race to the bottom diskutiert mithin die Frage ob und wann ein Steuerwettbewerb ruinös für Gebietskörperschaften wird

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Anlage XII - Drucksache 16/6000

Zu detaillierten Feststellungen, ob und inwieweit ein Abwägungsprozess zwischen dieser Tendenz im Gegensatz zu einer dennoch anzustrebenden regionalen Besteuerung gewichtungsfähige Ergebnisse zu Tage fördern kann, konnte bislang keine Aussage gefunden werden.

bb. Als weiteres Problem wird ein sog. race to the bottom diskutiert, mithin die Frage, ob und wann ein Steuerwettbewerb ruinös für Gebietskörperschaften wird. Empirische Ermittlungen hätten ergeben, dass es keinen stichhaltigen Beleg für ein race to the bottom-Phänomen auf internationaler Ebene gibt. Gegenteilige Behauptungen würden sich lediglich auf den aktuellen Rückgang der Körperschaftsteuersätze beziehen. Dieses Argument greife angesichts der internationalen Tendenz der Verbreiterung von Bemessungsgrundlagen jedoch nicht. Denn die Entwicklung des Körperschaftsteueraufkommens sei international gleichgeblieben. Zusätzlich sei empirisch gezeigt worden, dass sich bei Kapitalsteuern kein Steuersenkungswettlauf nachweisen ließe. Im Übrigen könnten die zahlreichen Steuerstrafverfahren wegen verschleierter Kapitalverlagerungen ins Ausland andeuten, dass bereits eine verhinderte Durchsetzung dieser Steuern das Entstehen eines solchen Senkungswettbewerbs begrenzt.

cc. Schließlich wird als Gegenargument zu regionaler Steuerautonomie angeführt, Regionen im föderalen Wettbewerb seien nicht in der Lage, Umverteilungsaufgaben befriedigend wahrzunehmen. dd. Wenn zusätzlich eine Konsequenz aus den Erörterungen über internationalen Steuerwettbewerb für Fragen regionalen Steuerwettbewerbs gezogen werden kann, dann vielleicht der Hinweis, dass aus dem internationalen Bereich bekannte Diskussionen und Entscheidungen über fairen und unfairen Steuerwettbewerb zur Definition schädlichen Steuerwettbewerbs auf regionaler Ebene notwendig werden könnten.

Näher zu den für den internationalen Steuerwettbewerb bedeutsamen institutionellen Regeln Jahresgutachten 1998/99 - BT-Drs. 14/73, Kasten 7 (S. 189 ff.). Zur Beurteilung eines schädlichen Steuerwettbewerbs bezieht sich das Jahresgutachten 1998/99 - BT-Drs. 14/73, Rn 309 (S. 192) auf einen entsprechenden Katalog zur Identifizierung, der von der OECD 1998 veröffentlicht worden ist. Dabei wird ähnlich wie zur Frage regionaler Steuerautonomie finanzwissenschaftlich die Schädlichkeit eines Wettbewerbs der nationalen Steuersysteme z.T. grundsätzlich bezweifelt; vgl. Oppermann, Europarecht, § 16 Rn 1177 a.E. unter Hinweis auf Prosi, FAZ 23.03.1996 und Peffekoven, FAZ 28.08.1996.

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Ob und inwieweit eine solche Kategorisierung auch im regionalen Finanzbeziehungsgeflecht zwischen Gebietskörperschaften erforderlich würde, soll damit an dieser Stelle nicht gemutmaßt werden.

d. Bezogen auf die deutsche Situation herrscht ebenso Uneinigkeit, inwieweit es Sinn macht, eine Stärkung der Steuerautonomie der Länder durch ein umfassendes System des Steuerwettbewerbs zu diskutieren. Huber subsumiert den Verzicht auf Steuerautonomie und Steuerwettbewerb im deutschen Föderalismus jedenfalls als Schlüsselproblem, dem eine Reform zu Leibe rücken müsse. Er diskutiert die Alternativen des sog. Trennsystems bzw. des sog. Zuschlagsystems145 über die Vor- und Nachteile des Trennsystems. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass der föderale Wettbewerb als Wettbewerb der Steuersätze konzipiert werden solle, d.h., Steuerbemessungsgrundlagen in Gliedstaaten harmonisiert werden sollten. Denn nach einer OECD-Untersuchung aus dem Jahr 1998 wären mit einem auch diesbezüglichen Wettbewerb gravierende Probleme verbunden, ohne dass damit abschließend geklärt werden kann, ob nicht die Unübersichtlichkeit über die Besteuerungsgrundlagen einen Vorteil für die Staaten darstellen könnte, soweit sie eine zu hohe Komplexität und damit zu viel Aufwand in der Steuerberatung nach sich ziehen würden.

Aus wettbewerblichen Gesichtspunkten wird von diesen Vertretern der Wirtschaftswissenschaften angeraten, Besteuerung bei mobilen Faktoren stärker zu regionalisieren, diese aber auf Steuersätze im Rahmen eines Zuschlagsystems zu beschränken.

Wenig Sinn in der Diskussion eines auf Deutschland bezogenen Systems von Steuerwettbewerb sieht Deubel und begründet dies wie folgt:

- In Deutschland würden für ein stringentes Wettbewerbsmodell praktisch alle Voraussetzungen fehlen, nämlich sowohl eine weitgehende Einnahme- und Ausgabenautonomie der Länder wie die überwiegende Identität zwischen Kostenträgern (Steuerzahlern) und Nutznießern öffentlicher Leistungen. Zusätzlich müssten die Wenig Sinn darin sieht Deubel, Wettbewerb, in: Morath, Reform, S. 70.

Ausdrücklich Huber, Steuerwettbewerb, in: Morath, Reform, S. 62; Entsprechend dem Prinzip fiskalischer Äquivalenz denkt er zunächst etwa an Studiengebühren und Schulgeld, a.a.O., S. 63.

D.h. der eigenen Steuergesetzgebungskompetenzen der Länder.

Beifügung regionaler Zuschläge zu den Bundessteuern.

Länder/Gemeinden bundeseinheitlich festgelegte Sozialleistungen erbringen, die gerade strukturschwache Regionen besonders belasteten.

- Eine stark nivellierende Verteilung der Gesamtsteuereinnahmen habe den Vorteil, dass jedenfalls die Steuerzerlegung zwischen den Ländern recht pragmatisch erfolge. Eine Absenkung der Nivellierung hätte erheblich kompliziertere Verfahren bei der Steuerzerlegung zur Folge.

- Im aktuellen System der Politikverflechtung und des Konsensprinzips seien keine dramatischen Veränderungen zu erwarten.

- Hebesatzvariationen würden nur Sinn machen, wenn diese ausschließlich zur Finanzierung höherer oder geringerer regionaler Infrastruktur dienen würden. Die Praxis der Kommunen in Deutschland zeige aber, dass Hebesatzvariationen in Form von Anhebungen der Gewerbesteuersätze nicht zur Erhöhung oder Senkung des gemeindlichen Leistungsangebotes verwendet werden können, sondern zur Finanzierung steigender Soziallasten dienen müssten.

2. Zusätzliche Hinweise von van Suntum aus der aktuellen Diskussion zum Stichwort Regionale Steuerautonomie Van Suntum geht davon aus, das jedenfalls immobile Faktoren einen Ansatzpunkt für regionale Besteuerung bieten (Stichwort: Grundsteuer); mobile Aspekte führten als Ansatzpunkte regionaler Besteuerung zu einem effizienten Steuerwettbewerb, wenn sichergestellt werde, dass damit keine Verschärfung des Steuer- und Transfersystems verbunden sei.