Unseriöse Leiharbeitsfirmen

Einem Bericht des „Stern" vom 17. August 2000 ist folgendes zu entnehmen: Der siebenundvierzigjährige Eduard Teske leidet an schweren Vergiftungen, die er sich bei der Arbeit für die Leiharbeitsfirma „Hanseatisches Personal Kontor GmbH" (HaPeKo) zugezogen hat. Die Leiharbeitsfirma setzte ihn 1999 bei der Firma „Industriereinigung Multiplex GmbH & Co. KG" ein; diese wiederum war von einer „HEW-Tochtergesellschaft" beauftragt worden, im Kessel der Müllverbrennungsanlage der HEW heiße und stark mit Giftstoffen belastete Schlacke von der Innenverkleidung des Kessels abzuschlagen.

Eduard Teske arbeitete für einen Stundenlohn von 10,20 DM brutto und war dabei ohne ausreichenden Schutz durch entsprechende Kleidung und Atemschutzmaske toxischem Staub ausgesetzt. Als er daraufhin erkrankte, zwang ihn die Leiharbeitsfirma unter Androhung der Kündigung trotz seiner akuten Erkrankung, dort weiterzuarbeiten. Für drei Monate Arbeit erhielt Teske insgesamt 5000 DM brutto. Heute prozessiert er gegen HaPeKo, weil die Leiharbeitsfirma Überstunden und andere Leistungen nicht korrekt abgerechnet hat. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen HaPeKo und Multiplex wegen des Verdachts der Körperverletzung und der Nötigung. Das Landesarbeitsamt Nord hat HaPeKo wegen „rücksichtsloser und ausbeuterischer" Geschäftspraktiken die Lizenz entzogen.

Der Senat beantwortet die Fragen, zum Teil auf Grundlage einer Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Nord, wie folgt.

1. Um welche „HEW-Tochtergesellschaft" handelt es sich im vorliegenden Fall?

Es handelt sich um die MVR Müllverwertung Rugenberger Damm GmbH & Co. KG.

2. Welche Kontrolle der Seriosität von Leiharbeitsfirmen, die von Hamburger Behörden, Hamburger öffentlichen Unternehmen und Anstalten und derenTochtergesellschaften beauftragt werden, gibt es?

Zuständige Behörde für die Erteilung der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ist gemäß § 17 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ­ AÜG ­) die Bundesanstalt für Arbeit, die diese Aufgabe den Landesarbeitsämtern am jeweiligen Geschäftssitz des Antragstellers übertragen hat.

Die Erlaubnis wird erst nach eingehender Prüfung der Zuverlässigkeit des Antragstellers erteilt. Im Antragsverfahren hat der Antragsteller jeweils Unbedenklichkeitsbescheinigungen einer Krankenkasse, des zukünftigen Unfallversicherungsträgers und des zuständigen Finanzamtes vorzulegen sowie seine Zuverlässigkeit durch Vorlage eines Führungszeugnisses und eines Auszuges aus dem Gewerbezentralregister nachzuweisen. Ferner hat der Antragsteller eine Erklärung darüber abzugeben, über welche Grundkenntnisse er in arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht verfügt und wie er diese erworben hat.

Der Antragsteller wird vom Landesarbeitsamt im Rahmen des § 7 Absatz 2 und Absatz 3 AÜG durch Auskunftsersuchen und durch eine grundsätzlich einmal jährlich vor Ort stattfindende Prüfung der Geschäftsunterlagen überwacht. Wegen der besonderen Risiken, die in der Zeitarbeitsbranche auftreten, hat der Gesetzgeber im übrigen speziell vorgeschrieben, dass in den ersten drei Jahren der Geschäftstätigkeit die Erlaubnis nur jeweils befristet für ein Jahr und erst nach Ablauf von drei Jahren eine unbefristete Verlängerung erteilt werden darf. Vor der Verlängerung der Erlaubnis hat der Antrag steller erneut die oben genannten Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorzulegen. Wenn sich im Rahmen der Prüfung oder z. B. durch konkrete Beschwerden von Leiharbeitnehmern Anhaltspunkte für einschlägigeVerstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen ergeben haben, werden vom Landesarbeitsamt regelmäßig die Gewerbeaufsichtsämter und das Amt für Arbeitsschutz eingeschaltet.

3. Nach welchen Kriterien werden Aufträge an Leiharbeitsfirmen von Hamburger Behörden und öffentlichen Unternehmen/Anstalten und deren Tochterunternehmen vergeben, und welche Rolle spielt dabei die Gewährleistung des Arbeitsschutzes für die dort Beschäftigten?

Für die Vergabe von Aufträgen an Leiharbeitsfirmen bestehen keine besonderen Regelungen. Es kann davon ausgegangen werden, dass Unternehmen, denen eine entsprechende Erlaubnis erteilt wurde, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften gewährleisten (vgl. Antwort zu 2.).

4. a) Beabsichtigt der Senat nach Bekanntwerden des o.g. Vorfalls, der nach Meinung von Experten kein Einzelfall im Leiharbeitsgewerbe ist, Maßnahmen zu treffen, mit denen sichergestellt werden kann, dass Leiharbeiter/innen, die im Auftrag der FHH, der öffentlichen Unternehmen und ihrer Tochtergesellschaften eingesetzt werden, vor den oben beschriebenen Praktiken geschützt sind?

b) Wenn ja, um welche Maßnahmen handelt es sich?

c) Wenn nein, warum nicht?

Nein. Im übrigen siehe Antworten zu 2. und zu 3.

5. a) Welche Hamburger Stellen sind zuständig für die Kontrolle der in Hamburg ansässigen und tätigen Leiharbeitsfirmen hinsichtlich des Einhaltens arbeitsrechtlicher und der Arbeitsschutzbestimmungen?

b) Wie sind diese Stellen personell und finanziell ausgestattet?

Das Amt für Arbeitsschutz kontrolliert die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen in den Hamburger Unternehmen, so auch bei Leiharbeitsfirmen.Im Rahmen von Betriebsbesichtigungen werden auch die Bedingungen für den Einsatz von Leiharbeitnehmern geprüft. Die auf die Kontrolltätigkeit im Zusammenhang mit Leiharbeitsfirmen entfallenden Anteile der eingesetzten personellen und sächlichen Ressourcen werden nicht gesondert erfaßt.

Im übrigen siehe Antwort zu 2.