Bestes Mittel zur Resozialisierung von Gefangenen

Nach §3 Absatz 3 Strafvollzugsgesetz ist der Strafvollzug darauf auszurichten, daß er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.

Um diesen sogenannten Integrationsgrundsatz zu gewährleisten, ist im 5. Titel des die dafür zwingend notwendige Pflicht zur Arbeit und Weiterbildung des Gefangenen während der Haft geregelt.

Nach dem besteht im Strafvollzug Arbeitspflicht. Ein Gefangener muss die ihm zugewiesene Arbeit ausüben (§41 Absatz 1 Die dem Gefangenen zugewiesene Arbeit soll dabei wirtschaftlich ergiebig sein und den Fertigkeiten des Gefangenen entsprechen (§37 Absatz 2 Falls eine solche Arbeit nicht zur Verfügung steht, dürfen die Gefangenen auch anderweitig beschäftigt werden (§37 Absatz 4 Außerdem können Gefangene zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt (Essens- und Wäscheausgabe, Reinigung) verpflichtet werden (§41 Absatz 1 Vor dem Hintergrund, dass statistisch nur ca. 60 Prozent der Strafgefangenen über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen, sollte das vorrangige Ziel jedoch die Aus- und Weiterbildung des Gefangenen sein, um damit ­ wie §37 Absatz 1 es formuliert ­ Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern.

Nur die gezielte und umfassende berufliche Aus- bzw. Weiterbildung während der Haft kann Grundlage einer erfolgreichen Resozialisierung sein.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat.

Arbeit und Ausbildung sind ein wesentliches Mittel zur Resozialisierung der Gefangenen. Bei der Konzeption von Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten muss beachtet werden, dass die Vorbildung, oft schon bezogen auf die Schulbildung, innerhalb der Gruppen der Gefangenen außerordentlich große Unterschiede ausweist. Bei einer Fluktuation von ca. 16200 Gefangenen jährlich und einem Ausländeranteil von durchschnittlich etwa 40 Prozent ist keine gesicherte Aussage über den Ausbildungsstand der Gefangenen bei Aufnahme in den Vollzug möglich. Die in der Großen Anfrage genannte Zahl von 60 Prozent der Gefangenen mit einer abgeschlossenen Ausbildung dürfte hiernach erheblich zu hoch angesetzt sein.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

I. Aus- und Weiterbildung

1. Welchen Ausbildungsstand haben die Gefangenen im Hamburger Strafvollzug bei Antritt der Strafe? Wieviel Prozent der deutschen Gefangenen haben

a) keinen Schulabschluß?

b) einen Hauptschulabschluß?

c) einen Realschulabschluß?

d) das Abitur?

e) eine abgeschlossene Berufsausbildung (welche)?

f) ein abgeschlossenes Hochschulstudium?

g) ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium?

Die Beantwortung dieser Fragen würde eine Durchsicht und Auswertung aller Gefangenenpersonalakten erfordern. Dies ist selbst innerhalb der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich. Darüber hinaus würde eine solche vollständige Durchsicht der Akten kein zuverlässiges Bild geben, da die Informationen über den Ausbildungsstand überwiegend auf den eigenen Aussagen der Gefangenen beruhen, die häufig nicht aussagekräftig, bisweilen auch unrichtig sind.

Generell kann jedoch festgestellt werden, dass der Ausbildungsstand der Gefangenen niedrig ist. Der Strafvollzug in Hamburg muss davon ausgehen, dass der größte Teil von ihnen entweder gar keinen Schulabschluß besitzt oder im günstigsten Fall den Hauptschulabschluß erreicht hat. Gefangene mit höherwertigen Schulabschlüssen sind die Ausnahme.

Vgl. im übrigen Vorbemerkung.

2. Welche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen werden

a) in Jugendhaftanstalten,

b) in den Haftanstalten für Männer,

c) in den Haftanstalten für Frauen angeboten?

3. Welche Berufsausbildungen werden in den o.a. Haftanstalten mit jeweils welchen Abschlüssen angeboten?

Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer orientiert sich an der Zahl der Plätze, ist jedoch weiterhin Schwankungen des Bedarfs und der Nachfrage unterworfen.

I. 4. Welche sonstigen Ausbildungsabschlüsse werden angeboten?

Freigängern stehen weitere Ausbildungsmöglichkeiten mit entsprechenden Abschlüssen außerhalb des Justizvollzuges offen, die angesichts ihrer großen Vielfalt hier nicht abschließend aufgezählt werden können.

5. Wird auch Schulunterricht gemäß §38 Absatz 1 angeboten?

Siehe Antwort des Senats auf die Große Anfrage Drucksache 16/1946, dort Antwort zu I.1.

6. Wie viele Gefangene nehmen an welchen Aus- und Weiterbildungsangeboten teil (bitte getrennt nach den jeweiligen Anstalten darstellen)?

Siehe Antwort zu I.2. und 3.

7. a) Welche prozentual quantitativen Unterschiede gibt es zwischen Frauen, Männern und Heranwachsenden bzw. Jugendlichen hinsichtlich der Nachfrage nach Ausbildungsangeboten?

b) Worin sieht der Senat die Ursachen, und wie gedenkt er diesen zu begegnen?

Die Fragen können nicht konkret beantwortet werden. Zwar sind Fragen der Aus- und Weiterbildung Gegenstand der Behandlungsuntersuchung im Aufnahmeverfahren gemäß §§5 und 6 mit dem Ziel, die vorhandenen Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung bei entsprechender Eignung der betreffenden Gefangenen zu nutzen und erfolgversprechende Maßnahmen in den Vollzugsplan gemäß §7 aufzunehmen. Jedoch wird nicht schon die bloße Nachfrage nach Aus- und Weiterbildungsangeboten dokumentiert, so dass eine statistische Erfassung nicht möglich ist.

Es kann allerdings vermutet werden, dass erwachsene Gefangene relativ häufiger von sich aus eine (Weiter-)Qualifizierung anstreben als Jugendliche, weil diese sich generell um ihre Zukunftsgestaltung weniger Gedanken machen. Dem wird sowohl schon im Jugendgerichtsverfahren als auch im Jugendvollzug durch eine intensive Beratung Rechnung getragen. Die Jugendvollzugsanstalt Hahnöfersand bietet den rund 200 jungen Gefangenen vergleichsweise sehr viel mehr Qualifizierungsmöglichkeiten als die Justizvollzugsanstalten den rund 2800 erwachsenen Gefangenen (vgl. Antwort zu I.2. und 3.).

8. Wie wird die nach §37 Absatz 3 geforderte Eignung der Gefangenen, an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen, überprüft?

Kurz nach der Aufnahme findet ein ausführliches Gespräch mit der Abteilungsleitung statt, in dem die schulische und berufliche Qualifikation und die formalen Zulassungsvoraussetzungen für bestimmte Ausbildungsgänge mit dem Gefangenen detailliert besprochen und erörtert werden. Gegenstand des Gespräches ist auch die berufliche Perspektive nach und während der Inhaftierung. Diese Daten werden im Rahmen der Vollzugsplanerstellung aufgenommen und an die Arbeitsinspektorin bzw. den Arbeitsinspektor weitergegeben. Bei der Arbeitsplatzzuweisung werden die Wünsche der Gefangenen möglichst berücksichtigt, ggf. werden Feststellungen bezüglich der fachlichen und persönlichen Eignung des Gefangenen getroffen. Vor Aufnahme der Arbeit wird die gesundheitliche Eignung durch die Ärztin bzw. den Arzt für Arbeitsmedizin geprüft. Je nach Einsatzort gibt es Probezeiten in den Betrieben, in denen die Eignung und die Motivation der Gefangenen nochmals beobachtet werden.

Im Jugendstrafvollzug wird außerdem durch Vorgespräche mit der Leiterin bzw. dem Leiter der Berufsfindung/Ausbildung abgeklärt, für welchen Ausbildungsbereich eine Gefangene bzw. ein Gefangener geeignet erscheint. Vor Aufnahme in die Schule finden Schultests statt.