Handelsrecht

So lange ein akuter Bedarf nicht vorliegt, ist der Zuwendungsempfänger lediglich berechtigt, diesen Betrag als Forderung gegenüber dem Zuwendungsgeber in der Bilanz auszuweisen.

Eine Überleitungsrechnung, mit der aus der Berechnung des Fehlbedarfs nach der doppelten kaufmännischen Buchführung die nicht zahlungswirksamen Beträge gleichsam herausgefiltert werden, um die reinen Einnahmen und Ausgaben nach der Kameralistik zu bestimmen, ist auf dieser Stufe der Berechnung des Zuwendungsbetrages, der im Zuwendungsbescheid ausgewiesen wird, mithin nicht erforderlich. Sie hat nur Bedeutung dafür, die Höhe der Mittel absehen zu können, die in dem Haushaltsjahr aufgrund des Bescheides voraussichtlich an das Unternehmen fließen werden.

In den Zuwendungsbescheiden wurde indes über Jahre eine Überleitungsrechnung angestellt, um den Zuwendungsbetrag für die Bewilligung zu fixieren. Dabei wurden Überleitungsrechnungen teils von der HAB, den Wirtschaftsprüfern sowie dem Zuwendungsreferat und der Betriebswirtschaftlichen Abteilung erstellt. Sie hatten zum Teil unterschiedliche Systematiken und Inhalte und führten zu unterschiedlichen Ergebnissen. Eine Entscheidung darüber, nach welchem System bzw. Schema eine Überleitungsrechnung erfolgen sollte, damit sie für die Zuwendungsberechnung anerkannt werden kann, erfolgte aber nicht. Vor allem erfolgte auch keine Regelung in den Zuwendungsbescheiden darüber, ob nicht der nach den Grundsätzen der doppelten kaufmännischen Buchführung ermittelte Fehlbetrag, also der sogenannte handelsrechtliche Fehlbetrag, auch für die Zuwendungsbewilligung heranzuziehen ist. Dies wäre insofern naheliegend gewesen, weil auch die Bürgerschaft auf dieser Basis den Haushaltsansatz nach den vorgelegten Wirtschaftsplänen der Beschäftigungsgesellschaften bemessen hatte. Soweit in der Folge dieser Handhabung von den Grundsätzen der Verwaltungsvorschriften zu §§ 23 und 44 LHO abgewichen wird, kann die BAGS die entsprechenden Ausnahmen zulassen. Soweit sie als Bewilligungsbehörde dazu ermächtigt ist, kann sie diese Ausnahmeregelungen selbst treffen, sonst im Einvernehmen mit der Finanzbehörde. Nach Auskunft des Senats galt die Zustimmung der Finanzbehörde hierzu als erteilt, wenn der Wirtschaftsplan, der die Veranschlagung im Haushaltsplan zugrunde lag, die kalkulatorischen Elemente wie Abschreibungen o.ä. vorsah und die Haushaltsmittel (Kassenmittel und VE) entsprechend bemessen wurden, wie es bezogen auf die HAB und HWB der Fall war. Nach Aussage der Zeugin Matalla hat die Finanzbehörde mit den der Bürgerschaft vorgelegten Haushaltsplänen und Wirtschaftsplänen zugelassen, dass in Höhe der reinvestierten Mittel Abschreibungen anerkannt werden. Ungebundene AfA hingegen seien durch diese Vorlage auch weiter nicht zuwendungsfähig. Dies hatte Frau Matalla, stellvertretende Referatsleiterin in der Finanzbehörde im Amt 2 (Haushalt und Aufgabenplanung), bereits entsprechend in ihrer Stellungnahme an die Arbeitsgruppe HAB in der BAGS vom 27. März 1998 ausgeführt. Da diese klare Regelung im Zuwendungsbescheid zur zuwendungsrechtlichen Behandlung der beiden Beschäftigungsgesellschaften nicht getroffen wurde, klafften die von den Beschäftigungsgesellschaften gegenüber der BAGS bilanzierten Forderungen und die von der BAGS anerkannten ­ noch nicht ausgezahlten ­ Zuwendungsbeträge auseinander. Für den Jahresabschluss 1994 wurde zwar im August 1995 eine Einigung über einen bestimmten Forderungsbetrag erzielt, eine Entscheidung der prinzipiellen Frage der Anerkennung des handelsrechtlichen Fehlbetrages in Zuwendungsbescheiden aber nicht. Für den Jahresabschluss 1995 wurden zwar im August 1996 im Landessozialamt Gespräche unter Beteiligung der Wirtschaftsprüfer zu diesem Punkt geführt, die Bescheide entsprachen aber nicht den Resultaten der Erörterung.

Damit es nicht zu einer Abforderung von Beträgen kommt, ohne dass ein akuter Liquiditätsbedarf beim Zuwendungsempfänger besteht, muss auf der dritten Stufe, die Auszahlung der Zuwendung so vorgenommen werden, dass nur die zahlungswirksamen Aufwendungen, die durch Bescheid anerkannt wurden, ausgezahlt werden. Nach der Regelung in VV Nr. 7.2 zu § 44 LHO dürfen nämlich Zuwendungen nur insoweit und nicht eher ausgezahlt werden, als sie für fällige Zahlungen im Rahmen des Zuwendungszwecks benötigt werden. Bei den Beschäftigungsgesellschaften wurden diese Intervalle wegen der hohen Beträge in der Praxis sogar auf zwei Wochen verkürzt. Die Anforderung jedes Teilbetrages muss die zur Beurteilung des Mittelbedarfs erforderlichen Angaben enthalten (Nr. 1.5 Satz 2 ANBest-I). Bei einer korrekten Handhabung dieses Verfahrens entstehen auch keine unnötigen Zinsaufwendungen für den Haushalt der FHH, da die nicht akut von dem Zuwendungsempfänger benötigten Beträge von nicht zur Auszahlung gelangen, sondern nur in der Form von Forderungen gegenüber der Zuwendungsgeberin bestehen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die grundlegenden Entscheidungen für die rechtlich mögliche Harmonisierung des Zuwendungsrechts mit den sich aus dem Handelsrecht ergebenden Besonderheiten im Einzelfall in dem hier in den Blick genommenen Zeitraum bis zum Zuständigkeitswechsel zum Amt AO bezogen auf die HAB und die HWB auf der Ebene der Zuwendungsbewilligung nicht konsequent herbeigeführt bzw. schlüssig in Bescheide umgesetzt wurden, obwohl alle zuständigen Ämter/Abteilungen beteiligt waren. Die „Hilferufe" auf Sachbearbeiterebene ­ für die Probleme aufgrund ausstehender Entscheidungen keine Verantwortung mehr übernehmen zu können ­ sind im Ergebnis unbeantwortet geblieben.

Dass erforderliche Entscheidungen für das Zuwendungsverfahren bezogen auf die HAB und HWB, die sich aus den Besonderheiten der Buchführung und Bilanzierung nach dem Handelsrecht ergaben, im Amt SR nicht getroffen wurden, sondern im Stadium von Erörterungen und konträren Stellungnahmen stecken blieben, lässt sich exemplarisch an der ratierlichen Umbuchung des Sonderpostens für Investitionszuschüsse in die Rücklage für Ersatzbeschaffung verdeutlichen. Die HAB und die HWB hatten seit dem Wirtschaftsjahr 1990 diese Bilanzierung auf Anraten der Wirtschaftsprüfer vorgenommen, die für ihren Vorschlag auf die in Zusammenarbeit der Bundesanstalt für Arbeit mit den Bundesarbeitsgemeinschaften der Werkstätten für Behinderte e.V. mit Zustimmung des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland gefundene und dort praktizierte Lösung verwiesen hatten.

Allerdings besteht hierbei ein systematischer Unterschied in der Finanzierung. Werkstätten für Behinderte werden über Kosten- bzw. Pflegesätze finanziert, bei deren Bemessung zumindest der Bedarf für Ersatzinvestitionen berücksichtigt wird. Im Zuwendungsrecht wird unterschieden zwischen der institutionellen Förderung und der Projektförderung. Der Untersuchungsausschuss hat sich auch nicht mit der Frage befasst, warum die Wirtschaftsprüfer über diesen systematischen Unterschied hinweg diese Bilanzierung vorschlugen.

Nachdem Herr Block dem Zuwendungsreferat mit Schreiben vom 10. Oktober 1991 mitgeteilt hatte, dass die HAB erstmalig im Wirtschaftsjahr 1990 einen Teilbetrag des Sonderpostens aufgelöst und den Betrag in eine Rücklage für Ersatzbeschaffung (zweckgebundene Rücklage) eingestellt habe und ­ unter Hinweis auf die Billigung dieses Verfahrens durch den Aufsichtsrat ­ um Zustimmung zu dieser Bilanzierungsweise durch das Zuwendungsreferat bat, stellte Frau Tann (SR 122) die Entscheidung hierüber mit Schreiben an die HAB vom Oktober 1991 zunächst zurück. Sie richtete die Anfrage der HAB weiter an Herrn Zoller (SR 1) und mahnte dann im Februar 1992 eine Entscheidung bei ihm an. Dazu führte sie aus, dass zu der von den Beschäftigungsgesellschaften in 1990 gewählten Bilanzierungsweise seitens des Zuwendungsreferats keine Bedenken erhoben würden, solange gewährleistet werden könne, dass diese nicht haushaltswirksam würden. Auch Frau Rudolf (V 7- 1) sprach sich in einem Vermerk vom 4. März 1992 an Herrn Zoller (SR 1) und Herrn Müller (V) für diese Buchung der Rücklage für Ersatzbeschaffung aus und mahnte eine Erklärung der BAGS zum Jahresabschluss für 1991 dringend an. Herr Zoller schrieb daraufhin am 20. März 1992 in einem Vermerk an Herrn Allemeyer (V 5) und Frau Hädelt (V 52) zum Stichwort „Bilanzierung der Investitionszuschüsse bei den Beschäftigungsgesellschaften", dass im Interesse der Klarheit für die Beschäftigungsgesellschaften, die Wirtschaftsprüfer und die Dienststellen der Behörden von der Beteiligungsverwaltung empfohlen worden sei, eine Erklärung der Zuwendungsgeberin BAGS zur Bilanzierung der Investitionszuschüsse und -rücklagen im Sinne des vom Aufsichtsrat auch schon akzeptierten Verfahrens kurzfristig abzugeben. Die Zuwendungsbescheide für das Haushaltsjahr 1990 seien zwischenzeitlich bereits an die HAB und HWB versandt worden. V 5 werde gebeten, sich zu dem Vorschlag von V 7-1 zu äußern. Sollte der Empfehlung der Beteiligungsverwaltung gefolgt werden, werde gebeten, eine dementsprechende Erklärung im Entwurf (mit Anschreiben für die Beschäftigungsgesellschaften) an ihn zu reichen. Frau Hädelt (V 52) lehnte es ab, eine derartige Erklärung abzugeben, weil sie diese Bilanzierung für unzutreffend hielt. Frau Rudolf begründete mit Vermerk vom 7. Juli 1992 die gegenteilige Position. Das Problem wurde danach in der BAGS nicht weiter verfolgt. Über die Bildung von Rücklagen wurde nur noch in

Akte der BAGS, ohne Az., Stehordner „Zuwendungsfragen Band I, S. 69. Herr Block schloss sein Schreiben mit dem Satz: „Sollten wir in den kommenden 4 Wochen nichts von Ihnen hören, gehen wir davon aus, dass auch Sie das dargestellte Verfahren akzeptieren."