Das Medikament Ritalin wird an Kinder und Jugendliche verschrieben meistens im Zusammenhang mit der Diagnose Hyperaktivität
Ritalin: Kinder mit Medikamenten ruhig stellen?
Das Medikament Ritalin wird an Kinder und Jugendliche verschrieben, meistens im Zusammenhang mit der Diagnose Hyperaktivität bzw. Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, im Volksmund auch Zappelphilippkrankheit genannt. Expert/innen und Praktiker/innen haben in der letzten Zeit einen sprunghaften Anstieg beim Gebrauch des Medikaments festgestellt.
Über den Umgang mit diesem Medikament ist eine Kontroverse entstanden: Kritiker/innen warnen davor, Kindheit zu pathologisieren und per Verschreibung zu therapieren. Sie weisen darauf hin, dass die Gründe für das zappelige Verhalten zunehmend vieler Kinder das gestiegene Lebenstempo in unserer Gesellschaft, größere Schulklassen, mangelnde Zeit für Kinder aufgrund härterer Anforderungen an die Eltern in der heutigen Arbeitswelt sowie Reizüberflutung der Kinder durch die zunehmende Nutzung elektronischer Medien seien. Sie empfehlen mehr Zeit für Kinder, psychotherapeutische Hilfen sowie Ernährungsumstellung, um dem Problem zu begegnen. Befürworter/innen der Verschreibung von Ritalin an Kinder vertreten dagegen die Ansicht, der Stoff sei unproblematisch und zudem die einzige Möglichkeit, den betroffenen Kindern und ihren Eltern zu helfen.
Wir fragen deshalb den Senat.
Das Psychostimulans Ritalin, das zur Gruppe der Amphetamine (wie z. B. Captagon) gehört, ist seit dem 1. Januar 1978 als Arzneimittel zugelassen. Es unterliegt der und ist dementsprechend auf einem Betäubungsmittel-Sonderrezept zu verschreiben.
Ritalin reduziert bei den betroffenen Kindern die Impulsivität und Hyperaktivität und verbessert die Aufmerksamkeitsspanne; dauerhafte positive Verhaltensänderungen können jedoch nicht bewirkt werden.
Die Nebenwirkungen des Medikaments können ausweislich des Beipackzettels und Berichten aus den USA erheblich sein. Die Vergabe erfolgt über niedergelassene Ärzte oder Krankenhausärzte. Die Wirkung von Ritalin bleibt im Wesentlichen auf die Symptomebene beschränkt.
Unter der Diagnose ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) werden oft verschiedene Symptome zusammengefasst. Hinter der Diagnose ADS bzw. den mit Ritalin behandelten Symptomen verbergen sich ganz unterschiedliche, unspezifische Ursachen. Nur mit Differenzialdiagnosen kann geklärt werden, mit welchen pädagogischen und psychotherapeutischen und ggf. medikamentösen Mitteln die Schwierigkeiten der Kinder vermindert werden können. Ohne ausreichende Differenzialdiagnose besteht die Gefahr einer Isolierung der Symptome aus dem Kontext emotionaler, familiärer oder sozialer Probleme sowie einer Medikalisierung oder Pathologisierung komplexer Problemlagen. Aus pädagogischer wie sozialtherapeutischer Sicht bedarf es in erster Linie pädagogischer bzw. sozialtherapeutischer Maßnahmen, um die festgestellten Verhaltensauffälligkeiten ursächlich zu behandeln.
Sowohl die Fachkräfte in den Beratungsdiensten als auch die Schulaufsichten registrieren eine Zunahme der Zahl von Kindern und Jugendlichen, denen Ritalin im Zusammenhang mit Verhaltensauffälligkeiten wie Unruhe, Unaufmerksamkeit, leichte Ablenkbarkeit und geringes Konzentrationsvermögen (kinder-)ärztlich verordnet wird, häufig im Zusammenhang mit der Diagnose ADS. Quantitative Angaben sind jedoch nicht möglich, da die ärztliche Versorgung der Kinder zum Privatbereich der Familien gehört und auswertbare Erkenntnisse über das Verschreibungsverhalten der Ärzte nicht vorliegen.
Vor diesem Hintergrund stellt die Verabreichung von Ritalin ein zunehmendes Problem in den Schulen, aber auch für die verschiedenen Beratungsdienste, dar, da die medikamentöse Behandlung der betroffenen Kinder und Jugendlichen das Erkennen und Beheben der komplexen und überwiegend nicht-medizinischen Ursachen für die beobachteten Verhaltensauffälligkeiten, wie beispielsweise soziale und häusliche Problemlagen, Fehlernährung, hoher Medienkonsum oder fehlende Bewegung, erheblich erschweren kann. Die zuständigen Stellen bemühen sich daher verstärkt um eine entsprechende Aufklärung in den Schulen und den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.
Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.
1. Ist dem Senat bekannt, dass in der Bundesrepublik, und damit wohl auch in Hamburg, in den letzten fünf Jahren die Absatzzahlen für Ritalin um mehr als das Vierzigfache (laut arzneitelegramm 8/2000) gestiegen sind?
Informationen darüber, inwieweit die Angaben im arznei-telegramm Nummer 8/2000 vom 4. August 2000, der Absatz von Ritalin/Medikinet sei von 1995 bis 1999 von 0,7 Millionen Tabletten auf 31 Millionen Tabletten gestiegen, zutreffen, liegen den zuständigen Behörden weder für die Bundesrepublik insgesamt noch anteilig für Hamburg vor. Das Gleiche gilt für die Angaben in einer Veröffentlichung von Prof. Dr. rer. nat. Gerd Glaeske (www.wernerschell.de/Rechtsalmanach/Arzneimittelrecht/glaeske.htm). Diese Veröffentlichung geht davon aus, dass Anfang der 80er-Jahre so viele Ritalin-Verordnungen ausgestellt (wurden), dass etwa 2000 bis 4000 Kinder damit ganzjährig versorgt werden konnten, während heute rund 15000 Kinder mehr oder weniger langfristige Verordnungen mit Ritalin erhalten.
Hier wird also von einer Steigerung um das Vier- bis Fünffache ausgegangen. Nach Auskunft der Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte ist das Ausmaß der Absatzsteigerung von Ritalin u.Ä. auch dort nicht bekannt. Der Verbrauch des Wirkstoffes Methylphenidat in der Bundesrepublik Deutschland hat sich jedoch nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit in den letzten fünf Jahren etwa verfünffacht.
2. Liegen dem Senat Erkenntnisse darüber vor, wie häufig das Medikament Ritalin im Jahr 1995 an Kinder in Hamburg verschrieben wurde und wie häufig dies in den Folgejahren (bis 2000) der Fall war? Falls nein, hält der Senat es für erforderlich, eine Hamburger Untersuchung zu diesem Thema in Auftrag zu geben?
Über die in den Beratungsdiensten und Schulen gewonnenen Eindrücke hinausgehend, kann eine zunehmende Verschreibung von Ritalin für Kinder in Hamburg mit empirisch gesicherten Daten weder bestätigt noch falsifiziert werden. Ritalin ist erst seit 1997 für die Indikation Hyperkinetisches Syndrom bei Kindern zugelassen. Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg sind für die Jahre 1997 und 1998 keine Informationen über Verordnungen in Hamburg möglich. Für 1999 ist annäherungsweise von insgesamt 700 Patientinnen und Patienten auszugehen, die sich in Hamburg in einer Ritalin-Therapie befanden; im ersten Quartal 2001 sind es näherungsweise 1000 Patientinnen und Patienten. In welchem Umfang sich hierunter Kinder befinden, lässt sich nicht angeben.
Auch der Bundesopiumstelle liegen keine Zahlen für die Verschreibungshäufigkeit von Ritalin für Kinder vor. Von Kinderärzten/Kinderärztinnen und Kinderpsychiatern/Kinderpsychiaterinnen in Hamburg wurden dort jedoch im Jahre 1997 8540 und im Jahre 2000 17580 Betäubungsmittel-Rezeptvordrucke angefordert.
Zur generellen Frage eines möglichen Fehlgebrauchs von Arzneimitteln wird das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte voraussichtlich im Jahre 2000 umfangreiche Erhebungen und Auswertungen von Arzneimittelverschreibungen durchführen, die dann auch für die Beurteilung der Verschreibungsquantität und -qualität von Methylphenidat nutzbar sein werden. Eine allein auf Hamburg bezogene Untersuchung ist nicht vorgesehen.
3. Haben sich die BAGS und/oder die BSJB in dieser Legislaturperiode mit dem Thema der zunehmenden Verschreibung bzw. Einnahme von Ritalin bei Kindern befasst? Wenn ja, welche Behörden bzw. welche Abteilungen konkret und mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, weshalb nicht?
Ja. Im Zuge der flächendeckenden Einführung der Regionalen Beratungs- und Unterstützungsstellen (REBUS) wurde im Frühjahr 2001 im Amt für Schule ein neues Referat eingerichtet, das schwerpunktmäßig die Problemfelder ADS, Dyskalkulie, Lese-Rechtschreib-Schwäche und den Einsatz von notwendigen außerunterrichtlichen Lernhilfen als Hilfsangebot zur Integration von Kindern bearbeitet. In diesem Kontext wird auch die Vergabepraxis von Ritalin in den Blick genommen. Aussagekräftige Erkenntnisse liegen noch nicht vor.
Der Jugendpsychiatrisch/Psychologische Dienst des Amtes für Jugend (JPPD) und andere Dienste haben sich an der Vorbereitung und Durchführung von mehreren Fortbildungen und Tagungen mit einem direkten Bezug zum Thema beteiligt. So fand im Rahmen der sozialpädagogischen Fortbildung des Amtes für Jugend am 6. April 2000 eine Veranstaltung zum Thema Seelische Störungen Positionen und Angebote der Jugendhilfe. Wie geht das im Bereich §35a SGB VIII zusammen? statt, eine weitere am 22. Januar 2001 zum Thema Umgang mit seelischen Störungen von Kindern und Jugendlichen. Eine Reihe mit drei Veranstaltungen des Amtes für Jugend im ersten Halbjahr 2000 hatte neue Modelle der verbesserten Kooperation zwischen Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie zum Gegenstand.
Ziel dieser Veranstaltungen war es, alternative sozialpädagogische und therapeutische Methoden für den Umgang mit auffälligen und besonders schwierigen (d.h. auch besonders unruhigen) Kindern zu vermitteln, in die Fachdiskussion aufzunehmen und dort zu verbreiten.
Im Rahmen der Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs bei Ärzten und in Apotheken wird auf Auffälligkeiten auch der Verordnungshäufigkeit geachtet und somit einem Missbrauch der Betäubungsmittel entgegengewirkt. Im Übrigen siehe die Antwort zu 4.
4. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat darüber vor, ob im Rahmen der Lehrer/innen-Fortbildung und der Fortbildungsangebote für Erzieher/innen und Sozialpädagog/innen in den vergangenen fünf Jahren die Diagnose Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom und der Umgang damit Thema waren?
In Seminaren, Fortbildungsmaßnahmen und anderen Unterstützungs-, Beratungs- und Förderangeboten des Instituts für Lehrerfortbildung wird Lehrkräften, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Erzieherinnen und Erziehern vermittelt, welche pädagogischen und psychologischen Möglichkeiten im Rahmen von Schule und Unterricht zur Verfügung stehen, um Verhaltensschwierigkeiten von Schülerinnen und Schülern zu vermindern oder zu beheben. Bereits im Jahre 1998 wurde eine zweitägige Fachtagung in Kooperation des Beratungszentrums Integration des und der Techniker Krankenkasse, Landesverband Hamburg (TK), mit verschiedenen Expertinnen und Experten zur ADS-Problematik durchgeführt. Im Jahr 1998 waren unter anderem die ADS-Problematik und die Ritalin-Verschreibung Gegenstand einer Vortragsveranstaltung, die unter dem Namen Werden unsere Kinder immer kranker? von der Hamburgischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAG), dem und der TK durchgeführt wurde. Ebenfalls gemeinsam mit der TK und der HAG führte das im Dezember 1999 für Lehrerinnen und Lehrer, Schulberaterinnen und Schulberater und Schulärztinnen und Schulärzte eine Veranstaltung zum Thema Medikamentenkonsum von Kindern und Jugendlichen durch, bei dem die Ritalin-Verschreibung eine große Rolle spielte. Außerdem fand im Rahmen der Schulanfangstagung im Jahr 1999 am eine Veranstaltung speziell zur ADS-Problematik statt.
Im Übrigen sind die Fortbildungsangebote in erster Linie fachspezifisch ausgerichtet und therapierelevante Inhalte werden in diesem Rahmen mit behandelt.
In der Beratungslehrerausbildung wird der Themenbereich in den Bausteinen Einzelhilfe und Gruppenarbeit mit Schülerinnen und Schülern mitbehandelt. Eine zwölfstündige Veranstaltung für Beratungslehrkräfte wurde im Schuljahr 1999/2000 zu ADS konzipiert und mit zwölf Beratungslehrkräften durchgeführt. An der sich anschließenden Praxisbegleitphase nahmen 20 Lehrkräfte teil. Die Maßnahme wird zurzeit evaluiert. Im Informationsblatt für in Beratung und Unterstützung Tätige an Hamburger Schulen (SP BL:ATT) wurde der Entwicklungstherapeutische Unterricht vorgestellt, mit dem Verhaltensschwierigkeiten zum Teil nachhaltig abgebaut werden können.
Die Zunahme der Ritalin-Verschreibung wurde unter suchtpräventiven Gesichtspunkten vom (SPZ) mit den Schulleiterinnen und Schulleitern aus fünf Dezernaten der Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen erörtert.
Die Themen ADS bzw. Hyperaktivität werden in den sozialpädagogischen Fortbildungsangeboten für die Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe im Zusammenhang mit entsprechenden Themenschwerpunkten, wie z. B. Psychomotorik und Elternarbeit, seit Jahren in Seminaren und Lehrgängen ausführlich bearbeitet. In den Veranstaltungen werden einerseits die wissenschaftlich-theoretischen Zusammenhänge der Verhaltensauffälligkeit dargestellt und andererseits pädagogische Interventionsmöglichkeiten praxisnah vermittelt.
Welche Erkenntnisse liegen dem Senat darüber vor, wie viele Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 1995/96 das Medikament Ritalin verordnet bekommen haben und wie viele dies in den Folgeschuljahren (bis 2000/01) waren?
Welche Erkenntnisse liegen dem Senat darüber vor, ob es Häufungen bei der Einnahme von Ritalin
a) in bestimmten Schulformen (Grund-, Haupt-, Real-, Gesamt-, Förderschulen, Gymnasien),
b) in bestimmten Klassenstufen,
c) in bestimmten Stadtteilen,
d) an einzelnen Schulen gibt?
Welche Erkenntnisse liegen dem Senat darüber vor, ob und ggf. in welchem Umfang Lehrerinnen und Lehrer bei Schwierigkeiten mit Unruhe und Konzentrationsfähigkeit in einer Klasse bzw. bei einzelnen Schüler/innen den Eltern in den vergangenen fünf Jahren nahegelegt haben, deswegen einen Kinderarzt aufzusuchen, um den Verdacht ADS abklären zu lassen?
Vgl. die Vorbemerkung und die Antwort zu 2. Das Beratungsverhalten der Lehrkräfte wird im Übrigen statistisch nicht erfasst.
Liegen dem Senat Erkenntnisse darüber vor, wie häufig Eltern bzw. Kinder und Jugendliche Erziehungsberatungsstellen, Jugendpsychiatrische Dienste und Jugendämter (ASD) aufsuchen und Schwierigkeiten mit Verhaltensweisen wie Unruhe, Konzentrationsschwächen u.Ä. ansprechen bzw. deswegen Rat und Hilfe suchen?
Die Anlässe, derentwegen Eltern bzw. Kinder und Jugendliche die genannten Einrichtungen aufsuchen, werden statistisch nicht erfasst. Nach Auskunft der Beratungskräfte wenden sich zunehmend Eltern an die Dienste, die bei ihren Kindern Verhaltensstörungen (Unruhe, Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsdefizite) vermuten.
Welche Erkenntnisse liegen dem Senat darüber vor, wie Eltern bzw. Kinder und Jugendliche in den staatlichen Beratungsstellen zu diesem Thema beraten werden und welche Leistungen des SGB VIII ihnen zur Unterstützung in ihrer Situation angeboten bzw. bewilligt werden?
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der verschiedenen Dienste beraten Eltern, Kinder und Jugendliche dahin gehend, Verhaltensweisen wie Unruhe, Konzentrationsschwächen u.Ä. in erster Linie als Ausdruck einer bislang unbekannten Problemlage zu verstehen, deren Bedeutung vor allem durch psychosoziale Diagnostik abgeklärt werden muss. Die Arbeit richtet sich vorrangig darauf, die Verhaltensweisen der Kinder im familiären Umfeld verstehen zu helfen, die Symptomatik als Signalfunktion dieser Kinder wahrzunehmen und ihre Bedeutung aufzuspüren. Im Vordergrund der Beratung der betroffenen Eltern steht daher die interdisziplinäre Kooperation mit den engsten Bezugspersonen des Kindes wie dem weiteren sozialen Umfeld, insbesondere der Schule.
Eltern, bei deren Kindern der Verdacht auf Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung besteht, wird geraten, sich zur differenzierten Diagnostik und Therapie an eine mit diesem Krankheitsbild erfahrene Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie bzw. Neuropädiatrie zu wenden. Testdiagnostische Untersuchungen werden im Allgemeinen von entsprechenden Institutionen (z.B. Flehmig-Institut, oder von niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiatern/-psychiaterinnen durchgeführt.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der verschiedenen Dienste geben sachkundige Informationen zu Wirkungsweise, Nebenwirkungen und Erfolgsaussichten von Ritalin.
Eine Ritalin-Therapie (oder medikamentöse Therapie mit entsprechenden Ersatzstoffen wie Amphetamin) bedarf der begleitenden Beratung oder auch Familientherapie der Bezugspersonen wie auch eines sorgfältigen pädagogischen oder therapeutischen Umgangs mit dem betroffenen Kind.
Es werden ggf. begleitende Leistungen nach §28 SGB VIII (KJHG) wie z. B. Erziehungsberatung befürwortet. Die Bewilligung von Hilfen zur Erziehung erfolgt durch den Allgemeinen Sozialen Dienst auf der Rechtsgrundlage der §§27, 35a und 41 SGB VIII. Der JPPD beteiligt sich an der entsprechenden Hilfeplanung.
Der schulärztliche Dienst berät in allgemeiner Form Lehrkräfte und Eltern bei entsprechend auffälligen oder in Behandlung befindlichen Kindern auf Anfrage und verweist an niedergelassene Ärzte. Leistungen nach SGB VIII werden hier nicht bewilligt.
7. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat darüber vor, wie die Krankenkassen mit der Diagnose Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom umgehen, d.h., welche Form von Therapie (Medikamente und/oder Kinderpsychotherapie) sie bereit sind zu refinanzieren?
Der behandelnde Vertragsarzt bzw. die behandelnde Vertragsärztin trifft im Benehmen mit den Sorgeberechtigten die Entscheidung über zu verordnende Medikamente bzw. über psychotherapeutische Behandlungen in eigener medizinischer Verantwortung ohne vorherige Zustimmung der jeweiligen Krankenkasse. Die Krankenkassen haben nach der Rechtslage keinen Einfluss auf die so getroffene Entscheidung. Solange ein Medikament oder eine Behandlungsmethode von einem zugelassenen Arzt bzw. einer zugelassenen Ärztin innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen der zugelassenen Indikationen eingesetzt wird, fällt es ausschließlich in die ärztliche Entscheidungskompetenz, ob das Medikament im Einzelfall verschrieben bzw. die Behandlung durchgeführt wird. In diesem Rahmen besteht eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung.
8. Welche Aktivitäten plant der Senat in nächster Zeit zu diesem Thema?
In der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung befasst sich eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe mit Fragen des pädagogischen Umgangs von Schülerinnen und Schülern mit Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten. Geplant ist eine interdisziplinäre Fachtagung, die medizinische, therapeutische und pädagogische Aspekte einer wirksamen Prävention von Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen thematisiert.
Darüber hinaus wird in der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung die Ausschreibung zur Erstellung eines Leitfadens zur pädagogischen Diagnostik vorbereitet, der eine differenzierte Zuordnung von Kindern mit erheblichen isolierten Lernschwierigkeiten bzw. Teilleistungsstörungen und die Beschreibung von notwendigen, unterschiedlichen therapeutischen Ansätzen enthalten wird. Die Darstellung und Auswertung von Fallstudien wird Teil des geplanten Leitfadens sein. Im Übrigen sind im Schuljahr 2001/02 16 Veranstaltungen am zu den in der Antwort zu 4., erster Absatz, genannten Themenbereichen geplant. Die ebenfalls in der Antwort zu 4. genannten Problemerörterungen in Schulleiterkreisen werden im Schuljahr 2001/02 auf alle Dezernate ausgeweitet.