Kredit

216 Rechnungshof Bremen Jahresbericht 2011 - Land Schuldenmanagement Finanzressorts derzeit bei 10 %. Der Entwurf der Dienstanweisung für Derivate lässt eine Ausweitung bis 30 % zu, z. B. um kurzfristig auf besondere Zinsentwicklungen reagieren zu können.

Ohne Derivate kann die Struktur des Schuldenportfolios zunächst nur anlassbezogen nach regulären oder außerordentlichen Tilgungen und bei Schuldenerhöhungen verändert werden. Nachfolgekredite (Umschuldungen) können nach Marktlage und Portfolioreferenzen ausgewählt werden.

Der Rechnungshof hat untersucht, ob diese Möglichkeiten ausreichen, die für erforderlich gehaltenen Änderungen herbeiführen zu können. Für Gestaltungsmöglichkeiten sprechen ständiger Kreditbedarf und kurze Zinsbindungen. Bremen hat z. B. im Jahr 2009 Kreditverträge über rund 4,3 Mrd. und im Jahr 2010 über 5,3 Mrd. abgeschlossen. Zusätzlich zur Nettoneuverschuldung wird etwa ein Fünftel bis ein Viertel der Altschulden in jedem Jahr vertraglich neu geregelt. Dieser hohe Umschlag stellt ein großes Potenzial dar, um Maßnahmen mit durchschlagenden Auswirkungen auf das Gesamtportfolio ergreifen zu können. Auch mit abnehmender Neuverschuldung in den nächsten Jahren werden bei konstanter durchschnittlicher Laufzeit genügend Kreditverträge abzuschließen sein.

Das Finanzressort hat dargestellt, Derivate seien in letzter Zeit vermehrt eingesetzt worden, weil es damit möglich gewesen sei, kurzfristige Kredite aufzunehmen und deren Zinsvorteile zu nutzen. Ohne Derivate hätten Zinsänderungsrisiken nur konventionell durch durchweg teurere laufende Schuldscheine abgesichert werden müssen. Angesichts des hohen Schuldenaufkommens und der Vielzahl der dahinter stehenden Kredite überzeugt es den Rechnungshof nicht, dass das Schuldenportfolio nur mit Derivaten flexibel gesteuert werden kann.

Das zweite Argument für den Einsatz von Derivaten lautet, die Kombination eines Kreditvertrags mit einem zeitgleich abgeschlossenen Swap sei vorteilhafter als ein Kredit, der von vornherein die gewünschte Zinsfestlegung besitze.

Als Grund dafür wird oft genannt, dass Marktteilnehmer für Kredite und Teilnehmer am Derivatemarkt auf unterschiedlich liquiden Märkten aktiv seien.

Belastbare Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Annahme hat die Prüfung nicht ergeben. Dazu wäre es notwendig gewesen, für Einzelfälle unter Ausschreibungsbedingungen die Konditionen eines alternativen, vergleichbaren Kreditvertrags zu ermitteln. Das ist im Nachhinein jedoch allein anhand der geprüften Akten nicht mehr zuverlässig möglich gewesen.

217Rechnungshof Bremen Jahresbericht 2011 - Land Schuldenmanagement 829 Fachleute gehen davon aus, dass bei der Kombination Kredit plus Swap die Zinssätzeum geschätzt niedriger lägen als bei einem vergleichbaren Kredit ohne Swap.

Das Finanzressort bestätigt den geringen wirtschaftlichen Unterschied der beiden Vertragskonstellationen. Es verweist aber darauf, dass bei seiner Art der Gestaltung und Steuerung des Portfolios aufgrund der derzeit großen Unterschiede zwischen kurzfristigen und langfristigen Zinssätzen Finanzierungsvorteile von 0,23 % bestünden, wenn es sich für kurzfristige Laufzeiten entscheide.

Inwieweit die beiden für den Derivateinsatz ins Feld geführten Argumente einen offensiven Einsatz von Derivaten rechtfertigen, muss das Finanzressort errechnen. Dabei hat es einzubeziehen, wie hoch der personelle und der sächliche Aufwand für den Abschluss, die Verwaltung, die Überwachung und die Risikobegrenzung sind.

Bremen im Vergleich

Der Rechnungshof hat ermittelt, ob und ggf. in welchem Umfang andere Länder Derivate innerhalb ihres Schuldenmanagements einsetzen. Die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich: Die Finanzressorts einiger Länder setzen Derivate intensiv ein. In einigen anderen Ländern werden außer Kündigungs-, Wandlungs- und sonstigen unmittelbar mit Krediten in Verbindung stehenden derivatähnlichen Geschäften keine Derivate eingesetzt. Ein Land hat nach Auswertung einer Pilotstudie seines Finanzressorts entschieden, auf das Instrument der Derivate künftig zu verzichten.

Berechnungen des Rechnungshofs über das Verhältnis von Zinsausgaben zum Schuldenstand der Länder (prozentualer Durchschnittszinssatz) haben für Bremen ergeben, dass der Prozentsatz etwa im Mittelfeld der Länderwerte liegt. Allerdings kann aus den Vergleichen nicht abgeleitet werden, wie die angemessene und wirtschaftliche Steuerung eines Schuldenportfolios aussehen sollte. Die öffentlich zugänglichen Daten sind oft nicht direkt vergleichbar, außerdem sind die Rahmenbedingungen in den Ländern unterschiedlich. Der Rechnungshof regt an, dass das Finanzressort Vergleichsberechnungen und Auswertungen zwischen den Ländern unmittelbar initiiert.

Kritisches Abwägen dringend geboten

Die Senatorin für Finanzen sieht im Einsatz von Derivaten eine Möglichkeit, das bremische Schuldenportfolio flexibel zu steuern. Nach der Einschätzung 218 Rechnungshof Bremen Jahresbericht 2011 - Land Schuldenmanagement des Rechnungshofs setzt das Ressort das Instrumentarium des wegen des damit verbundenen Aufwands, erwägen, das Derivatgeschäft restriktiver als bisher zu betreiben.