverbrauchsmengen, die aus Grundwasservorkommen entnommen werden, mit einbezogen.

Seit 1980 konnte in Hamburg der jährliche Trinkwasserverbrauch der öffentlichen Trinkwasserversorgung durch die HWW und der Grundwasserverbrauch der privaten Eigenförderer trotz steigender Bevölkerungszahlen und wirtschaftlichen Aufschwungs bis 1998 insgesamt um 36 Prozent (1980: 198,2 Millionen m3/Jahr ­ 1998: 126,8 Millionen m3/Jahr gesenkt werden. Die Wasserbedarfe in den betroffenen Verbrauchergruppen entwickelten sich dabei sehr unterschiedlich, so dass eine differenzierte Darstellung angebracht ist.

Private Eigenförderung von Grundwasser

Bei den industriellen und gewerblichen privaten Eigenförderern ist in diesem Zeitraum eine Reduktion der Grundwasserentnahmemengen um 65 Prozent von jährlich 62,5 Millionen m3 im Jahr 1980 auf 21,4 Millionen m3 im Jahr 1998 zu verzeichnen.

Während 1980 noch 59 Prozent der von privaten Eigenförderern entnommenen Grundwassermenge aus Tiefbrunnen stammte (37,1 Millionen m3), betrug ihr Anteil 1998 an der insgesamt erheblich kleineren Fördermenge nur noch 45 Prozent des geförderten Grundwassers (9,8 Millionen m3). Öffentliche Trinkwasserversorgung durch die HWW

Die HWW verzeichneten bei der jährlichen Trinkwasserabgabemenge in Hamburg (ohne HWW-Eigenbedarf) zwischen 1980 (132,6 Millionen m3) und 1999 (105,9 Millionen m3) einen Rückgang von 26,7 Millionen m3/Jahr, entsprechend 20 Prozent. Der Trinkwasserbedarf wird durch die spezifischen Verbrauchsstrukturen der Kundengruppen bestimmt.

Öffentliche Einrichtungen DerTrinkwasserverbrauch in öffentlichen Gebäuden und Anlagen verringerte sich im Zeitraum von 1980 bis Ende 1994 um 28 Prozent von 7,7 Millionen m3 auf 5,6 Millionen m3. Der abrupte Abnahmerück3