Kamera- und Videoüberwachung in Hamburg

Immer häufiger kommen Kameras zur Überwachung privater und öffentlicher Räume zum Einsatz. Dabei steht häufig das Argument im Vordergrund, dass die Aufrüstung mit Überwachungskameras zu mehr Sicherheit führe.

Die Thematik der Kamera- bzw. Videoüberwachung ist bereits mehrfach Inhalt von bürgerschaftlichen Ersuchen bzw. Kleinen Anfragen gewesen. Überwiegend handelte es sich um Fragen der Videoüberwachung im öffentlichen Raum, siehe hierzu Drucksachen:

­ 15/5021 vom 08. 03. 1996 „Videoüberwachung des Hauptbahnhofumfeldes durch die Polizei"

­ 16/316 vom 30. 01. 1998 „Installierung von Videokameras im öffentlichen Raum an Kriminalitätsschwerpunkten"

­ 16/779 vom 29. 04. 1998 „Videoüberwachung im öffentlichen Raum"

­ 16/1710 vom 20. 11. 1998 „Videoüberwachung im öffentlichen Raum (CDU-Antrag)"

­ 16/2121 vom 23. 02. 1999 „Videoüberwachung in einem Hamburger Neubaugebiet"

­ 16/4497 vom 11. 07. 2000 „Videoüberwachung auf unbesetzten U-Bahnhöfen der Hamburger Hochbahn Aktiengesellschaft".

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Wie beurteilt der Senat den zu beobachtenden verstärkten Einsatz von Kamera- und Videoüberwachungsanlagen?

2. Wie bewertet der Senat den Einsatz von Kamera- und Videoüberwachungsanlagen mit Blick auf die individuellen Persönlichkeitsrechte?

3. Welche Bedeutung sieht der Senat in der Kamera- und Videoüberwachung für die Verbrechensbekämpfung?

Der Senat hat in derVergangenheit die Nutzung vonVideokameras im öffentlichen Raum durch die Polizei ­ bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen ­ in Einzelfällen als sinnvolle Ergänzung präventiver und repressiver polizeilicher Maßnahmen bewertet (vgl. Drucksache 16/316).

Der wirkungsvolle Einsatz vonVideotechnik an Kriminalitätsbrennpunkten erfordert ein den jeweils spezifischen Gegebenheiten Rechnung tragendes Gesamtkonzept.Erforderlich ist unter anderem die ständige Kontrolle der laufenden Aufnahmen und der begleitende Einsatz durch Polizeibeamte. Der damit verbundene erhebliche Aufwand setzt einen schwerwiegenden dauerhaften Kriminalitätsbrennpunkt voraus. Vor diesem Hintergrund ist derzeit eine erweiterte Videoüberwachung nicht vorgesehen.

4. Läßt sich ein Zusammenhang zwischen Einsatz von Kamera- und Videoüberwachung und einem Rückgang von Straftaten (welcher Art) wissenschaftlich gesichert nachweisen?

Wenn ja, auf welche Erkenntnisse stützt sich die Aussage des Senats?

Hierzu liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor.

5. Häufig wird in den Medien berichtet, dass das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen durch Kameraüberwachung steige:Wie beurteilt der Senat dieses Argument vor dem Hintergrund, dass die Kameras Verbrechen nicht wirklich verhindern können?

Kamera- oder Videoüberwachungsmaßnahmen können zur Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Menschen beitragen.

Der sichtbaren Präsenz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bzw. von Sicherheitspersonal ist der Vorrang einzuräumen. Ihr Einsatz wird grundsätzlich als flexibler und bürgerfreundlicher bewertet, da sich insbesondere bilaterale Kontaktmöglichkeiten zwischen den eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Bürgerinnen und Bürgern ergeben können.

6. Wie viele Kameras an welchen (öffentlichen) Standorten werden in Hamburg von der Polizei oder im Auftrag der Polizei zu jeweils welchen Zwecken betrieben?

Die Polizei Hamburg verfügt derzeit über 47 Kameras, die der Verkehrsbeobachtung dienen und deren Bilder in die Verkehrsleitzentrale übermittelt werden.

Diese Kameras werden an folgenden (öffentlichen) Standorten betrieben: Niendorfer Marktplatz, Siemersplatz, Rentzelbrücke, Theodor-Heuss-Platz, Kennedybrücke/Warburgstraße, Stephansplatz, Johannes-Brahms-Platz, Hamburger Straße/Winterhuder Weg (Mundsburg), Sechslingspforte/An der Alster, Kennedybrücke/An der Alster, Ferdinandstor/Lombardsbrücke, Esplanade/Neuer Jungfernstieg, Bramfelder Straße/Habichtstraße, Wandsbeker Marktstraße/Hammer Straße, Wandsbeker Marktstraße/Wandsbeker Allee, Wartenau/Landwehr, Lübecker Straße/ Sechslingspforte, Billhorner Brückenstraße, Anckelmannsplatz, Anckelmannsplatz/Wallstraße, Lindenplatz/Spaldingstraße, Deichtorplatz, Ost-West-Straße/Domstraße, Ludwig-Erhard-Straße, Kieler Straße/Sportplatzring/Anschlußstelle Stellingen (A7), Eimsbütteler Markt, Fruchtallee/Doormannsweg, Stresemannstraße/Kieler Straße, Stresemannstraße/Max-Brauer-Allee, Neuer Pferdemarkt, Deelböge, Mönckebergstraße, Jungfernstieg, Steintorplatz, Wallringtunnel (vier Kameras), Hannoversche Straße/Buxtehuder Straße, BAB A1: Autobahnkreuz Hamburg-Ost, BAB A1: Anschlußstelle Billstedt, BAB A1: Autobahnkreuz Hamburg-Süd, BAB A7: Anschlußstelle Schnelsen, BAB A7: Anschlußstelle Bahrenfeld, BAB A7: Elbtunnel, BAB A7: Anschlußstelle Waltershof/Köhlbrandbrücke, BAB A7: Anschlußstelle Heimfeld.

Über die Verkehrsbeobachtung hinaus können die Kameras anlaßbezogen (z.B. bei Versammlungen bzw.Aufzügen oder schwerenVerkehrsunfällen) durch die Polizeieinsatzzentrale, den Führungsstab der Polizei und die Einsatzstäbe der Polizeidirektionen zum Zwecke eines Lageüberblickes sowie durch den Stab des Zentralen Katastrophenschutzdienstes genutzt werden.

Bei besonderen Anlässen besteht für den Führungsstab der Polizei die Möglichkeit, vorübergehend Videokameras lagebedingt an zusätzlichen Standorten zu installieren, deren Bilder zum Zwecke eines Lageüberblickes in die Befehlsstelle der Polizei übertragen werden. Das gilt auch für den Einsatz der Polizeihubschrauber zur Übermittlung von Bildern.

Im Volksparkstadion befinden sich zur Zeit sechs Kameras, deren Bilder bei Sportveranstaltungen im Stadion (z.B. Fußballspiele) oder Konzerten in die Befehlsstellen übertragen werden können.

In der Tunnelbetriebszentrale des Elbtunnels (TBZ) sind 55 Kameras der Polizei und Baubehörde zum Zwecke der Verkehrsbeobachtung installiert.

Weitere Kameras sind zur Sicherung von Dienstgebäuden der Polizei installiert.

7. Welche dieser Kameras sind technisch für eine Aufzeichnung eingerichtet?

Die Kameras der Tunnelbetriebszentrale des Elbtunnels sind technisch für eine Aufzeichnung eingerichtet.

Die anderen in der Antwort zur Frage 6 genannten Kameras sind technisch nicht für eine Aufzeichnung eingerichtet.

8. An welchen Kamerastandorten wird grundsätzlich aufgezeichnet, und wie lange werden die Bänder aufgehoben?

Die Kameras der Tunnelbetriebszentrale des Elbtunnels zeichnen bei Auslösung der Höhenkontrolle automatisch auf und werden nach der Auswertung sofort wieder gelöscht.

9. An welchen Standorten will die Hamburger Polizei in Zukunft weitere Überwachungskameras zu welchen Zwecken installieren?

Die Polizei plant die Installation von zwei weiteren Kameras zum Zwecke der Verkehrsbeobachtung an den Standorten Krohnstieg/Niendorfer Straße und Alsterkrugchaussee/Zeppelinstraße sowie vier weiteren Kameras auf den Zuwegungen zwischen Volksparkstadion und dem S-Bahnhof Stellingen.

10. Betreibt der BGS in Hamburg eigene Kameras? Wenn ja, an welchen Orten zu welchem Zweck?

Die Bundesgrenzschutzinspektion (BGSI) Flughafen Hamburg (HHF) betreibt auf dem Hamburger Flughafen insgesamt 53 Kameras. Sie dienen der Überwachung des Vorfeldes und der Personen und Gepäck-Kontrollstellen. Ihr Einsatz richtet sich nach § 29c Absatz 1 Luftverkehrs-Gesetz (LuftVG).

11. Aus welchen Gründen können der BGS und die Polizei Zugriff auf die Kameraüberwachung im Bereich der S- und U-Bahnen erhalten, und wie oft haben Polizei und BGS (jeweils getrennt anführen) Kameraeinrichtungen der U- und S-Bahn seit 1998 zu welchen Zwecken genutzt?

Ein Zugriff auf die Kameraüberwachung der U- und S-Bahn durch die Polizei Hamburg ist im Rahmen der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung möglich.

Die Polizei Hamburg hat die Kameraeinrichtungen der U- und S-Bahnen lediglich in Einzelfällen zum Zwecke der Überführung und Festnahme von Straftätern, z. B. Drogendealern, genutzt.

Die BGSI Hamburg nutzt die Kameraüberwachung der Bahnsteige 1 und 2 des Hamburger Hauptbahnhofes, die dem S-Bahn-Betrieb dienen, wenn der Verdacht einer Straftat besteht.

Eine Statistik über die Anzahl dieser Fälle wird weder bei der Polizei Hamburg noch bei der BGSI Hamburg geführt.

Darüber hinaus besteht für Strafermittlungsbehörden im Rahmen konkreter Strafermittlungsverfahren grundsätzlich die Möglichkeit, öffentliche und private Kamera- bzw.Videoaufzeichnungen zum Zwecke der Beweisführung nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung sicherzustellen bzw. zu beschlagnahmen und für das Verfahren auszuwerten.

In diesem Rahmen hat die für Hamburg zuständige BGSIVerbrechensbekämpfung 1998 und 1999 keinund in 2000 bisher vierzehnmal auf im Bereich der Hamburger U- und S-Bahnen aufgezeichnetes Bildmaterial zurückgegriffen.

Die Polizei Hamburg führt über entsprechende Sicherstellungen bzw. Beschlagnahmen keine Statistik.

Die Beantwortung dieses Aspektes würde daher die Durchsicht einer Vielzahl von Ermittlungsakten erfordern. Dies ist im Rahmen der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar.

12. Wie viele Kameras werden a) von der Deutschen Bundesbahn im S-Bahn-Bereich und b) von der Hochbahn im U-Bahn-Bereich eingesetzt?

a) Im zentralen Zugabfertigungsbereich der S-Bahn sind 650 Fixkameras sowie im Servicebereich weitere 374 Videokameras eingesetzt.

b) Bei der U-Bahn sind zur Zeit ca. 950 Kameras auf den Bahnsteigen sowie im Bereich der Schalterhallen im Einsatz.

13. Von welchen dieser Kameras werden grundsätzlich Aufzeichnungen gemacht, wo werden diese Aufnahmen gemacht, und wie lange dürfen diese Aufzeichnungen längstens aufbewahrt werden?

Grundsätzlich werden von den durch die BGSI Hamburg eingesetzten Kameras (vgl. zu 10.) keine Aufzeichnungen gemacht. Es besteht aber die Möglichkeit, sogenannte Langzeitaufnahmen anzufertigen, die der einsatztaktischen Bewertung dienen und nach einer Aufnahmezeit von 72 Stunden automatisch überspielt werden.

Von den Zugabfertigungskameras der S-Bahn werden alle Zugabfertigungen aufgezeichnet. Die Aufzeichnungen werden je nach Technik (Bandaufzeichnung oder digital) fünf bis sieben Tage aufbewahrt.

Von den Servicekameras können im Bedarfsfall Aufzeichnungen vorgenommen werden. Automatisch werden Aufbrüche von Fahrausweisautomaten aufgenommen. Die Aufbewahrungsfrist beträgt maximal sechs Monate.

Die im Bereich der U-Bahn eingesetzten Kameras zeichnen grundsätzlich nicht auf.Im Bedarfsfall kann aber auch hier eine Aufzeichnung erfolgen, z.B.zur Sicherheit des Fahrgastbetriebes bzw.bei dem Verdacht von Straftaten. Die Aufzeichnungen werden nach drei Monaten gelöscht.

14. Werden in Hamburg im Bereich der Polizei, des BGS, der U-Bahn oder der S-Bahn Projekte betrieben bzw.geplant, deren Ziel die Identifikation von Personen anhand von Videoaufzeichnungen ist? Wenn ja, welche Projekte sind das, welche Unternehmen sind daran beteiligt, in wessen Zuständigkeit fallen diese, und wie hoch sind jeweils die Kosten?

Die Polizei Hamburg führt ­ wie andere Länderpolizeien auch ­ derzeit ein Pilotprojekt zur Aufschaltung von Videoanlagen in Geldinstituten bei entsprechender Alarmierung auf die Polizeieinsatzzentrale durch. Ziel ist es, bei einem Überfall einsatzrelevante Informationen und konkrete Fahndungshinweise zu erhalten.

Es wird aus polizeitaktischen Gründen von der Benennung der beteiligten Institute abgesehen. Kosten entstehen hierbei für die Polizei Hamburg nicht.

Im Zuständigkeitsbereich des Bundesgrenzschutzes gibt es keine entsprechenden Projekte.

Die Kameras in den Haltestellen der U-Bahnen sind ein wesentlicher Baustein des Sicherheitskonzeptes der HHA und tragen insbesondere dazu bei, das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste zu erhöhen.

Die HHA beabsichtigt nicht, Videoaufzeichnungen mit dem Ziel durchzuführen, Personen zu identifizieren.Es ist aber geplant, die Kamerabilder der Haltestellen ständig in einem elektronischen Ringspeicher zwischenzuspeichern, der innerhalb von 24 Stunden automatisch überschrieben wird. Nur bei gemeldeten Vorfällen oder Vandalismus ist beabsichtigt, diese Aufzeichnungen zu sichern und auf Anfrage an die Ermittlungsbehörde weiterzuleiten. Die Kosten für dieses Projekt belaufen sich auf ca. 1,5 Millionen DM.

Zur Zeit laufen darüber hinaus erfolgreich Erprobungen mit Kameras in zwei U-Bahn-Zügen. Auch hier ist eine Sicherung von Aufzeichnungen nur bei Bedarf geplant.

Beide Vorhaben sind mit dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten in allen Einzelheiten abgestimmt.

In welchen Hamburger Wohnsiedlungen sind derzeit Kameras zu welchen Zwecken und an welchen Standorten installiert, und wer betreibt diese?

Außer den benannten Standorten liegen derzeit keine weiteren Erkenntnisse vor.