Aufenthaltsdauer von Kindern und Jugendlichen in den Hamburger Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung

7. Wie lang ist im Durchschnitt die Aufenthaltsdauer der Kinder in diesen Einrichtungen und welche Anschlussmaßnahmen werden vorgehalten?

Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Kindern und Jugendlichen in den Hamburger Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung ­ aufgeschlüsselt nach den einzelnen Hilfeformen ­ für das Jahr 2000 ist folgender Tabelle zu entnehmen.

Durchschnittliche Verweildauer in Tagen

§ des SGB VIII Inhalt 2000

§ 28 Erziehungsberatung 128

§ 29 Soziale Gruppenarbeit 197

§ 30 Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer 125

§ 31 Sozialpädagogische Familienhilfe 125

§ 32 Erziehung in einer Tagesgruppe 164

§ 33 Vollzeitpflege 558

§ 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform 281

§ 35 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung 104

§ 35a Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche 472

1 Die Verweildauer wie folgt errechnet: Die Hilfen zur Erziehung werden in einer verwaltungsinternen Datenbank registriert. Bei jeder in 2000 beendeten Hilfe wurde die Dauer zwischen dem Hilfebeginn und dem Hilfeende errechnet. Im nächsten Schritt wurde aus der Grundgesamtheit dieser Daten das statistische Mittel der Hilfedauer nach Hilfearten gebildet.

Die Betreuungsverläufe sind den pädagogischen Notwendigkeiten des Einzelfalls angepasst und gestalten sich individuell verschieden. Grundsätzlich stehen das gesamte Spektrum der Hilfen zur Erziehung sowie andere Hilfen als Anschlussmaßnahmen zur Verfügung.

8. In welchem Maße werden diese Kinder psychiatrisch betreut?

Für psychotherapeutische Behandlung und Beratung stehen in allen Bezirken Erziehungsberatungsstellen zur Verfügung. Sofern psychiatrische Diagnose und Therapie erforderlich ist, kann auf das Netz jugendpsychiatrischer Dienste in Hamburg (jugendpsychiatrische Dienste in den Bezirken, jugendpsychiatrischer und jugendpsychologischer Dienst des Amtes für Jugend für stationäre Hilfen zur Erziehung) zurückgegriffen werden. Stationäre psychiatrische Behandlung erfolgt in den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Kliniken. Darüber hinaus stehen das gesamte Versorgungssystem der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychologinnen und Psychologen mit fachärztlicher und psychotherapeutischer Qualifikation für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen zur Verfügung.

9. Wie ist gewährleistet, dass hoch qualifiziertes Personal in einem ausreichenden Betreuungsschlüssel für diese Kinder zur Verfügung steht? Wie häufig wird das Personal fortgebildet?

Die Träger der erlaubnispflichtigen sozialpädagogischen Einrichtungen sind verpflichtet, der zuständigen Behörde die Namen und die berufliche Ausbildung der Leiterin bzw. des Leiters und der Betreuungskräfte mitzuteilen (§47 Absatz 1 SGB VIII). Die Betreuungsschlüssel sind zwischen der zuständigen Behörde und den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege ausgehandelt worden. Der Betreuungsschlüssel für stationäre Hilfen beträgt 1:2,15 und ist ausreichend.

Eine kontinuierliche Fortbildung ist unerlässliche Voraussetzung für die Erhaltung und Verbesserung der Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die zuständige Behörde trägt durch ein umfangreiches Fortbildungsprogramm zur Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendhilfe bei. Daneben verfügen auch einzelne freie Träger der Jugendhilfe über eigene Fortbildungsinstitute und -maßnahmen. Die Häufigkeit der Fortbildung wird durch die einzelnen Träger und durch die Initiative der Fachkräfte bestimmt.

10. Gibt es regelmäßige Qualitätskontrollen der Träger und Einrichtungen? Wenn ja, wie häufig und in welchem Umfang finden Kontrollen statt? Wenn nein, warum nicht?

Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung benötigen grundsätzlich eine Erlaubnis zum Betrieb und unterliegen der örtlichen Prüfung nach §46 SGB VIII. §78b SGB VIII und der Hamburger Rahmenvertrag nach §78 f SGB VIII fordern den Abschluss von Qualitätsentwicklungsvereinbarungen zwischen der zuständigen Behörde und den einzelnen Trägern der Jugendhilfe als Voraussetzung für die Übernahme der Kosten im Einzelfall. Jährlich finden Qualitätsentwicklungsgespräche zwischen den bezirklichen Jugendämtern und den einzelnen Trägern statt.

11. Welche Bedeutung misst der Senat der Kinderpsychiatrie in diesem Zusammenhang zu?

Delinquenz von Kindern und Jugendlichen ist für sich genommen keine Indikation für eine ambulante und/oder stationäre psychiatrische Behandlung. Wenn Kinder und Jugendliche psychisch krank und auch delinquent sind, steht ihnen das gesamte Spektrum kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlung zur Verfügung. Hierzu zählen bei stationärer oder teilstationärer Behandlungsbedürftigkeit auch die klinischen Abteilungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

11. a) Wie viele Plätze sind in der Kinderpsychiatrie vorgesehen?

Der Krankenhausplan 2005 sieht weitere 24 vollstationäre Betten und acht teilstationäre Behandlungsplätze in einer neu aufzubauenden klinischen Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Hamburger Süden sowie die Erhöhung der Kapazitäten am Universitäts-Krankenhaus Eppendorf um zwei vollstationäre Betten vor. Insgesamt stehen dann einschließlich des Angebotes für den Drogenentzug bei Kindern und Jugendlichen 104 Betten und 23 teilstationäre Behandlungsplätze zur Verfügung.

11. b) Wie ist die Auslastung der Kinderpsychiatrie?

Laut Krankenhausstatistik war die kinder- und jugendpsychiatrische Abteilung am Universitäts-Krankenhaus Eppendorf in 2000 zu 91,5 Prozent ausgelastet, die kinder- und jugendpsychiatrische Abteilung am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift zu 95,5 Prozent.

12. Welche Konzepte sieht der Senat zur Bekämpfung von Kriminalität, Prostitution, Drogenabhängigkeit und Obdachlosigkeit von Kindern vor?

Die Polizei wird im Rahmen des Jugendschutzes oder bei anlassbezogenen Überprüfungen im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips nach dem Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) tätig, trifft erste Sofortmaßnahmen und schaltet die Fachdienststellen der Jugendhilfe ein. In Bezug auf Drogenabhängigkeit gilt dies insbesondere im Rahmen des Handlungskonzeptes St.Georg sowie im Rahmen der Tätigkeiten der Dienstgruppe Jugendschutz der PD Mitte im Bereich des Hamburger Hauptbahnhofs. Gleiches gilt grundsätzlich auch bei Straftaten, die von strafunmündigen Kindern verübt werden.

Darüber hinaus verweist die Polizei in erster Linie auf Maßnahmen der zuständigen staatlichen Jugendhilfe, freier Träger und ­ bei minderjährigen Drogenabhängigen ­ zusätzlich auf Hilfsangebote von Suchtberatungsstellen.

Konzeptionell wird bei der Polizei ein Schwergewicht darauf gelegt, spezielle Funktionen mit Fachwissen für den Bereich Kinder- und Jugenddelinquenz zu schaffen und zu erhalten. Zu nennen sind hier die Jugendbeauftragten, die Jugendsachbearbeiterinnen und Jugendsachbearbeiter sowie die Dienststellen Jugendschutz mit einer zentralen Fachaufsicht im LKA.

Im Bereich der allgemeinen Prävention von Jugendkriminalität führt die Polizei in Kooperation mit dem Amt für Schule seit 1981 das Präventionsprogramm Kinder- und Jugenddelinquenz durch. Im Rahmen dieses Programms stehen in Hamburg derzeit rund 50 ausgebildete Präventionsbeamtinnen und Präventionsbeamte zur Verfügung, die außerhalb ihrer Dienstzeit im Nebenamt Schulklassen aller Altersstufen und Schulformen besuchen und mit der Lehrkraft Unterrichtseinheiten zu Fragen der Jugendkriminalität durchführen. In den letzten Monaten wurde das Thema Jugendgewalt im Rahmen einer Kampagne Gemeinsam gegen Gewalt verstärkt in den Unterricht einbezogen.

Durch die als Handy-Aktion bekannt gewordene Präventions-Kampagne, die von September bis Ende 2000 lief, wurde das bei Jugendlichen verbreitete Raubobjekt Handy im Schulunterricht als Einstieg für Gespräche zum Thema Gewalt unter Jugendlichen genutzt. In diesem Kontext erhielten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, die Individualnummer (IMEI-Nummer) des in ihrem Besitz befindlichen Handys in eine persönliche Informations- und Registrierkarte einzutragen. Diese Karten waren an den Hamburger Schulen und Polizeidienststellen erhältlich. Die Aktion zeigt sowohl in den Schulen als auch in der breiten Öffentlichkeit eine äußerst positive Resonanz. Bis zum Jahresende 2000 wurden an 79 Hamburger Schulen (ca. 10000 Schülerinnen und Schüler) themenbezogene Präventionsunterrichte von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten gegeben. Vor diesem Hintergrund werden entsprechende Unterrichtseinheiten auch im Jahre 2001 fortgeführt.

Der Senat hat in der Drucksache 16/5530 (Entwicklung und Situation von minderjährigen Drogenabhängigen in Hamburg) Stellung zum Umgang mit drogenabhängigen Minderjährigen genommen und ist in diesem Zusammenhang auch auf die niedrigschwelligen Angebote für sich prostituierende Minderjährige und Straßenkinder eingegangen.

13. Wie häufig und in welchem Umfang wurde das Konzept des Kinder- und Jugendhilfe-Notdienstes (KJND) überprüft und verändert, um es den jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen?

Die Arbeit des KJND wird detailliert dokumentiert und laufend überprüft. Die Konzepte des KJND werden auf der Grundlage der Überprüfungen und der daraus abgeleiteten Fachdiskussionen ständig weiterentwickelt.

Unter anderem wurden umfangreiche konzeptionelle Weiterentwicklungen eingeleitet im Zusammenhang mit

­ der Problematik der Misshandlung und des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen (quantitative und qualitative Angebotsverbesserung),

­ der gestiegenen Inanspruchnahme durch Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien (Fortbildung der Mitarbeiterschaft, stärkere Berücksichtigung kultureller Faktoren),

­ dem vorübergehenden Anstieg der Zahl alleinreisender minderjähriger Flüchtlinge Mitte der Neunzigerjahre (Verlagerung der Zuständigkeiten vom KJND auf Erstversorgungseinrichtungen),

­ der Drogen- und Aidsproblematik (Mitarbeiterqualifizierung, Vorbereitung und Begleitung zum Entzug, Schutz vor Infektion, Ausstieg),

­ der zunehmenden Bereitschaft von Kindern und Jugendlichen, zur Durchsetzung ihrer Interessen im Zusammenleben mit Gleichaltrigen Gewalt anzuwenden (Verbesserung der pädagogischen Konzepte zum Erkennen der Gewaltbereitschaft und zur wirksamen Intervention).

Gab es seit Einrichtung des KJND Beschwerden von Anwohnern, die sich auf die Tätigkeit des KJND bezogen? Wenn ja, wann, wo, aus welchem Anlass und wie wurde darauf reagiert?

Vereinzelte Beschwerden gibt es hin und wieder seit Einrichtung des KJND. Eine Häufung gab es 1998, als von mehreren Anwohnern eine unzureichende Beaufsichtigung der Kinder und Jugendlichen vorgeworfen wurde. Anlass waren unter anderem eine zunehmende Zahl von Sachbeschädigungen an Autos in der Umgebung der Einrichtung sowie andere Vorfälle. Es wurde vermutet, dass diese Taten von Bewohnern des KJND ausgeübt wurden. Zur Klärung der Probleme wurde ein Runder Tisch durchgeführt. Beteiligt waren Anwohner des KJND, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KJND, Beamtinnen und Beamte des zuständigen Polizeireviers sowie als Beobachter ein Vertreter der Wissenschaftsseite.

Dabei berichtete die Polizei, dass ­ entgegen den Vermutungen ­ die gehäuften Sachbeschädigungen an den Autos nicht von Bewohnern des KJND durchgeführt wurden. Der KJND berichtete, dass, soweit es sich bei den anderen Vorfällen um Kinder oder Jugendliche aus dem KJND gehandelt habe, in jedem Falle mit dem betreffenden Kind oder Jugendlichen über ihre Tat, deren Folgen und Möglichkeiten der Wiedergutmachung gesprochen wurde. Erforderlichenfalls seien Verbote bzw. Gebote zum Ausgang und Umgang ausgesprochen worden. In Schadensfällen sei veranlasst worden, dass die Täter sich entschuldigen und einen Ausgleich anbieten.

Da auch in Zukunft Belästigungen von Bewohnern durch einzelne Kinder oder Jugendliche nicht ausgeschlossen werden können, vor allem im Zusammenhang mit Unterbringungen für kurze Zeit, vereinbarte der Runde Tisch, dass sich die Nachbarn bei Beschwerden sofort an die Leitung des KJND wenden oder/und Anzeige bei der Polizei erstatten.