Gemeinnützige und zusätzliche Arbeit nach §19 Absatz 2 BSHG

Nach einem Bericht der Bild-Zeitung schätzt die Behörde für Soziales und Familie die Zahl der arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger/innen auf rund 17000 Personen. Speziell für diesen Personenkreis soll eine Arbeitsverpflichtung nach §19 (2) BSHG geschaffen werden, bei dem die Sozialhilfeempfänger/innen zusätzlich zur Sozialhilfe nur eine Entschädigung für Mehraufwendungen in Höhe von 1 Euro pro Stunde erhalten sollen.

Ich frage den Senat:

1. Aufgrund welcher Daten und Berechnungen kommt der Senat auf die Zahl von 17000 arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger/innen?

Die PROSA-Geschäftsstatistik weist für Ende 2000 außerhalb von Einrichtungen rund 34000 Personen im Alter zwischen 18 und 55 Jahren aus, für die keine die Arbeitsaufnahme einschränkenden Merkmale erfasst waren. Nach Erfahrungen mit dem Modell Transferprojekt (Modellversuch Effektive Sozialhilfesteuerung) kann bei der Hälfte dieser Personen davon ausgegangen werden, dass sie tatsächlich arbeitsfähig bzw. für Maßnahmen der Hilfe zur Arbeit verfügbar sind.

2. Hat der Senat die Validität dieser Daten geprüft bzw. ist eine Überprüfung dieser Daten geplant?

Bei dem PROSA-Verfahren handelt es sich nicht um ein Statistikprogramm, sondern um ein Programm zur Zahlbarmachung von Sozialhilfeleistungen. Im Zusammenhang mit Erhebungen im Rahmen des Modellprojekts wird eine Verbesserung der Datenlage angestrebt.

3. Welche Platzzahl strebt die Sozialbehörde für ein Programm gemeinnützige Arbeit nach §19 (2) BSHG (Mehraufwandsvariante) zu welchem Zeitpunkt an?

Die entsprechenden Planungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen.

4. Nach §19 (4) BSHG ist für die Hilfesuchenden ein Gesamtplan zu erstellen.

a) Wie wird sichergestellt, dass für die zur Arbeit verpflichteten Hilfeempfänger/innen ein Gesamtplan erstellt wird?

Nach § 19 Absatz 4 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sollen die Träger der Sozialhilfe, die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit und ggf. andere auf diesem Gebiet tätige Stellen bei der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsgelegenheiten zusammenwirken. Nur im Zusammenhang mit diesem Zusammenwirken sieht § 19 Absatz 4 Satz 2 BSHG vor, dass in geeigneten Fällen für den Hilfesuchenden unter Mitwirkung aller Beteiligter ein Gesamtplan zu erstellen ist.

In Hamburg haben der Träger der Sozialhilfe und das Arbeitsamt das Modellprojekt zur Koordinierung der Hilfe für alle geeigneten Fälle eingerichtet. In diesem Rahmen haben Arbeitsamt und Sozialämter die Einrichtung gemeinsamer Clearingstellen geschaffen, in denen für die von erfassten Fälle ein Gesamtplan bzw. Eingliederungsplan erstellt und die Umsetzung verbindlich festgeschrieben wird.

4. b) Welche inhaltlichen Elemente soll ein Gesamtplan nach §19 (4) regelhaft enthalten?

Die Eingliederungspläne enthalten insbesondere Angaben über konkrete Maßnahmen zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit und zur beruflichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

4. c) Welche Aktivitäten und welchen besonderen Ressourceneinsatz betreibt der Senat, um dieses Programm zu implementieren?

Nach Auswertung der Erfahrungen mit Form, Inhalt und Effektivität der im Rahmen von implementierten Eingliederungspläne wird nach Abschluss des Modellprojektes im Frühjahr 2003 über die Anwendung von Eingliederungsplänen in weiteren geeigneten Fällen entschieden.

5. Welche Beschäftigungsträger bzw. öffentlichen Arbeitgeber werden Arbeitsgelegenheiten für gemeinnützige Arbeit für Sozialhilfe und Mehraufwand anbieten?

Siehe Antwort zu 3.

6. Wie definiert der Senat die Kriterien gemeinnützig und zusätzlich (bitte Beispiele benennen) und wie werden diese Vorgaben bei konkreten Arbeitsgelegenheiten im Einzelfall festgestellt?

Unter gemeinnützig versteht man alle Arbeiten, die dem allgemeinen Wohl dienen und die keinen unmittelbar privaten erwerbswirtschaftlichen Zweck verfolgen. Die aus dem Haushalt geförderten Beschäftigungsträger sind in der Regel gemeinnützig. Zusätzlich sind Arbeiten, wenn sie ohne die Förderung nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden. Die Anbieter von gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit müssen die Einhaltung dieser Kriterien nachweisen.

7. Wie soll §25 BSHG (Leistungskürzung) im Zusammenhang mit der gemeinnützigen Arbeit zukünftig angewandt werden? Wird es Verschärfungen gegenüber der bisherigen Praxis geben?

Gemäß § 25 Absatz 1 Satz 1 BSHG haben Sozialhilfe Beziehende keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, wenn sie sich weigern, zumutbare Arbeit zu leisten oder zumutbaren Maßnahmen nach den §§ 19 und 20 BSHG nachzukommen. Die Anwendung wird Wortlaut und Sinn des Gesetzes entsprechen. Es ist davon auszugehen, dass sich dadurch die Zahl der Betroffenen erhöhen wird.

8. Bei wie viel Arbeitsgelegenheiten nach §19 BSHG sollen die Hilfeempfänger/innen weiterhin in Anlehnung an übliche Arbeitsentgelte entlohnt werden?

Siehe Antwort zu 3.

9. In welchem Umfang (wie viel Wochenstunden wie lange insgesamt) sollen Sozialhilfeempfänger/innen in der Regel gemeinnützige Arbeit für Mehraufwand ableisten?

Gemeinnützige Arbeit ist je nach individueller Leistungsfähigkeit bis zum Umfang einer regulären Ganztagsbeschäftigung zu leisten. Die Dauer ist abhängig von der Erreichung des Ziels der Aufnahme regulärer Arbeit oder des Beginns einer im Hinblick auf dieses Ziel geeigneten Hilfsmaßnahme.