Antritt der Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilter Straftäter

Nach Pressemeldungen wurde Nana Kwame Abrokwa (genannt Nana), ein bekannter Hamburger Rap-Sänger, 1993 vom Landgericht Hamburg zu einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Die Straftat, bei der der Täter eine türkische Familie malträtierte und eine Frau schwer verletzte, wurde im Jahr 1990 begangen. Die Strafe ist immer noch nicht angetreten.

Die Senatskommission über die Entscheidung von Gnadengesuchen soll im April eine Entscheidung über den Haftantritt fällen.

Gnadenentscheidungen sind nach Artikel 44 Absatz 1 HmbVerf ausschließlich dem Senat zugewiesen. Sie unterliegen nicht der parlamentarischen Kontrolle.

Entgegen den vom Fragesteller wiedergegebenen Pressemeldungen ist Herr Nana Kwame Abrokwa (genannt Nana) nicht im Jahre 1993, sondern im Jahre 1995 vom Landgericht Hamburg verurteilt worden. Das Urteil ist mit Ablauf des 21. August 1996 rechtskräftig geworden. Entgegen der Darstellung des Fragestellers lag nicht eine Tat aus dem Jahre 1990 zugrunde. Gegenstand der Verurteilung waren vielmehr Taten aus den Jahren 1990, 1991 und 1993.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Worauf ist es zurückzuführen, daß, obwohl das Urteil des Landgerichts Hamburg 1996 rechtskräftig wurde, die Strafe immer noch nicht angetreten werden mußte?

2. Führen im Regelfall Gnadengesuche vor Beginn des Haftantritts zur Verschiebung des Haftantrittstermins bis zur endgültigen Entscheidung über das Gnadengesuch? Wenn ja:

Wie wird diese „aufschiebende Wirkung des Gnadengesuches" rechtlich begründet?

Wenn nein: Warum ist im vorliegenden Fall eine solche aufschiebende Wirkung eingetreten?

Der Verurteilte hat im Herbst 1996 ein Gnadengesuch mit dem Ziel der Strafaussetzung zur Bewährung gestellt. Die Justizbehörde hat das Gesuch im Januar 1997 abgelehnt.

Die anschließend durch die Staatsanwaltschaft erfolgte Ladung zum Strafantritt ist im Februar 1997 als unzustellbar zurückgesandt worden. Eine erneute Ladung zum Strafantritt ist nicht erfolgt, da der Verurteilte im April 1997 Gegenvorstellung gegen die Ablehnung seines Gnadengesuchs erhoben und beantragt hat, die Sache der für das Gnadenwesen zuständigen Senatskommission zur Entscheidung vorzulegen. Zugleich hat der Verurteilte beantragt, die Strafvollstreckung bis zur endgültigen Entscheidung einstweilen einzustellen.

Wenn zur Vorbereitung der abschließenden Gnadenentscheidung Aufklärungen erforderlich sind, wie sie der Senat in der Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drucksache 14/909 beschrieben hat, wird die Strafvollstreckung grundsätzlich bis auf weiteres zurückgestellt. Dies geschieht jedoch dann nicht, wenn der Verurteilte sich bereits in Haft befindet oder Haftbefehl erlassen worden ist oder wenn ersichtlich die Vollstreckung verzögert werden soll.

Einer rechtlichen Begründung sind Gnadenentscheidungen ihrer Natur nach nicht zugänglich.

Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ole von Beust (CDU) vom 27.03. und Antwort des Senats

Betreff: Antritt der Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilter Straftäter hier: Verurteilung des Nana Kwame Abrokwa

3. Hält der Senat es grundsätzlich für vertretbar, wenn über die Vollstreckung eines rechtskräftigen Urteils für eine Straftat aus dem Jahr 1990 bis heute nicht entschieden wurde?

4. Sind dem Senat vergleichbare Fälle bekannt, bei denen zwischen Straftat und Entscheidung über die Vollstreckung eines rechtskräftigen Urteils ein so langer Zeitraum vergangen ist? Wenn ja: Wie viele Fälle liegen vor? Wenn nein: Worauf ist die Dauer der Entscheidung in diesem Fall zurückzuführen?

Anknüpfungspunkt für Vertretbarkeitsüberlegungen der vom Fragesteller angestellten Art kann nicht der Zeitpunkt der Tat, sondern nur der Zeitpunkt sein, zu dem die Rechtskraft des Strafurteils eintritt.

Denn Strafurteile sind gemäß § 449 Strafprozeßordnung (StPO) erst nach Eintritt der Rechtskraft vollstreckbar. Es ist vertretbar, wenn die Durchführung von Gnadenverfahren zu einer Zurückstellung der Strafvollstreckung für eine Zeitdauer führt, wie sie hier in Rede steht, nämlich für etwa 1,5 Jahre seit Rechtskraft. Das geschieht auch in anderen Fällen, etwa wenn der Verurteilte sich in einer Berufsaufbauphase o.ä. befindet. Daten über vergleichbare Fälle können innerhalb der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht ermittelt werden.