Mobilitätsprogramme von Frauen

97 3.7.4. Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen

Die Erfahrungen der Behörden zeigen, dass die Mobilitätsprogramme von Frauen angenommen und genutzt werden. Ziel sollte deshalb eine Ausweitung dieser Programme und die Einrichtung von Mobilitätsbörsen in allen Behörden sein. Kleinere Organisationseinheiten sollten Kooperationslösungen anstreben. Wichtig ist die Ausweitung der Mobilitätsbörsen auf die Zielgruppe der Teilzeitbeschäftigten, die an der Übernahme von Aufstiegs- und Führungsfunktionen interessiert sind.

Als Anforderungskriterium in Beurteilungen und bei der Personalauswahl sollte der Gesichtspunkt der Mobilität stärker in den Vordergrund rücken.

Handlungsfeld: Mitarbeiterinnen- bzw. Mitarbeiter- und Vorgesetztengespräch (MAVG)

Beschreibung des Handlungsfeldes:

Einen Schwerpunkt der Personalentwicklung zur Unterstützung der Verwaltungsmodernisierung bildet das Instrument des MAVG, das als Förder- und Entwicklungsgespräch angelegt ist und den Mitarbeiterinnen und den Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, ihre Veränderungsund Entwicklungswünsche zu formulieren sowie ihre Selbsteinschätzung mit der Einschätzung ihrer Vorgesetzten zu vergleichen. Unter gleichstellungspolitischen Gesichtspunkten bietet dieses Gespräch die Chance, dass Frauen ihre beruflichen Zielvorstellungen besser zur Geltung bringen können. Sie können mit ihren Vorgesetzten systematisch hierüber ins Gespräch kommen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigten, dass Vorgesetze sich vorher mit geschlechtsrollenstereotypen Bewertungsmustern auseinandersetzen müssen. Es ist insbesondere zu vermeiden, dass in diesen Gesprächen die gesellschaftliche Verantwortung für Familienaufgaben den Frauen zugewiesen und deshalb eine geringere Aufstiegsneigung von Frauen oder Teilzeitbeschäftigten vorausgesetzt wird.

Steuerungs- und Beratungsfunktion des Senatsamtes für die Gleichstellung:

Das Konzept zur Einführung des MAVG ist unter Mitwirkung des Senatsamtes für die Gleichstellung entwickelt worden. Das Senatsamt für die Gleichstellung hat insbesondere angeregt, dass bei der Einführungsfortbildung für die Vorgesetzten geschlechtsspezifisches Rollenverhalten und entsprechende Bewertungsmuster thematisiert werden müssen. Nur so kann eine geschlechtergerechte Potenzialeinschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgen.

Maßnahmen der Dienststellen:

Über ihre Erfahrungen mit diesem Instrument der Personalentwicklung haben unter dem Gleichstellungsaspekt bereits einige Behörden aus Anlass des Bürgerschaftlichen Ersuchens (Drs. 16/2915) berichtet:

So hat das Senatsamt für Bezirksangelegenheiten darauf hingewiesen, dass dort das Führen der MAVG als wichtiges Instrument der Personalentwicklung, aber auch der Frauenförderung betrachtet wird. Der Prozess der Einführung der MAVG kann im Sinne des „Gender-Working" genutzt werden, um sich miteinander über die spezifischen Stärken von Frauen und Männern auszutauschen und Überlegungen anzustellen, wie diese unterschiedlichen Stärken für eine effektive Aufgabenwahrnehmung genutzt werden können.

Die Behörde für Wissenschaft und Forschung - Hochschulamt - wird die Einführung von MAVG zum Bestandteil der Fortschreibung des Frauenförderplanes machen.

Ebenso hat die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales mitgeteilt, dass bei der Einführung der MAVG und der Vorgesetztenbeurteilung zu verdeutlichen ist, dass die Gleichstellungsförderung ein unabdingbarer Bestandteil der Führungsverantwortung ist.

Auch das Bezirksamt Eimsbüttel hat berichtet, dass die bestehende Dienstvereinbarung zum Führen der MAVG nach einer durchgeführten Fragebogenaktion zur Verbesserung von Führung und Zusammenarbeit sowie zur Erhöhung der Transparenz von Personalentwicklung modifiziert hat. Die für Frauenförderung zuständige Funktionsträgerin wird über die Rückmeldung der durchgeführten MAVG laufend einbezogen.

Diese vorgenannten Stellungnahmen zur Beantwortung des Bürgerschaftlichen Ersuchens (Drs.16/2915) werden durch weitere Beiträge anderer Behörden zum diesen Erfahrungsbericht ergänzt:

Nach einer Rückmeldungsrunde im Bezirksamt Hamburg-Mitte über die MAVG hat sich gezeigt, dass Frauen besonderes Interesse an der Durchführung hatten bzw. die Einführung dieses Instrumentes stärker als männliche Kollegen eingefordert haben.

In der Senatskanzlei wurden MAVG 1997 flächendeckend eingeführt. Auch dort haben die bisherigen Erfahrungen gezeigt, dass Frauen eine höhere Bereitschaft als Männer haben, MAVG zu führen.

In der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales wurde in dem dort groß angelegten Projekt zur Einführung von MAVG der Gleichstellungsförderung von Beginn an ein hoher Stellungswert eingeräumt. Bereits der Pool interner Trainerinnen und Trainern bestand zu zwei Dritteln aus Frauen. Darüber hinaus wurde in den flächendeckend angebotenen zweitägigen Trainings auf die geschlechtsspezifischen Prägungen und Sozialisationen, die das Verhalten im Arbeitsalltag und im Mitarbeiterinnen- bzw. Mitarbeiter- und Vorgesetztengespräch beeinflussen können, hingewiesen. Eine Zufriedenheitsbefragung, die im Jahr 2000 entwickelt und darauffolgenden Jahr durchgeführt werden soll, wird so konzipiert, dass Erkenntnisse hinsichtlich geschlechtsspezifischer Unterschiede und entsprechender Handlungsnotwendigkeiten gewonnen werden können.

Das Thema "Chancengleichheit" war ebenfalls Bestandteil der Schulungen des Bezirksamtes Bergedorf zum MAVG.

Die Behörde für Inneres hat auf der Ebene der Amtsleitungen, im Statistischen Landesamt und im Landesamt für Verfassungsschutz MAVG eingeführt. Bei den Vorbereitungen und Schulungen für die Einführung der MAVG in weiteren Ämtern der Behörde wird die Darstellung geschlechtsspezifischer Kommunikations- und Verhaltensmuster besondere Bedeutung verliehen, um eine Bewusstseins- und Verhaltensänderung zu erreichen.

In einigen landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, d.h. im AK Harburg, in der Unternehmensleitung des LBK sowie in der Landesunfallkasse, wird der Gleichstellungsaspekt in einem vergleichbaren Instrument berücksichtigt: den sog. Jahresgesprächen mit zielorientiertem Charakter zwischen Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern und Vorgesetzten.

Die Wirtschaftsbehörde hat das MAVG zu einer wesentlichen Führungsaufgabe im Rahmen der Personalentwicklung einschließlich Frauenförderung erklärt und verspricht sich von diesem Instrument u.a. wichtige Impulse zur gezielten Förderung der Stärken sowohl von Männern als auch von Frauen im Sinne der Gleichstellung. Eine entsprechende Dienstver- 99 einbarung befindet sich zur Zeit in der Abstimmung mit dem Personalrat und wird in 2000 in Kraft treten.

Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen:

Das MAVG ist unter gleichstellungspolitischen Gesichtspunkten ein Instrument, mit dem die Potenziale von Frauen erkannt und genutzt werden können. Dies bedeutet, dass ein MAVG immer mit dem Ziel geführt wird, bestehende Benachteiligungen abzubauen und Chancengleichheit herzustellen. Dieses setzt voraus, dass bei Führungskräften das erforderliche Wissen über geschlechtsrollenbedingte Verhaltensweisen und geschlechtsspezifische Kommunikationsformen vorhanden ist. Eine weitere Voraussetzung ist, dass diese individuellen Unterschiede zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern akzeptiert und als gleich wertvoll für die Organisation anerkannt werden. Dieses wird in den entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen des Personalamtes bereits vermittelt.

An diesem Instrument der Personalentwicklung wird ganz besonders der enge Bezug und die Abhängigkeit zur Führungskultur deutlich.

Handlungsfeld: Telearbeit:

Beschreibung des Handlungsfeldes:

Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsformen und durch die Veränderungen des gesamten Arbeitsmarktes gewinnen Modelle zur Dezentralisierung von Arbeit und die damit in Erwägung zu ziehende Einführung von Telearbeit zunehmend an Bedeutung.

Telearbeit erhöht die Möglichkeiten flexibler Arbeitszeitgestaltung und führt damit zu einer größeren Zeitsouveränität der Beschäftigten. Damit kann sie einen Beitrag zur Aufhebung der traditionellen geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in Beruf und Familie leisten.

Durch die Einführung von Telearbeit verändern sich arbeitsorganisatorische Abläufe und Kommunikationsstrukturen. Arbeitszeit- und Führungsmodelle müssen überprüft und den neuen Anforderungen angepasst werden. Diese Strukturveränderungsprozesse greifen die gleichen Bereiche auf, die auch Handlungsfelder für Frauenförderung sind, wie z. B. Transparenz der Kommunikationswege, Veränderung der Führungskultur (Ergebnis- statt Anwesenheitskontrolle, Führen mit Zielvereinbarungen), Abbau von Hierarchien, Einführung von Teamarbeit.

Eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen sollte deshalb auch unter dem Aspekt der beruflichen Chancengleichheit von Frauen und Männern wahrgenommen und aktiv mitgestaltet werden. So können die spezifischen Rahmenbedingungen und Perspektiven weiblicher Beschäftigter frühzeitig eingebracht und konzeptionelle Überlegungen zu einem neuen Handlungsfeld der strukturellen Frauenförderung im Rahmen der Personal- und Organisationspolitik angestellt werden.

Heute wird vorrangig die sogenannte alternierende Telearbeit als flexible Form der Arbeitsorganisation genutzt. Hierunter ist eine Arbeitsform zu verstehen, bei der die Beschäftigten einen mehr oder weniger großen Teil ihrer Arbeitsleistung in einer Privatwohnung erledigen, aber im Unternehmen weiterhin über einen Teilarbeitsplatz verfügen. Alternierende Telearbeitsplätze können deshalb auch Fachkräften mit hohem Selbständigkeitsgrad und Eigenverantwortlichkeit angeboten werden. Übereinstimmend rechnen Veröffentlichungen und Untersuchungen mit einer starken Ausweitung der Telearbeit bei gut qualifizierten Fachkräften.

Telearbeit ist eine Chance zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und deshalb von großer gleichstellungspolitischer Bedeutung.