Veranschlagung von Zinsen als Investitionen

Die haushaltsmäßige Bewirtschaftung des Bremer Kapitaldienstfonds entspricht derzeit nicht den Regeln, weil dort falsche Zuordnungen zu investiven Ausgabezwecken erfolgen. Insbesondere bei den volumenmäßig größten Projekten des Bremer Kapitaldienstfonds, denen des ISP, fehlt es durchweg an der Einrichtung von separaten Haushaltsstellen für die beiden Ausgabezwecke Tilgungen und Zinszahlungen, obgleich dies nach dem vom Senator für Finanzen entwickelten Regelwerk für Kapitaldienst- und Zwischenfinanzierungen ausdrücklich vorgeschriebenen wird.

Eine solche Zweiteilung ist geboten, weil gerade das ISP als Investivprogramm verlässliche Daten hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Wirkung enthalten muss.

Den Projekten des ISP ist jedoch jeweils entweder für Zinsen und Tilgungen dieselbe (investive) Haushaltsstelle oder lediglich eine Haushaltsstelle für Tilgungen zugeordnet worden, für Zinsen dagegen keine. Gleichwohl sind bei diesen Haushaltsstellen zumindest ab dem Haushaltsjahr 2000 bereits Beträge auch für Zinsen gebucht worden.

Verstärkt fallen diese Zinsverpflichtungen seit Beginn des Jahres 2001 an. Der Rechnungshof hat den Senator für Finanzen deshalb gebeten, die für die Projektdurchführung verantwortlichen Fachressorts zu veranlassen, für das Haushaltsjahr 2001 umgehend separate Haushaltsstellen für Zinsen und Tilgungen einzurichten und Zahlungen an den Bremer Kapitaldienstfonds und ggf. an andere Finanzierungsträger künftig ausschließlich darüber abzuwickeln und Falschbuchungen zu berichtigen.

Der Senator für Finanzen ist zurzeit nicht bereit, nach dem Regelwerk zu verfahren.

Die vom Senat anlässlich der Eckwertberatungen zur Aufstellung der Haushalte 2002/2003 geforderte vorrangige Abfinanzierung der vorfinanzierten Projekte muss nach Auffassung des Rechnungshofs zu den in den Richtlinien für Kapitaldienstund Zwischenfinanzierungen eindeutig vorgeschriebenen Bedingungen erfolgen.

Bei den in Rede stehenden Projekten des Bremer Kapitaldienstfonds belaufen sich die Zinsen gemäß den Zins- und Tilgungsplänen innerhalb der nächsten Jahre bereits auf Beträge in dreistelliger Millionenhöhe, die ­ bei Fortsetzung der falschen Zuordnung ­ aus investiven Haushaltsstellen der Fachressorts, vornehmlich des Ressorts Wirtschaft und Häfen, geleistet würden.

Insbesondere angesichts der Größenordnung kann die Bremische Bürgerschaft ohne eine regelgerechte Aufteilung von Zinsen und Tilgungen kein klares Bild über den Fortgang der Sanierung gewinnen. Die uneinheitliche Anwendung des Regelwerks führt zudem zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung einzelner Ressorts, indem bestimmte Bereiche die Folgen in Form von Zinsausgaben für ihre (vorzeitige) Projektdurchführung nicht aus ihren konsumtiven Eckwerten tragen müssen, sondern aus investiven Mitteln zahlen. Das bei Einführung der am Werteverzehr orientierten Kapitaldienstfinanzierung vom Senator für Finanzen besonders hervorgehobene Ziel, dass jedes Ressort verursachungsgerecht aus seinen konsumtiven Mitteln die Zinsausgaben trägt, wird unterlaufen.

Keine Abgrenzung bei betriebswirtschaftlich rentablen Maßnahmen

Bei der haushaltsmäßigen Vorfinanzierung von betriebswirtschaftlich rentablen Maßnahmen wird zzt. noch von vornherein nicht nach konsumtiven und investiven Maßnahmen bzw. nach entsprechenden Anteilen innerhalb einer Maßnahme unterschieden. Dies gilt insbesondere für Organisationsuntersuchungen (s. im Einzelnen dazu Jahresbericht ­ Land ­ 2000, Tz. 116). Der Rechnungshof hat dieses Problem zusammen mit anderen Fragen bei der Überarbeitung des Regelwerks für die kreditfinanzierte Durchführung so genannter rentabler Maßnahmen mit dem Senator für Finanzen erörtert. Gemeinsam mit ihm geht er davon aus, dass die Kreditfinanzierung dieser konsumtiven Ausgaben ein Sonderfall ist, der nur unter den besonderen Bedingungen der anerkannten Haushaltsnotlage Bremens bis 2005 akzeptiert werden kann.

Diese ausnahmsweise Hinnahme von Kreditfinanzierung konsumtiver Ausgaben kann nicht auf Anschubfinanzierungen bei bremischen Gesellschaften übertragen werden. Der Senator für Finanzen plant erneut, eine bremische Gesellschaft, die sich nicht aus eigenen Einnahmen trägt, anteilig über Kredite aus dem Kontingent für betriebswirtschaftlich rentable Maßnahmen zu finanzieren. Die Finanzierung soll sich auf den Zeitraum von 2002 bis 2005 erstrecken. Diese Planung entspricht nicht dem Regelwerk, das eine Finanzierung des laufenden Bedarfs nicht vorsieht (vgl. bereits Jahresbericht ­ Land ­ 2000, Tz. 111). Der Rechnungshof wird die bevorstehenden endgültigen Entscheidungen zur Finanzierung dieser und auch anderer bremischer Gesellschaften verfolgen und ggf. darüber in seinem nächsten Jahresbericht berichten.

Diskussion über den Investitionsbegriff

Bei der Bewertung der o. a. Einzelfälle hat der Rechnungshof den Investitionsbegriff des § 10 Abs. 3 und entsprechend § 13 Abs. 3 LHO zugrunde gelegt.

Die in letzter Zeit wieder aufgekommene generelle Diskussion über den Investitionsbegriff ändert daran nichts. So wird z. B. die Auffassung vertreten, dass ein Großteil der Ausgaben im Rahmen des Hochschulgesamtplans III Investitionen in Köpfe seien und es mithin erlaubt sein müsse, diese Ausgaben nicht aus laufenden Einnahmen, sondern mit Krediten zu finanzieren. Dies sei als zukunftsgerichtete Investitionspolitik zu verstehen.

So interessant diese Überlegungen sind, die o. a. Rechtslage lässt eine solche Auslegung des Investitionsbegriffs nicht zu. Die Rechtslage fußt im Wesentlichen auf dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 18. April 1989, 2 1/82 79, S. 311 ff.). Das Gericht hat u. a. festgestellt, dass eine Ausweitung des Investitionsbegriffs ­ etwa im Hinblick auf Ausgaben für Ausbildung (human capital) ­ weder aus der Entstehungsgeschichte noch aus Sinn und Zweck des Artikels 115 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 GG hergeleitet werden kann. Eine Ausweitung würde der normativen Intention dieser Bestimmung, die Staatsverschuldung zu begrenzen, geradewegs zuwiderlaufen.

Bremen, den 3. September 2001

Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen Spielhoff Prof. Dr. Baltes Jacobs Kolbeck-Rothkopf Anlage zum Ergänzungsbericht des Jahresberichts 2001 ­ Land ­ (s. Tz. 15)

Eine Vergleichbarkeit der im Vermögensnachweis zum 31. Dezember 2000 (liegt gegenwärtig nur im Entwurf vor) nachgewiesenen Schulden des Landes mit dem in Tz. 16 des Ergänzungsberichts tabellarisch ausgewiesenen Schuldenstand ist nur schwer herstellbar. Dies hat folgende Gründe:

· Die in den Haushaltsplänen 1999 und 2000 im Haushaltsvermerk bei Hst. 0980/- 30-0 enthaltene Ermächtigung zur vorgriffsweisen Inanspruchnahme des Kreditrahmens des Folgejahres führte zu einer unterschiedlichen Darstellung der Schuldenaufnahme in der Haushaltsrechnung und im Vermögensnachweis. Die in den nachfolgenden Tabellen dargestellten Schuldenstände stellen eine Fortschreibung der Schuldenstände auf der Basis der in der Haushaltsrechnung ausgewiesenen Nettoneuverschuldung dar, in der die Verrechnungen zwischen den Haushaltsjahren enthalten sind. Dagegen bezieht sich der Stand der Verschuldung laut Vermögensnachweis auf die am 31. Dezember eines jeden Kalenderjahres erfassten fundierten Schulden.

· In den Beträgen der Zu- und Abgänge (s. Pos. 6 a und 6 c des Vermögensnachweises) sind drei Beträge für Kreditaufnahmen enthalten, die zwar das Land getätigt hat, die aber aus dem Landeshaushalt an die Stadt, an den Bremer Kapitaldienstfonds sowie an JUDIT überwiesen wurden; gleichzeitig sind Verbindlichkeiten der Empfänger von rund 880,1, rund 202,5 sowie 0,5 Mio. DM entstanden. Die Beträge sind in der Nettokreditaufnahme des Landes nicht mehr enthalten. Der Vermögensnachweis ist gleichwohl nicht zu beanstanden, weil er in gleicher Höhe bei der Darstellung des Vermögens Forderungen an die Stadt, den Bremer Kapitaldienstfonds und JUDIT ausweist. Allerdings ist die tatsächliche Höhe der Schulden des Landes somit nicht mehr der Darstellung des Vermögensnachweises zu entnehmen.

· Im Vermögensnachweis sind die Schulden des Bremer Kapitaldienstfonds auf der Basis eines internen Überwachungssystems des Senators für Finanzen zum Stichtag 31. Dezember 2000 mit rund 488,4 Mio. DM dargestellt und enthalten nicht die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rahmen-(Kassen-)kredite in Höhe von rund 243,9 Mio. DM. Die Berechnung des Schuldenstandes zum Haushaltsabschluss (2. April 2001), deren Ergebnis in die Tabellen ab Tz.605.010,60 DM.

In der Summe der Netto-Neuverschuldung sind sowohl die bis zum Haushaltsabschluss aufgenommenen fundierten Kredite als auch die bis zu diesem Zeitpunkt mit insgesamt 205.486.261,81 DM in Anspruch genommenen Rahmenkredite (Kassenkredite) enthalten. Bei den Rahmenkrediten handelt es sich um Überziehungskredite bei den bei der Landeshauptkasse geführten Projektkonten, die für die Durchführung von Investitionsvorhaben eingerichtet wurden.

Die vorgenannten Beträge enthalten auch Buchungen zwischen dem 31. Dezember 2000 und dem 2. April 2001, dem Zeitpunkt des Haushaltsabschlusses. Sie sind daher weder mit dem im Jahresbericht 2000 zur Sanierung der bremischen Haushalte des Senators für Finanzen vom Mai 2001 genannten Schuldenstand des Bremer Kapitaldienstfonds in Höhe von rund 488,4 Mio. DM (Stichtag 31. Dezember 2000) noch mit den zum 13. Monat nachgewiesenen Kassenkrediten bei den Projektkonten des Bremer Kapitaldienstfonds (auf das Haushaltsjahr 2001 übertragene Endsalden in Höhe von 297.827.416,27 DM bei den Konten der Kontengruppe 5851/9....) vergleichbar.

Im internen Überwachungssystem des Senators für Finanzen sind zum 31. Dezember 2000 folgende Bestände dargestellt: Rahmen-(Kassen-)kredite: 243.908.245,99 DM, Fundierte Schulden: 488.411.033,35 DM, Verbindlichkeiten gesamt: 732.319.279,34 DM.

Diese Verbindlichkeiten betreffen sowohl Kapitaldienst- als auch Zwischenfinanzierungen für das Land und die Stadtgemeinde Bremen.

Die Unterschiede zwischen diesen und den in der Rechnung des Bremer Kapitaldienstfonds nachgewiesenen Beträgen erklären sich allerdings nicht nur aus der Unterschiedlichkeit des Bezugszeitpunkts, sondern auch daraus, dass bei der Kontenschreibung der Landeshauptkasse und den Aufzeichnungen im internen Überwachungssystem des Senators für Finanzen in einzelnen Fällen nicht von denselben Haushaltsjahren ausgegangen worden ist. Dies lag vor allem daran, dass die für eine sachgerechte Abstimmung erforderlichen technischen Mittel nicht zur Verfügung standen.

Für das Jahr 2001 beabsichtigt der Senator für Finanzen eine verbesserte Haushaltsüberwachung durch ein ergänzendes DV-Verfahren. Der Rechnungshof unterstützt diese Bemühungen zur Erreichung einer größeren Transparenz bei der Darstellung der Schulden des Bremer Kapitaldienstfonds.