Initiative für einen sicheren Schulweg

Seit 1998 werden an einzelnen Schulen in Nordrhein-Westfalen engagierte Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren zu ehrenamtlich arbeitenden Fahrzeugbegleitern in öffentlichen Verkehrsmitteln ausgebildet. Bereits mehr als 150 speziell trainierte Schüler arbeiten im Bogestra-Betrieb (Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG) in Bochum, Gelsenkirchen, Witten und Herne. Das Modellprojekt Ohne Gewalt stark wurde vom Verkehrsbetrieb, den Schulen und der Polizei initiiert. Gegenstand des polizeilichen Trainings ist es, die Schüler dahin gehend zu stärken, auffällig werdende Jugendliche von kriminellen Handlungen abzuhalten und ein angenehmes Miteinander durch Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft zu fördern. Dabei wird sorgfältig auf die Eignung jedes einzelnen Schülers geachtet, um etwaige potenzielle Täter von der Ausbildung auszuschließen.

Das Projekt gilt als sehr erfolgreich. Die Bogestra verzeichnet seit 1998 bis zu 40 Prozent weniger Vandalismus-Schäden, die Polizei-Einsätze sind seltener geworden. Die Schüler und Eltern begrüßen einen sicheren und sauberen Schulweg.

In Thüringen und Baden-Württemberg laufen derzeit Verhandlungen, das Projekt der jugendlichen Fahrzeugbegleiter auch auf diese Bundesländer auszuweiten.

Ich frage den Senat:

1. Ist dem Senat dieses Projekt bereits bekannt?

Das BOGESTRA-(Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn-)Projekt Fahrzeugbegleiter wurde am 5. April 2001 auf einer Fachtagung in Bochum öffentlich vorgestellt. Das Projekt wird im Rahmen des zeitlich begrenzten Schülerverkehrs innerhalb des öffentlichen Linienverkehrs durchgeführt und hat das Ziel, körperliche Auseinandersetzungen zwischen Schülerinnen und Schülern in den Fahrzeugen und Sachbeschädigungen an den Fahrzeugen der BOGESTRA zu vermeiden. Ausgebildete jugendliche Fahrzeugbegleiterinnen und Fahrzeugbegleiter fahren in den von Schülerinnen und Schülern benutzten Fahrzeugen mit und schalten sich bei möglichen Konflikten und Problemen zwischen den meist gleichaltrigen Fahrgästen gewaltfrei ein. Sie sind Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für die Schülerinnen und Schüler und die Fahrerin bzw. den Fahrer. Sie stellen sich vor ihrem ersten Einsatz in den betreffenden Schulklassen vor, so dass sie als Fahrzeugbegleiter den Fahrgästen bereits bekannt sind. Nähere Angaben zu dem Projekt sind auch über das Internet http://www.bus-undbahn.de/Presse zu finden.

2. a) Hält der Senat ein derartiges Projekt auch für das Verkehrsnetz des Hamburger Raumes, gerade auch in Anbetracht der hohen Jugendkriminalität und der in einer Großstadt erniedrigten Hemmschwelle Jugendlicher, kriminelle Handlungen zu begehen, für angebracht? Wenn nein, warum nicht?

Das BOGESTRA-Projekt ist nicht direkt auf Hamburg übertragbar, weil in Hamburg ­ mit Ausnahme der Behindertenbeförderung und einer Sonderregelung für zwei Harburger Schulen ­ kein gesonderter Schülertransport stattfindet. Hamburger Schülerinnen und Schüler benutzen Fahrzeuge des normalen Linienverkehrs des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV), in denen Jugendliche nicht die Rolle von Sicherheitskräften übernehmen können.

Für Sicherheit in U- und S-Bahnen sind im Übrigen die U- und S-Bahn-Wachen sowie die Polizei zuständig und erfolgreich tätig.

2. b) Inwieweit ist der Senat in Kenntnis über eine geplante oder bereits bestehende Kooperation zwischen dem HVV (Hamburger Verkehrsverbund), der Polizei und den Schulen, die zum Ziel hat, Jugendliche als Fahrzeugbegleiter speziell auszubilden, gerade auch in Hinblick auf die erzielten Erfolge in Nordrhein-Westfalen?

Die Verkehrsunternehmen des Hamburger Verkehrsverbundes betreiben seit Jahren eine Schulberatung, bei der die Schülerinnen und Schüler bereits in jungen Jahren an die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel herangeführt werden, z. B. auch durch Schülererlebnistage auf Betriebshöfen. Durch die Beteiligung von Polizei sowie U- und S-Bahn-Wache wird auch dem Aspekt Sicherheit und Verhalten in den Verkehrsmitteln große Aufmerksamkeit geschenkt. Eine Weiterentwicklung dieses Konzepts auch unter Einbeziehung der Erfahrungen bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn wird vom HVV angestrebt.

Weitergehende Kenntnisse über Kooperationen mit dem Ziel, Jugendliche als Verkehrsbegleiter entsprechend dem Konzept der BOGESTRA auszubilden, liegen nicht vor.

3. Sind dem Senat bereits Initiativen von Schulen und/oder Eltern bekannt, die darauf abzielen, den Schulweg sicherer und sauberer zu gestalten? Wenn ja, welche?

4. Ist der Senat über Initiativen des HVV zur Eindämmung von Vandalismus-Schäden und zur Gewährleistung von sicheren und sauberen Transportmitteln informiert?

An allen Grundschulen wird unter Beteiligung der Eltern und der Polizei ein Schulwegtraining durchgeführt. Die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung und der HVV haben gemeinsam Projekte für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) entwickelt: Zur Sicherheit im ÖPNV werden insbesondere in den vierten bis sechsten Klassen verschiedene HVV-Projekte durchgeführt unter anderem mit dem Ziel, Kinder und Jugendliche in die Lage zu versetzen, Bus und Bahn sicher, selbstständig, umsichtig und verantwortungsvoll zu benutzen. Für die Jahrgangsstufen 8 bis 10 wurde das Projekt Mobil mit Bus und Bahn entwickelt, in dessen Rahmen sich die Jugendlichen auch mit dem Thema Vandalismus und Verhalten in den Verkehrsmitteln auseinander setzen und besondere Aktionen gemeinsam von Schulen und Verkehrsbetrieben durchgeführt werden, wie z. B. die Aktion Materialien für den Unterricht, unter anderem das Schülerbuch Mobil mit Bus und Bahn werden im Unterricht eingesetzt.

In Kooperation mit der HVV-Schulberatung werden Seminare für Lehrerinnen und Lehrer zum Thema Verkehrssicherheit angeboten und die Schulen bei der Durchführung von Projekten zum Themenbereich Öffentliche Verkehrsmittel unterstützt. Darüber hinaus bietet die HVV-Schulberatung Erlebnistage für Schulklassen an, an denen die Schülerinnen und Schüler Verkehrsbetriebe erkunden.

Fester Bestandteil ist dabei auch die Auseinandersetzung mit Vandalismus in Bussen und Bahnen.

Beispielhaft sind in diesem Zusammenhang folgende Initiativen und Aktionen zu nennen:

­ Die stadtteilorientierte Anti-Graffiti-Aktion im Juni 1999 in Farmsen unter dem Motto Viele Hände für saubere Wände an verschiedenen Schulen,

­ eine Anti-Graffiti-Aktion in Wilhelmsburg seit dem Frühjahr 2001, an der sich im Rahmen eines Mal- und Verschönerungsprojektes Schulen und Kindertagesstätten beteiligen,

­ das vom HVV und der Polizei unterstützte Projekt Paint a Bus ­ Gestalten statt zerstören in Poppenbüttel,

­ der bei der Herstellung von der Polizei unterstützte Lehrfilm für Hamburger Schulen ab der 5. Jahrgangsstufe zur Graffiti-Problematik, der durch den HVV produziert wurde.

Die Verkehrsunternehmen im Hamburger Verkehrsverbund verfolgen ­ unter anderem mit finanzieller Unterstützung aus dem öffentlichen Haushalt ­ ein umfangreiches Spektrum von Initiativen zur Eindämmung von Vandalismus-Schäden und zur Gewährleistung von sauberen und sicheren Transportmitteln, z.B.:

­ Schwerpunkteinsätze der Sicherheitskräfte von U- und S-Bahn-Wache,

­ verstärkte Unterstützung durch den Bundesgrenzschutz, unter anderem zur Überwachung der Zugabstellanlagen in den Nachtstunden,

­ bedarfsgerechte Reinigung der Anlagen und Fahrzeuge und schnelle Beseitigung von Graffiti,

­ Einsatz von Fahrgastbetreuern,

­ Erprobung von Videoüberwachung auch in den Fahrzeugen.

5. Erachtet der Senat es für sinnvoll, unabhängig von der Einsetzbarkeit speziell ausgebildeter Jugendlicher im öffentlichen Verkehrsnetz, ein polizeiliches Training zur physischen und psychischen Stärkung potenziell gefährdeter Jugendlicher in den Lehrplan aufzunehmen (etwa analog dem Verkehrstraining durch die Polizei in der Grundschule)? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie weit sind die diesbezüglichen Vorbereitungen und wann ist an welchen Schulen mit dem Beginn der Durchführung zu rechnen?

Die Polizei leistet bereits erhebliche Beiträge zur präventiven Einwirkung auf gefährdete Jugendliche, vor allem durch

­ die Polizeibeamtinnen und -beamten in unterschiedlichen Funktionen, die auf Delinquenz Jugendlicher mit normverdeutlichenden Maßnahmen und Gesprächen reagieren und so frühzeitig, kommunikativ und spezialpräventiv gegen die Verfestigung strafbaren Verhaltens agieren,

­ die Jugendschutzbeamtinnen und -beamten, die neben den klassischen Aufgaben des Jugendschutzes deeskalierend auf gewaltbereite Jugendgruppen einwirken,

­ die nebenamtlich tätigen Beamtinnen und Beamten des Kinder- und Jugendpräventionsprogramms, die in Kooperation mit Schulen und Lehrkräften Präventionsunterrichte gestalten,

­ die polizeilichen Jugendbeauftragten, die beratend, koordinierend und aktivierend gegen Jugenddelinquenz tätig sind.

Auch die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung setzt auf präventive Maßnahmen zur Verminderung von Gewalthandlungen an Schulen und darüber hinaus auch auf dem Schulweg. Dazu dient insbesondere das Projekt Streitschlichtung, an dem sich bisher bereits ca. 40 Hamburger Schulen beteiligen. Die zuständige Behörde beabsichtigt, dieses Projekt auszuweiten und weitere Schülerinnen und Schüler zu Streitschlichterinnen und Streitschlichtern auszubilden. Dieses Programm hat seinen Schwerpunkt in der Stärkung individueller Handlungsmöglichkeiten in Konfliktsituationen und in der Befähigung zur Risikoanalyse in Bezug auf den Umgang mit delinquentem Verhalten von Mitschülerinnen und Mitschülern, z. B. bei gewalttätigen Handlungen auch in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die erzieherische und präventive Einwirkung auf bzw. die Betreuung von gefährdeten Jugendlichen ist jedoch nicht allein und vordringlich die Aufgabe der Polizei und der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung. Neben den öffentlichen Institutionen der Jugendhilfe und der Justiz sind hier auch Einrichtungen wie freie Träger der Jugendhilfe, Sportvereine, Gewerkschaften oder andere auf ehrenamtliches Engagement bauende Organisationen wie z. B. die Freiwillige Feuerwehr, vor allem aber auch die Familien bzw. die Sorgeberechtigten der Betroffenen gefordert. Die genannten Institutionen leisten hierzu umfangreiche und wertvolle Beiträge auf unterschiedlichen Ebenen. Siehe hierzu im Übrigen auch Drucksache 16/5498.