Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und ihre Kontrolle

Für das Alte Land wurde vom niedersächsischen Pflanzenschutzamt eine Sonderregelung in Bezug auf die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erteilt. So durfte bis auf wenige Meter Abstand von Oberflächengewässern gespritzt werden, dafür durften nur moderne Spritztechnik und bestimmte Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Der Berichtsentwurf des Pflanzenschutzamtes der Landwirtschaftskammer Hannover hat klare Verstöße gegen die Auflagen festgestellt (Pressemeldung der BBA vom 22. Februar 2002), das Umweltbundesamt spricht von systematischen Verstößen gegen geltendes Recht.

Dies vorausgeschickt, frage ich den Senat.

Marschgebiete wie das Alte Land sind durch einen hohen Anteil von Oberflächengewässern (Gräben) gekennzeichnet, die im Rahmen der Besiedelung angelegt wurden und Bestandteil der Kulturlandschaft sind. Bei der nationalen Pflanzenschutzmittelzulassung werden Gewässerabstandsauflagen von der Biologischen Bundesanstalt (BBA) mit Beteiligung des Umweltbundesamtes (UBA) erlassen. Diese sind je nach Pflanzenschutzmittel unterschiedlich und bewegen sich überwiegend im Bereich von 5 bis 150 m, wobei Mittel für den ökologischen Obstbau ebenfalls betroffen sind.

Vor dem Hintergrund dieser Zulassungspraxis wurde auf Bundes- und Länderebene Einvernehmen erzielt, die Möglichkeit zu schaffen, in dadurch besonders benachteiligten Gebieten die wirtschaftliche Grundlage der ansässigen Produktion unter Wahrung des Schutzes der Gewässer vor unvertretbaren Einwirkungen zu erhalten. Die Bundesdienststellen haben daraufhin Vorgaben für die Schaffung von pflanzenschutzrechtlichen Sondergebieten vorgelegt. Um sicherzustellen, dass in einem Sondergebiet keine Verschlechterung der Gewässerschutz-Situation ausgelöst wird, ist Bestandteil jeder Sondergebietsausweisung eine spezifische Kontrolle durch ein Gewässermonitoring.

Der niedersächsische Teil des Alten Landes wurde im Rahmen eines Pilotprojektes bereits für die Vegetationsperiode 2001 als Sondergebiet ausgewiesen. Die Allgemeinverfügung für das Sondergebiet sieht vor, dass nur bestimmte Pflanzenschutzmittel mit einer bestimmten Gerätetechnik mit deutlich verringerten Gewässerabständen je nach Gewässertyp eingesetzt werden können. Für die durchgeführten Maßnahmen besteht Aufzeichnungspflicht. Die Erfüllung der Auflagen wird von einem Kontrollsystem überwacht. Bisher blieben aber Fragen des begleitenden Monitorings und der praktischen Umsetzung in den Betrieben offen. Die im Zusammenhang mit dem Berichtsentwurf des Pflanzenschutzamtes Hannover über die Ergebnisse des Gewässermonitorings in Niedersachsen geführte öffentliche Diskussion zeigt die Notwendigkeit, insbesondere Probleme von Übergangsfristen und Umsetzungsdetails gründlich vorzuklären.

Vor Erlass einer im Hamburger Gebiet des Alten Landes ebenfalls geplanten Sondergebietsregelung sollen zunächst diese offenen Fragen geklärt werden. Nach Ausweisung dieses Sondergebietes werden im Rahmen der Überwachung der Auflagen Kontrollen der Betriebe, des Geräteeinsatzes, der angewendeten Mittel und der Aufzeichnungen über durchgeführte Maßnahmen sowie eine entsprechende Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Monitoringergebnisse erfolgen.

Die zuständige Behörde geht davon aus, dass neben den staatlichen Kontrollen die Anstrengungen der landwirtschaftlichen Beratungsinstitutionen, die internen Kontrollen der Erzeugergemeinschaft für die integrierte Produktion, Kontrollen des Fruchtgroßhandels zur Fruchtqualität sowie künftig eine Einführung des geplanten Qualitätssicherungssystems des Berufsstandes zu einer sicheren und umweltschonenden Produktion beitragen. Bei der Fortentwicklung der pflanzenschutzrechtlichen Grundlagen wird sich Hamburg auf Bundesebene für sachgerechte und praktikable Lösungen einsetzen.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt. Rechtlicher Status/Sondergebiete

1. Gelten auch für das Alte Land auf Hamburger Staatsfläche oder Teile desselben Sonderregelungen gemäß §6 Absatz 3 Sondergebietsausweisungen stützen sich auf § 6 Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Ziffer 1 Buchstabe b des Pflanzenschutzgesetzes in der Fassung vom 14. Mai 1998 (BGBl. I Seite 971); im Übrigen siehe Vorbemerkung

2. Wenn ja, welchen Inhalt haben diese?

Entfällt.

3. Beabsichtigt der Senat Änderungen der pflanzenschutzrechtlichen Regelungen im hamburgischen Teil des Alten Landes?

Siehe Vorbemerkung.

Kontrolle des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln

4. Von wem wurden in den vergangenen fünf Jahren die einschlägigen gesetzlichen Regelungen im Pflanzenschutz und vor allem die gute fachliche Praxis in Hinblick auf moderne Spritztechnik, Anwendung nur zugelassener Pflanzenschutzmittel und Abstandsauflagen zu Oberflächengewässern im Bereich der Süderelbmarsch, Hamburg-Wilhelmsburg, Hamburg-Neuland und den Vier- und Marschlanden kontrolliert?

5. Auf welche Weise wurden die Kontrollen durchgeführt? Gab es unangekündigte Kontrollen von Betrieben? Wurden Aufzeichnungen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln eingefordert?

6. Wie oft haben die Kontrollen in den vergangenen fünf Jahren (1996 bis 2001) stattgefunden?

7. Zu welchen Ergebnissen haben diese Kontrollen geführt? Bitte aufgeschlüsselt nach Jahren angeben.

8. Welche Maßnahmen sind bei Verstößen ergriffen worden?

Bis zum November 2000 waren für die Kontrollaufgaben nach dem Pflanzenschutzrecht die Bezirksämter zuständig. Mit Änderung der Zuständigkeitsanordnung vom 29. November 2000 ist der Bereich der Anwenderkontrollen auf das Institut für Angewandte Botanik übergegangen, um die Basis für intensivere fachkundige Kontrollen zu schaffen.

Im Rahmen der Förderung des integrierten Obstanbaus wurden Kontrollen bis zum Jahr 2000 auch von der Behörde für Wirtschaft und Arbeit (BWA) durchgeführt. Dabei wurden sieben Verstöße festgestellt. In zwei Fällen wurde die Förderung für ein Jahr aberkannt.

Ca. 80 Prozent der Obstbaubetriebe des Alten Landes wirtschaften nach den Regeln des integrierten Anbaus und werden entsprechend der Richtlinie von einem unabhängigen Kontrolleur der Erzeugergemeinschaft überwacht. Nach dessen Auskunft wurden 20 Hamburger Betriebe im Kalenderjahr 2001 von der Vermarktung ausgeschlossen, überwiegend weil eine unzureichende Pflanzenschutzmitteleinsatz-Dokumentation erfolgte.

Messungen in Oberflächengewässern

9. Wie oft wurden in den vergangenen fünf Jahren Messungen der Oberflächengewässer im hamburgischen Teil des Alten Landes im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel durchgeführt?

Im Rahmen verstärkter Überwachungsmaßnahmen in Wasserschutzgebieten wurden im Wasserschutzgebiet Süderelbmarsch/Harburger Berge im Teil des Alten Landes seit November 1998 bis Juni 2001 sechs PSM-Messungen an verschiedenen Messpunkten durchgeführt.

Als Maßnahme des Bewirtschaftungsplanes Süderelbmarsch/Harburger Berge im Teil des Alten Landes finden seit Juni 2000 Messungen in vierteljährlichen Abständen an einer Messstation in der Moorwettern statt.

10. Zu welchen Ergebnissen haben die Untersuchungen geführt, insbesondere im Hinblick auf die Verwendung von unerlaubten Pflanzenschutzmitteln und auf die Konzentration von - erlaubten und unerlaubten ­ Pflanzenschutzmitteln in Oberflächengewässern?

Die vorliegenden Befunde zeigen, dass in den Hauptanwendungszeiten im Frühjahr mit Einträgen von PSM in die Gewässer zu rechnen ist. Es wurden Herbizide und Fungizide mit Durchschnittswerten zwischen 0,1 bis 1,0 µg/l ermittelt. Als nicht zugelassenes Herbizid wurde vereinzelt, jedoch mehrfach, der Herbizid-Wirkstoff Lenacil nachgewiesen. Weitere Erkenntnisse über nicht zugelassene PSM liegen nicht vor.

11. Überschreiten die festgestellten Konzentrationen die Grenzwerte der Ja. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 0,1 µg/l für Pflanzenschutzmittel pro Einzelwirkstoff bzw. 0,5 µg/l für die Summe der Wirkstoffe und Abbauprodukte nicht für Oberflächengewässer gilt.

12. Welche Daten liegen aus Messprogrammen für Pflanzenschutzmittel in Oberflächengewässern aus den Gebieten Hamburg-Wilhelmsburg, Hamburg-Neuland und den Vier- und Marschlanden vor?

In den Jahren 1991 und 1992 wurden die Wilhelmsburger Gewässer umfangreich beprobt. Hierbei wurde an 15 Messstellen auf zwölf verschiedene Pflanzenschutzmittel in der Wasser- und Sedimentphase untersucht. Die Untersuchungsergebnisse wurden im Hamburger Umweltbericht 47/94 Belastungssituation der Gewässer Wilhelmsburgs veröffentlicht.

Weiterhin liegen Daten vor, die im Rahmen des Vollzugs des Bewirtschaftungsplanes Be- und Entwässerungsgebiet Curslack/Altengamme erhoben wurden. Neben anderen Parametern wurde hier auf eine Vielzahl von Pflanzenschutzmitteln (ca. 35) untersucht. Die Ergebnisse sind veröffentlicht in den Hamburger Umweltberichten 59/2000.

Aktuelle Situation 13. Was hat der Senat auf die oben erwähnten Berichte hin unternommen, um ein zuverlässiges Bild von der aktuellen Situation im Hamburger Obstanbau zu gewinnen?

14. Welche Anstrengungen hat der Senat zur Unterrichtung der Öffentlichkeit unternommen?

15. Welche Maßnahmen will der Senat ergreifen, um im Interesse eines wirksamen Schutzes der Natur, der Landwirte und der Verbraucher die Überwachung des Pestizideinsatzes zu verbessern?

Siehe Vorbemerkung.