Bußgeld- und Strafsachenstelle

Sowohl die Kontrollmitteilungen aus den bundesweiten Fahndungsprüfungen bei Banken und Sparkassen als auch die Ermittlungsergebnisse aus Steuerstrafverfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass sie wegen selektiver Fahndungserkenntnisse oder abweichender Verjährungsfristen im Strafverfahren üblicherweise nicht alle im Steuerfestsetzungsverfahren noch offenen Veranlagungszeiträume abdecken. Die Festsetzungsfinanzämter müssen deshalb bei Dauersachverhalten wie der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen in eigener Zuständigkeit weitere Maßnahmen ergreifen, um die steuerlich erheblichen Sachverhalte auch für die übrigen Veranlagungszeiträume aufzuklären. Dass dies in vielen Fällen nicht geschehen ist, hat zu erheblichen Steuer- und auch Zinsausfällen geführt. Die finanzielle Bedeutung einer ordnungsgemäßen Sachverhaltsermittlung für die öffentlichen Haushalte wird an mehr als 1,1 Mio Euro deutlich, die aufgrund der Prüfungen von Rechnungshof und Vorprüfungsstelle und dann auch eigener Kontrollen der Oberfinanzdirektion nachträglich festgesetzt werden konnten (vgl. Tzn. 192 ff.).

Der Rechnungshof hat immer wieder festgestellt, dass die sich aus der Mitteilungsverordnung ergebende Pflicht zur Mitteilung bestimmter Zahlungen von den mittelbewirtschaftenden Stellen nicht beachtet wird. Da die Mitteilungspflicht gerade diejenigen Zahlungen betrifft, die weder dem Steuerabzug noch einer anderweitigen Kontrolle - etwa durch Betriebsprüfungen - unterliegen, steigt mit Versäumnissen bei der Wahrnehmung dieser Pflicht die Gefahr, dass vor allen Dingen Honorare, aber auch andere Zahlungen nicht in den Steuererklärungen der Empfänger erscheinen. In jedem Fall verliert die Steuerverwaltung ein wichtiges Mittel zur Überprüfung der steuerlichen Angaben der Zahlungsempfänger, wenn in den Behörden nicht unverzüglich für eine umfassende Beachtung der Mitteilungsverordnung Sorge getragen wird (vgl. Tzn. 200 ff.). Folgerungen

Die Ergebnisse der Prüfungen in den genannten Teilbereichen lassen zwar kein flächendeckendes Urteil über die Handhabung des Untersuchungsgrundsatzes zu, zeigen aber, dass in ganz verschiedenen Verfahren ähnliche Defizite bestehen. Diese Defizite sind nicht nur wegen der festgestellten und darüber hinaus für das Dunkelfeld anzunehmenden finanziellen Auswirkungen problematisch, sondern auch wegen möglicher Konsequenzen, die das sog. Unzureichende Sachverhaltsaufklärung gefährdet Vollzugsgerechtigkeit Sachverhaltsaufklärung durch Behördenmitteilungen

Zinsurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 199113 nahe legt. Nach dem Tenor dieser Entscheidung verlangt der Gleichheitssatz für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden.

Der Rechnungshof hat bereits 1994 in seinem Sonderbericht über die Lage der Steuerverwaltung auf das Problem struktureller Vollzugsdefizite als Folge eines durch zunehmende Komplizierung und häufige Änderungen gekennzeichneten Steuerrechts hingewiesen und ausgeführt, dass durch die Regelungsdichte und -tiefe in der Verwaltung ein Verfall der Steuerrechtsanwendung begonnen habe, der die Rechtsgleichheit in Gefahr bringe.

Der Rechnungshof hatte deshalb schon damals eine durchgreifende Vereinfachung des Steuerrechts gefordert.

Der Senat hat 1998 in seiner Antwort auf ein Ersuchen der Bürgerschaft, das auf die Beratung des Sonderberichts im Haushaltsausschuss und im Unterausschuss Prüfung der Haushaltsrechnung zurückging, mitgeteilt, dass die Personalausstattung der Steuerverwaltung unter Berücksichtigung der umfangreichen in Gestalt eines vernünftigen Kompromisses zwischen gesetzlichen Notwendigkeiten und finanziellen Rahmenbedingungen

- einerseits die Erfüllung des gesetzlichen Besteuerungsauftrags unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher Aufgabenwahrnehmung (sicherstelle) und

- andererseits auf die gesetzten finanziellen Grenzen für den Ressourceneinsatz Rücksicht (nehme).

Der Senat hatte in diesem Zusammenhang auf eine Gesamtstrategie hingewiesen, die neben erweiterter Technikunterstützung und personellen Handlungsansätzen auch organisatorische Handlungsansätze beinhalte.

Die in diesem Jahresbericht dargestellten Mängel bei der Sachverhaltsaufklärung zeigen jedoch, dass sich die Steuerverwaltung jedenfalls nicht durchgängig in einer Lage befindet, in der die bisherige Gesamtstrategie eine dem Untersuchungsgrundsatz gerecht werdende Verwaltungspraxis gewährleistet.

Zur übereinstimmenden Problemsicht der Steuerverwaltung vgl. zuletzt den Appell an den Gesetzgeber im Rahmen eines Thesenpapiers zur Steigerung der Effizienz und der Effektivität der Steuerverwaltung, das in der Finanzministerkonferenz vom 28.06.2001 behandelt worden ist. Dabei wird nicht nur auf den Wortlaut der oben dargestellten verwaltungsinternen Regelungen Bezug genommen, sondern - auch angesichts der bekannten Arbeitslage in den Finanzämtern - hinzugefügt, dass diese Regelungen in rechtmäßiger und situativ angemessener Weise umzusetzen seien.

Der Rechnungshof weist darauf hin, dass allein der Untersuchungsgrundsatz in seiner Konkretisierung durch die Rechtsprechung und die von der Verwaltung selbst gesetzten Standards und nicht die jeweilige Arbeitslage in den Finanzämtern Maßstab für die Sachverhaltsermittlungen ist. Es ist zwar richtig, dass die Hamburger Steuerverwaltung die wesentliche Ursache für die weit greifenden Anwendungsschwierigkeiten, nämlich die Kompliziertheit des Steuerrechts mit seinen ständigen Änderungen, nicht im Alleingang beseitigen kann. Eine Prioritätssetzung für die dem Veranlagungsrhythmus entsprechende zeitgerechte Bearbeitung entbindet jedoch nicht von der Verpflichtung, die Einnahmen vollständig auf der Grundlage ausreichender und dem Grundsatz der Vollzugsgerechtigkeit Rechnung tragender Sachverhaltsermittlungen zu erheben. Es bleibt Aufgabe der Steuerverwaltung, die Qualitätssicherung mit gleicher Priorität wie die Quantitätssicherung zu betreiben.

Stellungnahme der Finanzbehörde

Die Finanzbehörde hat eingeräumt, dass den grundsätzlichen Folgerungen des Rechnungshofs nicht widersprochen werden könne.

Es ließen sich jedoch keine Empfehlungen erkennen, die der Verwaltung bei der Bewältigung der Zieldiskrepanz (zwischen Quantitäts- und Qualitätssicherung) dienlich sein könnten.