Arbeitsamt

1424 schäftigte der AJa hätten Rechnungen und Lieferscheine bei der AJa durchgesehen und aus den Unterlagen diejenigen entfernt, die die Aufschrift Hospitalstraße getragen hätten. Ferner sei festgestellt worden, dass Lieferantenrechnungen für die Hospitalstraße nachträglich von den ausstellenden Lieferanten mit einer neuen Anschrift versehen worden seien. Die Rechnung sei auch von dem Architekten S. abgezeichnet worden, der bei der AJa im Rahmen einer LKZ-Maßnahme beschäftigt gewesen sei und regelmäßig Rechnungen für die Pape KG für die Häuser Hospitalstraße mit Prüfungsvermerken versehen habe („Sachlich und rechnerisch richtig"). Eine Bezahlung durch die Pape KG habe nicht festgestellt werden können, dagegen habe der Architekt S. im Jahre 1992 20.000 DM für unspezifizierte Überstunden von der AJa erhalten, ohne dass Anzahl, Einsatzorte oder die ausgeführte Tätigkeit des Architekten angegeben worden seien. Der Architekt habe angegeben, die Arbeiten für die Pape KG in seiner Freizeit erledigt zu haben. Dem Architekten S. war überdies sein privates Mobiltelefon von der AJa bezahlt worden (550 DM) und er hatte mit seiner Frau die stellvertretende Geschäftsführerin der AJa auf eine Reise nach Berlin mit Theaterbesuch begleitet (Kosten 1.000 DM). Beide Positionen wurden der BAGS in Rechnung gestellt und bezahlt. Ein weiterer Architekt der AJa, Herr B., der früher bei dem Verein der Flottneser beschäftigt gewesen sei, habe bis Ende Februar die Bauleitung der Renovierungsarbeiten in der Hospitalstraße für die Pape KG innegehabt. Er habe dann der AJa eine Honorarrechnung über 13.000 DM erteilt, die auch bezahlt worden sei. Eine LKZ-Kraft des Vereins der Flottneser habe für die Pape KG die Gehaltsabrechnung einschließlich der Krankenkassenmeldung für diesen Architekten erledigt, ohne dass die Pape KG diese Tätigkeit bezahlt habe.

Die Betriebswirtschaftliche Abteilung empfahl dem Fachamt, Ansprüche gegen die Pape KG geltend zu machen, denn Herr Pape habe das Büro der AJa einschließlich des Telephons auch für die Geschäfte der Pape KG benutzt (identische Anschrift und zeitweilig identische Telephonnummer). Mitarbeiter der Verwaltung der AJa seien auch für die Pape KG tätig gewesen, einschließlich des Geschäftsführers Herrn Pape. Auch dafür sei ein anteiliger Betrag in Rechnung zu stellen. Die Durchsicht der Fahrtenbücher habe zahlreiche Fahrten zur Hospitalstraße ergeben, eine überschlägige Bewertung laufe auf einen Betrag von ca. 3.000 DM hinaus.

Schließlich wurde in dem Bericht erneut beanstandet, dass zu allen Verwendungsnachweisen des Jahres 1992 durch das Fachamt AO Änderungsbescheide erstellt worden seien, und zwar entgegen der schriftlichen Empfehlung des Beauftragten für den Haushalt (BfH). Herr Pape habe sich bereits darauf berufen, dass das Fachamt gemäß Änderungsbescheid den Einsatzort Hospitalstraße anerkannt habe, da dieser in den Verwendungsnachweisen genannt worden sei.

Der Prüfbericht war an V 52 (Frau Hädelt) und V 5 (Herr Allemeyer) gerichtet, die auf dem nur in Kopie in der Fachakte vorliegenden Exemplar am 23. Juni 1994 abgezeichnet hatten. Er sollte dann über AO 2 (Herrn Meyer) an AO 215 (Herr Kova) gehen.

Herr Meyer hat den Bericht am 24. Juni 1994 abgezeichnet. Es lässt sich nicht feststellen, ob das Fachamt diesen Prüfbericht der Behördenleitung zur Kenntnis gegeben hat.

In der Akte der Betriebswirtschaftlichen Abteilung (V 52; AO 3) wurde jedoch ein Vorgang gefunden, der von V 5 (Herrn Allemeyer) direkt an die Senatorin gerichtet war und ausweislich des Abvermerks am 9. Juni 1994 an diese gesandt wurde. Es wurden zur Information der Senatorin für die anstehende Bürgerschaftssitzung eine Reihe von Unterlagen übersandt, nämlich u.a. die Verwendungsnachweise zu den einzelnen Förderprojekten sowie die aufgrund der Verwendungsnachweise nachträglich gefertigten Änderungsbescheide, ferner eine Stellungnahme der AJa zu dem Einsatz ihrer ABM-Kräfte in der Hospitalstraße863 nebst dazugehörigen Belegen, der Prüfbericht über den Komplex AJa/Hospitalstraße vom 30. Mai 1994 und schließlich ein weiterer umfassender Bericht über die getroffenen Prüfungsfeststellungen, der nähere Einzelheiten enthielt und erhebliche Verdachtsmomente gegen den Geschäftsführer Pape. Dieser Bericht sollte lediglich der „internen Meinungsbildung" dienen und war innerbehördlich nicht mit dem Fachamt abgestimmt.

Von etwaigen Reaktionen des Fachamts oder der Behördenleitung zu den in diesen Berichten getroffenen Feststellungen, Vorwürfen oder ungeklärten Fragen ist nichts bekannt. Insbesondere ist Herr Pape vom Fachamt nicht zu einer Stellungnahme aufgefordert worden. Es wurden auch keine Forderungen gegen die Pape KG erhoben.

Frau Fischer-Menzel hat ausgesagt, dass ihr dieser Bericht vom 30. Mai 1994 „eher nicht" bekannt sei. Dies erklärte sie sich damit, dass sie vom Fachamt gefordert habe, ihr nicht nur Ergebnisse über die Feststellungen, sondern Berichte mit Bewertungen und Lösungsvorschlägen vorzulegen.

Am 1. Juni 1994 beantragte die CDU-Fraktion in der Bürgerschaft, der Senat möge die Behördenakten mit den Verwendungsnachweisen der AJa für das Jahr 1992 einschließlich aller Belege für den Einsatz in der Hospitalstraße vorlegen (sog. Aktenvorlageersuchen)8. Über den Antrag wurde am 16. Juni 1994 in der Bürgerschaft debattiert, und die Bürgerschaft nahm das Aktenvorlageersuchen einstimmig an.

Dazu hat sich in dem Terminkalender der Senatorin Fischer-Menzel eine Eintragung für den 7. Juni 1994, 12.00 Uhr, „Aktenersuchen CDU", gefunden. An diesen Termin

Akte der BAGS, Prüfbericht II., S. 137.

Akte der BAGS, AO 3, lfd. Nr. 5, Handakte Koch, S. 206 ff.; ob die Senatorin diesen Bericht erhalten hat, ist der Akte nicht zu entnehmen. Eine Durchschrift ging nachrichtlich an AO 2 mit der Bitte um Rückmeldung. In den Akten des Fachamtes ist dieser Vorgang nicht aufgetaucht.

Institutionelle Förderung, Historischer Schiffbau und Haus- und Gebäudeinstandsetzung.

Die Verwendungsnachweise enthielten Belege der AJa, die ausdrücklich den Einsatzort Hospitalstraße betrafen und vom Fachamt in den Änderungsbescheiden als grundsätzlich zuwendungsfähig berücksichtigt wurden.

Um welchen Bericht es sich dabei handelt, ist unbekannt, jedenfalls aus den Akten nicht ersichtlich. Sie assoziierte mit der Eintragung, dass es sich um einen „Techniktermin", z. B. mit Mitarbeitern des Parlamentsreferates gehandelt haben könnte, um zu erörtern, ob und wie es technisch machbar sei, dem Vorlageersuchen zu entsprechen.

Mit Datum vom 8. Juni 1994 erstellte Herr Meyer für die Senatorin, die Staatsrätin und den Leiter AO einen dritten Sachstandsbericht (sog. Kurzlegende), der inhaltlich im Wesentlichen mit dem Bericht vom 25. Februar 1994 übereinstimmte und erste Ergebnisse der Prüfung des Komplexes Hospitalstraße mitteilte. Darin wurde die Argumentation der AJa übernommen, dass das Arbeitsamt die Baustelle Hospitalstraße im März 1992 ohne Beanstandungen überprüft hatte. Frau Senatorin Fischer-Menzel stellte dazu die Fragen, ob der Einsatzort Hospitalstraße durch den entsprechenden Bewilligungsbescheid (Hochbau) gedeckt sei, ob es zulässig sei, ABM-Mittel bei einem Privatmann einzusetzen, und ob man neben den Materialkosten nicht auch die Personalrestkosten der an dem Bau beschäftigten ABMKräfte zurückfordern sollte.

Sie vermerkte: „bitte R8.: Freitag, 10. 6., 16.30 Uhr"8. Vermerke über dieses Gespräch haben sich in den Akten nicht aufgefunden.

In ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss hat die Senatorin erklärt, sie habe zu ihrer Frage, ob ABM-Mittel bei einem Privatmann eingesetzt werden dürfen, von allen Mitarbeitern des Fachamtes - Amtsleiter, Abteilungsleiter, Referatsleiter ­ zur Antwort erhalten, dass dies erlaubt und bewilligungsfähig sei.

Auf Vorhalt des Vorsitzenden, dass das Arbeitsamt und Herr Dr. Koglin es aber anders gesehen hätten, bekundete die Zeugin, dass sie auch nach der Bewertung durch das Arbeitsamt gefragt habe. Ihr sei erklärt worden, dass das Arbeitsamt und die BAGS unterschiedliche Rechtsauffassungen hätten. Von der Staatsrätin bis abwärts zur Referatsleiterin sei man der festen Überzeugung gewesen, dass der Mitteleinsatz bei Herrn Pape in Ordnung gewesen sei.

Ob es darüber dann am 10. Juni 1994 zu einem Gespräch gekommen ist, konnte die Zeugin nicht mehr erinnern. Schließlich gab Frau Fischer-Menzel an, dass sie dann erst wieder beim Lesen des Strafurteils gegen Herrn Pape im Jahr 1995 oder 1996 gedacht habe „Verdammt und zugenäht!". Wenn sie gewusst hätte, dass Herr Pape vor dem Arbeitsamt bereits eingeräumt hatte, etwas falsch gemacht zu haben, hätte sie zum Fachamt sagen können: „Guck mal, der hat das doch schon längst zugegeben.