Kreditinstitut

1. Ausgangslage:

Die Landesbanken sowie die öffentlichen Sparkassen sind in Deutschland als Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert. Das mit dieser Rechtsform verbundene Haftungssystem ist gekennzeichnet durch die Anstaltslast und die Gewährträgerhaftung des Anstaltsträgers. Die teilweise gesetzlich normierte Gewährträgerhaftung verpflichtet den Anstaltsträger unmittelbar, für die Verbindlichkeiten der Anstalt einzustehen, soweit die Gläubiger aus deren Vermögen nicht befriedigt werden können. Die Anstaltslast verpflichtet den Träger, die wirtschaftliche Basis der Anstalt zu sichern und diese für die Dauer ihres Bestehens funktionsfähig zu erhalten. Bund und Länder vertreten hierzu die Auffassung, dass der durch Artikel 295 des EG-Vertrages gewährleistete Schutz der Eigentumsordnungen der Mitgliedsstaaten auch die durch Anstaltslast und Gewährträgerhaftung geprägten Unternehmensstrukturen der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute umfasse. Aus dem Grundsatz der Gesetz- und Rechtmäßigkeit der Verwaltung wird abgeleitet, dass der Träger öffentlicher Verwaltung, auch wenn er sich öffentlich-rechtlicher Organisationsformen bediene, seine Verbindlichkeiten erfüllen müsse und folglich ebenfalls für die Verbindlichkeiten der von ihm errichteten Anstalten öffentlichen Rechts einzustehen habe.

Bei der Hamburgischen Landesbank ­ Girozentrale ­ obliegen Anstaltslast und Gewährträgerhaftung gemäß § 2 des Gesetzes über die Hamburgische Landesbank ­ Girozentrale ­ sowohl der Freien und Hansestadt Hamburg als auch der Landesbank Schleswig-Holstein ­ Girozentrale.

Die Europäische Bankenvereinigung erhob Ende 1999 eine Beihilfebeschwerde gegen die Anstaltslast und Gewährträgerhaftung bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten.

Sie begründete ihre Beschwerde damit, dass Anstaltslast und Gewährträgerhaftung zu Rating- und damit zu Refinanzierungsvorteilen gegenüber privaten Banken führten, als unzulässige staatliche Beihilfen nicht genehmigungsfähig und daher zu untersagen seien.

2. Position der EU-Kommission

Die EU-Kommission gelangte nach Prüfung der unterschiedlichen Standpunkte zu der Auffassung, dass das durch Anstaltslast und Gewährträgerhaftung gekennzeichnete Haftungssystem der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EGV darstelle. Anstaltslast und Gewährträgerhaftung reduzierten das Risiko für Gläubiger und Geschäftspartner und führten somit in der Regel zu günstigeren Refinanzierungsbedingungen, die an die Kunden weitergereicht werden könnten. Die günstigeren Bedingungen bzw. der bessere Zugang zum Markt würden die Wettbewerbsposition der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute verbessern. Die Ausnahmeregelung des Artikel 86 Absatz 2 EGV sei nicht anwendbar, da die Institute nicht mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut seien. Die EU-Kommission stellte abschließend fest, dass die im System von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung enthaltene Beihilfe zu Gunsten der öffentlichrechtlichen Kreditinstitute in Deutschland grundsätzlich nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei.

Im Mai 2001 schlug die EU-Kommission gegenüber der Bundesrepublik Deutschland zweckdienliche Maßnahmen vor, die darauf abzielten, jegliche Beihilfe, die aus dem Haftungssystem von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung entstehen kann, zu beseitigen oder mit den Beihilfevorschriften vereinbar zu gestalten. Gleichzeitig wurde die Bundesrepublik zur Vermeidung weiterer rechtlicher BÜRGERSCHAFT

05. 03. 0217.Wahlperiode Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Umsetzung der Verständigung mit der Kommission der Europäischen Union (EU-Kommission) über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten

Schritte aufgefordert, diesen Vorschlag innerhalb von zwei Monaten anzunehmen.

3. Gegenstand der Verständigung mit der EU-Kommission über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung

Um einen jahrelangen Rechtsstreit zu vermeiden und für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute die notwendige Rechts- und Planungssicherheit zu schaffen, wurde zur Lösung des Konflikts ­ ohne Aufgabe der bisherigen Rechtsposition ­ von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein sog. Plattformmodell erarbeitet, das Grundlage für die am 17. Juli 2001 mit der EU-Kommission erzielte Verständigung ist. Das Plattformmodell ermöglicht es den Ländern, für ihre Kreditinstitute individuelle Lösungen ­ sei es z. B. in Form eines öffentlich-rechtlichen Mutterunternehmens mit einer privatrechtlichen Tochter (Modell West LB) oder weiterhin als öffentlich-rechtliches Institut mit veränderten Rechtsgrundlagen ­ zu entwickeln. Entscheidend ist, dass die im Rahmen der Verständigung mit der EU-Kommission festgelegten Grundsätze beachtet werden.

Nach der Verständigung ist die Gewährträgerhaftung bei den Landesbanken und Sparkassen aufzuheben und die Anstaltslast zu modifizieren. Das bedeutet, dass sich die finanzielle Beziehung zwischen öffentlichen Eignern und Kreditinstitut künftig nicht von einer normalen marktwirtschaftlichen Eigentümerbeziehung unterscheiden darf und jegliche Verpflichtung des Trägers zu wirtschaftlicher Unterstützung ausgeschlossen ist. Ebenso gibt es keine Bestandsgarantie mehr; vielmehr sind auch öffentlichrechtliche Kreditinstitute insolvenzfähig. Sonstige wirtschaftliche Unterstützung kann gemäß den Beihilferegelungen des EG-Vertrages gewährt werden. Eine Übergangszeit von 4 Jahren, bis zum 18. Juli 2005, ist vorgesehen.

Die Verständigung beinhaltet ferner, dass Verbindlichkeiten, die bis einschließlich 18. Juli 2001 begründet wurden, bis zum Ende ihrer Laufzeit von der Gewährträgerhaftung gedeckt sind. Für Verbindlichkeiten, die in der Übergangsfrist vom 19. Juli 2001 bis 18. Juli 2005 eingegangen werden, soll die Gewährträgerhaftung nur gelten, sofern deren Laufzeit nicht über den 31. Dezember 2015 hinausgeht.

Bund und Länder haben sich zur Umsetzung der Verständigung verpflichtet.

4. Umsetzung der Verständigung mit der EU-Kommission

Nach der Verständigung sind alle notwendigen rechtlichen Maßnahmen spätestens zum 31. Dezember 2002 endgültig zu verabschieden. Bei Nicht-Einhaltung der Frist würde das in Anstaltslast und Gewährträgerhaftung enthaltene Beihilfeelement mit Wirkung ab 1. Januar 2003 als Neubeihilfe behandelt, die ohne Genehmigung der EUKommission rechtswidrig wäre.

Bei der in Hamburg betroffenen Hamburgischen Landesbank ­ Girozentrale ­ soll die gesetzliche Grundlage, das Gesetz über die Hamburgische Landesbank ­ Girozentrale -, ohne Änderung der Rechtsform den Erfordernissen der Verständigung angepasst werden. Ferner ist eine Änderung des Hamburgischen Insolvenzunfähigkeitsgesetzes notwendig, da dieses Gesetz die Insolvenzunfähigkeit u. a. auch der Landesbank regelt.

Im Rahmen der Änderung des Gesetzes über die Hamburgische Landesbank ­ Girozentrale ­ ist zugleich eine Änderung der Vorschrift zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats vorgesehen, um für die Besetzung des Gremiums seitens der Freien und Hansestadt Hamburg eine größere Flexibilität zu ermöglichen.

Die Gesetzesänderungen wurden mit der Landesbank Schleswig-Holstein ­ Girozentrale abgestimmt.

Die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt ist als Spezialkreditinstitut von der Verständigung nicht betroffen.

5. Petitum:

Die Bürgerschaft wird gebeten,

­ Kenntnis zu nehmen,

­ das nachstehende Gesetz zu beschließen:

Artikel 1:

Änderung des Gesetzes über die Hamburgische Landesbank

­ Girozentrale -

Das Gesetz über die Hamburgische Landesbank ­ Girozentrale ­ vom 27. August 1997 S. 434, 480), geändert am 18. Juli 2001 S. 251, 257), wird wie folgt geändert:

1. § 2 erhält folgende Fassung:

§ 2:

Haftungsverhältnisse und Trägerschaft:

(1) Die Bank haftet für ihre Verbindlichkeiten mit ihrem gesamten Vermögen.

(2) Träger der Hamburgischen Landesbank ­ Girozentrale ­ sind die Freie und Hansestadt Hamburg sowie die Landesbank Schleswig-Holstein ­ Girozentrale. Sie unterstützen die Landesbank bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit der Maßgabe, dass ein Anspruch der Landesbank gegen die Träger oder eine sonstige Verpflichtung der Träger, der Landesbank Mittel zur Verfügung zu stellen, nicht besteht. Die Haftung der Träger ist auf das satzungsmäßige Kapital beschränkt.

(3) Ein Träger der Landesbank kann allein oder gesamtschuldnerisch mit dem anderen Träger oder Dritten zeitlich befristete und betragsmäßig festgelegte Garantien gegen ein marktgerechtes Entgelt übernehmen. Die Höhe der möglichen Garantien der Freien und Hansestadt Hamburg wird durch den jährlichen Beschluss über die Feststellung des Haushaltsplans festgesetzt.

2. § 10 wird wie folgt geändert:

Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Nummer 2 wird aufgehoben.

Die bisherigen Nummern 3 bis 6 werden Nummern 2 bis 5.

In der neuen Nummer 3 wird das Wort sechs durch das Wort sieben ersetzt.

In Absatz 2 Satz 1 wird die Textstelle Nummer 6 durch die Textstelle Nummer 5 ersetzt.

3. § 24 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

(1) Soll die Bank auf Veranlassung der Anteilseigner aufgelöst werden, ist ein Liquidationsbeschluss der Anteilseigner, der mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der insgesamt vorhandenen Stimmen gefasst wird, erforderlich. Er soll vor Einleitung eines Gesetzesverfahrens zur Auflösung der Anstalt eingeholt werden.

4. Hinter § 24 wird folgender § 24 a eingefügt: § 24 a Übergangsregelung zur Gewährträgerhaftung:

(1) Die Träger der Hamburgischen Landesbank ­ Girozentrale ­ am 18. Juli 2005 haften für die Erfüllung sämtlicher zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten der Bank. Für solche Verbindlichkeiten, die bis zum 18. Juli 2001 vereinbart waren, gilt dies zeitlich unbegrenzt, für danach bis zum 18. Juli 2005 vereinbarte Verbindlichkeiten nur, wenn deren Laufzeit nicht über den 31. Dezember 2015 hinausgeht.

(2) Die Träger werden ihren Verpflichtungen aus der Gewährträgerhaftung gegenüber den Gläubigern der bis zum 18. Juli 2005 vereinbarten Verbindlichkeiten umgehend nachkommen, sobald sie bei deren Fälligkeit ordnungsgemäß und schriftlich festgestellt haben, dass die Gläubiger dieser Verbindlichkeiten aus dem Vermögen des Instituts nicht befriedigt werden können.

(3) Die Gewährträger haften als Gesamtschuldner. Sie sind im Innenverhältnis hinsichtlich der Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 in dem Verhältnis zum Ausgleich verpflichtet, in welchem sie jeweils am Grundkapital beteiligt sind. Der Beteiligung eines Gewährträgers am Grundkapital ist zum Zwecke des Ausgleichs die Einlage des stillen Gesellschafters gemäß § 6 Absatz 2, an dem der Gewährträger beteiligt ist, hinzuzurechnen.

Artikel 2:

Änderung des Hamburgischen Insolvenzunfähigkeitsgesetzes

In § 1 des Hamburgischen Insolvenzunfähigkeitsgesetzes vom 12. September 2001 S. 375, 382) wird folgender Satz angefügt: Dies gilt nicht für die Hamburgische Landesbank ­ Girozentrale -.

Artikel 3:

In-Kraft-Treten Artikel 1 Nummer 2 tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 19. Juli 2005 in Kraft.

Gesetz zur Umsetzung der Verständigung mit der Kommission der Europäischen Union über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten Vom..........