Fachhochschule

141Rechnungshof Bremen Jahresbericht 2011 - Land Wissenschaft Erfüllung der Lehrverpflichtung an den Fachhochschulen des Landes Fehlerhafte Ermäßigungen der Lehrverpflichtung haben - neben Vakanzen aufgrund nicht besetzter Professuren - zu einer Bugwelle von Mehrstunden geführt.

Die nicht ausgeglichenen Mehrstunden verursachen ein finanzielles Risiko bei den Hochschulen.

1 Lehrverpflichtung an den Fachhochschulen 465 Ein Tätigkeitsschwerpunkt der Fachhochschulen liegt in der anwendungsbezogenen Lehre. Dafür wird überwiegend hauptberufliches wissenschaftliches Personal eingesetzt.

In der Verordnung über den Umfang und den Nachweis der Erfüllung der Lehrverpflichtung an staatlichen Hochschulen (LVNV) hat das Wissenschaftsressort grundsätzliche Regelungen zu den Lehrverpflichtungen getroffen. Die weitere Ausgestaltung des Verfahrens haben die Hochschulen in eigenen Lehrverpflichtungsordnungen (LVO) geregelt.

Professorinnen und Professoren an Fachhochschulen sind nach der LVNV verpflichtet, 18 Lehrveranstaltungsstunden (LVS) je Semesterwoche zu halten.

Lehrkräfte für besondere Aufgaben haben eine Regellehrverpflichtung von 24 LVS je Semesterwoche. Die Verordnung regelt ebenfalls Art und Umfang von Lehrermäßigungen, die Anrechnung anderweitiger Aufgaben auf die Lehrverpflichtung sowie Befugnisse und Verantwortlichkeiten der am Verfahren Beteiligten.

Im Jahr 2001 hatte der Rechnungshof zuletzt die Erfüllung der Lehrverpflichtung an den vier staatlichen Bremer Hochschulen geprüft (vgl. Jahresbericht 2002 - Land -, Tz. 243 ff.). Die aktuelle Prüfung hat sich auf die Fachhochschulen des Landes Bremen und auf das Studienjahr 2008/2009 beschränkt. An der Hochschule Bremerhaven hat der Rechnungshof alle 43

Fälle mit Ermäßigungen geprüft. Die Hochschule Bremen hat in 117 Fällen Ermäßigungen erteilt. Davon hat der Rechnungshof 74 Fälle aufgrund einer risikoorientierten Auswahl geprüft.

Rechnungshof Bremen Jahresbericht 2011 - Land Lehrverpflichtung an den Fachhochschulen 469 Im Wintersemester 2008/2009 hatte die Hochschule Bremen 7.826 Studierende und rund 142 Stellen Lehrpersonal, die Hochschule Bremerhaven hatte 2.657 Studierende und rund 61 Stellen Lehrpersonal.

2 Finanzielle Risiken der Hochschulen

Deputatskonten

Die LVNV ermöglicht u. a. der Dekanin oder dem Dekan, den Umfang der Lehrtätigkeit abweichend von der Lehrverpflichtung festzulegen, um wechselnden Lehrbedarf abzudecken. Im Studienjahr 2008/2009 haben die Lehrenden ihre Lehrverpflichtung i. d. R. innerhalb eines Jahres erbringen müssen. Über Ausnahmen hat die Rektorin oder der Rektor zu entscheiden.

Um die Einhaltung der Lehrverpflichtung kontrollieren zu können, haben die Hochschulen für die Lehrenden Deputatskonten geführt, in denen sie die Plus- und Minusstunden erfasst haben.

Die Auswertung für das Studienjahr 2008/2009 hat ergeben, dass Lehrende beider Hochschulen in wenigen Fällen Minusstunden nicht innerhalb von zwei Semestern ausgeglichen haben.

Beide Hochschulen haben zugesagt, dafür zu sorgen, dass die Deputatskonten der Lehrenden zum Ende der Ausgleichsfrist keine Minusstunden mehr ausweisen.

Finanzielles Risiko durch Mehrstunden

Der größte Teil des Lehrpersonals hat jedoch seine Lehrverpflichtung für das Studienjahr 2008/2009 nicht nur erfüllt. Vielmehr haben die Deputatskonten von rund 85 % der Lehrenden der Hochschule Bremerhaven und rund 82 % der Lehrenden der Hochschule Bremen erhebliche Mehrstunden ausgewiesen.

Die aufgelaufenen Mehrstunden haben sich an der Hochschule Bremerhaven auf 608 LVS belaufen. Bei einer Lehrverpflichtung von insgesamt rund 2.

LVS im geprüften Studienjahr entspricht dies rund 25 % der gesamten Lehrverpflichtung. Der Umfang der Mehrstunden hat sich jedoch im Vergleich zum Vorjahr (rd. 638 LVS) verringert.

An der Hochschule Bremen haben sich die Mehrstunden auf rund 1.645 LVS belaufen. Dies entspricht rund 28 % der gesamten Lehrverpflichtung des 143Rechnungshof Bremen Jahresbericht 2011 - Land Lehrverpflichtung an den Fachhochschulen geprüften Studienjahrs mit rund 5.903 LVS. Der Umfang der Mehrstunden zeigt, verglichen mit dem Vorjahr (rd. 1.446 LVS), eine leicht steigende Tendenz.

Grund für die Mehrstunden sind nach Aussagen beider Hochschulen im Wesentlichen Vakanzen durch nicht besetzte Professuren. In der Hochschule Bremen waren im geprüften Zeitraum rund 37 Stellen und in der Hochschule Bremerhaven rund 8 Stellen vakant. Nach Angaben beider Hochschulen komme erschwerend hinzu, dass für bestimmte Studienfächer keine qualifizierten Lehrbeauftragten zu finden seien. Um die Lehre trotzdem zu sichern, hätten hauptamtlich Lehrende die Lücke durch Mehrstunden ausgefüllt. Diese Kompensationsmöglichkeit sei durch die vorhandenen Personalressourcen hauptamtlich Lehrender begrenzt.

Die LVNV ermöglicht es den Hochschulen, das Lehrdeputat befristet um zwei Lehrveranstaltungsstunden zu erhöhen. Beide Hochschulen halten dies für nicht zielführend. Die Bugwelle an Mehrstunden, die sich seit mehreren Jahren aufgebaut hat, könne mit diesem Instrument nicht reduziert werden.

Beide Hochschulen haben begonnen, den Lehrenden Mehrstunden zu vergüten. Rechtsgrundlage hierfür ist das im Jahr 2007 geänderte Bremische Hochschulgesetz Auf dieser Grundlage können jedoch nur Mehrstunden vergütet werden, die nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung ab März 2007 geleistet worden sind. Im Jahr 2010 hat das Ressort festgestellt, dass die Hochschule Bremen auch Mehrstunden vergütet hat, die vor diesem Stichtag geleistet wurden. Es hat deshalb weitere Auszahlungen für Mehrstunden aus diesem Zeitraum gestoppt. Die Erörterungen zwischen dem Ressort und der Hochschule Bremen sind noch nicht abgeschlossen.

Die Hochschule Bremerhaven hat bisher keine Rückstellungen in ihren Jahresabschlüssen für das finanzielle Risiko der Mehrstunden gebildet. Der Rechnungshof hat dieses Risiko mit rund 300 T für das Jahr 2009 beziffert. Die Hochschule hat zugesagt, ab dem Jahresabschluss 2010 eine entsprechende Rückstellung zu bilden.

Die Hochschule Bremen hat das finanzielle Risiko durch entsprechende Rückstellungen in ihren Jahresabschlüssen abgebildet. Im Jahr 2009 hat es rd. 1.255 T betragen.

Durch das 2. Hochschulreformgesetz aus dem Jahr 2010 ist zwar der Ausgleichszeitraum von einem Jahr auf zwei Jahre verlängert worden. Der Rechnungshof hat jedoch darauf hingewiesen, dass ein Großteil des Lehrpersonals seine Deputatskonten auch innerhalb von zwei Jahren nicht ausgleichen kann.