Ritalinabgabe an Schüler durch Lehrkräfte

Nach Angaben des Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte nehmen in Hamburg täglich 4000 Kinder ab drei Jahren das umstrittene Medikament Ritalin, da sie am so genannten Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) leiden. Nach Aussage des Landesverbandes Nord der Betriebskrankenkassen (BKK) werden Psychopillen wie Ritalin in Hamburg überdurchschnittlich oft vom Arzt verschrieben. Informationen zufolge müssen viele dieser dem Betäubungsmittelgesetz unterliegenden Medikamente von Lehrern auch während der Unterrichtszeit verabreicht werden.

Auch Schulpflichtigen, die auf regelmäßige Einnahme von Medikamenten angewiesen sind, muss die Möglichkeit eingeräumt werden, die allgemeinen Schulen zu besuchen. Die Eltern sind verpflichtet, die Schule auf entsprechende gesundheitliche Besonderheiten hinzuweisen, soweit sie für Unterricht und Aufsicht in der Schule bedeutsam sein können. In jedem Einzelfall ist zwischen Schule und Elternhaus das Vorgehen zu vereinbaren, welches das Ziel hat, das auf Medikamente angewiesene Kind rasch zu einer möglichst großen Selbständigkeit im Umgang mit seiner Krankheit und der ärztlich verordneten Medikation zu führen. In diesem Zusammenhang sind auch mögliche Gefahren abzuwägen, die sich für Mitschülerinnen und Mitschüler durch das Mitführen von Medikamenten ergeben können, und die in diesem Zusammenhang erforderlichen Vorkehrungen zu treffen.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Sind Lehrer, Erzieher und Sozialpädagogen rechtlich dazu verpflichtet, der Bitte der Eltern nach Verabreichung von ärztlich verschriebenen Medikamenten in der Unterrichtszeit nachzukommen? Wenn ja, wie ist dieses rechtlich geregelt? Wenn nein, wie beurteilt der Senat diese offensichtlich gängige Praxis in den Schulen?

Soweit ­ etwa zu Beginn der Schulzeit ­ eine Erinnerung der Lehrkraft an das Kind, Medikamente einzunehmen, mit den Sorgeberechtigten vereinbart wurde, gehört dies ­ wie die dazu nötige Unterstützung des Kindes ­ zur Dienstpflicht der Lehrkräfte. Medikamente im engeren Wortsinn zu verabreichen, ist grundsätzlich nicht Aufgabe des pädagogischen Personals der Schulen.

2. Können besagte Personen sich weigern, ärztlich verschriebene Medikamente ihren Schülern zu verabreichen?

Im Sinne der Antwort zu 1.: Nein.

3. Gibt es in den Fällen, in denen Medikamente regelmäßig während der Unterrichtszeit verabreicht werden müssen, entsprechende Formulare, in denen die Lehrkräfte über mögliche rechtliche Haftungsfragen aufgeklärt werden?

Nein. Die Rechtsabteilung der zuständigen Behörde berät die Schulen in Einzelfällen.

4. In welcher Weise sind Lehrer, Erzieher und Sozialpädagogen in den Fällen, in denen sie Medikamente an Schüler während der Unterrichts- und Betreuungszeit abgeben, rechtlich abgesichert?

5. Können besagte Personen, wenn körperliche oder seelische Schäden der Schüler infolge der Einnahme der verabreichten Medikamente auftreten, rechtlich in Haftung genommen werden ­ beispielsweise gemäß §823 BGB?

Die Lehrkräfte sind wie bei Ausübung ihrer anderen Dienstgeschäfte rechtlich abgesichert. Die Verantwortung für das körperliche Wohlergehen im Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten liegt im Elternhaus und bei den vom Elternhaus konsultierten Ärzten. Letztere tragen insbesondere die Verantwortung für die Indikationsstellung und die Verordnung verschreibungspflichtiger Medikamente. Bei offenkundiger körperlicher Vernachlässigung des Kindes durch die Sorgeberechtigten ist die Schule gehalten, das zuständige Jugendamt einzuschalten.

6. Welche konkreten Maßnahmen hat der Senat bisher unternommen, um die rechtliche Absicherung der Lehrkräfte bei der Medikamentenabgabe zu gewährleisten?

Besondere Maßnahmen sind nicht erforderlich (vgl. die Antwort zu 4.).

7. In welcher Weise ist geregelt, wie dieses dem unterliegende Medikament Ritalin in der Schule/Klassenraum gelagert bzw. verwahrt werden muss?

Siehe Vorbemerkung.