Gesetz zur Änderung der Bremischen Landesbauordnung

Der Senat überreicht der Bürgerschaft (Landtag) den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bremischen Landesbauordnung mit der Bitte um Beschlussfassung in erster und zweiter Lesung noch in der nächsten Sitzung:

Die bisherige landesrechtliche Stellplatzpflicht (§ 49 gilt gemäß § 86 Absatz 3 übergangsweise noch bis zum Inkrafttreten einer kommunalen Stellplatzsatzung im Sinne von § 85 Absatz 1 Nummer 4 weiter, längstens jedoch nur noch bis zum 31. Dezember 2011.

Falls die Kommunen bis zu diesem Zeitpunkt nicht auf der Grundlage einer örtlichen Bauvorschrift eine Nachfolgeregelung beschlossen haben (Kommunalisierung der Stellplatzpflicht), entfällt die Stellplatzpflicht zunächst ersatzlos.

Es hat sich herausgestellt, dass die durch die hierfür eingeräumte Übergangsfrist vor dem Hintergrund vorrangiger Rechtsanpassungen an die neue Bauordnung einerseits und der komplexen Regelungsmaterie des Stellplatzrechts andererseits für eine sachgerechte Erörterung und Ausgestaltung kommunaler Stellplatzvorschriften zu kurz bemessen ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Kommunalisierung der Stellplatzpflicht nicht im Wesentlichen durch Überleitung der bisherigen landesrechtlichen Bestimmungen in Ortsrecht vollzogen werden soll, sondern entsprechend der Koalitionsvereinbarung auch Sinn und Zweck der Stellplatzverpflichtung zu prüfen ist.

Mit dem übermittelten Gesetzentwurf zur Änderung der Bremischen Landesbauordnung wird deshalb die in § 86 Absatz 3 geregelte weitere Anwendbarkeit der bisherigen landesrechtlichen Stellplatzvorschrift (§ 49 um ein weiteres Jahr bis zum 31. Dezember 2012 verlängert.

Durch die Verlängerung der Gültigkeit der landesrechtlichen Stellplatzpflicht bleibt die Rechtsgrundlage für die Erhebung von Ablösebeträgen über den 31. Dezenber 2011 hinaus bestehen. Die Höhe der Einnahmen aus Stellplatzablösungen ist in Abhängigkeit von dem Baugeschehen jährlich unterschiedlich. Im Durchschnitt der Jahre 2005 bis 2010 sind an die Stadtgemeinde Bremen Ablösebeträge in Höhe von 178 000 gezahlt worden. Im Jahr 2010 lagen die Einnahmen mit knapp 237 000 wieder etwas über dem Durchschnitt der letzten Jahre.

Zu dem Gesetzentwurf sind die BREPARK, die Architekten-, Ingenieur-, Handelsund Handwerkskammer sowie die Organisationen der Wohnungswirtschaft angehört worden. Es gab keinerlei Einwendungen.

Die staatliche Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung und Energie hat dem Gesetzentwurf in ihrer Sitzung am 15. September 2011 zugestimmt.

Anlagen Gesetz zur Änderung der Bremischen Landesbauordnung nebst dazugehöriger Begründung mit Anhang (§ 49 in der Fassung der Bremischen Landesbauordnung vom 27. März 1995 [Brem.GBl. S. 211 ­ 2130-d-1a]) Gesetz zur Änderung der Bremischen Landesbauordnung

Der Senat verkündet das nachstehende, von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz.

Artikel 1:

In § 86 Absatz 3 der Bremischen Landesbauordnung vom 6. Oktober 2009 (Brem.GBl. S. 401 ­ 2130-d-1a) wird die Angabe 31. Dezember 2011 durch die Angabe 31. Dezember 2012 ersetzt.

Artikel 2:

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung:

Allgemeiner Teil

Mit der am 1. Mai 2010 in Kraft getretenen Neufassung der Bremischen Landesbauordnung (nachfolgend ist die Entscheidung über die Stellplatzpflicht, deren Umfang und Erfüllungsmodalitäten nach dem Vorbild der Musterbauordnung den Gemeinden übertragen worden. Diese sind durch § 85 Absatz 1 Nummer 4 ermächtigt, derartige Regelungen durch örtliche Bauvorschriften (nachfolgend Stellplatzsatzungen) zu erlassen.

§ 49 enthält selbst keine Stellplatzpflicht mehr. Die Vorschrift bestimmt lediglich, dass die gegebenenfalls nach den kommunalen Stellplatzsatzungen notwendigen Stellplätze auf dem Baugrundstück oder in zumutbarer Entfernung davon herzustellen sind und regelt im Übrigen nur die zulässige Verwendung von Ablösungsbeträgen. Beschließt die Gemeinde keine Stellplatzpflicht, sind die Regelungen des § 49 gegenstandslos.

Die bisher in § 49 geregelte landesrechtliche Stellplatzpflicht (siehe Anhang) gilt jedoch übergangsweise gemäß § 86 Absatz 3 noch bis zum Inkrafttreten von Stellplatzsatzungen im Sinne von § 85 Absatz 1 Nummer 4 weiter, längstens jedoch für einen Zeitraum bis zum 31. Dezember 2011.

Diese Übergangsfrist hat sich wegen der komplexen Regelungsmaterie als zu kurz erwiesen. Bisher sind in beiden Gemeinden die Fragen, ob die Stellplatzpflicht ganz oder gebietsweise verzichtbar ist oder wie gegebnenfalls eine kommunale Stellplatzpflicht hinsichtlich der Zahl notwendiger Stellplätze (Normbedarf), der Reduktion des Normbedarfs (z. B. durch ÖPNV-Zonenreduktion oder Mobilitätsmanagement) und der Ablösungsmodalitäten ausgestaltet werden sollte, noch nicht soweit erörtert worden, dass mit einer abschließenden gesetzgeberischen Entscheidung bis zum 31. Dezember 2011 gerechnet werden kann.

Im Interesse einer kontinuierlichen Rechtsentwicklung soll deshalb die bisherige landesrechtliche Stellplatzpflicht in der Fassung des § 49 um ein weiteres Jahr bis zum 31. Dezember 2012 durch eine entsprechende Änderung der Übergangsvorschrift in § 86 Absatz 3 verlängert werden. Gemäß § 86 Absatz 3 endet die Gültigkeit der landesrechtlichen Stellplatzpflicht für das jeweilige Gemeindegebiet weiterhin vorzeitig mit dem Inkrafttreten einer örtlichen Stellplatzsatzung nach § 85 Absatz 1 Nummer 4 Die mit der Stellplatzpflicht nach § 49 korrespondierenden landesrechtlichen bzw. ortsgesetzlichen Regelungen,

· die Verwaltungsvorschriften Stellplätze und Fahrradabstellplätze (VV Stellplätze und Fahrradabstellplätze),

· die darauf basierende Richtlinie zur Reduzierung des Stellplatzbedarfs der Stadtgemeinde Bremerhaven sowie

· die jeweiligen Ablösungsortsgesetze beider Gemeinden gelten noch über den 31. Dezember 2011 hinaus und müssen deshalb aktuell nicht verlängert werden. Bremische Landesbauordnung vom 27. März 1995 (Brem.GBl. S. 211 ­ 2130-d-1a). Besonderer Teil Artikel 1 ersetzt in § 86 Absatz 3 die Datumsangabe 31. Dezember 2011 durch die Datumsangabe 31. Dezember 2012 und verlängert dadurch aus den im allgemeinen Teil ausgeführten Gründen vorbehaltlich des zwischenzeitlichen Inkrafttretens einer Stellplatzsatzung nach § 85 Absatz 1 Nummer 4 die weitere Anwendung des § 49 um ein weiteres Jahr.

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten. Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Anhang

§ 49 ) Stellplätze und Fahrradabstellplätze:

(1) Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abgangsverkehr zu erwarten ist, dürfen nur errichtet werden, wenn Stellplätze und Fahrradabstellplätze in ausreichender Anzahl und Größe sowie in geeigneter Beschaffenheit hergestellt werden (notwendige Stellplätze und notwendige Fahrradabstellplätze). Ihre Anzahl und Größe richten sich nach Art und Anzahl der vorhandenen und zu erwartenden Fahrzeuge der ständigen Benutzer und der Besucher der Anlage.

(2) Werden Anlagen nach Absatz 1 geändert oder ändert sich ihre Nutzung, so sind vorbehaltlich der Regelung in Absatz 3 Stellplätze und Fahrradabstellplätze in solcher Anzahl, Größe und Beschaffenheit herzustellen, dass sie die infolge der Änderung zusätzlich zu erwartenden Fahrzeuge aufnehmen können.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn in einem Gebäude, das bei Inkrafttreten dieses Gesetzes errichtet war, zusätzliche Wohnungen durch Wohnungsteilung, Ausbau, Aufstockung oder durch Änderung der Nutzung geschaffen werden und die Verpflichtung zur Herstellung notwendiger Stellplätze oder notwendiger Fahrradabstellplätze nach Maßgabe des Absatzes 4 nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten erfüllt werden kann.

(4) Die notwendigen Stellplätze sind auf dem Baugrundstück oder in zumutbarer Entfernung davon auf einem geeigneten Grundstück herzustellen, dessen Benutzung für diesen Zweck öffentlich-rechtlich gesichert ist. Die Bauordnungsbehörde kann im Einzelfall aus städtebaulichen Gründen, insbesondere aus Gründen der Wohnruhe oder des Verkehrs, verlangen, dass die Stellplätze statt auf dem Baugrundstück auf einem anderen Grundstück in der Gemeinde herzustellen sind. Die notwendigen Fahrradabstellplätze sind auf dem Baugrundstück herzustellen. § 47 Absatz 5 bleibt unberührt. Die Bauordnungsbehörde kann unter der Voraussetzung der öffentlich-rechtlichen Sicherung gestatten oder verlangen, dass die Fahrradabstellplätze auf einem geeigneten Grundstück in der näheren Umgebung des Baugrundstücks hergestellt werden.

(5) Die Gemeinde kann für abgegrenzte Teile des Gemeindegebietes oder für bestimmte Vorhaben innerhalb solcher Gebietsteile durch Ortsgesetz die Herstellung von Stellplätzen aus städtebaulichen Gründen, insbesondere aus Gründen der Wohnruhe oder des Verkehrs, untersagen oder einschränken.

(6) Die Verpflichtung zur Herstellung notwendiger Stellplätze kann auch durch Zahlung eines Geldbetrages erfüllt werden (Ablösungsbetrag). Bei Wohnungsbauvorhaben kann die Bauordnungsbehörde die vollständige oder teilweise Herstellung der notwendigen Stellplätze im Einzelfall verlangen, wenn dies wegen der Anzahl der notwendigen Stellplätze oder der besonderen örtlichen Verhältnisse aus Gründen des ruhenden oder fließenden Verkehrs erforderlich ist. Die Verpflichtung zur Herstellung notwendiger Fahrradabstellplätze kann durch Zahlung eines Geldbetrages nur erfüllt werden, wenn die notwendigen Fahrradabstellplätze nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten nach Maßgabe des Absatzes 4 hergestellt werden können oder die Ablösung im Einzelfall aus städtebaulichen Gründen verlangt wird.

(7) Ist die Herstellung von Stellplätzen nach Maßgabe des Absatzes 4 aufgrund von Festsetzungen in Bebauungsplänen oder durch ein Ortsgesetz nach Absatz 5 untersagt oder eingeschränkt, so ist die Verpflichtung zur Herstellung notwendiger Stellplätze durch Zahlung eines Ablösungsbetrages zu erfüllen. § 49 der Bremischen Landesbauordnung vom 27. März 1995 (Brem.GBl. S. 211 ­ 2130-d-1a), zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 8. April 2003 (Brem.GBl. S 147) und durch Gesetz vom 8. April 2003 (Brem.GBl. S. 159).

(8) Die Höhe des Ablösungsbetrages für Stellplätze kann für das Gemeindegebiet, für abgegrenzte Teile des Gemeindegebietes oder für bestimmte Vorhaben einheitlich durch Ortsgesetz festgelegt werden. Der Ablösungsbetrag darf 80 vom Hundert 1 einschließlich der Kosten des Grunderwerbs nicht übersteigen. Die Höhe des nach Absatz 6 Satz 3 zu zahlenden Geldbetrages wird für die Stadtgemeinde Bremen vom Senator für Bau und Umwelt und für die Stadtgemeinde Bremerhaven vom Magistrat der Stadt Bremerhaven festgesetzt; dabei gelten Satz 1 und 2 sinngemäß.

(9) Die Geldbeträge nach Absatz 6 sind zu verwenden für

1. die Herstellung zusätzlicher öffentlicher Parkeinrichtungen oder zusätzlicher privater Stellplätze zur Entlastung der öffentlichen Verkehrsflächen,

2. die Modernisierung und Instandhaltung öffentlicher Parkeinrichtungen,

3. bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen, die geeignet sind, den Bedarf an Parkeinrichtungen für Kraftfahrzeuge zu verringern.

(10) Notwendige Stellplätze dürfen nicht zweckentfremdet benutzt werden. Die Nutzung zum Abstellen von Fahrrädern gilt nicht als zweckfremde Nutzung im Sinne von Satz 1.

(11) Stellplätze müssen so angeordnet und hergestellt werden, dass sie die Anlage von Kinderspielplätzen nach § 8 nicht verhindern. Sie müssen von den öffentlichen Verkehrsflächen aus sicher und auf möglichst kurzem Fahrweg zu erreichen sein und sind durch Anpflanzungen einzugrünen.