Demission von LKA-Chef Gerhard Müller

In den Medien wurde in den vergangenen Tagen ausführlich über die Demission von LKA-Chef Müller berichtet. Staatsrat Wellinghausen behauptet: Herr Müller hat mir ausdrücklich versichert, dass er mit der neuen politischen Führung keine Probleme habe (Die Welt, 18. Januar 2002). Die Gründe seien sehr honorig.

Der Leitende Kriminaldirektor Gerhard Müller hat am 17. Januar 2002 schriftlich den Polizeipräsidenten um Entbindung aus seiner Funktion als Leiter des Landeskriminalamtes und um Übertragung einer anderen Aufgabe gebeten. Diesem Begehren ist der Präses der Behörde für Inneres nachgekommen.

Über die neue Verwendung wurde noch nicht entschieden. Im Übrigen äußert sich der Senat grundsätzlich nicht zu behördeninternen Entscheidungsprozessen in Personalangelegenheiten, ebenso wenig, wie er sich zu behördeninternen Diskussionsprozessen äußert oder Stellung zu Medienberichten über Äußerungen einzelner Senatsmitglieder und von Behördenmitarbeitern nimmt.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

I. Allgemeine Hintergründe der Demission / Kommunikation und Zusammenarbeit mit der Polizeiführung

1. Trifft es zu, dass Herr Müller mehrfach mit Innensenator Schill aneinander geraten ist (Die Welt, 18. Januar 2002)? Wenn ja, was war der Anlass für diese Meinungsverschiedenheiten?

2. Welche Gründe sind sehr honorig, die Herr Müller für seine Demission geltend gemacht hat?

3. Wie passt die Behauptung des Staatsrates, Uneinigkeiten mit der politischen Führung oder ein mangelndes Vertrauensverhältnis zum Senator stünden nicht im Hintergrund der Entscheidung Müllers, zu den von mehreren Zeitungen verbreiteten Hinweisen darauf, dass das Vertrauen zwischen LKA-Chef Müller und Innensenator Schill erheblich gestört gewesen sei (z.B. HA vom 18. Januar 2002)?

4. Wie soll der Fragesteller die Bemerkung von Senator Schill nach der Demission des LKA-Chefs im HA vom 18. Januar 2002 verstehen: Wir sind erfreut, diese außerordentlich wichtige Position neu besetzen zu können? Welche konkreten Gründe zur Kritik an LKA-Chef Müller haben Innensenator Schill zu dieser Bemerkung veranlasst?

Siehe Vorbemerkung.

5. Ist dem Senat bekannt, dass Beamte des höheren Dienstes wohl zur Loyalität, nicht aber zu einem Kadavergehorsam verpflichtet sind?

Die in der Fragestellung implizierte Unterstellung weist der Senat zurück.

6. Welchen Stellenwert räumt der Senat der Kritik von Führungskräften an Entscheidungen des Senators ein?

Die erforderliche fachliche Beratung einer Behördenleitung schließt kritische Hinweise und kontroverse Diskussionen notwendigerweise ein. Das öffentliche Dienstrecht ermöglicht es einem Beamten, in jedem Einzelfall zu remonstrieren.

I. 7. Welches Anforderungsprofil soll ein künftiger LKA-Chef nach Vorstellung des Innensenators erfüllen? Welche Eigenheiten seines Vorgängers darf er auf keinen Fall haben?

Der neue Leiter des Landeskriminalamtes ist nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ausgewählt worden. Dabei sind Aspekte des fachlichen Potenzials, der strategischen Kompetenz, der Führungskompetenz, der sozialen Kompetenz sowie der Veränderungskompetenz ausschlaggebend gewesen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

8. In wie viel Fällen hat Innensenator Schill seit Amtsübernahme Vorschläge der Polizeiführung übernommen, in wie viel Fällen hat er sie mit welcher Begründung verworfen?

Siehe Vorbemerkung.

9. In wie viel Fällen hat Innensenator Schill (außerhalb der Weihnachtsbesuche) seit seinem Amtsantritt welche Dienststellen der Hamburger Polizei besucht und sich von ihren Leitungen beraten und informieren lassen? (Bitte mit Datum und Dauer der Beratungsgespräche aufschlüsseln.)

Die mündliche Information und Beratung der Behördenleitung erfolgt vorrangig im Rahmen von regelmäßigen und anlass- oder projektbezogenen Besprechungen. Nach entsprechender Vorbereitung in diesen Besprechungen ergeben sich ggf. Termine auch in Dienststellen außerhalb des Dienstgebäudes der Behörde für Inneres.

II. Konflikt der Behördenleitung mit der Polizeiführung nach dem Tod des Archidi J.

1. Wer hat von Seiten der Polizeiführung nach dem Todesfall des Archidi J. ein Aussetzen des Brechmitteleinsatzes verlangt?

2. Trifft es zu, dass Gerhard Müller entsetzt war, dass die Polizei nach dem Zwischenfall weiterhin mit aller Konsequenz auf Weisung des Senators an den Einsätzen festhalten wollte (HA, 18. Januar 2002)? Wenn ja, warum war die Behördenleitung nicht für die Beratung des erfahrenen LKA-Chefs zugänglich? Glaubt die derzeitige Behördenleitung, ohne den Rat erfahrener Führungskräfte auskommen zu können?

3. Ist von Seiten der Polizeiführung gegen die Weiterführung des Brechmitteleinsatzes remonstriert worden? Wenn ja, wer hat im Einzelnen remonstriert?

4. Hat die Behördenleitung das Festhalten am Brechmitteleinsatz im Hinblick auf vorgetragene Einwände schriftlich begründet? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie sahen die vorgetragenen Einwände im Einzelnen aus? (Bitte ggf. die schriftliche Anordnung der Behördenleitung der Beantwortung der Anfrage beifügen.) Angesichts des tragischen Todesfalls im Zusammenhang mit dem Verabreichen eines Brechmittels wurde in einer erneuten Abwägung der Verhältnismäßigkeitsaspekte die Fortsetzung des Einsatzes von Brechmitteln zur Beweissicherung in Strafverfahren beschlossen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

5. Trifft es zu, dass die Todesursache des Archidi J. weiterhin ungeklärt ist und das Ergebnis der Feingewebeuntersuchung noch aussteht?

Ja.

6. Trifft es zu, dass weiterhin nicht ausgeschlossen ist, dass der Tod des Archidi J. durch den Brechmitteleinsatz ausgelöst wurde?

7. Wann ist mit einem endgültigen Ergebnis zu rechnen?

Die rechtsmedizinischen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Eine Prognose über den konkreten Zeitpunkt des Vorliegens abschließender Ergebnisse der Feingewebeuntersuchung und daraus ggf. resultierender weiterer Ermittlungen ist nicht möglich.

III. Personenschutz des Innensenators

1. Wie viel Beamte des LKA sind nach Lagebeurteilung des LKA für den Personenschutz des Senators erforderlich und für ihn abgestellt worden?

2. Wie viel Beamte hat Innensenator Schill selbst für seinen Schutz verlangt? Ist es hierüber mit dem LKA zu einem Konflikt gekommen?

Über die Erforderlichkeit und den Umfang von Personenschutzmaßnahmen für den Präses der Behörde für Inneres wird lageangepasst entschieden. Im Interesse der Wirksamkeit der Schutzmaßnahme wird aus einsatztaktischen Gründen von der Beantwortung dieser Fragen abgesehen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

3. Trifft es zu, dass Mitglieder des privaten Personenschutzes, die Herr Schill während des Wahlkampfes für sich engagiert hatte, aus der Türsteherszene stammten?

4. Ist dieser Personenschutz von Herrn Schill selbst bezahlt worden? Wenn nein, wer hat sonst die Kosten beglichen?

Der Senat nimmt zu Angelegenheiten von Parteien keine Stellung.

5. Greift Innensenator Schill neben dem Personenschutz des LKA weiterhin auf einen privaten Personenschutz zurück? Wenn ja, in welchem Umfang? Und wer kommt für die Kosten auf?

Siehe Antwort zu III.1. und 2.