Handelsrecht

Eine Zuwendung von Mitteln für die Investitionen erfolgt jedoch nur in Höhe der geplanten Investitionen abzüglich der in dem betroffenen Jahr anfallenden Gesamtabschreibungen. Über die Institutionelle Förderung erhält die Gesellschaft jeweils den Abschreibungsaufwand erstattet. Dies bedeutet, daß im Rahmen der Projektförderung durch die BAGS lediglich Liquiditätshilfe gewährt wird, denn im Laufe der Existenz des jeweiligen Anlagegutes (Abschreibungszeitraum) werden ratierlich die gesamten Investitionen zurückgefordert (verrechnet). Die Bezuschussung von Anlagevermögen findet danach lediglich im Rahmen der institutionellen Förderung (also laufend) statt. Eine Vorsorge der Gesellschaft für künftige Ersatzinvestitionen findet mithin keinen Raum.

Diese Problematik ist bislang in den Bilanzen der Gesellschaft noch nicht deutlich zum Tragen gekommen, da das Investitionsvolumen jährlich deutlich angestiegen ist. Problematisch wird die Situation dann, wenn Abschreibungen in Höhe der Investitionen oder darüber hinaus anfallen, da dann eine Projektförderung überhaupt nicht stattfindet.

Sollen Abschreibungen auch weiterhin als zuwendungsfähig erklärt werden, sehen wir bezüglich der bilanziellen Behandlung der Investitionszuschüsse folgende Lösungsalternativen:

Zum einen könnten Abschreibungen mit Einverständnis der BAGS zur Bemessung der institutionellen Förderung herangezogen werden, ohne dass sie als solche in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung erscheinen.

Dies würde es ermöglichen, die erhaltenen Investitionszuschüsse mit den Anschaffungskosten des Anlagevermögens zu verrechnen.

Sollen die als zuwendungsfähig angesehenen Abschreibungen jedoch weiterhin aus der Gewinn- und Verlustrechnung hervorgehen, müßte sich der Zuwendungsgeber dahingehend erklären, dass die Investitionszuschüsse zur dauernden Finanzierung des Anlagevermögens - und damit auch einer Verstärkung der Kapitalbasis der Gesellschaft auf Dauer - dienen sollen. Dies würde nach Ablauf der Zweckbindung eine Überführung der erhaltenen Investitionszuschüsse in eine zweckgebundene Rücklage ermöglichen. Eine solche Lösung der Problematik wurde bereits in Zusammenarbeit der Bundesanstalt für Arbeit mit den Bundesarbeitsgemeinschaften der Werkstätten für Behinderte e.V. mit Zustimmung des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. gefunden und praktiziert.

Zwecks Gewährleistung einer praktikablen Handhabung der Zuführung zur zweckgebundenen Rücklage sollten die Zweckbindung und daraus resultierende eventuelle Rückzahlungsverpflichtungen eindeutig definiert sein."

Mit dem Jahresabschluss für 1990 entschied sich die HAB dann dazu, die erhaltenen Investitionszuschüsse nach Ablauf der Zweckbindung jahresweise in Höhe der Abschreibungen einer zweckgebundenen Rücklage zu überführen. Nach der Zeugenaussage von Herrn Putens, dem Vorsitzenden des Finanz- und Organisationsausschusses des Aufsichtsrats der HAB, ist dies auf Empfehlung der Wirtschaftsprüfer und seiner persönlichen Erfahrung als Aufsichtsratsmitglied bei Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation erfolgt. Auch Herr Riez sagte vor dem Ausschuss aus, dass die Buchung dieser Rücklage aus dem Sonderposten für Investitionszuschüsse von den seinerzeitigen Wirtschaftsprüfern so vorgeschlagen worden sei.

Zu der ab 1990 praktizierten Bilanzierung der „Rücklagen für Ersatzbeschaffung" und der „Nicht abgerechneten Investitionszuschüsse" wurde in dem testierten Jahresabschluss 1990 ergänzend zu den zitierten Erläuterungen im Hauptteil des Jahresabschlusses des Vorjahres folgendes ausgeführt1: „(...) Aus den Protokollen der Aufsichtsratssitzungen und allen Stellungnahmen der Gesellschaft, die uns gegenüber abgegeben wurden, ist der Wille erkennbar, dass eine Verstärkung des Eigenkapitals erfolgen soll. Eine endgültige Willenserklärung des Zuwendungsgebers, dass die Zuschüsse der Kapitalverstärkung dienen sollen, liegt weiterhin nicht vor.

(...) Mit der erfolgswirksamen Auflösung der Zuschüsse würden Erträge entstehen, die zu einer Verminderung der institutionellen Fehlbedarfsfinanzierung führen würden. Um dies zu vermeiden, ist die Gesellschaft im Berichtsjahr bei der Bilanzierung davon ausgegangen, dass mit der anteiligen Finanzierung des Erwerbs von Gegenständen des Anlagevermögens durch die BAGS der Zweck verfolgt worden, ist, die Kapitalbasis der Gesellschaft auf Dauer zu stärken und die mit dem Zuschuß zur Verfügung gestellten Finanzierungsmittel nach Ablauf der Zweckbindung der damit beschafften Gegenstände einer zweckgebundene Rücklage zuzuführen. Aufgrund der dargestellten Verfahrensweise hat der Bilanzposten Nicht abgerechnete Investitionszuschüsse Eigenkapitalcharakter, in Höhe des Teiles, der den bisherigen Abschreibungen auf die bezuschussten Anlagegüter entspricht, den Buchwert dieser Anlagegüter also übersteigt. Daher löst die Gesellschaft einen entsprechenden Teilbetrag des Sonderpostens auf und stellt den Betrag in eine Rücklage für Ersatzbeschaffung (zweckgebundene Rücklage) ein. (...)"

Diese Darstellung wurde in den Hauptteil des Jahresabschlusses 1991 aus dem Prüfbericht des Vorjahres übernommen1120 und folgendermaßen ergänzt: „In seiner Sitzung vom 12. September 1991 hat der Aufsichtsrat der gewählten Finanzierungsweise des zuschußfinanzierten Anlagevermögens ausdrücklich zugestimmt und darüber hinaus erklärt, dass es das Interesse der Gesellschafterin sein müsse, die Eigenkapitalbasis der Gesellschaft auf diese Weise zu stärken."

Nach dem Wechsel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft - von Susat & Partner zur TREUHANSA ­ für den Jahresabschluss 1995 und dem Erlass des Sammelbescheides lautete die Begründung für die „Rücklage für Ersatzbeschaffung"1: „Mittel für Investitionen wurden der Gesellschaft bis zum Jahr 1991 sowohl über den Betriebshaushalt als AfA-Mittel bereitgestellt (institutionelle Förderung) als auch in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen im Rahmen der Fehlbedarfsfinanzierung als Projektförderung zur Verfügung gestellt. In den Jahren 1992 bis 1995 erhielt die Gesellschaft ihre Mittel zur Investitionsfinanzierung nur noch im Rahmen der institutionellen Förderung in Höhe des jährlichen Abschreibungsaufwands. Mittel für laufende Investitionen werden nicht mehr gesondert zugewendet. Diese sind aus dem zur Verfügung gestellten Festbetrag zu finanzieren.

Die bis 1991 erhaltenen Investitionszuschüsse werden entsprechend der Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer in einem nach dem Eigenkapital erscheinenden Sonderposten für Investitionszuschüsse zu Gegenständen des Anlagevermögens passiviert und entsprechend den Abschreibungen der bezuschußten Wirtschaftsgüter - ohne Berührung der Gewinn- und Verlustrechnung

- als Auflösungsbetrag des Sonderpostens in die Rücklage für Ersatzbeschaffung eingestellt. Dieser Bilanzierungsweise wurde vom Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 12. September 1991 zugestimmt. Von der BAGS wurde die Zustimmung in ihrer Eigenschaft als Zuwendungsgeberin mit Schreiben vom 13. Dezember 1996 erteilt. Wirtschaftlich stellt die Rücklage Eigenkapital dar."

Die Rücklage ist demnach nicht aus den Zuwendungsmitteln der Institutionellen Förderung und damit auch nicht aus dem im Sammelbescheid ausgewiesenen Zuwendungsbetrag gespeist. Die hier gebildeten Rücklagen stammen aus einer sukzessiven erfolgsneutralen Umbuchung aus einem Sonderposten auf der Passivseite der Bilanz.

Es handelt sich damit bilanziell gesehen um einen sogenannten Passivtausch, der sich auf die Gewinn- und Verlustrechnung nicht auswirkt. Die Rücklagen sind allerdings keine liquiden Mittel auf einem Festgeldkonto und stehen der Gesellschaft unter Liquiditätsgesichtspunkten nicht zur Verfügung. Es fließt in diesem Vorgang über die ehemals gezahlten Investitionszuschüsse hinaus kein Geld. Der Buchungsvorgang löst weder Erträge noch Aufwand aus. Damit hat er keinen Einfluss auf den handelsrechtlichen Fehlbedarf und infolgedessen auch nicht auf die Bemessung der Zuwendung.

Auf der Passivseite der Bilanz wird Information darüber gegeben, wem das Kapital bzw. die Werte, mit dem das Unternehmen wirtschaftet, zuzuordnen sind. Bei dem Sonderposten wird offen gelassen, ob die dort verzeichneten Werte der FHH oder der HAB wirtschaftlich zugeordnet werden sollen, während die Rücklage Eigenkapital des Unternehmens ist und damit der HAB zuzuordnen ist. Die Werte aus den ehemals gezahlten Investitionszuschüssen werden durch diese Buchung sukzessive auf die HAB verlagert, die das Eigenkapital stetig vermehren konnte. Allerdings darf die HAB über diese Werte nicht frei verfügen, sondern muss sie für Ersatzbeschaffungen einsetzen, da es sich um eine an diesen Zweck gebundene Rücklage handelt.

Im Zusammenhang mit dem Sammelbescheid wurde am 16. Dezember 1996 in einer gesonderten Erklärung der sukzessiven Bildung dieser Rücklage für Ersatzbeschaffung durch die BAGS als Zuwendungsgeberin zugestimmt, um hierdurch eine Finanzierung von Ersatzinvestitionen aus der institutionellen Förderung ohne erneute Investitionszuschüsse zu gewährleisten.

Einvernehmen der Finanzbehörde

Für diese Gestattung der Rücklagenbildung bei der HAB - die erstmals anlässlich des Sammelbescheides erteilt wurde - fehlt die erforderliche Einvernahme der BAGS mit der Finanzbehörde. Nach VV Nr. 16.1 zu § 44 LHO waren nämlich Ausnahmen, zu deren Erteilung die Bewilligungsbehörde - also die BAGS - nicht nach VV Nrn. 1 bis 15 zu § 44 LHO ermächtigt war, nur im Einzelfall im Einvernehmen mit der Finanzbehörde möglich.

Die Bildung von Rücklagen ist den Zuwendungsempfängern nach Nr. 1.7 Satz 2 ANBest-I der VV zu § 44 LHO untersagt. Dieses Verbot ist nach der Verwaltungsvorschrift zum Inhalt der Zuwendungsbescheide zu machen. Deshalb bedurfte es einer Ausnahme von den ANBest-I, um die Rücklagenbildung mit dem Sammelbescheid zu gestatten.