Für solche Gespräche ist und bleibt die Justiz da sind wir sicher die richtige

ABSCHLUSSBERICHT JUSTIZ 2000 schen Rechtsverkehr anbieten. Bei aller modernen Technik, die wir schon heute und in den nächsten Jahren einsetzen, muss aber das, was Justiz ausmacht - das Gespräch mit Menschen in Konfliktsituationen - erhalten bleiben und gestärkt werden.

§ Für solche Gespräche ist und bleibt die Justiz - da sind wir sicher - die richtige Adresse.

Deshalb glaube ich, dass die bisherigen Initiativen zur außergerichtlichen Streitbeilegung noch nicht ausreichend sind, weil sie weder zu einer wirklichen Entlastung der Gerichte führen noch das in der Justiz vorhandene Know-how effektiv nutzen. Wir haben deshalb auf unserer Zukunftstagung im Oktober dieses Jahres eine Gesetzesinitiative entwickelt.

Mit ihr wollen wir in dafür geeigneten Fällen das Angebot bürgernaher, schneller und stärker durch Mündlichkeit geprägte Zivilverfahren in einer einzigen Instanz durch die Justiz selbst möglich machen.

Nicht nur für solche neuen Angebote ist eine bessere Öffentlichkeitsarbeit der Justiz zwingend notwendig.

Um durchschaubar zu machen, wie Justiz eigentlich arbeitet und welche Leistungen sie erbringt, prüfen wir derzeit - beginnend mit dem Hanseatischen Oberlandesgericht - eine bessere Information durch Geschäftsberichte der Justiz.

Ich bin mir nicht sicher, ob wir zusätzlich auch noch richtige Werbeslogans brauchen.

Aber ich will dennoch mit einem solchen der Privatwirtschaft entliehenen Slogan schließen: Es gibt keinen größeren Feind der Gesellschaft als das Unrecht - und es gibt keinen größeren Feind des Unrechts als die Justiz.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Abschlusstagung am 28. November 2000: Ende eines Projekts - aber kein Ende der Modernisierung in Hamburgs Justiz FREIE UND HANSESTADT HAMBURG - JUSTIZBEHÖRDE

- Februar 2001

5. PODIUMSDISKUSSION JUSTIZ IM 21. JAHRHUNDERT ZWISCHEN GLOBALISIERUNG UND BÜRGERGESELLSCHAFT Moderation: Dr. Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung) Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem (Richter am Bundesverfassungsgericht, Justizsenator a.D.) Wilhelm Rapp (Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts) Dr. Ernst-Hasso Ritter (Staatssekretär im Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen) Axel C. Filges (Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg) Dr. Klaus Asche (Vorstand der ZEIT-Stiftung) Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit (Präses der Justizbehörde) Prantl: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie zu unserer Podiumsdiskussion begrüßen. Ich freue mich sehr, dass ich hier in diesem Saal sein darf. Sie wissen ja, dass es immer wieder Vergleiche zwischen Hamburg und München gibt. Wir haben auch einen schönen Rathaussaal, aber der hier, muss ich zugestehen, ist noch schöner.

Die Hamburger Justiz hat für ihre Zukunftsperspektiven fünf Jahre gearbeitet. Jules Verne hat für seine Reise um die Erde 40 Tage gebraucht. Wir unternehmen jetzt hier das fantastische Unternehmen, in etwa zwei Stunden die Zukunft der deutschen und der europäischen Justiz zu eruieren. Ich darf Ihnen kurz die Besatzung dieses Unternehmens vorstellen:

Ich beginne auf der Rechten mit Dr. Klaus Asche, dem Vorstand der Zeit-Stiftung, früherer Chef der Holsten-Brauerei und der Handelskammer und - was mir beim Blick in mein Archiv besonders gefallen hat - ein Historiker aus Leidenschaft. Und die Historie ist ja vielleicht, wenn wir die Zukunft gestalten sollen, nicht ganz unwichtig.

Zu meiner Rechten Axel C. Filges, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Präsident der Hamburger Rechtsanwaltskammer.

Dann Professor Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem, den ich hier en detail nicht vorzustellen brauche, aber etwas hat mir beim Nachlesen besonders gut gefallen: Ihr Wahlspruch, von Lampedusa aus dem Leopard, der in der FAZ zitiert war: Wer die Dinge bewahren will, der muss sie ändern - ein Motto, das eigentlich über der Podiumsdiskussion stehen müsste.

Des weiteren Wilhelm Rapp, Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts, von dem ich aus dem Archiv eine Äußerung entnommen habe, die mich ein bisschen verdutzt hat: Wir sollten uns fragen, ob die Justiz nicht nur so kompliziert, sondern ob sie auch wirklich so teuer sein muss. Ich habe mich gefragt, ob sie denn wirklich momentan so teuer ist. Aber dazu kommen wir noch.

Und Herrn Staatssekretär im Justizministerium von Nordrhein-Westfalen Dr. Ernst-Hasso Ritter und Frau Senatorin Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit, die ich auch natürlich in Hamburg ABSCHLUSSBERICHT JUSTIZ 2000 nicht vorstellen muss, von der mich aber etwas erstaunt hat, von dem ich nicht weiß, ob es immer noch gilt. Das Archiv Munzinger schreibt zu Ihrer Autorenschaft im BGB-Kommentar von Staudinger, sie seien unter 90 Autoren die einzige Frau. Ich hoffe, das stimmt nicht mehr.

Peschel-Gutzeit: Ich glaube, das hat sich mittlerweile auf drei Frauen bei inzwischen 300 Autoren erhöht.

Prantl: Munzinger ist nicht ganz auf dem Laufenden, aber es hat sich nichts Grundlegendes geändert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, als der damalige Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig im September 1998, kurz vor dem Ende der Ära Kohl, kurz vor der Bundestagswahl, auf dem Juristentag eine große Justizreform ankündigte, stand anschließend über dieses Vorhaben in meiner Zeitung folgender Kommentar zu lesen, aus dem ich Ihnen nur ein paar Sätze zitieren darf: In Sagen- und Märchenbüchern kann man von Menschen lesen, die wie vom Erdboden verschluckt verschwinden und dann nach 100 Jahren aus irgendeiner Höhle wieder an die Welt treten und diese nicht mehr wieder erkennen. Sie sterben dann alsbald, weil sie sich nicht mehr zurecht finden. Es gibt eine Möglichkeit, ihnen den Schock der Moderne zu ersparen - sie in ein deutsches Gericht zu schicken. Dort ist alles beinahe noch so wie im vorigen Jahrhundert. Seit 150 Jahren ist die deutsche Justiz in ihrer Grundstruktur gleich geblieben.

Die Einstimmung in diese Veranstaltung hat mich gelehrt, dass dies jedenfalls in Hamburg nicht stimmt. Ich war, das sage ich jetzt nicht aus Koketterie und um Ihnen schön zu tun, wirklich sehr überrascht von der Breite und der Intensität der Reformbestrebungen und der Bemühungen, die ich hier in den Unterlagen wieder gefunden habe. Ich selbst komme, wie Sie hören und wissen, aus Bayern und habe selber elf Jahre als Richter und Staatsanwalt meinen Dienst geleistet. Von daher weiß ich, dass dieser eigene persönliche Eindruck, der freilich jetzt schon anderthalb Jahrzehnte zurückliegt, nicht so ganz falsch ist. Ich würde jetzt gern einsteigen mit einem Thema, dass uns in den nächsten beiden Wochen äußerst intensiv beschäftigen wird. Wir haben am 6. Dezember die große Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages zur ZPO-Reform. Die Frage, die mir und vielleicht Ihnen auch auf den Nägeln brennt: Ist diese ZPO-Reform ein vernünftiges Projekt, kann sie so etwas sein wie die Initialzündung für noch weit umfassendere, große, für die Zukunft der Justiz unabdingbare Reformen? Herr Professor Hoffmann-Riem - wenn ich Sie als Ersten bitten dürfte.

Hoffmann-Riem: Wenn Sie mir vielleicht die Freiheit geben, nicht bei der ZPO-Reform zu beginnen, sondern bei dem, was hier zunächst angesagt wurde, möchte ich gern die Gelegenheit nutzen, zu sagen, wie ich mich freue, so viele wiederzusehen, die mich in meiner Zeit als Senator begleitet haben. Ich weiß, es sind auch einige dabei, die zugehört haben, als ich im November 1995 den schon mehrfach betonten Vortrag zum Thema Justiz 2000 vor den Hamburger Richterinnen und Richtern gehalten habe. Ich war nur wenige Wochen im Amt, es war meine erste Rede als Justizsenator vor denen, die es anging.

Zukunftstagung Justiz 2010ff. am Bistensee

- schwierige Diskussionen, aber auch einfache Sätze.