Finanzstarke Bundesländer wie Hamburg werden durch das derzeitige Verfahren der Umsatzsteuerverteilung nach Einwohnern

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburger Thesen - Drucksache 16/6000 der Entwicklung ihrer eigenen relativen Finanzkraft Transfers zu gewähren, ohne mit dem Verbot der Veränderung der Finanzkraftreihenfolge in Konflikt zu geraten.

16. Finanzstarke Bundesländer wie Hamburg werden durch das derzeitige Verfahren der Umsatzsteuerverteilung nach Einwohnern benachteiligt.

Der Maßstab Einwohner ist zwar derzeit verfassungsrechtlich vorgegeben, weicht aber von der üblichen Vorgehensweise ab, durch die Verteilung der Steuern nach dem örtlichen Aufkommen zunächst die tatsächliche Finanzkraft der Länder festzustellen und damit eine sinnvolle Startbasis für einen Finanzausgleich zu definieren. Die Länderanteile an der Umsatzsteuer sollten deshalb nach regionalem Konsum (Inländerkonzept) verteilt werden.

17. Der Begriff Finanzkraft ist systematisch ausschließlich dem Verfahren des horizontalen Finanzausgleichs unter den Ländern vorbehalten. Ergänzende vertikale Zuweisungen des Bundes werden bei der Bemessung der Finanzkraft nicht berücksichtigt.

Finanzkraft und Finanzkraftreihenfolge 18. Zur Abbildung der finanziellen Bedarfe einer Gebietskörperschaft für die Bewältigung ihrer öffentlichen Aufgaben ist es angemessen und sinnvoll, im Grundsatz an die Anzahl ihrer Einwohner anzuknüpfen. Denn die Bürger sind die Adressaten und Empfänger und damit Orientierungsgröße der staatlichen Leistungen.

Maßstab Einwohner

Die Gewichtung der Anzahl der Einwohner ist ein geeignetes und gängiges Instrument, um strukturell unterschiedliche Bedarfe in Gebietskörperschaften sichtbar zu machen. Mit diesem Instrument werden spezifische Bedarfe anerkannt und systemgerecht zum Ausdruck gebracht. An diesem Instrument sollte festgehalten werden.

Instrument der Einwohnergewichtung

Im Finanzkraftausgleich unter den Ländern (Art. 107 Abs. 2 Satz 1 GG) dürfen keine Sonderbedarfe einzelner Länder berücksichtigt werden. Allein strukturell bedingte Mehrbedarfe sollen eine Berücksichtigung weiterer Bedarfe rechtfertigen können. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt dies für die Stadtstaaten, weil sie wie GroßBürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburger Thesen - Drucksache 16/6000 städte in Flächenländern und Großstädte ohne eigenes kommunales Umland Strukturen aufweisen, die besondere Belastungen verursachen.

Ein sinnvolles Ausgleichsinstrument hierfür ist eine Modifikation des Einwohnermaßstabs in Form einer Einwohnergewichtung. Die Anwendung dieses Instruments ist kein besonderes Entgegenkommen gegenüber den Stadtstaaten, sondern Voraussetzung dafür, dass überhaupt ein einheitlicher Finanzausgleich von Flächenländern und Stadtstaaten stattfinden kann.

21. Die strukturelle Andersartigkeit Hamburgs gegenüber Flächenstaaten ist ökonomisch bzw. finanzwirtschaftlich belegbar. Hamburg hat ein überdurchschnittlich hohes Steueraufkommen, muss aber überproportionale Steuerabflüsse hinnehmen. Überdurchschnittlich hohe öffentliche wie sie für Ballungsräume mit Metropolfunktion üblich, als Folge der Pendlerströme zwangsläufig und aus Wettbewerbsgründen erforderlich sind, sind nachweisbar. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1986 festgestellt, dass das Kriterium der Finanzkraft, gemessen am auf die Einwohnerzahl eines Landes bezogenen Finanzaufkommen, bei den Stadtstaaten wegen vorgegebener struktureller Eigenart von vornherein nicht aussagekräftig ist: Es sei sachgerecht, dies im Länderfinanzausgleich zu berücksichtigen. Dies könne in Form einer Gewichtung der Einwohnerzahl geschehen, die Auswirkungen auf alle Flächenländer hat. Indikator könne ein schlichter Großstadtvergleich sein, in dem Städte vergleichbarer Größe unter Einbeziehung der für sie wirksamen staatlichen Sonderleistungen verglichen werden.

22. Für die Bemessung der konkreten Höhe des Gewichtungsfaktors hat der Gesetzgeber einen Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum. Er kann mehrere sachlich nachvollziehbare Indikatoren für seine Bewertung berücksichtigen. Aus einem Vergleich der Einnahmekraft bzw. des Ausgabenbedarfs der Stadtstaaten mit ihnen strukturell ähnlichen Großstädten in Flächenländern lassen sich Größen ermitteln, die einer Schätzung des angemessenen Bewertungsfaktors zugrunde gelegt werden können. Verschiedene methodische Ansätze im Verfahren eines indirekten Großstadtvergleichs führen nicht zu signifikant unterschiedlichen Ergebnissen.

Im Übrigen kann auf die bereits 1986 erprobte Untersuchungsmethode Bemessung des Gewichtungsfaktors Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburger Thesen - Drucksache 16/6000 des Ifo-Instituts zurückgegriffen werden.

23. Die Höhe der Einwohnergewichtung von derzeit 135 vom Hundert kann beibehalten werden, obwohl für Hamburg sogar eine höhere Gewichtung begründbar ist. Der Faktor ist das Ergebnis eines komplexen Bewertungsvorgangs, in dem Pauschalierungen und Verallgemeinerungen vertretbar sind. Der Gewichtungsfaktor sollte in regelmäßigen Zeitabständen überprüft werden. Methode des Vergleichs, Höhe des Gewichtungsfaktors und Verfahren der Überprüfung müssten im Gesetz festgeschrieben werden.

24. Würden zukünftig Gemeindeeinnahmen in nicht pauschal gekürzter Höhe berücksichtigt, führte dies zu einer Benachteiligung insbesondere Hamburgs. Das Problem der Einbeziehung von Gemeindesteuern bedarf einer grundsätzlichen Lösung, für die sich zwei Alternativen anbieten: Befürwortet man die Annahme eines engen Finanzverbundes zwischen Land und Gemeinden, so sind die Gemeindesteuern voll einzubeziehen. Da mit dieser Alternative allerdings die Grenzbelastungen erheblich steigen, ist eine Korrektur des Ausgleichstarifs zwingend erforderlich. Erachtet man die Gemeinden als wirklich eigenständige Einheiten, ist ökonomisch jede Einbeziehung ihrer Finanzen ausgeschlossen.

Gemeindefinanzen:

Die Berücksichtigung von sog. Hafenlasten hat aus gesamtstaatlichem Interesse eine lange Tradition im deutschen Finanzausgleichsrecht. Die Aufwendungen Hamburgs für den Hafen werden dabei nur zu einem Teil berücksichtigt. Die Behandlung der Hafenlasten im Länderfinanzausgleich ist jedoch aus finanzsystematischen Gründen nicht ohne Problematik, es sollten daher längerfristig praktikablere Alternativen zur jetzigen Regelung gesucht werden, z. B. auf der Grundlage von Art. 104a Abs. 4 GG. Hafenlasten 26. Beim derzeitigen Länderfinanzausgleich sind hohe Grenzbelastungen feststellbar. Aufgrund der hohen Abschöpfungsraten des jetzigen Systems verlieren die Länder einen erheblichen Teil ihrer zusätzlichen Steuereinnahmen und damit den fiskalischen Ertrag ihres Wirtschaftswachstums.