Wettbewerb

Ich nenne ein Beispiel. Das Recht, das musterhaft sein wird - und schon jetzt ist für die deregulierten privatwirtschaftlich geprägten Bereiche - wird zunehmend das Wettbewerbsrecht sein. Es wird vom reinen Zivilrecht wegdriften und wird durchaus jetzt schon zum Teil mit Elementen aus dem öffentlichen Recht angereichert. Es macht schon einen Unterschied, ob zum Beispiel Fragen des Rundfunkrechts, des Telekommunikationsrechts oder des Energierechts aus dem Kopf eines Zivilrichters heraus bearbeitet werden oder aus dem Kopf eines Öffentlichrechtlers. Es ist aber nicht einzusehen, warum die Ergebnisse unterschiedlich werden, wenn gewissermaßen die gleichen Gesetze angewandt werden. Auch das wird mittelfristig dazu führen, dass wir eine neue Diskussion bekommen, ob es noch zeitangemessen ist, wie diese Aufteilung aussieht und ob sie so stark ausdifferenziert sein muss. Ich persönlich glaube nein.

Prantl: Es gibt ja zwei Profiteure des komplizierten und differenzierten deutschen Justizwesens. Profiteur eins sind die juristischen Verlage, Profiteur zwei sind die Anwälte. Einen Vertreter der juristischen Verlage haben wir nicht da, aber einen der Anwaltschaft. Der Anwalt hat ja die Rolle auch eines Scouts, eines Pfadfinders durch die Kompliziertheiten des Rechtswesens. Heißt das, Sie würden gerne, um diese Funktion zu behalten, das Gerichtswesen so aufrecht erhalten sehen, wie es momentan ist, oder neigen Sie den Vorstellungen von Herrn Hoffmann-Riem zu, dass doch dies so in seiner Kompliziertheit nicht mehr zu halten ist?

Filges: Zunächst einmal finde ich den Begriff Profiteure ausgesprochen unangebracht. Zweitens hat die Anwaltschaft mit Sicherheit keinen Anspruch darauf, um es etwas spitz auszuformulieren, dass alles so kompliziert bleibt wie es ist, damit sie anständig verdient. Die Frage der Spezialisierung, also allgemeines Rechtshaus oder Spezialitätenshop, stellt sich ja auch für die Anwaltschaft. Und wenn Sie die Szene beobachtet haben - und Sie tun das ja ganz aufmerksam und genau - dann sehen Sie auch, dass die Anwaltschaft hier auch umdenkt und zwar durchaus, Herr Professor Hoffmann-Riem, in Ihre Richtung. Wenn Sie die Diskussion in der Satzungsversammlung verfolgen, dann haben wir Anwälte ja in den letzten zehn Jahren, und ich habe das - das gebe ich ganz ehrlich zu - auch lange gepredigt, das Heil in MODERNE JUSTIZ KONKRET - VERWALTUNGSGERICHT HAMBURG

Der direkte Draht (Fortsetzung)

Der moderne Richterarbeitsplatz erleichtert auch die Kommunikation im Hause. Über E-Mail und gemeinsame Kammerlaufwerke ist etwa der Austausch von Entscheidungen oder auch einfachen Informationen zwischen den Kammermitgliedern und der Geschäftsstelle unkompliziert möglich.

Der heutige Richterarbeitsplatz bietet aber auch beste Voraussetzungen für die Umsetzung künftiger Entwicklungen, wie etwa den elektronischen Rechtsverkehr. Das Verwaltungsgericht Hamburg ist insoweit Pilotgericht und geht ­ wie dargestellt - bereits jetzt einen Schritt auf dem Weg zur elektronischen Akte. Ein nächster Schritt wird auch sein, die Register der Kammern und Dezernate unter Windows darstellbar zu machen.

Den bislang verfolgten Weg wird das Verwaltungsgericht unter Beachtung von Sicherheitsaspekten und Belangen des Datenschutzes weiter beschreiten. der Spezialisierung gesucht. Die Antwort auf die Fragen des Marktes war der Fachanwalt für Arbeitsrecht, der Fachanwalt für Familienrecht, zu deren Erwerb wir schwierige Verfahren eingerichtet haben. Die Kammern sind damit beschäftigt, das in einem durchschaubaren oder weniger durchschaubaren und nach Kammerbezirksgrenzen auch unterschiedlich gehandhabten System zu verwalten. Wir stehen jetzt mit einem Mal vor der Frage: Ist das eigentlich wirklich der richtige Weg? In der letzten Satzungsversammlung, gab es - glaube ich Anträge für 20 oder 25 neue Fachanwaltschaften. Das treibt solche Stilblüten wie Fachanwalt für allgemeines Zivilrecht, das muss man sich also auf der Zunge zergehen lassen.

Das ist nicht mehr nachvollziehbar und ich gebe Ihnen in einem Punkt Recht, da gibt es wirtschaftlich massive Interessen. Dass Anwälte für gute Arbeit auch gern ihr Geld verdienen wollen, und dass sie in der Lage sein müssen, wirtschaftlich unabhängig ihren Rat zu erteilen und ihrem Beruf nachzugehen, das ist auch eine Selbstverständlichkeit. Es ist und bleibt ein Totschlagargument - insbesondere aus dem MODERNE JUSTIZ KONKRET - VERWALTUNGSGERICHT HAMBURG

Das Verwaltungsgericht im Internet

Als erstes Hamburger Gericht nutzt das Verwaltungsgericht das Internet als modernes Kommunikations- und Informationsmittel, um die am Verfahren Beteiligten und die interessierte Öffentlichkeit schneller und zielgerichteter über das Gericht, seine Aufgaben und das gerichtliche Verfahren zu unterrichten. Besucher der Seiten können sich nicht nur über die Öffnungszeiten, die Organisation und die Zuständigkeiten des Verwaltungsgerichts informieren. Sie erhalten auch wertvolle Hinweise, wo und durch wen sie rechtliche Beratung erfahren können. In das Internet eingestellt ist des weiteren ein Prozessführer, der wichtige Verfahrensgrundsätze und Verfahrensabläufe für juristisch nicht vorgebildete Leser verständlich darstellt.

Ferner informiert die Homepage des Verwaltungsgerichts die breite Öffentlichkeit über interessante Verfahren, die demnächst zur Verhandlung anstehen, sowie über Entscheidungen, die aktuell getroffen wurden; die aktuellen Entscheidungen können - selbstverständlich anonymisiert - im Wortlaut nachgelesen werden.

Das bereits bei seinem Internetauftritt im April vielfältige Angebot hat das Verwaltungsgericht in den folgenden Monaten um eine Infothek und um ein Rechtslexikon erweitert. Die Infothek informiert den interessierten Besucher zum einen über Ereignisse, die für das Verwaltungsgericht, aber auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit insgesamt von Bedeutung sind. Zum anderen enthält sie wichtige Hintergrundinformation, die für das Verständnis von Verfahren bedeutsam sind, die beim Verwaltungsgericht zur Entscheidung anstehen. Das Rechtslexikon enthält eine Zusammenstellung und Erläuterung von über 200 rechtlichen Begriffen aus dem Gebiet des Verwaltungs- und Verfassungsrechts. Es wendet sich vor allem an den interessierten, juristisch nicht vorgebildeten Leser und soll eine rasche Orientierung ermöglichen.

Die Homepage des Verwaltungsgerichts ist unter folgender Adresse zu erreichen: www.hamburg.de/verwaltungsgericht.

Bundesministerium - damit jeden kritischen Ansatz anwaltlicher Diskussion in diesem Prozess zu unterbinden.

Prantl: In der Zukunftsschau Ihres Projekts finden sich auch ganz spannende Überlegungen und Zukunftsprognosen in den Nachrichten aus den nächsten zehn Jahren über die Privatisierung verschiedenster Bereiche, die heute ganz selbstverständlich von der Justiz betrieben werden. Es wird prognostiziert die Privatisierung meinetwegen des Mahnwesens, des Grundbuchwesens, der Gerichtsvollzieherrolle. Möglicherweise auch der Gefängnisse. Wie sieht jemand, der aus der privaten Wirtschaft kommt, Herr Dr. Asche, solche Tendenzen? Der auch die Strukturen kennt, die Mentalität kennt, die dort herrscht. Ist das ein Weg, der Zukunft verspricht?

Asche: Er verspricht nicht nur Zukunft, er ist unerlässlich. Über alles andere muss man sicherlich nachdenken. Ich halte es durchaus für vorstellbar und man kann sich das ja auch ansehen, dass es Gefängnisse gibt, die genau wie Krankenhäuser auch, von privaten Investoren errichtet sind, ohne selbstverständlich den Strafanspruch des Staates in irgendeiner Weise zu berühren.

Rapp: Da muss ich ein bisschen widersprechen, Herr Asche. Ich kann mir gut vorstellen, dass man Justiz in weiten Bereichen auch privatisieren könnte. Zum Beispiel würde ich gerne MODERNE JUSTIZ KONKRET - VERWALTUNGSGERICHT HAMBURG Spracherkennung am Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht erprobt in einem Pilotprojekt die digitale Spracherkennung am Richterarbeitsplatz. Hierfür sind anfangs drei, später insgesamt acht Richterinnen und Richter mit einem leistungsfähigen PC und verschiedenen am Markt angebotenen Spracherkennungssystemen ausgestattet worden. Nach einer Experimentierphase ist die Entscheidung einhellig für das Spracherkennungssystem der Firma Dragon gefallen, mit dem nun alle acht Arbeitsplätze ausgerüstet sind.

Die digitale Spracherkennung ermöglicht den Richterinnen und Richtern, ihre Texte (Verfügungen, Beschlüsse, Urteile) in den PC hinein zu diktieren und sofort als geschriebenen Text zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Nach einer (Durst-)Phase des Trainings kann das Programm einen Text weitgehend fehlerfrei erkennen. Es versetzt den Richter damit in die Lage, seine Entscheidungen umgehend schriftlich fertig zu stellen und dem Kanzleidienst digital (per E-Mail) zur Versendung an die Parteien zu übermitteln. Diese neue Technik verändert die Arbeitsweise des Richters, indem sie ihm die lästigen späteren Korrekturen erspart und beschleunigt damit das Absetzen von Entscheidungen maßgeblich.

Gleichzeitig werden hierdurch Kosten gesenkt, da der Arbeitsanfall bei den Schreibkräften reduziert wird.

Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die elektronische Spracherkennung inzwischen am Richterarbeitsplatz einsetzbar und effizient nutzbar ist. Sie beschleunigt die richterliche Arbeit und entlastet das nichtrichterliche Personal sowohl im Hinblick auf die Erstellung des Schreibwerkes als auch im allgemeinen Verfahrensgang.