Zweitwohnungsteuergesetz

1. Anlass

Das Finanzgericht Hamburg hat zweimal in Folge den nach dem Zweitwohnungsteuergesetz maßgeblichen Wohnungsbegriff in einer Weise einengend ausgelegt, dass bei allgemeiner Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung ein erheblicher Teil der bisher als steuerpflichtig erfassten Personen sofort aus der Steuerpflicht herausfiele. Darüber hinaus könnte die Steuerpflicht durch Auswahl entsprechend ausgestatteter Wohnungen künftig umgangen werden mit der Folge, dass sich die Zahl der steuerpflichtigen Fälle alsbald minimieren würde. Zur Vermeidung von größeren Steuerausfällen und zur Wiederherstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung erscheint die vorgelegte klarstellende Gesetzesänderung geboten.

2. Petitum:

Der Senat beantragt, die Bürgerschaft wolle das nachstehende Gesetz beschließen. Dezember 1992 (HmbGVBl. S. 330) erhält folgende Fassung: „Wohnung im Sinne des Gesetzes ist jede rechtlich zulässig bewohnbare Gesamtheit von Räumen, die eine selbständige Haushaltsführung ermöglicht und mit einer Küche oder Kochgelegenheit, einem mit Bad- oder Duscheinrichtung versehenen Waschraum und einer in der Wohnung befindlichen Toilette mit Wasserspülung ausgestattet ist."

Die Gesetzesänderung dient der Klarstellung. Die bisherige Fassung der Vorschrift nimmt bei der Definition des maßgeblichen Wohnungsbegriffs Bezug auf einzelne in § 45 der Hamburgischen Bauordnung (HBauO) vom 1. Juli 1987 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 183) aufgezählte Ausstattungsmerkmale. Hierzu gehört auch der in § 45 Absatz 5 genannte „durchlüftbare Waschraum".

Das Finanzgericht Hamburg hat im Jahre 2000 in zwei Urteilen in Folge entschieden, dass die Durchlüftbarkeit eines fensterlosen Waschraums den Anforderungen der HBauO entsprechen muss. Da das Zweitwohnungsteuergesetz (im Folgenden: ZwStG) zum Zeitpunkt seines In-Kraft-Tretens auf die Fassung der HBauO unter Einbeziehung der Änderung vom 15. April 1992 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 83) verweist, muss nach Ansicht des Gerichts jede Zweitwohnung mit einem fensterlosen Waschraum insoweit den zu diesem Zeitpunkt geltenden Technischen Baubestimmungen der HBauO genügen (§ 3 Absatz 3 HBauO). Dies sei nur dann der Fall, wenn die Anforderungen (DIN-Norm 18 017) der Technischen Baubestimmung ­ Lüftung ­ in der Fassung August 1990 erfüllt sind (Amtlicher Anzeiger 1991 Seite 453).

Die Auffassung des Gerichts hätte gravierende nachteilige Auswirkungen. Die zahlreichen Wohnungen mit innenliegenden Badezimmern oder mit Kochplätzen, die über die vorhandenen Lüftungsvorrichtungen im Vergleich zu den Anforderungen für Neubauvorhaben ab August 1990 nur als eingeschränkt durchlüftbar anzusehen sind, würden als Objekte für eine Zweitwohnungsteuer selbst dann ausscheiden, wenn sie den üblichen baurechtlichen Bestandsschutz genießen und in diesem Zustand auch ohne weiteres vermietbar sind. Eine repräsentative Untersuchung der Zweitwohnungsteuerfälle hat ergeben, dass bereits in ca. 20 v. H. der Fälle die Wohnungsinhaber eine unzureichende Durchlüftbarkeit in den Steuererklärungen bemängelt haben. Da davon auszugehen ist, dass nicht alle Wohnungsinhaber einen geringeren als den aktuellen Lüftungsstandard als erwähnenswerten Mangel angesehen haben, könnte der Anteil solcher Wohnungen noch deutlich höher liegen. Interessenten für eine Nebenwohnung hätten künftig die Möglichkeit, die Belastung mit Zweitwohnungsteuer durch entsprechende Auswahl der Wohnung zu vermeiden. Dies hätte zur Folge, dass neueste Wohnungen generell, aber auch ältere Wohnungen mit Fensterlüftung in Küche und Waschraum als Nebenwohnungen wegen der dann eintretenden Zweitwohnungsteuerpflicht nur noch schwer zu vermieten oder zu verkaufen sein werden. Es muss davon ausgegangen werden, dass bei Hinnahme der finanzgerichtlichen Rechtsprechung sich die Zahl der zweitwohnungsteuerpflichtigen Wohnungsinhaber in absehbarer Zeit minimieren wird.

Neben der größeren Zahl von Zweitwohnungsinhabern, die unmittelbar von der Gesetzesauslegung des Finanzgerichts profitieren, werden auch die anderen Zweitwohnungsinhaber einen Wechsel in eine nicht zu besteuernde Wohnung in Erwägung ziehen. Künftige Zweitwohnungsinteressenten werden ihre Wohnungswahl von vornherein weitgehend danach ausrichten.

Die Gesetzesauslegung durch das Finanzgericht ist nicht überzeugend. Der Zweitwohnungsteuergesetzgeber hat mit seiner Bezugnahme auf den in der HBauO aufgeführten Begriff des „durchlüftbaren Waschraums" eine Ausgrenzung der wesentlichen Gruppe von zulässig vermietbaren Wohnungen mit geringerem Durchlüftungsstandard nicht vornehmen wollen. Nach der Gesetzesbegründung (Bürgerschaftsdrucksache 14/2408, Abschnitt A Nr. 4) ging es lediglich darum, die steuerpflichtige Zweitwohnung als Besteuerungsobjekt auf den bauordnungsrechtlichen Mindeststandard festzulegen. Wohnungen, die nach Bauordnungsrecht zulässigerweise genutzt und demnach auch vermietet werden können, genügen dieser Vorgabe. Die Gruppe von Wohnungen, die bauordnungsrechtlich zulässig vermietbar sind, aber den strengen Durchlüftungsanforderungen von Neubauvorhaben nicht entsprechen, ist quantitativ von Gewicht und keine statistisch zu vernachlässigende Größe. Sachliche Gründe, gerade diese Gruppe als Besteuerungsobjekt auszublenden, gibt es nicht. Vielmehr fordert der Gedanke der Aufwandsteuer, auch diese gewichtige Gruppe von Wohnungen in die Zweitwohnungsteuer einzubeziehen. Es liefe einer am finanziellen Aufwand anknüpfenden Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zuwider, wenn gerade der finanzielle Aufwand für eine solche Nebenwohnung nur deshalb gänzlich bedeutungslos würde, weil technische Lüftungseinrichtungen in bestimmten Räumen nicht mindestens dem Stand der Technik vom August 1990 entsprechen. Mit den vom Gesetzgeber seinerzeit ausdrücklich geforderten „Mindeststandards" der Wohnung konnte in Bezug auf die Durchlüftbarkeit einzelner Räume deshalb nicht dieser allein für Neubauvorhaben rechtlich durchsetzbare höchste Technikstandard gemeint gewesen sein.

Es besteht nach allem Handlungsbedarf, dem zur Sicherheit in zweifacher Weise entsprochen wird. Neben dem von der Verwaltung weiter verfolgten gerichtlichen Weg ­ Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revision beim Bundesfinanzhof ­ wird parallel dazu mit der vorliegenden Gesetzesänderung der Wohnungsbegriff nunmehr im ZwStG selbst klarstellend definiert.

Grundlage bildet der für steuerliche Bewertungszwecke definierte Wohnungsbegriff, wie er in den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 15. Mai 1985

(Bundessteuerblatt I S. 201) zum Ausdruck kommt.

Die bisherige Bezugnahme auf Vorschriften der HBauO entfällt. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle Nebenwohnungen, die über die nunmehr im ZwStG genannten Ausstattungen verfügen, dieser Steuer unterliegen, und zwar unabhängig davon, welchen Standard diese Einrichtungen haben. Die Wohnungen müssen in ihrem baulichen Zustand lediglich rechtlich zulässig nutzbar sein.

Um künftig Rechtsstreitigkeiten über das erforderliche Maß der Durchlüftbarkeit von bestimmten Räumen zu vermeiden, wurde dieses für eine Aufwandsteuer ohnehin unbedeutende bauordnungsrechtliche Kriterium in die neue Gesetzesfassung nicht aufgenommen. Damit können ­ entsprechend der bisherigen Praxis ­ solche Wohnungen weiterhin in die Besteuerung einbezogen werden, bei denen die Durchlüftung zwar nicht den neuesten Standard aufweist, die jedoch im vorhandenen Zustand baurechtlichen Bestandsschutz genießen.

Begründung: